BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8270 21. Wahlperiode 14.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 08.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Radweg in Oevelgönne Die Fahrradstadt Hamburg trägt seltsame Blüten: Täglich werden neue Ideen zur Lösung der Probleme zwischen Radfahrern, Fußgängern und Anwohnern in Oevelgönne geboren. Der Senat scheint sich hier in der Defensive zu befinden und lässt sich von den Lobbygruppen treiben. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Der Senat treibt die Verbesserung der Situation für den Radverkehr aktiv voran. Wesentliche Meilensteine hierfür sind der Abschluss des Bündnisses für den Radverkehr im Juni des Jahres 2016, die abgeschlossene Überarbeitung des Velorouten- Netzkonzepts, der kontinuierliche Ausbau von Radverkehrsinfrastruktur im Rahmen zahlreicher Maßnahmen, die Erweiterung und Modernisierung der Bike+Ride-Anlagen und der mittlerweile weitgehend abgeschlossene Ausbau des StadtRAD-Systems. Zum Lückenschluss des Geh- und Radwegs im Bereich Oevelgönne wurden durch den Bezirk Altona seit dem Jahr 1990 verschiedene Planungsanläufe unternommen, bei denen jedoch keine allgemein akzeptierte Planung entwickelt werden konnte. Genaueres hierzu siehe Protokollerklärung zur 54. Sitzung der Bürgerschaft vom 1. März 2017. In allen Fällen wurde eine Führung des Weges über den Strand erörtert . Die technische und rechtliche Machbarkeit eines Strandweges ist jedoch bislang nicht geklärt worden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Funktion erfüllt der Elbuferradweg innerhalb des städtischen Radwegenetzes? Ist das Elbufer zwischen der Landesgrenze bei Wedel und den St. Pauli-Landungsbrücken durchgängig für Radfahrer befahrbar oder bestehen Lücken? Wenn ja: Welche Abschnitte sind für Radfahrer tabu? Bitte die gesamte Strecke genau beschreiben. Die Radverkehrsverbindung entlang des nördlichen Elbufers erfüllt mehrere Funktionen : Sie ist Bestandteil des Europäischen Radfernwegenetzes (EuroVelo-Netz, siehe www.eurovelo.com), hier der EuroVelo-Route Nummer 3 (Pilgerroute von Trondheim nach Santiago de Compostela) und der EuroVelo-Route Nummer 12 (North Sea Cycle Route/Nordseeküstenradweg). Sie ist Bestandteil des deutschlandweiten Radfernwegenetzes (D-Netz, siehe www.radnetz-deutschland.de), hier der D-Route Nummer 10 (Elberadweg). Der Elberadweg ist seit vielen Jahren der beliebteste Radfernweg Deutschlands, wie die alljährliche Radreiseanalyse des Bundesverbandes des Allgemeinen Deut- Drucksache 21/8270 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 schen Fahrrad-Clubs e.V. (ADFC) zeigt. Auch Hamburg profitiert von diesen Fahrradtouristen . Sie ist Bestandteil des Hamburger Freizeitroutennetzes, hier der Freizeitroute Nummer 8. Sie ist Bestandteil des bezirklichen Radroutennetzes des Bezirks Altona für den Alltagsradverkehr und stellt trotz der Schiebestrecke eine wichtige Verbindung für Radfahrerinnen und Radfahrer von den Hamburger Elbvororten nach Altona und in die Innenstadt dar. Die Radverkehrsverbindung am nördlichen Elbufer ist nicht durchgängig für den Radverkehr befahrbar, vielmehr besteht im Bereich Oevelgönne zwischen Oevelgönner Mühlenweg und Hans-Leip-Ufer eine Lücke, aus der eine Schiebestrecke von circa 1.000 m Länge resultiert. Die Beschreibung der gesamten Strecke zwischen St. Pauli Landungsbrücken und Landesgrenze bei Wedel (von Osten nach Westen) ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Abschnitt Art der Radverkehrsführung Bei den St. Pauli Landungsbrücken Radfahrstreifen St. Pauli Hafenstraße Nordseite: Radwege / Mischverkehr Südseite: gemeinsamer Geh- und Radweg/ Mischverkehr St. Pauli Fischmarkt Mischverkehr auf der Fahrbahn Große Elbstraße Teilweise Mischverkehr auf der Fahrbahn, teilweise Radfahrstreifen, teilweise Schutzstreifen , teilweise Radweg (je nach örtlicher Situation) Neumühlen Mischverkehr auf der Fahrbahn Oevelgönne von Neumühlen bis Oevelgönner Mühlenweg Gemeinsamer Geh- und Radweg Oevelgönne von Oevelgönner Mühlenweg bis Hans- Leip-Ufer Gehweg (Radfahrer müssen absteigen) Hans-Leip-Ufer von Oevelgönne bis Teufelsbrücker Hafen Gemeinsamer Geh- und Radweg Hans-Leip-Ufer – Teufelsbrück von Teufelsbrücker Hafen bis Höhe Chr.