BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/835 21. Wahlperiode 26.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Jennyfer Dutschke (FDP) vom 18.06.15 und Antwort des Senats Betr.: JUS-IT (VI) – Neuaufsetzung Release 3 Auf Basis der Senatsantworten zu Drs. 21/629 und aufgrund einer unklaren Situation hinsichtlich der Ablösung des alten IT-Fachverfahrens DIWOGE (Wohngeld), welche ebenfalls im Zuge von Release 3 von JUS-IT hätte erfolgen sollen, bestehen weitere Nachfragen zu diesem Projekt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Enthält einer der Verträge zu JUS-IT Klauseln hinsichtlich möglicher Konventionalstrafen und/oder seiner Kündigung? a. Wenn ja, welcher Art und Höhe sind mögliche Pönalen für jeweils welche Fälle? b. Welche (sonstigen) Regelungen gibt es insbesondere für den Fall der Aufhebung oder Kündigung des jeweiligen Vertrages oder den Fall, dass die Umsetzung eines Release beziehungsweise einer Beschaffung eines Teils der Software mit Dritten vereinbart wird? Zu den vertraglichen Beziehungen zwischen Dataport AöR und IBM (Rahmenvertrag) sowie zwischen Dataport und der Freien und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (Dienstleistungsvertrag), siehe Drs. 20/12605. Im Übrigen haftet Dataport gemäß Dienstleistungsvertrag für Schäden, die wegen unterlassener, verspäteter, qualitativ oder quantitativ unzureichender Mitwirkung Dataports eintreten. Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) haftet umgekehrt für den Fall unterlassener, verspäteter, qualitativ oder quantitativ unzureichender Mitwirkungsleistung/Beistellung. Den Dienstleistungsvertrag können die Vertragsparteien mit einer Frist von zwölf Monaten zum Jahresende kündigen, frühestens aber mit Beendigung des Rahmenvertrags. 2. Welche konkreten „vordefinierten Merkmale“ wurden für die in der Vorbemerkung des Senats zu Drs. 21/629 erwähnte „vertiefende Vergleichsbetrachtung “ zwischen PROSA, „beabsichtigten Funktionalitäten von JUS-IT“ und anderen Softwarelösungen herangezogen? Folgende Merkmale wurden berücksichtigt: (1) Die Abdeckung der integrierten Hilfesicht (Aspekt, ob verschiedene Hilfeperspektiven auf den Hilfeempfänger systemseitig möglich sind), (2) Fachliche Anforderungen (zum Beispiel Leistungsbearbeitung, Buchhaltungsfunktionen der Abrechnung), (3) Arbeitsunterstützung (zum Beispiel elektronische Akte, automatisierte Rückrechnungen ), (4) Fachliche Servicefunktionen (zum Beispiel Stichprobenkontrollverfahren), Drucksache 21/835 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 (5) nicht funktionale Anforderungen (zum Beispiel Performance, Systemausfälle, Ergonomie), (6) Architektur (zum Beispiel Mandantenfähigkeit, Batchverarbeitung, Datenmodell), (7) Schnittstellen, (8) Zukunftsfähigkeit (zum Beispiel E-Government-Dienste, Wartbarkeit, Änderbarkeit ). 3. Wie viele der betrachteten Softwarelösungen wurden in der auf Basis des Leistungs- und Kostenvergleichs sowie einer SWOT-Analyse durchgeführten Nutzwertanalyse miteinander verglichen? a. Welche Bewertungsmerkmale wurden bei der Nutzwertanalyse mit jeweils welcher Gewichtung herangezogen? b. Führte die Nutzwertanalyse zu einem klaren Ergebnis beziehungsweise Favoriten bei der Suche nach einer geeigneten Softwarelösung ? Wenn nein, warum nicht? c. Welche Rolle spielt diese Nutzwertanalyse für die anstehende europaweite Ausschreibung von Release 3? Siehe Drs. 21/629. Die Nutzwertanalyse konzentrierte sich auf zwei Lösungen, nachdem zuvor die Auswertung der Fragebögen bei vier alternativen Softwareprodukten abgeschlossen war. Als