BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8361 21. Wahlperiode 24.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 16.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Streckenführung der U5 Ost Auf der Sitzung des Verkehrsausschusses am 10. Mai 2016, ergänzt durch eine Protokollerklärung vom 27. Juni 2016, stellte der Senat seine Entscheidungsgründe für eine Trassenführung der künftigen U5 über Sengelmannstraße statt über den Bahnhof Barmbek dar. Diese Gründe sind in der Drs. 21/5825 wiedergegeben. Insbesondere in Barmbek-Nord gibt es erheblichen Widerstand gegen diese Trassenführung, speziell gegen die Lage der geplanten Haltestelle in der Straße Hartzloh. Ein Teil dieser Ablehnung ist darauf zurückzuführen, dass viele Menschen in Barmbek-Nord ihre alltäglichen Verkehrsbedürfnisse von der vorgeschlagenen Linienführung nicht abgedeckt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Dezember 2014 hat die HOCHBAHN den Ergebnisbericht einer Konzeptstudie zur U-Bahn-Netzerweiterung vorgelegt, in der die grundsätzlichen Möglichkeiten einer langfristigen Weiterentwicklung des Netzes aufgezeigt wurden. Nach einer umfassenden Zieldefinition wurden zunächst die Potenzialgebiete für eine künftige U-Bahn- Erschließung ermittelt. Schließlich wurde in Variantendiskussionen bewertet, wie diese Potenzialgebiete sinnvoll an das bestehende U-Bahn-Netz angebunden werden können. Die als Ergebnis der Konzeptstudie dargestellten, neuen U-Bahn-Strecken wurden und werden im Rahmen verschiedener Machbarkeitsuntersuchungen vertieft betrachtet. Ziel dieser Machbarkeitsuntersuchungen ist das Aufzeigen der grundsätzlichen verkehrlichen , betrieblichen, technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit der neuen Streckenabschnitte. Im Ergebnis zeigt die Untersuchung für den Abschnitt Bramfeld, Steilshoop – City Nord (U5 Ost) eine Streckenführung via Barmbek-Nord und Sengelmannstraße als eine technisch machbare und verkehrlich sinnvolle Lösung auf. Diese Streckenführung ist der Ausgangspunkt für die derzeit laufende Vorentwurfs-, Entwurfs - und Genehmigungsplanung. Hierbei werden für alle Haltestellenlagen verschiedene Varianten entwickelt, untersucht und bewertet. Dies gilt insbesondere auch für die Haltestellenlage in Barmbek-Nord. Bei der Entscheidungsfindung für die Trassenführung der U5 wurden verkehrliche, betriebliche, bauliche, wirtschaftliche und stadtentwicklungspolitische Aspekte abgewogen sowie die zuständigen Behörden und Fachämter der Bezirke beteiligt. Der Streckenverlauf über Sengelmannstraße hat eine gute Netzwirkung, da er Umstiegsmöglichkeiten in verschiedene Systeme (S- und U-Bahn) an verschiedenen Stellen (S Rübenkamp und U Sengelmannstraße) bietet. Zudem kann an der U-Bahn- Haltestelle Sengelmannstraße eine viergleisige, bahnsteiggleiche Umsteigehaltestelle entstehen, ähnlich der U1/U3-Haltestelle Kellinghusenstraße. Damit wird das Umstei- Drucksache 21/8361 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gen bequem, und die Fahrgäste können künftig zwischen der Weiterfahrt westlich oder östlich der Alster wählen. Hiervon profitieren auch die Fahrgäste der U1. Zudem erschließt die U5 neben den bevölkerungsreichen Stadtteilen Bramfeld, Steilshoop und Barmbek-Nord mit rund 40.000 Einwohnern auch die City Nord, sodass auch circa 30.000 Arbeitsplätze dort besser angebunden werden. Im Gleisdreieck Alsterdorf können neben dem dort geplanten Busbetriebshof zusätzliche Flächen für die U-Bahn genutzt werden (Abstellung und möglicherweise eine kleiner Werkstattstandort ). Die Möglichkeit zur Stärkung der Zentralität des Bereichs um den Bahnhof Barmbek und die südliche Fuhlsbüttler Straße war ein wesentlicher Grund, eine Trassenführung der U5 über den Bahnhof Barmbek vertieft zu betrachten. Im Übrigen siehe Drs. 21/6905. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN) wie folgt: Der Senat beruft sich auf eine verkehrswissenschaftliche Untersuchung, welche Vorteile der Streckenführung über Sengelmannstraße statt Barmbek Bahnhof ergeben hätte. 1. Ist diese Untersuchung im Transparenzportal zugänglich? Falls ja, wo? Falls nein, weshalb nicht? Die Veröffentlichung soll demnächst erfolgen. 2. Von welcher Lage einer Haltestelle im Bereich Hartzloh/Rümkerstraße/ Rüterstraße (und damit deren Einzugsbereich) ging diese Untersuchung aus? Die im Rahmen der Konzeptstudie unterstellte Streckenführung greift die im Flächennutzungsplan vorgesehene U-Bahn-Führung von U/S Barmbek über Schwalbenplatz und Elligersweg nach Steilshoop auf und diese bildet die Grundlage der Untersuchung . 3. Fand im Rahmen der Untersuchung eine systematische Erhebung der Verkehrsbedürfnisse im unter 2. genannten Einzugsgebiet statt? Falls ja, mit welchen Ergebnissen? Falls nein, weshalb nicht? Der Untersuchung lag eine Matrix der Quell-Ziel-Beziehungen im ÖPNV-Netz der Stadt Hamburg und des Umlandes zugrunde. Diese basiert auf Fahrgastbefragungen des Hamburger Verkehrsbundes (HVV), bei denen in regelmäßigen Abständen die zurückgelegten Reiseketten haltestellenbezogen abgefragt und auf die Gesamtnachfrage hochgerechnet wurden. Der Senat verweist auf eine Untersuchung der HOCHBAHN über die Verkehrsnachfrage in den Bereichen Bramfeld, Steilshoop und Barmbek-Nord und, daraus erstellt, Verkehrsnachfragematrizen. 4. Ist diese Untersuchung im Transparenzportal zugänglich? Falls ja, wo? Falls nein, weshalb nicht? Es handelt sich um dieselbe Untersuchung, auf die sich die Fragen 1. – 3. beziehen. Siehe Antwort zu 1. 5. Wie sind die Rohdaten erhoben worden (zum Beispiel Fahrgastbefragung , repräsentative Befragung im Einzugsbereich)? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8361 3 a. Wann fanden diese Befragungen statt? Der HVV führt turnusmäßig Zählungen und Befragungen auf allen Linien durch, die mindestens alle fünf Jahre durch neue Erhebungen aktualisiert werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. b. Wie viele Personen wurden befragt? Die Befragungsquote bei den unter a. genannten Zählungen/Befragungen liegt bei 10 – 25 Prozent. c. In welcher Form sind die Bedürfnisse bisheriger Nichtnutzer/-innen des ÖPNV ermittelt worden? Im Rahmen der verkehrlichen Untersuchung wurden auch Verkehrsverlagerungen vom motorisierten Individualverkehr auf den ÖPNV ermittelt. Grundlage hierbei waren im Wesentlichen die durch die U5 erreichbaren Komfort- und Reisezeitverbesserungen . d. Wurden die Ziele der Nutzer/-innen haltestellenscharf erfasst? Ja. Siehe Antwort zu 3. Im Verkehrsausschuss im Mai 2016 hieß es: „Die überwiegende Anzahl der Fahrgäste aus den Bereichen Bramfeld, Steilshoop und Barmbek-Nord, erklärten die Senatsvertreter weiter, habe als überwiegendes Ziel den Innenstadtbereich angegeben, ein deutlich geringerer Anteil der Fahrgäste aus dem Bereich Steilshoop und Bramfeld habe hingegen die Fuhlsbüttler Straße , insbesondere die Schulzentren in diesem Bereich, als Fahrziel benannt.“ (Drs. 21/5825, Seite 14). 6. Wie definiert der Senat die Innenstadt und wie wurde methodologisch sichergestellt, dass den Befragten von einer identischen Definition ausgingen ? Die Innenstadt umfasst alle Haltestellen auf und innerhalb des Ring 1. Da die in den Befragungen zurückgelegten Reiseketten alle haltestellenbezogen abgefragt wurden, ist die oben genannte Aussage über die Lage der Zielhaltestellen eindeutig ableitbar. 7. Welche weiteren zehn Fahrtziele (Top 10) wurden von den Befragten genannt und welchen Anteil hatten die Nennungen jeweils an der Anzahl der Befragten? Die Erkenntnisse zu den Fahrtzielen ergeben sich indirekt über die darauf aufbauende Modellierung des Verkehrsverhaltens und den daraus abgeleiteten makroskopischen Kenngrößen der Verkehrsnachfrage auf den einzelnen untersuchten Abschnitten. Im Rahmen der Untersuchung wurden die in Hamburg auf allen Linien des HVV erfragten Start- und Zielhaltestellen in Form einer Matrix zusammengestellt. Daraus wurde das Verkehrsverhalten modellhaft nachgebildet. Es ist nicht möglich, die aggregiert verarbeiteten Befragungsergebnisse, auf einzelne Befragungen auf bestimmten Linien zurückzurechnen. Dies ist mathematisch nicht machbar und für den Untersuchungszweck nicht erforderlich gewesen. Darüber hinaus sind in die Matrix die Befragungsergebnisse verschiedener Verbundverkehrsunternehmen eingegangen, die einnahmerelevante Geschäftsgeheimnisse betreffen. 