BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8309 21. Wahlperiode 17.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 10.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Osmanen Germania – Hat Hamburg eine neue „Größe der Unterwelt“? Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt in der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift (März 2017) vor dem 2015 neu gegründeten „Osmanen Germania Boxclub“ (OGBC). Seit April 2015 hat der Club bundesweit bereits rund 20 Chapter aufgebaut. Der Aufbau der Clubs ist mit denen anderer Rockerclubs vergleichbar, es herrschen ähnliche Strukturen und soziologische Zuordnungen . Eigenen Angaben führender Clubmitglieder zufolge geht es ihnen darum, „Jugendliche, die auf die schiefe Bahn gerutscht sind, von der Straße zu holen, ihnen eine Familie zu geben.“ Nach Einschätzung der Gewerkschaft handelt es sich jedoch um eine gewaltbereite und aggressive Gruppierung mit guten Kontakten zur türkischen Regierung und zu Anhängern der Grauen Wölfe, aber auch mit Verbindungen zur Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft, Nebahat Güçlü, die gleichzeitig Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Hamburg ist. Für die Osmanen Germania im Bereich Norddeutschland ist dem Bericht zufolge Müslüm C. verantwortlich; dieser steht nach eigenen Aussagen in einem engen Verhältnis zum Bürgermeister der Hauptstadt Ankara und galt während des Wahlkampfes zur Hamburgischen Bürgerschaft als Wahlkampfmanager von Güçlü. Der Club tritt bei antikurdischen Demonstrationen auf und zeigt offen Sympathien für die türkische Regierung sowie den türkischen Nationalismus. In selbst produzierten Werbevideos und Musikclips formulieren die Osmanen ihr Ziel deutlich: „Wir kommen und übernehmen das ganze Land.“ Diese Entwicklung ist besorgniserregend. Es stellt sich die Frage, inwiefern die Osmanen Germania auch in Hamburg auffällig geworden sind. Einem Bericht der „Hamburger Morgenpost“ vom 1. Dezember 2016 zufolge habe sich der norddeutsche Ableger der Osmanen Germania nach einer Razzia bei dessen Präsidenten aufgelöst. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Auf die Darstellung der Erkenntnisse zum Boxclub Osmanen Germania in der Drs. 21/6663 von November 2016 wird hingewiesen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat beziehungsweise den zuständigen Behörden über den „Osmanen Germania Boxclub“ in Hamburg vor? a. Gab oder gibt es ein beziehungsweise mehrere Chapter des Boxclubs Osmanen Germania in Hamburg? Drucksache 21/8309 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Falls ja, seit wann beziehungsweise in welchem Zeitraum? b. Inwiefern liegen den zuständigen Behörden Informationen darüber vor, wie viele Mitglieder der Club in Hamburg aktuell beziehungsweise zuletzt zählte? Nach den bundesweiten Maßnahmen des Landeskriminalamt (LKA) Hessen am 9. November 2016 konnten vermehrt Austritte festgestellt werden. Derzeit liegen den Sicherheitsbehörden in Hamburg keine Erkenntnisse darüber vor, dass ein Chapter der erfragten Organisation in Hamburg existiert. Darüber hinaus siehe Drs. 21/6663. c. Waren oder sind unter den Mitgliedern polizeibekannte Personen? Wenn ja, wie viele und mit welchen Straftaten sind diese aufgefallen ? Unter den zwischenzeitlich den „Osmanen Germania“ zugerechneten Personen waren 39 mit einer oder mehreren Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten. Es handelte sich um Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz, nach dem Waffengesetz, um Eigentums-, Betrugs- und Körperverletzungsdelikte und um Förderung der Prostitution . d. Welche Räumlichkeiten nutzen oder nutzten die Mitglieder in Hamburg ? e. Wie schätzen die zuständigen Behörden die Gruppierung „Osmanen Germania Boxclub“ und die Interessen der Etablierung türkischnationaler Interessen in Deutschland durch die Gruppierung der Osmanen Germania ein? Siehe Vorbemerkung. 2. Sollte sich der Club in Hamburg aufgelöst haben, sind den Behörden Folge-Organisationen/Gruppierungen bekannt? Falls ja, a. wie viele und welche? b. seit wann bestehen diese Folge-Organisationen? c. wie viele Mitglieder zählen diese Gruppierungen? d. sind unter ihnen polizeibekannte Personen? Falls ja, wie viele und mit welchen Straftaten sind diese aufgefallen? Siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 1. bis 1.b. 3. Liegen den zuständigen Behörden Informationen darüber vor, welche Verbindungen zwischen den (ehemaligen) Mitgliedern der Osmanen Germania und anderen Gruppierungen bestehen? Falls ja, a. welche Verbindungen bestehen zum türkischen Geheimdienst MIT? b. welche Verbindungen bestehen zur AKP? c. welche Verbindung besteht zwischen (ehemaligen) Vertretern des Clubs und der Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde Hamburg, die gleichzeitig fraktionsloses Mitglied der Hamburger Bürgerschaft ist? d. welche Verbindungen der (ehemaligen) Mitglieder bestehen zu den sogenannten Grauen Wölfen? 4. Welche Maßnahmen haben die zuständigen Behörden in Bezug auf diesen Club ergriffen? Steht/stand die Gruppierung unter gesonderter Beobachtung? Falls ja, durch wen und in welchem Ausmaß? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8309 3 Soweit die Beantwortung von Fragen Rückschlüsse auf das polizeitaktische Vorgehen zulässt und die Wirksamkeit polizeilichen Handelns berührt ist, steht einer Beantwortung der Fragen die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Polizei als Strafverfolgungs - und Gefahrenabwehrbehörde nach Artikel 30 der Hamburgischen Verfassung und damit dem Staatswohl entgegen, sodass von einer Beantwortung der Fragen abgesehen wird. Eine (auch teilweise) Offenlegung konkreter Erkenntnisse kann Rückschlüsse auf strafprozessuale oder gefahrenabwehrende Maßnahmen der Polizei zulassen, die den Erfolg dieser Maßnahmen gefährden würden. Dies gilt sowohl für Positiv- als auch für Negativauskünfte; auch aus Angaben zum Nichtvorhandensein solcher Erkenntnisse könnten Anhaltspunkte erlangt werden, in welchen Kriminalitäts- oder Gefahrenabwehrfeldern aktuell ein beziehungsweise kein polizeilicher Einsatz erfolgt. Im Interesse der Wirksamkeit möglicher polizeilicher Maßnahmen sieht die Polizei in diesem konkreten Fall von weiteren Angaben ab. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Ist den zuständigen Behörden bekannt, ob Mitglieder des Osmanen Germania Boxclubs Sicherheitsfirmen leiten? Falls ja, inwiefern werden diese Sicherheitsfirmen zur Bewachung von Flüchtlingsunterkünften eingesetzt? Den Sicherheitsbehörden liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor.