BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8357 21. Wahlperiode 24.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 16.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Erkrankte Schülerinnen und Schüler an Hamburgs Schulen – Wie ist die Lage? Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nach wie vor oftmals eine schwierige Angelegenheit, noch komplizierter wird es allerdings, wenn beide Elternteile berufstätig sind und das Kind plötzlich erkrankt. Einem Artikel auf „SPIEGEL ONLINE“ zufolge (http://www.spiegel.de/lebenundlernen/job/ krankes-kind-und-betreuung-mama-kann-heute-nicht-zu-hause-bleiben-a- 1137548.html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://m.facebook.com), entscheiden sich Eltern immer öfter dafür, ihre Kinder dennoch in die Schule beziehungsweise Kita zu schicken, da eine private Betreuung kurzfristig oft nicht organisiert werden kann. Die Hamburger Schulbehörde hat sogar einen Zuwachs erkrankter Kinder an Schulen registriert und ermahnt die Eltern, für diese zu sorgen, anstatt deren Klassenkameraden der Ansteckungsgefahr auszusetzen. In Skandinavien, Großbritannien und Israel gehören Krankenschwestern an Schulen bereits zum Alltag. Auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) rückt dieses Konzept wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Demnach könnte sich im Bedarfsfall zumindest vorübergehend um erkrankte Kinder gekümmert werden, bis die Eltern eine Lösung gefunden haben. Bereits vor einigen Jahren gab es eine solche Position an der Hamburger Klosterschule, allerdings wurde diese Stelle aus Kostengründen nicht mehr neu besetzt, nachdem die Krankenschwester in Rente gegangen war. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die für Bildung zuständige Behörde kann das Anliegen von Eltern, die sich eine vorübergehende medizinische Betreuung ihrer Kinder im Falle einer plötzlichen Erkrankung in den Schulen wünschen, grundsätzlich nachvollziehen. Auch wenn es die Aufgabe der Sorgeberechtigten ist, sich um ihre erkrankten Kinder zu kümmern, wird ein Kind, das sich während des Schulbesuchs – auch im Rahmen des Ganztags – unwohl fühlt oder plötzlich erkrankt, im Rahmen der Möglichkeiten betreut. Die Betreuung erkrankter Kinder durch berufstätige Eltern kann durch folgende Regelung erleichtert werden: Nach § 45 Absatz 4 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, eine andere in ihrem Haushalt lebende Person das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen kann und das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Der Anspruch auf Krankengeld besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für zehn Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 20 Drucksache 21/8357 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Arbeitstage. Die Arbeitspflicht entfällt, wenn die oben genannten Voraussetzungen vorliegen. Das bundesweit gültige Infektionsschutzgesetz schreibt vor, dass ein Kind nicht in die Kindertagesstätte, die Schule oder eine andere Gemeinschaftseinrichtung gehen darf, wenn es an bestimmten Infektionskrankheiten erkrankt ist oder ein entsprechender Krankheitsverdacht besteht. Außerdem ist in § 34 Absatz 5 festgelegt (siehe http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/IfSG/ifsg_node.html), dass Sorgeberechtigte der neu in die Schule aufgenommenen Kinder über die Pflichten und Verhaltensweisen beim Auftreten einer ansteckenden Krankheit zu belehren sind. Dazu werden in der Regel die mehrsprachig aufgelegten Informationsbögen des Robert Koch-Instituts zum Umgang mit Infektionskrankheiten genutzt (siehe http://www.rki.de/DE/Content/ Infekt/IfSG/Belehrungsbogen/belehrungsbogen_node.html). Je nach Infektionsgeschehen wird in Kooperation mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) mit spezifischen Informationsmaterialien, auf Elternveranstaltungen und im Unterricht das Thema „Infektionsschutz“ vertieft. Im Übrigen ist es Aufgabe der Schulleitungen, dafür Sorge zu tragen, dass im Aufsichtsbereich der Schule eine wirksame Erste Hilfe geleistet wird, siehe Richtlinie „Erste Hilfe an staatlichen Schulen“: http://www.hamburg.de/contentblob/69554/f3ebd20f548ca0762c6f7901bffa5dbf/data/ bbs-vo-richtl-erst-hilfe-04-06.pdf. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Kinder wurden im laufenden Schuljahr nach Schätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde von ihren Eltern in die Schule geschickt, obwohl sie krankheitsbedingt besser zu Hause geblieben wären? Diese Daten werden von den zuständigen Behörden und der Einzelschule nicht erfasst. In Beratungen von Schulen zu Fragen der Gesundheitsförderung insbesondere zu den Jahrgangsstufen 1 bis 6 wird dieses Thema auf Wunsch besprochen. 2. Wie reagieren die Schulen auf eine solche Situation? Werden die Eltern zum Beispiel telefonisch kontaktiert und gebeten, ihre erkrankten Kinder wieder abzuholen? Je nach Alter der Schülerin beziehungsweise des Schülers und Art der Beschwerden werden die Sorgeberechtigten kontaktiert, um ihr Kind abzuholen. In medizinischen Notfallsituationen, die außerhalb der Kompetenzen von Ersthelfern beziehungsweise des Schulsanitätsdienstes liegen, wird sofort der Rettungsdienst einbestellt. 3. Welche Möglichkeiten gibt es für (während des Unterrichts) erkrankte Kinder, um sich auszuruhen, falls die Eltern sie nicht sofort abholen können ? Gibt es zum Beispiel Ruheräume? Falls ja, sind diese flächendeckend an allen Schulen eingerichtet und wer übernimmt in diesen Fällen die Aufsichtspflicht? Gemäß der Information der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) 202- 059 „Erste Hilfe in Schulen“ i.V.m. § 25 Absatz 5 DGUV Vorschrift 1 und § 28 DGUV Vorschrift 81 ist festgelegt, dass „In (...) allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen (...) der Unternehmer mindestens eine geeignete Liegemöglichkeit oder einen geeigneten Raum mit Liegemöglichkeit zur Erstversorgung von Verletzten vorzuhalten hat“. So haben Schulen mit Schulsanitätsdiensten Räume, die von Schülerinnen und Schülern nach Bedarf genutzt werden können und entsprechend ausgestattet sind. Schulsanitäterinnen beziehungsweise Schulsanitäter sind kompetente Ersthelfer für verletzte und erkrankte Mitschülerinnen beziehungsweise -schüler und Lehrkräfte, die bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes wirksam Hilfe leisten. Sie werden regelmäßig trainiert und fortgebildet. Die Aufgaben des Schulsanitätsdienstes sind der Beschreibung der Unfallkasse Nord unter https://www.uk-nord.de/fileadmin/user_upload/pdf/ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8357 3 publikationen/Kompetente_Ersthelfer_08_01_15.pdf zu entnehmen. Im Übrigen siehe Drs. 21/1435. Die Beaufsichtigung von Schülerinnen und Schülern ist in § 31 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) geregelt. 4. Gibt es die Möglichkeit für (während des Unterrichts) erkrankte Kinder, schmerzlösende Medikamente (Aspirin, Paracetamol et cetera) von den Schulen zu bekommen, um krankheitsbedingten Anzeichen entgegenzuwirken ? Falls ja, wer teilt diese aus? Nein, schmerzlösende Medikamente dürfen nur von entsprechend ausgebildeten Fachkräften verabreicht werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/8260. 5. Gibt es derzeit Schulkrankenschwestern oder ähnlich besetzte Positionen an Hamburger Schulen? Nein. a. Falls ja, wie ist deren offizielle Bezeichnung, an welchen Schulen werden sie konkret eingesetzt und was fällt jeweils in deren Aufgabenbereich ? Entfällt. b. Falls nein, gibt es aktuell Überlegungen des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde, Schulkrankenschwestern (wieder) einzusetzen , wenn man die aktuelle Lage der gestiegenen Anzahl kranker Kinder an Hamburgs Schulen bedenkt? c. Falls nein, wie plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde sonst, mit der aktuellen Situation umzugehen? Siehe Vorbemerkung. 6. Wie hoch wären nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde die Kosten für die Einstellung einer Schulkrankenschwester für ein Schuljahr? Die zuständigen Behörden planen zurzeit kein Modell zur Etablierung von schulischen Gesundheitsfachkräften. Deshalb liegen hierzu keine differenzierten Berechnungen vor.