BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8291 21. Wahlperiode 17.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 09.03.17 und Antwort des Senats Betr.: YANG MING UTMOST – Die Verfolgung der Umweltfrevel auf der Elbe zeigt skandalöse Versäumnisse Der Schadstoffausstoß des Containerschiffs YANG MING UTMOST am 04.10.2014 führte zu einem Aufschrei in der Stadt, da eine heftige Rußwolke gegen 18Uhr beim Verlassen des Hamburger Hafens zu etlichen Störungen in Hamburg führte. Die giftige Schwefelwolke trieb über Neumühlen, Oevelgönne und Othmarschen bis zur Asklepios Klinik Altona. Dort wurden die Rußpartikel von der Klimaanlage nahe der Geburtsklinik angesaugt. Ob die Giftstoffe auch in OPs und Patientenzimmer gelangten, ist nicht bekannt. Feuermelder im Krankenhaus schlugen Alarm – wie auch im Pflegeheim Bugenhagenstraße. Die Wasserschutzpolizei ermittelte anschließend wegen Luftverschmutzung. Die ersten Notrufe waren am Sonnabendabend von Passanten eingegangen, die nach eigenen Angaben „schwarz vom Ruß“ waren. Immerhin ist nach über zwei Jahren ein Schaden festgestellt. Aufgrund des Sachverständigengutachtens des Chemischen Untersuchungsamtes der Universität Hamburg ist davon auszugehen, dass vorliegend die Voraussetzungen des § 325 Absatz 2 StGB (Luftverunreinigung) erfüllt sind – insbesondere das Tatbestandsmerkmal des Freisetzens von Schadstoffen in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb eines Betriebsgeländes „Es ist beabsichtigt, das Verfahren gemäß § 154f StPO wegen unbekannten Aufenthalts der Beschuldigten vorläufig einzustellen und die Beschuldigten zur Fahndung auszuschreiben.“ Diese Informationen hinterlassen den Eindruck, als wenn das kleinste Auto in Hamburg besser und schärfer überwacht wird als die Fahrt von riesigen Frachtern auf der Elbe. An diesen Informationen erstaunt einiges: Nach mehr als zwei Jahren ist es jetzt beabsichtigt, die Beschuldigten zur Fahndung auszuschreiben. Ich frage den Senat: 1. Wann wurde das Gutachten bei dem Chemischen Untersuchtsamt der Universität Hamburg angefordert? 2. Wann wurde die Ergebnisse dem Wasserschutzamt Hamburg mitgeteilt? Drucksache 21/8291 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Wann wurden der Kapitän und der leitende Ingenieur zur Fahndung ausgeschrieben? 4. Wie und wann wurde die Reederei von der Angelegenheit informiert? 5. Was hat die Reederei von dem Aufenthaltsort des Kapitäns und des leitenden Ingenieurs mitgeteilt? Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 8. Juni 2016 an die Wasserschutzpolizei (WSP) wurde unter anderem um Rücksprache mit dem Chemischen Untersuchungsamt gebeten. Das dort erstellte Gutachten datiert vom 29. Juli 2016 und ging bei der Staatsanwaltschaft Hamburg mit der Akte am 19. Oktober 2016 ein. Die WSP erhielt das Gutachten am 19. August 2016.Wann der Eigentümer beziehungsweise die Reederei der „YANG MING UTMOST“ über den Vorfall erstmalig unterrichtet wurde, ist aus der Ermittlungsakte nicht ersichtlich. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 meldete sich ein vom Eigentümer der „YANG MING UTMOST“ beauftragter Rechtsanwalt bei der Staatsanwaltschaft und bat um Akteneinsicht. Die Reederei hat im Oktober 2015 mitgeteilt, dass beide Beschuldigte nicht mehr für die Reederei tätig seien und sie deshalb keine Adressinformationen herausgebe. Da es sich bei den Beschuldigten um indische Staatsangehörige handelt, ist davon abgesehen worden, die Verantwortlichen der Reederei zeugenschaftlich zu den ihnen vorliegenden seinerzeitigen Adressen der Beschuldigten zu befragen. Denn nach den bei der Staatsanwaltschaft Hamburg vorliegenden Erfahrungen dürfte es sich nicht um zustellungsfähige Anschriften handeln, die eine Förderung des Verfahrens versprechen . Daher sollen beim zuständigen Gericht gemäß § 132 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO) die Festlegung einer Sicherheitsleistung (für die zu erwartende Geldstrafe) und die Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten beantragt werden, um so bei Antreffen der Beschuldigten die Durchführung des Verfahrens sicherzustellen. Die Ausschreibung der Fahndung nach den beiden Beschuldigten wurde mit der Abschlussverfügung veranlasst, die am 15. März 2017 erfolgte. Seit dem 16. März 2017 sind die Beschuldigten auf Entscheidung der Staatsanwaltschaft in POLAS/ INPOL und im Schengener Informationssystem zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben und werden der ausschreibenden Behörde im Falle eines Grenzübertritts an einer Schengen-Außengrenze gemeldet. Im Anschluss wird das Verfahren fortgeführt. „Wenn die Wasserschutzbehörde ein solches Vergehen nicht verfolgen kann, Wir haben ein vorzügliches Verhältnis zu den Kollegen in Rotterdam“, sagt im Oktober 2014 Herr Heise von der Wasserschutzpolizei Hamburg gegenüber der Presse. Dort habe man „alle Zeit der Welt“ gehabt, um die umfangreiche Dokumentation über Maschinenlaufzeiten oder Treibstoffladungen durchzusehen , Verantwortliche zu befragen oder die Maschinen und technischen Einrichtungen zu begutachten. Das sei laut Heise im Oktober 2014 alles geschehen. Hier stellen sich weitere Fragen: 6. Wie lautete das Ergebnis dieser umfangreichen Untersuchung in Rotterdam ? Es wurden Schiffsdokumente sichergestellt und Proben sowie Fotografien gefertigt, um Hinweise auf die Verursachung zu ermitteln. Zudem erfolgte dort eine Vernehmung der Beschuldigten. Die Auswertung der Untersuchung erfolgte nicht in Rotterdam . 7. Wann wurden die Ergebnisse der Wasserschutzpolizei übermittelt? Die Unterlagen wurden nach dem erforderlichen und durch die Staatsanwaltschaft eingeholten formellen Rechthilfeersuchen nach Eingang und Prüfung durch die Staatsanwaltschaft am 23. Juni 2015 der WSP übermittelt. Damit stellt sich die Situation so dar, als ob Verstöße gegen das Umweltrecht auf der Elbe nur unzureichend geahndet werden können. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8291 3 8. Ist der Senat mit dieser Situation zufrieden? 9. Wenn nein, was gedenkt der Senat zu unternehmen, um solche Vergehen in Zukunft besser verfolgen zu können? Polizei und Staatsanwaltschaft treffen in allen ihnen zur Kenntnis gelangenden Fällen von Verstößen gegen das Umweltrecht im Einzelfall die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen, um Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu verhindern sowie Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu verfolgen. Im Übrigen hat sich der Senat mit den Fragen noch nicht befasst. Um die Umfänge dieser Probleme umfassender behandeln zu können, stellen sich folgende Fragen: 10. Welche Verstöße sind in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 im Bereich des Wasserschutzamtes Hamburg wegen Umweltdelikten auf der Elbe verfolgt worden? 11. Wie viele Fälle wurden mit dem Ergebnis beendet, dass ein Verstoß vorliegt ? 12. Wie lange hat es durchschnittlich gedauert, bis dieses Ergebnis vorlag? 13. Wie viele Entscheide wurden aufgrund dieser Ermittlungen in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 ausgestellt? 14. Wie viele Entscheide konnte aufgrund eines unbekannten Aufenthaltsortes nicht zugestellt werden? Zu den im Zuständigkeitsbereich der WSP Hamburg registrierten Delikten im Sinne der Fragestellung siehe nachfolgende Tabelle: 2013 2014 2015 2016 Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) 164 146 151 164 Luftverunreinigung (§ 325 StGB) - 1 4 10 Unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen (§ 326 StGB) 13 15 21 8 Die Daten sind dem „Lagebild Wasserschutzpolizei“ entnommen und enthalten Umweltdelikte im Hamburger Hafen sowie Delikte auf den zu Schleswig-Holstein und Niedersachsen gehörenden Teilen der Ober- und Unterelbe. Dort nimmt die WSP Hamburg aufgrund des sogenannten Elbeabkommens die wasserschutzpolizeilichen Aufgaben für die Partnerländer wahr. Die weitergehende Beantwortung der Fragen 11. bis 14. würde nur im Wege einer Auswertung der bei der Staatsanwaltschaft befindlichen Akten erfolgen können. Im Vorgangserfassungs- und -verwaltungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft wird jedoch nicht erfasst, ob eine Straftat auf der Elbe begangen wurde. Zur Beantwortung der Fragen 11. bis 14. wären daher zumindest die Verfahren händisch auszuwerten, für die Straftaten nach §§ 324, 325 oder 326 StGB in MESTA verzeichnet sind. Hierbei handelt es sich für jeden Aktenzeichenjahrgang um mehr als 700 Verfahren. Eine Auswertung der Verfahrensakten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.