BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8358 21. Wahlperiode 24.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 16.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Sicherheitslage in den Gerichten und bei der Staatsanwaltschaft Am 31.01.2017 hatte ein 39-jähriger Angeklagter im Gerichtssaal am Landgericht Hamburg eine Zeugin angegriffen und verletzt. Trotz Sicherheitsvorkehrungen konnte er eine präparierte Rasierklinge und eine angespitzte Zahnbürste in den Gerichtssaal mitbringen. Neben den Strafrichtern/-innen sind auch Familienrichter/-innen einer besonderen Gefährdung in den Verhandlungen ausgesetzt. Verbesserungen bei den Sicherheitsmaßnahmen sind daher zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde befindet sich unter Beteiligung der zuständigen Polizeidienststellen in einem laufenden Austausch mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften über die dortigen Sicherheitsmaßnahmen. In den letzten Jahren sind insbesondere PC-gestützte Notrufsysteme zum Schutz der Beschäftigten installiert, Alarmierungsund Überwachungsanlagen erweitert, die Zugangssituation in einigen Häusern verändert und gezielte Maßnahmen zur Besuchersteuerung ergriffen worden. Bei den Staatsanwaltschaften erfolgten in den letzten Jahren Austausche/Erweiterungen und Aktualisierungen der vorhandenen Videoüberwachungs- und Überfallmeldeanlagen . Diese Maßnahmen werden fortgesetzt. Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften wurden darüber hinaus, ohne auf einzelne Justizbereiche oder Gebäude im Speziellen einzugehen, Sicherungsmaßnahmen in Zugangsbereichen, bei Überfallmeldeeinrichtungen sowie Saalnotrufanlagen eingerichtet. Es wurden Schließanlagen und Sicherheitstechnik erneuert sowie kleine bauliche Veränderungen innerhalb der Gebäude im Pförtnerbereich vorgenommen und Videoüberwachungsanlagen erweitert. Die zuständige Behörde plant weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit bei den Gerichten und den Staatsanwaltschaften. Diese sind Gegenstand eines zurzeit erarbeiteten Gesamtkonzepts (vergleiche Drs. 21/6978). Der Senat sieht aufgrund der Ausführungen des Hamburgischen Verfassungsgerichts (Urteil vom 20.5.2003 – 9/02, HmbJVBI.2003, 49), die entsprechend für die Gerichte gelten, davon ab, detaillierter über einzelne bestehende und geplante Sicherheitsmaßnahmen zu berichten. Im Übrigen siehe Drs. 21/5741. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie beurteilt die zuständige Behörde die derzeitige Sicherheitslage an den Hamburger Gerichten (bitte je nach Gericht darstellen)? Siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/8358 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wie beurteilt die zuständige Behörde die derzeitige Sicherheitslage der Familienrichter/-innen? Inwieweit waren in den Jahren 2014 bis 2017 Sicherheitslage Familienrichter/-innen wie gefährdet beziehungsweise kam es zu Vorfällen? Die Anzahl der Übergriffe im Familiengericht wird jährlich separat erst ab dem Jahr 2015 erfasst. Um die Fallzahlen für 2014 zu ermitteln, wäre eine Auswertung der Akten erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Anhand einzelner Einträge in den Bemerkungsfeldern konnten für die Jahre 2015 bis 2017 (einschließlich Februar) die folgenden Fallzahlen den Familiengerichten eindeutig zugeordnet werden. Familiengericht Fälle (Übergriffe und Präventionsmaßnahmen) 2015 6 2016 20 2017 (bis Februar einschließlich ) 8 Nach den der zuständigen Behörde vorliegenden Erkenntnissen handelt es sich bei einem überwiegenden Anteil der aufgelisteten Vorfälle um Beschimpfungen und Beleidigungen sowie Bedrohungen mittels Worten und Gesten. Eine weitergehende Kategorisierung der Fälle nach den Vorfalls- beziehungsweise Maßnahmenkategorien für den Zeitraum 2015 – 2017 ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wie beurteilt die zuständige Behörde die derzeitige Sicherheitslage der Staatsanwaltschaft? 4. Bei welchen Gerichten besteht seit wann und aus welchen Gründen Bedarf zur Verbesserung der Sicherheitslage (bitte nach Gerichten darstellen )? Besteht bei der Staatsanwaltschaft Bedarf zur Verbesserung der Sicherheitslage? Wenn ja, warum? 5. Bei welchen Gerichten ist zu welchen Zeiten eine Besetzung durch Pförtner gewährleistet (bitte je nach Gericht darstellen)? 6. Was hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde seit 2014 konkret zur Verbesserung der Sicherheitslage an welchen Gerichten und der Staatsanwaltschaft unternommen? Siehe Vorbemerkung. 7. Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden bei welchem Gericht und der Staatsanwaltschaft seit 2014 wie verändert oder verbessert (bitte je Jahr und Maßnahme darstellen)? Wie hoch waren dazu die Kosten? Für die Verbesserung der Sicherheitstechnik und bauliche Sicherungsmaßnahmen sind folgende Kosten entstanden: 2014 in € 2015 in € 2016 in € 2017 in € Amtsgerichte 27.000 6.500 47.995 95.500 Landgericht 0 0 5.841 375.000 Oberlandesgericht 0 2.500 9.000 44.000 Verwaltungsgericht 0 0 0 0 Oberverwaltungsgericht 0 0 0 0 Arbeitsgericht 0 0 0 0 Finanzgericht 0 0 0 0 Sozialgericht 0 0 1.000 0 Staatsanwaltschaft 100.000 37.091 19.000 27.500 Ziviljustizgebäude 500 3.000 9.000 0 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8358 3 2014 in € 2015 in € 2016 in € 2017 in € Strafjustizgebäude 52.000 111.000 95.500 20.500 Eine eindeutige Zuordnung ist pro Gericht nicht immer möglich. Dort, wo mehrere Gerichtsbarkeiten in einem Gebäude untergebracht sind, wurde auf das Gebäude abgestellt. Darüber hinaus werden im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebes kleine Maßnahmen sofort umgesetzt, deren Kosten nicht gesondert erfasst werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Inwieweit wurden Gefährdungsanalysen an welchen Gerichten und der Staatsanwaltschaft von 2014 bis 2017 durchgeführt (bitte je nach Gericht darstellen)? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Die Richterinnen und Richter sowie die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte werden an allen Gerichten bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit in das Verhalten bei Gefährdungssituationen sowie in die Grundsätze der Deeskalation eingewiesen. Wenn bereits im Vorfeld ein besonderes Aggressions- oder Gefährdungspotenzial erkennbar ist, besteht stets die Möglichkeit, besondere Schutzmaßnahmen zu beantragen. Die Situation in den einzelnen Gerichten stellt sich wie folgt dar: Amtsgerichte: Es gab und gibt einen ständigen Austausch zwischen den Amtsgerichten und der zuständigen Behörde über Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheitslage, die in ein einheitliches umzusetzendes Sicherheitskonzept der Amtsgerichte einfließt. Landgericht: Bei konkreten Gefahrenlagen wird eine situations- und einzelfallbezogene Gefährdungsanalyse durch das Landeskriminalamt Hamburg (LKA) eingeholt. Verwaltungsgericht: Im Mai 2016 hat in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle des LKA eine Sicherheitsberatung stattgefunden. Hieran anschließend wurden diverse Maßnahmen im öffentlichen Bereich umgesetzt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Oberverwaltungsgericht: Die erste Sicherheitsbegehung und -beratung (Gefährdungsanalyse) durch das LKA erfolgte am 5. März 2014. Aufgrund der Beratung wurden diverse Maßnahmen im Bereich der Alarmierungsmöglichkeiten umgesetzt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Arbeitsgericht: Bei konkreten Gefahrenlagen wird eine situations- und einzelfallbezogene Gefährdungsanalyse durch das LKA eingeholt. Finanzgericht: Bei konkreten Gefahrenlagen wird eine situations- und einzelfallbezogene Gefährdungsanalyse durch das LKA eingeholt. Sozialgericht: Bei konkreten Gefahrenlagen wird eine situations- und einzelfallbezogene Gefährdungsanalyse durch das LKA eingeholt. Staatsanwaltschaft: Durch das LKA wurde mit Datum vom 27. Dezember 2016 eine Gefährdungsanalyse erstellt, welche durch einen Bericht vom 7. Februar 2017 nochmals ergänzt worden ist. Zu detaillierteren Angaben über einzelne bestehende und geplante Sicherheitsmaßnahmen siehe Vorbemerkung. Drucksache 21/8358 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. Wie oft wurden durch die zuständige Behörde Befragungen bei den Gerichtspräsidenten/-innen und dem Generalstaatsanwalt seit 2014 durchgeführt (bitte je nach Gericht darstellen)? Zu welchem Ergebnis kamen die Befragungen und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? Es gibt einen ständigen Austausch zwischen den Gerichten beziehungsweise den Gerichtspräsidentinnen und -präsidenten, den Staatsanwaltschaften beziehungsweise dem Generalstaatsanwalt und der zuständigen Behörde. Eine Dokumentation findet nicht statt. 10. Welche Maßnahmen plant der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in welchem Zeitraum, um die Sicherheitsstandards an welchen Gerichten und der Staatsanwaltschaft zu verbessern? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung.