BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8389 21. Wahlperiode 28.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 20.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Wie haben sich die Zwangsräumungen in Hamburg entwickelt? (II) Auch in Hamburg wird jedes Jahr eine Vielzahl Zwangsräumungen vollstreckt . Laut Antwort des Senats auf meine Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/951 wurden in Hamburg im Jahr 2012 1.590 Zwangsräumungen durchgeführt . Die Zahl der erfolgten Zwangsräumungen konnte im Jahr 2014 auf 402 gesenkt werden. Für die Betroffenen ist der Verlust der eigenen vier Wände in aller Regel eine Extremsituation, die nicht selten zu weiteren Problemen und sozialem Abstieg führt. Der Mieterbund befürchtete im Jahr 2015 aufgrund eines geänderten Mietrechtsgesetzes eine Zunahme von Zwangsräumungen. Ich frage den Senat: In Hamburg werden Jahr für Jahr weniger Zwangsräumungen durchgeführt. Die Anzahl der Zwangsräumungen hat im Jahr 2016 mit 1.431 Räumungen inklusive der Räumungen nach dem Berliner Modell den niedrigsten Stand seit Einrichtung der Fachstellen für Wohnungsnotfälle im Jahr 2005 erreicht. Die Fachstellen können trotz ihres Einsatzes nicht in allen Fällen eine Zwangsräumung verhindern. Es lässt sich jedoch in Übereinstimmung zur Anzahl der erfolgreichen Wohnungssicherungen feststellen , dass die Arbeit der Fachstellen bei der Verhinderung von Zwangsräumungen erfolgreich ist. Es konnte in 82,1 Prozent der in 2016 abgeschlossenen Fälle die Wohnung gesichert werden, in 2015 waren es 83,2 Prozent. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften von SAGA Unternehmensgruppe (SAGA) wie folgt: 1. Wie viele a. Räumungsklagen, b. Räumungsanträge, c. Räumungsaufträge nach dem Berliner Modell und d. wie viele daraus hervorgegangene Zwangsräumungen von Wohnungen hat es nach Kenntnis des Senats jeweils in 2015 und 2016 in Hamburg gegeben? Bitte wie in Drs. 21/951 darstellen. Geschäftsentwicklung bei den Hamburger Amtsgerichten für Räumungsklagen: Berichtsjahr 2015 Berichtsjahr 2016 Zahl der Neueingänge 1. Quartal 1.042 907 Drucksache 21/8389 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Berichtsjahr 2015 Berichtsjahr 2016 Zahl der Neueingänge 2. Quartal 962 807 3. Quartal 902 891 4. Quartal 806 864 Jahresergebnis 3.712 3.469 Geschäftsentwicklung bei den Hamburger Amtsgerichten für Räumungsanträge (Anzahl der Neueingänge beziehungsweise Anzahl der durchgeführten Räumungen): Berichtsjahr 2015 Berichtsjahr 2016 insgesamt durchgeführt insgesamt durchgeführt 1. Quartal 489 274 430 223 2. Quartal 493 280 497 256 3. Quartal 521 312 483 273 4. Quartal 494 294 453 280 Jahresergebnis 1.997 1.160 1.863 1.032 Geschäftsentwicklung bei den Hamburger Amtsgerichten für Räumungsaufträge nach dem Berliner Modell1 (Anzahl der Neueingänge beziehungsweise Anzahl der durchgeführten Räumungen): Berichtsjahr 2015 Berichtsjahr 2016 insgesamt durchgeführt insgesamt durchgeführt 1. Quartal 153 107 103 99 2. Quartal 126 98 140 97 3. Quartal 151 121 135 96 4. Quartal 153 111 143 107 Jahresergebnis 583 437 521 399 2. Wie viele a. Räumungsklagen wurden seitens der SAGA GWG jeweils im Jahr 2015 und 2016 angestrengt und b. wie viele durch die SAGA GWG beauftragte Zwangsräumungen erfolgten jeweils in den Jahren 2015 und 2016? c. Falls keine Daten vorliegen, warum nicht? Bei der SAGA werden zentrale EDV-Statistiken lediglich zu erfolgten Zwangsräumungen geführt. 2015 waren es 380 und 2016 320 Zwangsräumungen. Aufgrund intensiver und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen der SAGA und den Bezirksämtern konnte die Zahl der durchgeführten Zwangsräumungen bei der SAGA von 1.026 im Jahr 2003 auf 320 im Jahr 2016 gesenkt werden. Im Übrigen siehe Drs. 21/951. 3. Wie viele der zwangsgeräumten Mieter/-innen in 2015 und 2016 waren a. unter 15 Jahren beziehungsweise Familien mit Kindern unter 15 Jahren? b. unter 25 Jahren? c. zwischen 25 und 60 Jahren? d. über 60 Jahre? Siehe Drs. 21/951. 1 Beim sogenannten Berliner Modell beschränkt der Gläubiger den Räumungsantrag an den Gerichtsvollzieher darauf, den Schuldner aus der Wohnung zu setzen, während alle Gegenstände in der Wohnung verbleiben, weil der Gläubiger sich an der gesamten in der Wohnung befindlichen Habe eines Vermieterpfandrechts befriedigen will. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8389 3 4. Welche Angebote zur Verhinderung von Obdachlosigkeit wurden den Betroffenen gemacht? Bitte genau beschreiben, welche Änderungen es seit Drs. 21/951 gegeben hat. Verfahren diesbezüglich alle Fachstellen in gleicher Weise? Siehe Drs. 21/951. Es hat keine Änderungen gegeben. Alle bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle verfahren in gleicher Weise. 5. Wo sind diese Betroffenen nach der Räumung tatsächlich untergekommen oder sonst wie verblieben? 6. Was sind die Hauptgründe für die jeweiligen Zwangsräumungen bei der SAGA GWG? Siehe Drs. 21/951. 7. Wie hat sich die personelle Ausstattung der Fachstellen für Wohnungsnotfälle in den vergangenen zwei Jahren verändert? Bitte nach Bezirken gegliedert und gesamt jeweils für die Jahre 2015 und 2016 benennen. Bezirksämter Beschäftigungsvolu - men/VZÄ zum 31.12.2015 Beschäftigungsvolumen /VZÄ zum 31.12.2016 Bemerkungen HH-Mitte 21,23 22,28 Unterschiede durch Ausschreibungsverfahren und Teilzeitbeschäftigung Altona 14,52 14,52 Geringfügige Vakanzen durch Teilzeit Eimsbüttel 11,9 9 HH-Nord 13,5 15 Wandsbek 18,49 17,85 Nachbesetzung 1 VZÄ in Kürze Bergedorf 8,39 8,84 Harburg 8,57 9,57 Quelle: Angaben der Bezirksämter 8. Wie hat sich die Zahl der Ratsuchenden bei den Fachstellen für Wohnungsnotfälle entwickelt? Bitte nach Bezirken gegliedert und gesamt jeweils für die Jahre 2015 und 2016 benennen. Eine Auswertung ist aufgrund der Art der Erfassung nur nach Haushalten möglich. Die Anzahl der durch die Fachstellen betreuten Haushalte aufgegliedert nach Bezirken der Jahre 2015 und 2016 stellt sich wie folgt dar: 2015 2016 Hamburg-Mitte 2.930 2.877 Altona 1.441 1.478 Eimsbüttel 1.424 1.197 Hamburg-Nord 1.650 1.806 Wandsbek 2.533 2.795 Bergedorf 1.073 1.167 Harburg 1.204 1.649 Gesamt 12.255 12.969 Quelle: Datawarehouse, Dokumentationssystem der Fachstellen 9. Wie viele der Ratsuchenden in 2015 und 2016 waren a. unter 15 Jahren beziehungsweise Familien mit Kindern unter 15 Jahren? b. unter 25 Jahren? c. zwischen 25 und 60 Jahren? d. über 60 Jahre? Drucksache 21/8389 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 e. welchen Geschlechts? Das Alter und Geschlecht der Ratsuchenden kann nicht statistisch erhoben werden, da eine Auswertung nur auf Basis von Haushalten möglich ist. Eine Auswertung der rund 13.000 Akten ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage vorgegebenen Zeit nicht möglich. 10. Was waren die Hauptgründe der Ratsuchenden, die Fachstellen aufzusuchen ? 11. Wie hat sich die Zahl der Ratsuchenden aufgrund von drohenden Räumungen bei den Fachstellen für Wohnungsnotfälle entwickelt? Bitte nach Bezirken gegliedert und gesamt jeweils für die Jahre 2015 und 2016 benennen. Siehe Drs. 21/951. 