BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8391 21. Wahlperiode 28.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 20.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Wird die vermeintliche „Nachhilfeschule Dyck“ in Eimsbüttel von Reichsbürgern betrieben? Medienberichten zufolge (unter anderem „Hamburger Abendblatt“ vom 18.03.2017, vergleiche http://www.abendblatt.de/hamburg/article209975215/ Hamburger-Nachhilfeschule-im-Visier-des-Verfassungsschutzes.html) soll die „Nachhilfeschule Dyck“ in Eimsbüttel direkte Verbindungen zu der „Reichsbürger “-Szene haben. Aus diesem Grund habe sich nun der Verfassungsschutz eingeschaltet. Tatsächlich offenbart der Internetauftritt des vermeintlichen Nachhilfeanbieters einen Einblick darin, wessen Geistes Kind die Inhaber der Schule zu sein scheinen. Demnach zählt zum Kursangebot der „Nachhilfeschule Dyck“ unter Anderem: „wahre Geschichte“, „Germanische Mythologie“, „Politische Aufklärung (Befreiung vom Faschismus, Ende der Täuschung)“ und „Umweltzerstörung und Gesundheitsschäden durch ex-NWO (z.B. CO2-Lüge, Chemtrails, Gentechnik, giftige Nahrungsmittel, Haarp, elektromagnetische Strahlung als Waffe, Genderismus, Zwangsimpfung, …)“. Ebenfalls finden sich Verweise auf einschlägige Webseiten, die offensichtlich der „Reichsbürger “-Bewegung angehören oder mit dieser sympathisieren (vergleiche http://www.nachhilfeschule-dyck.de/news). Ferner fordert die Inhaberin der Schule auf der Webseite „die Auflösung der BRD“, nebst einer Vielzahl anderer politischer Forderungen ähnlicher Natur. Dass ein Bildungsinstitut, dass öffentlich mit derlei Gedankengut sympathisiert , (nach eigenen Angaben) seit 2008 operiert und erst jetzt in den Fokus des Verfassungsschutzes gerät, ist höchst besorgniserregend. Spätestens seitdem ein Anhänger der sogenannten Reichsbürger in Bayern im Oktober des vergangenen Jahres einen Polizisten erschoss, dürfte klar sein, welches Gewaltpotenzial von der Bewegung ausgeht. Der Gedanke daran, dass Hamburger Schülerinnen und Schülern, die über die letzten nunmehr bald zehn Jahre Nachhilfe von der „Nachhilfeschule Dyck“ in Anspruch genommen haben, ein völlig verqueres, mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbares Weltbild aufgebunden wurde, ist alarmierend. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Private Angebote, bei denen sich Erwachsene oder auch Schülerinnen und Schüler auf Basis eines Marktangebotes Nachhilfe erteilen lassen, unterliegen nicht der Kontrolle der Schulaufsicht und sind auch nicht nach dem Hamburgischen Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG) anzuzeigen. Die Auswahl solcher Nachhilfeangebote erfolgt durch die Sorgeberechtigten beziehungsweise Betroffenen selbst. Solche Nachhilfeangebote unterliegen aufgrund bundesgesetzlicher Regelungen des Drucksache 21/8391 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Gewerberechts auch keiner Gewerbeaufsicht. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg hat im November 2016 das Beobachtungsobjekt „Reichsbürger und Selbstverwalter“ eingerichtet (siehe hierzu auch Internetbeitrag des LfV Hamburg vom 04. November 2016: http://www.hamburg.de/innenbehoerde/verfassungsschutzhamburg -rechtsextremismus/7208934/reichsbuerger-in-hamburg/. Insofern erfüllt die „Nachhilfeschule Dyck“ durch ihre Bezüge zur Reichbürgerszene die Beobachtungsvoraussetzungen des § 4 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG.) Das LfV Hamburg erlangte erstmals am 09. März 2017 Kenntnis von den Reichsbürgerbezügen auf der Internetseite der „Nachhilfeschule Dyck“. Im Übrigen siehe Internetbeitrag vom 18. März 2017: http://www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/ 8400558/nachhilfeschule-dyck-reichsbuerger-bezuege/. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde die „Nachhilfeschule Dyck“, im Zusammenhang mit zuvor genannten Praktiken beziehungsweise der Vermittlung von potenziell verfassungsfeindlichen Inhalten, ein Begriff? a. Wenn ja, seit wann weiß der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde von der sich darstellenden Situation? b. Wenn ja, durch wen wurde die zuständige Behörde davon unterrichtet ? 2. Handelt es sich bei der in der Presse beschrieben Verfassungsschutzaktivität in Bezug auf das vermeintliche Nachhilfeinstitut um eine formale Beobachtung beziehungsweise Ermittlung? Wenn nein, warum sind entsprechende Schritte noch nicht eingeleitet worden? Siehe Vorbemerkung. 3. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Sachlage und welche weiteren Schritte sind nun geplant? Angehörige der Reichsbürgerszene negieren die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und erkennen das Grundgesetz nicht als gültige Verfassung an. Die Reichsbürgerbewegung bietet damit insbesondere hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 4 Absatz 1 Nummer 1 i.V.m. § 5 Absatz 1 Nummer 3 HmbVerfSchG). Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. und 2. 4. Liegen dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde Erkenntnisse über Anzeigen, Klagen oder sonstige Hinweise gegen beziehungsweise auf die Aktivitäten der „Nachhilfeschule Dyck“, ihre Inhaberin oder die von der „Schule“ beschäftigten Lehrkräfte vor? Bei der Polizei liegen zwei Berichte zur „Nachhilfeschule Dyck“ vor. Straftaten liegen diesen nicht zugrunde. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antworten zu 1., 2. sowie 3. 5. Sind dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde weitere vermeintliche Bildungsinstitute bekannt beziehungsweise werden weitere vergleichbare Einrichtungen vom Verfassungsschutz beobachtet oder wird durch diesen gegen solche ermittelt, die (potenziell) verfassungsfeindliche Inhalte vermitteln oder Kontakte in entsprechende Szenen haben? Nein. 6. Inwieweit ist es dem Staat in Hamburg möglich, Bildungseinrichtungen beziehungsweise Nachhilfeinstitute und deren vermittelte Inhalte zu überprüfen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8391 3 a. Besteht eine Pflicht zur Akkreditierung beziehungsweise Genehmigung solcher Einrichtungen durch eine staatliche Stelle? b. Existiert bei einer zuständigen Behörde ein Verzeichnis aller solcher in Hamburg operierenden Einrichtungen? c. Werden in Hamburg zufällige beziehungsweise routinemäßige Überprüfungen solcher Einrichtungen durchgeführt? Wenn ja, wie häufig und was genau wird überprüft? Siehe Vorbemerkung. d. Wie häufig wurden in Hamburg in den vergangenen Jahren anlassbedingte Überprüfungen solcher Bildungseinrichtungen hinsichtlich Verfassungskonformität (oder dergleichen) durchgeführt? Bitte aufführen nach Name der Einrichtung, Zeitpunkt sowie Anlass und Ausgang der Prüfung. Das LfV Hamburg wird nur im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeit tätig. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.