Bewertungsmerkmale wurden Einmalkosten (Gewichtungsfaktor 30 Prozent), laufende Kosten (Gewichtungsfaktor 20 Prozent), funktionale und nicht funktionale Anforderungen (30 Prozent) sowie Risiken (Gewichtungsfaktor 20 Prozent) mit jeweiligen Unterkategorien herangezogen. Unter Einbeziehung des Angebotes vom 9. März von IBM gab es ein klares Ergebnis. Ein Teil der Kriterien des Fragebogens und der Nutzwertanalyse wird auch bei der Bewertung der Angebote im Rahmen der EU-weiten Ausschreibung herangezogen werden. In Drs. 20/11718 (Seite 4) führte der Senat die seinerzeitigen Planungen hinsichtlich der Ablösung von DIWOGE noch wie folgt aus: „Mit dem Release 3 wird eine Architektur für die Leistungsberechnung bereitstehen, die es zudem mit einem Betriebsprojekt bei Dataport erlaubt, im Jahr 2016 auch das Altverfahren für das Wohngeld (DIWOGE) abzulösen.“ 4. Was ist konkret unter einem derartigen „Betriebsprojekt“ zu verstehen? a. Mit welchen Kosten für die Freie und Hansestadt Hamburg wurde dabei seinerzeit allein für dieses „Betriebsprojekt“ gerechnet? b. Mit welchen sonstigen Kosten wurde für die Ablösung von DIWOGE gerechnet? c. Waren sämtliche Kosten für das Dataport-Betriebsprojekt sowie sämtliche sonstige Kosten zur Ablösung von DIWOGE Bestandteil des in der Drs. 20/11718 für JUS-IT ausgewiesenen Projektbudgets ? Wenn nein, warum und in welchem Umfang nicht? Dataport hat in den letzten Jahren erhebliches Know-how aufgebaut, um die Fachanwendung JUS-IT zu betreiben und weiterzuentwickeln. In den Betriebskosten (siehe Drs. 21/817) sind Budgets für den Support und die Umsetzung zu den Änderungsanforderungen berücksichtigt. Es war und ist als eine Alternative angedacht, eine ITLösung für das Wohngeld durch Dataport entwickeln zu lassen. Dies ist deshalb möglich , weil die Komplexität der IT-Lösung für die Ablösung von DIWOGE überschaubar ist. Es wurden Kosten in Höhe von insgesamt rund 1 Million Euro geschätzt, die über vorhandene Betriebskostenbudgets abgedeckt werden können. Insoweit mussten keine gesonderten Budgets in der Drs. 20/11718 berücksichtigt werden. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/835 3 5. Wurden im Rahmen der zwischen Juli 2014 und Februar 2015 durchgeführten Marktanalyse auch Softwarelösungen zur bislang mit Release 3 ebenfalls geplanten Ablösung des Altverfahrens DIWOGE untersucht? a. Wenn ja, wie viele und inwieweit wurden diese ebenfalls in der Nutzwertanalyse zusammengeführt? b. Wenn nein, warum nicht? Wohngeldverfahren haben eine deutlich geringere Komplexität als das Sozialhilfeverfahren . Zudem arbeiten mit dem Wohngeldverfahren nur ein Bruchteil der Anwender, die mit dem Sozialhilfeverfahren arbeiten (80 Nutzer für Wohngeld/1.500 Nutzer für Sozialhilfe). Aus diesem Grund wurde sich auf die Frage konzentriert, ob es geeignete Verfahren für SGB XII gibt. 6. Welche aktuellen Überlegungen oder Pläne bestehen bezüglich einer Ablösung von DIWOGE? a. Wie ist der aktuelle Zeitplan bezüglich einer Ablösung von DIWOGE ? b. Mit welchen Kosten rechnen Senat und/oder zuständige Behörden sowie Dataport hierfür? Die Ablösung von DIWOGE soll zeitnah zur Ablösung des Sozialhilfeverfahrens erfolgen . In Vorbereitung eines Vergabeverfahrens wird geprüft, ob der in Ziffer 4 beschriebene Weg der Eigenentwicklung durch Dataport verfolgt wird oder ob die Ablösung des Wohngeldverfahrens Bestandteil der geplanten Ausschreibung für das Sozialhilfeverfahren wird. Zur Höhe der Kosten kann erst nach Abschluss der Prüfungen beziehungsweise des Vergabeverfahrens eine valide Auskunft erteilt werden.