- F.-Hansen-Straße Radweg Elbuferweg – Strandweg von Höhe Chr.-F.-Hansen-Straße bis Strandtreppe Gemeinsamer Geh- und Radweg Strandweg von Strandtreppe bis Falkentaler Weg Mischverkehr auf der Fahrbahn Falkensteiner Ufer von Falkentaler Weg bis westliche Kehre Campingplatz Wittenbergen Fahrradstraße Falkensteiner Ufer – Rissener Ufer von westliche Kehre Campingplatz Wittenbergen bis Leuchtturm Mischverkehr auf der Fahrbahn Restliche Wegstrecke bis Landesgrenze Gemeinsamer Geh- und Radweg Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8270 3 2. Nach den Veröffentlichungen auf den einschlägigen Veröffentlichungen im Internet der Verkehrsbehörde und der Bezirke unterscheiden sich die Bedürfnisse von Freizeit- und Alltagsradlern erheblich. Welcher Zielgruppe ist der Elbuferradweg aus der Sicht des Senats zuzuordnen? Die Radverkehrsverbindung am nördlichen Elbufer wird nach Einschätzung der zuständigen Behörde sowohl vom Freizeit- beziehungsweise touristischen Radverkehr als auch vom Alltagsradverkehr (Verbindung Elbvororte – Altona – City) genutzt. Insofern sind die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen zu berücksichtigen. 3. Wie ist die derzeitige Situation auf dem fraglichen Streckenabschnitt in Oevelgönne? Wie lang und wie breit ist der betreffende Abschnitt und ist er durchgängig für Radfahrer gesperrt? Wenn nein: zu welchen Zeiten dürfen Radfahrer passieren und wie ist die derzeitige Regelung begründet? Der Streckenabschnitt in Oevelgönne ist (einschließlich der beiden Rampen vom ufernahen Weg bis zum Weg an den Kapitänshäusern) circa 1.000 Meter lang und maximal zwei Meter breit, punktuell weiter eingeengt durch Bäume und Beleuchtungsmaste . Da diese Breite für eine gemeinsame Abwicklung von Rad- und Fußverkehr zu schmal ist, ist der gesamte Abschnitt für den Radverkehr ganztägig gesperrt. Radfahrerinnen und Radfahrer müssen daher absteigen und schieben, um das Konfliktpotenzial zu minimieren. 4. Den Medien zufolge wurden in der Vergangenheit Verhandlungen mit den anliegenden Grundstückseigentümern geführt, mit dem Ziel den vorhandenen Weg zu verbreitern. Um welches Maß wollte man den Weg verbreitern und sollte die Verbreiterung zum Hang oder zur Elbe hin erfolgen? Aufgrund welcher technischen Vorschriften war dieses Maß begründet? 5. Welche Ergebnisse ergaben die Verhandlungen? Wie viele Eigentümer waren jeweils bereit oder nicht bereit, zu veräußern? 6. Wurde bei den bisherigen Bemühungen auch Kompromissbereitschaft seitens der Hansestadt Hamburg gezeigt, zum Beispiel indem man den ursprünglich beabsichtigten Flächenbedarf, also die geplante Breite des Weges, reduziert hätte? 7. Wurde auch die Möglichkeit der Enteignung geprüft, in Erwägung gezogen und mit den betroffenen Eigentümern thematisiert? Der Senat nimmt zur Medienberichterstattung grundsätzlich keine Stellung. Darüber hinaus gehen aus den vorliegenden Akten keine derartigen Informationen hervor. 8. Welche Begründung gibt es letztlich dafür, Enteignungen nicht durchzuführen ? Eigentum ist gemäß Artikel 14 Grundgesetz geschützt. Eine Enteignung stellt daher einen massiven Eingriff in Grundrechte dar, weshalb Enteignungen nur in absoluten Ausnahmefällen durchgeführt werden. Konsenslösungen sind zu bevorzugen. 