8. Wie wurde eine Repräsentativität der befragten Fahrgäste sichergestellt ? Die gewählte Stichprobengröße ist geeignet, um daraus ein repräsentatives Bild der Gesamtnachfrage abzuleiten. Die Fuhlsbüttler Straße (Fuhle), insbesondere zwischen dem Bahnhof Barmbek und der Herrmann-Kauffmann-Straße, stellt für den Stadtteil Barmbek eine wichtige Nahversorgungsmöglichkeit mit einem relativ breiten Angebot an Einzelhandel und Dienstleistungen dar. Drucksache 21/8361 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 9. Inwieweit spielten stadtentwicklungspolitische Überlegungen, insbesondere eine Stärkung des Handels- und Dienstleistungsstandort Fuhle, eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Trassenvariante ? Siehe Vorbemerkung. 10. Wann und in welcher Form wurden lokale Akteure/-innen (zum Beispiel IG Fuhle, Stadtteilräte Steilshoop und Barmbek et cetera) in die Überlegungen zur Trassenführung einbezogen? Am 03.09.2015 haben die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) und HOCHBAHN den Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung Hamburg- Nord und am 24.09.2015 den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr der Bezirksversammlung Wandsbek über den Stand der Planungen informiert. Eine weitere Information über den aktuellen Stand der Planungen fand am 19.07.2016 im Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Verbraucherschutz der Bezirksversammlung Hamburg-Nord unter Einladung der zwei zuständigen Regionalausschüsse statt. Darüber hinaus wurden und werden die betroffenen Bezirksverwaltungen über die Projektgremien kontinuierlich über den Stand der Planungen informiert. Seit Beginn der Vorentwurfsplanungen im Jahr 2016 wurden zahlreiche Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung durchgeführt sowie lokale Akteure und Gremien einbezogen (unter anderem HID Steilshoop, Vertreter der Koordinierungskonferenz Steilshoop , Geschäftsführerin der IG Fuhle, Bürgerinitiative „Lebenswerter Hartzloh“). Zudem ist die HOCHBAHN anlässlich der Planungen der U5 seit September 2016 in folgenden Gremien vertreten: - Stadtteilbeirat Steilshoop - Stadtteilrat Barmbek-Nord - Barmbeker Ratschlag Im Übrigen siehe Drs. 21/7311. 11. Wann und in welcher Form wurden die Bezirksversammlungen Hamburg -Nord und Wandsbek in die Überlegungen zur Trassenführung einbezogen ? 12. Wann und in welcher Form wurden die Bezirksverwaltungen Hamburg- Nord und Wandsbek in die Überlegungen zur Trassenführung einbezogen ? Siehe Antwort zu 10. Der Senat erklärt im Verkehrsausschuss: „Im Gesamtnetz … erhöht sich die Anzahl der Fahrgäste je Tag in der Variante Barmbek auf ca. 2.226.750. In der Variante Sengelmannstraße sind es dann nochmals 11.000 Fahrgäste mehr (d.h. ca. 2.237.800).“ (Vergleiche Drs. 21/5825, Seite 16.) 13. Wie wurde die prognostizierte Erhöhung der Gesamtfahrten um 11,000, das sind 0,49 Prozent der gesamten täglichen Schnellbahnnutzung, bei der Entscheidungsfindung im Vergleich zu stadtentwicklungspolitischen Überlegungen gewichtet? Siehe Vorbemerkung. 14. Welche Fehlertoleranz weisen Nachfrageprognosen wie die vom Senat genannte auf? Bei den durchgeführten verkehrlichen Untersuchungen handelt es sich um modellgestützte Ansätze, die vom Grundsatz her nur eine Annäherung an die heutigen und künftigen Realitäten liefern können. Es steht jedoch außer Frage, dass eine Trassenführung über Sengelmannstraße einen höheren verkehrlichen Nutzen aufweist als eine Führung über Bahnhof Barmbek.