12. Wie viele Hausbesuche haben die Mitarbeiter/-innen der Fachstellen für Wohnungsnotfälle jeweils im Jahr 2015 und im Jahr 2016 durchgeführt? Bitte nach Bezirken gegliedert und gesamt jeweils für die Jahre 2015 und 2016 benennen. Anzahl der Fälle mit aufsuchender Hilfe: 2015 2016 Hamburg-Mitte 207 165 Altona 51 25 Eimsbüttel 185 94 Hamburg-Nord 77 62 Wandsbek 599 474 Bergedorf 64 26 Harburg 202 84 Gesamt 1.385 930 Quelle: Datawarehouse, Dokumentationssystem der Fachstellen 13. In wie vielen Fällen konnten die Fachstellen Wohnungen sichern beziehungsweise nicht sichern und welche Maßnahmen haben sie dabei jeweils ergriffen? Bitte nach Bezirk aufschlüsseln und jährlich für 2015 bis 2016 angeben. Anzahl der gesicherten Fälle aufgeschlüsselt nach Maßnahmen: 2015 Darl./Beihilfe § 22 Abs.8 SGB II Darl./Beihilfe § 36 SGB XII Eigeninitiative des Betroffenen Intervention der Fachstelle Neue Wohnung Sonst. Art zum Wohnungs erhalt Verhandlung mit Vermieter Vertragloses neues Wohnungsverh. Gesamt Hamburg-Mitte 378 123 889 147 218 54 8 16 1.833 Altona 167 80 138 106 38 44 3 576 Eimsbüttel 192 103 142 58 21 13 7 536 Hamburg-Nord 163 81 334 51 79 33 6 26 773 Wandsbek 363 197 480 120 59 48 4 1 1.272 Bergedorf 159 85 108 26 26 12 4 1 421 Harburg 150 38 165 265 114 48 13 12 805 Gesamt 1.572 707 2.256 773 555 252 45 56 6.216 2016 Darl./Beihilfe § 22 Abs.8 SGB II Darl./Beihilfe § 36 SGB XII Eigeninitiative des Betroffenen Intervention der Fachstelle Neue Wohnung Sonst. Art zum Wohnungs erhalt Verhandlung mit Vermieter Vertragloses neues Wohnungsverh. Gesamt Hamburg-Mitte 304 126 769 160 128 37 1 15 1.540 Altona 152 68 116 90 34 69 3 1 533 Eimsbüttel 177 91 115 66 27 16 6 498 Hamburg-Nord 149 78 277 68 62 32 6 15 687 Wandsbek 335 227 404 90 50 33 7 1.146 Bergedorf 123 70 74 54 28 17 3 1 370 Harburg 132 47 149 256 131 81 12 7 815 Gesamt 1.372 707 1.904 784 460 285 38 39 5.589 Quelle: Datawarehouse, Dokumentationssystem der Fachstellen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8389 5 Anzahl der Fälle, die nicht gesichert werden konnten: 2015 2016 Hamburg-Mitte 208 221 Altona 120 129 Eimsbüttel 118 154 Hamburg-Nord 177 162 Wandsbek 477 381 Bergedorf 59 87 Harburg 93 86 Gesamt 1.252 1.220 Quelle: Datawarehouse, Dokumentationssystem der Fachstellen Von den 1.220 im Dokumentationssystem der Fachstellen im Jahr 2016 als nicht gesichert erkennbaren Haushalten haben 540 Haushalte ihre Wohnung verloren, zu 680 Haushalten ist hingegen der Kontakt nicht zustande gekommen oder abgebrochen oder der Fallausgang ist unbekannt. 14. Der Senat kündigt seit Längerem eine neue Fachanweisung zur Wohnungslosenhilfe (die vorherige trat zum 31.01.2013 außer Kraft, gilt aber laut Drs. 21/951 als Arbeitshilfe weiter) und einen Bericht des Beirats zur Umsetzung des Gesamtkonzepts der Wohnungslosenhilfe an. Wann werden die angekündigten Dokumente voraussichtlich vorgelegt? Was sind die Gründe für die Verzögerungen? Die Arbeitshilfe zur Wohnungslosenhilfe ist ein mehrteiliges Regelwerk mit Vorgaben zu Aufgaben und Zielen, Zuständigkeiten und Zielgruppen (Abschnitt 1), für die öffentlich -rechtliche Unterbringung (Abschnitt 3) für die Vermittlung obdach- und wohnungsloser Haushalte einschließlich bleibeberechtigter Zuwanderer in Wohnraum (Abschnitt 4). In Kürze wird eine Fachanweisung „Hilfen zur Wohnungssicherung“ in Kraft treten. Sie wird als Abschnitt 2 in die Arbeitshilfe eingefügt beziehungsweise diese ergänzen. Eine Überarbeitung der Abschnitte 1, 3 und 4 und Vorlage in Form von Fachanweisungen sowie die Zusammenführung sämtlicher Abschnitte zu einem Regelwerk für die Wohnungslosenhilfe ist anschließend beabsichtigt. Die Themen des Beirats werden – soweit noch nicht abgeschlossen – im Rahmen des Arbeitskreises Wohnungslosenhilfe in der zuständigen Behörde weiterbehandelt. Die Berichtsabschlüsse der einzelnen Themen ergeben sich aus den Protokollen der Beiratssitzungen . Von einer weiteren Berichtserstattung hat die zuständige Behörde abgesehen.