9. Welche Überlegungen führten zu der Idee, den Radweg über den Strand zu führen? Die Idee einer Führung über den Strand existiert seit dem Jahr 1990 und wurde über die Jahre nur geringfügig angepasst. Ein Vergleich der Alternativen soll erarbeitet werden. Darüber hinaus sieht der zuständige Bezirk aufgrund der topografischen Gegebenheiten und der Grundstücksverhältnisse keine Alternativen, wenn die Lücke in der Radverkehrsverbindung am nördlichen Elbufer geschlossen werden soll. Im Überblick sprechen die folgenden Gründe für einen Rad- und Fußweg an dieser Stelle: - Für Alltagsradlerinnen und Alltagsradler sowie Pendlerinnen und Pendler gibt es derzeit keine attraktive und schnelle Verbindung von den Hamburger Elbvororten Drucksache 21/8270 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 in die Innenstadt. Die Veloroute 1 verläuft relativ weit entfernt sowie in anderer Höhenlage und ist daher keine direkt erreichbare Ausweichstrecke. - Für Freizeitradlerinnen und Freizeitradler sowie Touristen: Der Elberadweg ist der beliebteste Radfernweg Deutschlands. 10. Hat man bei der Umsetzung der Idee, einen hochwassersicheren Radweg über den Elbstrand zu bauen, auch bereits Überlegungen angestellt , in welcher Form und wo der naturschutzrechtliche Ausgleich (Neuanlage von Strandflächen) erfolgen kann? 11. Hat man auch Überlegungen angestellt, wie die Fußgänger und Strandbesucher gegen den auf der ausgebauten Strecke sicher leicht 30 bis 35 km/h schnellen Radverkehr zu schützen sind? Wenn ja: Zu welchen Lösungen ist man dabei gekommen? Wenn nein: Warum wurde das Problem bisher nicht erkannt? Bei den vorliegenden Entwürfen handelt es sich um grobe Vorplanungen, die eine mögliche Wegeführung darstellen. Eine Prüfung der technischen und rechtlichen Machbarkeit ist bislang nicht erfolgt. Insofern gibt es derzeit noch keine Überlegungen in Bezug auf Ausgleichsmaßnahmen. 12. Einen wesentlichen Vorteil des Fahrrades gegenüber dem Auto stellt der geringere Platzbedarf dar sowie die Möglichkeit, vom Fahrrad abzusteigen und es zu schieben. Wie viel zeitlichen Mehraufwand würde es für den Radfahrer bedeuten, wenn er sein Fahrrad auch künftig über den nicht zum Radfahren nutzbaren Abschnitt schieben müsste? Ausgehend von einer Radfahrgeschwindigkeit von 20 km/h und einer Fußgängergeschwindigkeit von 5 km/h beträgt der zeitliche Mehraufwand circa zehn Minuten. 13. Bekanntlich existiert in Hamburg eine Planung für ein Netz von sogenannten Velorouten mit detaillierten Fahrzeitangaben für bestimmte Fahrtstrecken. Aus dem Westen Hamburgs in die Innenstadt führt die „Veloroute 1“. Welcher Zeitvorteil bietet sich dem Nutzer des Elberadwanderweges (unterstellt, die Schiebestrecke in Oevelgönne wäre beseitigt ) gegenüber dem Nutzer der Veloroute 1? Bitte angeben für Startpunkte : Blankeneser Bahnhof, Bahnhof Hochkamp, Bahnhof Klein Flottbek und Bahnhof Othmarschen. Das Veloroutennetzkonzept enthält bislang keine Fahrzeitangaben für bestimmte Fahrtstrecken. Veloroute 1 und Elberadweg sind zudem nicht vergleichbar, da beide Routen unterschiedliche Einzugsbereiche haben. 14. Welche Vor- beziehungsweise Nachteile bietet ein Radweg unmittelbar am Ufer der Elbe gegenüber der Nutzung der Elbchaussee aus der Sicht des Senats? Zur Vermeidung der Schiebestrecke müsste die Radverkehrsverbindung am nördlichen Elbufer auf einer Länge von insgesamt circa 6 Kilometern verlassen werden, da es zwischen St. Pauli Fischmarkt und Teufelsbrück keine fahrradtaugliche Verbindung zwischen Elbufer und Geestkante gibt. Die nächstgelegene Ausweichstrecke führt über den Straßenzug Breite Straße – Palmaille – Klopstockstraße – Elbchaussee und ist 6 Kilometer lang. Dieser Straßenzug weist bislang keinerlei Radverkehrsanlagen auf; der Radverkehr wird in diesem Straßenzug im Mischverkehr auf der Fahrbahn geführt. Wer im Bereich Oevelgönne also nicht schieben möchte, hat derzeit nur die Alternative, 6 Kilometer auf verkehrsreicher Straße ohne Radwege zurückzulegen. Ein Lückenschluss des Elberadwegs in Oevelgönne böte den Vorteil, den verkehrsreichen Straßenzug zu umgehen. Im Übrigen siehe Antwort zu 9. Im Übrigen hat sich der Senat damit nicht befasst. 15. Bekanntlich ist die Elbchaussee zwischen Teufelsbrück und Rathaus Altona in weiten Bereichen 1,5 spurig je Richtung und Fußgänger sind aufgrund der lockeren Villenbebauung in dem Abschnitt kaum vorhanden . Warum wurden hier noch keine Radwege beziehungsweise Rad- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8270 5 fahrstreifen eingerichtet – dies wäre doch mit sehr geringem Aufwand möglich – oder ist der Radverkehrsanteil zu unbedeutend? Wie hoch ist denn der Radverkehrsanteil auf der Elbchaussee? Zur Beantwortung der Frage muss nicht nur die Elbchaussee, sondern die gesamte Strecke zwischen St. Pauli Fischmarkt und Teufelsbrück betrachtet werden (vergleiche Antwort zu 14.). Aufgrund der Verkehrsbelastung ist eine Separation des Radverkehrs sinnvoll, das heißt, die Anlage von Radwegen oder Radfahrstreifen; Schutzstreifen wären unter Umständen westlich des Hohenzollernrings aufgrund der dort etwas geringeren Verkehrsbelastung vertretbar. Der Aufwand wäre entgegen der Annahme des Fragestellers auf Grund der vorhandenen Fahrbahnbreiten erheblich. Klopstockstraße – Elbchaussee von Max-Brauer-Allee bis Hohenzollernring: Eine Einrichtung von Radverkehrsanlagen wäre aufgrund der Platzverhältnisse nur zulasten von Fahrbahnflächen möglich und hätte voraussichtlich Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit im motorisierten Verkehr. Elbchaussee von Hohenzollernring bis Teufelsbrück: In diesem Bereich erscheint die Einrichtung von Radfahr- oder Schutzstreifen grundsätzlich möglich (im westlichen Abschnitt ab Holztwiete nur einseitig). Derzeit (bis zum Jahr 2018) ist die Elbchaussee als Umleitungsstrecke während des Umbaus des Lessingtunnels ausgewiesen, sodass in dieser Zeit keine Baumaßnahmen im Fahrbahnbereich stattfinden können. Darüber hinaus stehen in den nächsten Jahren umfangreiche Trinkwasser- und Sielbaumaßnahmen in der Elbchaussee an. Im gesamten Bereich verläuft eine Transportleitung von 1911, die auf gesamter Länge saniert werden muss. Nach bisherigem Sachstand sind die Bauarbeiten von HAMBURG WASSER für das Jahr 2018 geplant. Die bereits veranlasste Planung und Umsetzung von Radverkehrsanlagen ist demzufolge erst nach Fertigstellung des Lessingtunnels und nach den Sanierungsarbeiten von HAMBURG WASSER möglich. Zeitlich anknüpfend an die oben genannten Maßnahmen (2019) sollen Radverkehrsanlagen in diesem Abschnitt der Elbchaussee eingerichtet werden. Zur Anzahl der Radfahrerinnen und Radfahrer auf der Elbchaussee liegen die folgenden Radverkehrszählergebnisse vor. Mittwoch, 04.03.2009 in der Zeit von 06.00 bis 19.00 Uhr. Elbchaussee östlich Hohenzollernring: 273 Radfahrerinnen und Radfahrer Mittwoch, 04.03.2009 in der Zeit von 06.00 bis 19.00 Uhr. Elbchaussee westlich Hohenzollernring: 273 Radfahrerinnen und Radfahrer Donnerstag, 24.05.2012 in der Zeit von 06.00 bis 19.00 Uhr Elbchaussee östlich Halbmondsweg: 537 Radfahrerinnen und Radfahrer Donnerstag, 24.05.2012 in der Zeit von 06.00 bis 19.00 Uhr Elbchaussee westlich Halbmondsweg: 434 Radfahrerinnen und Radfahrer Mittwoch, 04.03.2009 in der Zeit von 06.00 bis 19.00 Uhr Elbchaussee östlich Parkstraße: 206 Radfahrerinnen und Radfahrer Mittwoch, 04.03.2009 in der Zeit von 06.00 bis 19.00 Uhr Elbchaussee westlich Parkstraße: 226 Radfahrerinnen und Radfahrer 16. Wie will der Senat nunmehr bei den weiteren Überlegungen vorgehen? Das weitere Vorgehen richtet sich nach Drs. 20-3344 der Bezirksversammlung Altona.