BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8416 21. Wahlperiode 28.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dirk Nockemann und Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 22.03.17 und Antwort des Senats Betr.: G20-Gegner auf Kampnagel Der diesjährige G20-Gipfel findet am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg statt. Die Gegner formieren sich unter anderem auf Kampnagel zum sogenannten Gipfel für globale Solidarität. Etwa 1.500 Teilnehmer werden am 5. und 6. Juli dort zu einem Kongress erwartet. Unter den bislang über 50 angemeldeten Gruppierungen befinden sich neben Globalisierungsgegnern, Umweltverbänden , Gewerkschaften und Flüchtlingshilfegruppen auch Extremisten. Dazu zählen Gruppierungen, die dem Linksextremismus zuzurechnen sind und Beobachtungsobjekte des Landesamtes für Verfassungsschutz sind. Eigenen Recherchen zufolge trifft dieses auf die dem gewaltorientierten Lager zugerechnete Gruppe „Interventionistische Linke“ und die Jugendorganisation der Partei DIE LINKE, Linksjugend (´solid), zu. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel sind in Hamburg auch Veranstaltungen zu erwarten, die sich mit dem Gipfel selbst und/oder den Inhalten kritisch auseinandersetzen . Dabei dürften die Veranstaltungen ein breites Spektrum an Teilnehmern und Formen der Auseinandersetzung abbilden. Laut Webseite www.solidarity-summit.org ist am 5. und 6. Juli 2017 eine Veranstaltung vorgesehen, die unter dem Motto „Gipfel für globale Solidarität“ von verschiedenen Organisationen geplant, organisiert und verantwortet wird. Die in der Vorbemerkung des Fragestellers Genannten werden dort unter den über 50 Kooperationspartnern aufgeführt. Kampnagel Internationale Kulturfabrik GmbH (Kampnagel) ist laut oben genannter Webseite als Veranstaltungsort angefragt, eine verbindliche Festlegung hierzu ist demnach aber bisher nicht getroffen. Kampnagel wäre, sollte es Veranstaltungsort werden, hierbei nicht Veranstalter, sondern würde lediglich die Räume zur Verfügung stellen. Die inhaltliche Ausgestaltung und die Festlegung der Teilnehmer obliegen dem Veranstalter. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat beziehungsweise die zuständige Stelle, dass an einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Einrichtung ein Kongress mit Beteiligung von extremistischen und teils gewaltorientierten Gruppierungen stattfindet? a. Mit welchen öffentlichen Mitteln und in welcher Höhe wird die zweitägige Konferenz gefördert? b. Welche Stellen haben jeweils in welcher Höhe Kampnagel welche Mittel des Haushalts des Landes Hamburg zur Verfügung gestellt? Drucksache 21/8416 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bitte dem Zuwendungsgeber und -nehmer die bewilligte Zuwendung , den angewiesenen Betrag, den Zweck und die Veranstaltung /Maßnahme zuordnen. Bitte für die Jahre 2012 bis 2017 aufführen . 2. Wer ist für die Durchführung, Organisation und Genehmigung des Kongresses auf Kampnagel verantwortlich? Welche Behörde war oder ist mit welchen Aufgaben innerhalb dieses Veranstaltungsformats betraut? 3. Wie bewertet der Senat eine Teilnahme extremistischer Gruppierungen in einer öffentlich geförderten Einrichtung? Falls der Senat nicht informiert war, warum nicht? Zuwendungen an Kampnagel können unter http://suche.transparenz.hamburg.de/ dataset/zuwendungsvorgaenge-2017-quartal-1 eingesehen werden. Die Norddeutsche Stiftung für Umwelt und Entwicklung (NUE) hat eine Förderung des „Gipfels der globalen Solidarität“ in Höhe von 46.000 Euro bewilligt. Diese Mittel stammen aus Geldern, die die Senatskanzlei der NUE zur Unterstützung entwicklungs - und umweltpolitischer Projekte im Rahmen der G20-Präsidentschaft Deutschlands zur Verfügung gestellt hat. Die Vergabe dieser Mittel erfolgt durch den Vergaberat der NUE. Antragsteller ist Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e.V. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Welche als extremistisch eingestuften Gruppierungen nehmen als Teilnehmer am „Gipfel für globale Solidarität“ auf Kampnagel teil? Seit wann besitzen welche Sicherheitsbehörden von einer Teilnahme der jeweiligen Gruppierungen Kenntnis? a. Haben die zuständigen Sicherheitsbehörden den Senat über eine Teilnahme extremistischer Gruppierungen informiert? Wenn ja, wann und welche Maßnahmen hat wer in welcher Funktion ergriffen? Wenn nein, warum nicht? b. Haben die zuständigen Sicherheitsbehörden Kampnagel über eine Teilnahme extremistischer Gruppierungen informiert? Wenn ja, wann und welche Maßnahmen haben die Verantwortlichen von Kampnagel ergriffen? Wenn nein, warum nicht? Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hamburg unterrichtet den Senat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags in regelmäßigen Abständen über Aktivitäten von extremistischen Organisationen. Die geplante Ausrichtung des „Gipfels für globale Solidarität“ ist dem LfV Hamburg seit dem 20. März 2017 bekannt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Welche Parteien oder parteinahen Vereinigungen sind Teilnehmer des Kongresses? a. Wie bewerten die Parteien oder parteinahen Vereinigungen eine gemeinsame Teilnahme an Veranstaltungsformaten mit extremistischen Gruppierungen? Dem Senat ist die Bewertung der Parteien oder parteinahen Vereinigungen zu der geplanten Veranstaltung nicht bekannt. Darüber hinausgehende Kenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen dem Senat nicht vor. b. Wie bewertet der Verfassungsschutz eine gemeinsame Teilnahme an Veranstaltungsformaten von demokratischen Parteien und parteinahen Vereinigungen mit extremistischen Gruppierungen? Das LfV Hamburg beobachtet Extremisten und ihre Einflussversuche auf demokratische Vereinigungen. Es ist nicht erkennbar, dass allein durch eine „gemeinsame Teil- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8416 3 nahme“ an einer Veranstaltung eine solche Einflussnahme erfolgt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 6. Welche weiteren als extremistisch eingestuften Gruppierungen in Hamburg und anderer Bundesländer haben Veranstaltungsformate auf Kampnagel beziehungsweise Räumlichkeiten von Kampnagel genutzt? Bitte für die Jahre 2012 bis 2017 die Veranstaltungen sowie die Gruppierungen aufführen. Kampnagel ist kein Beobachtungsobjekt des LfV Hamburg. Es liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 7. Seit wann und aus welchen Gründen ist die Gruppierung „Interventionistische Linke“ als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes eingestuft ? a. Welche Erkenntnisse und Entwicklung gibt es über das Anhängerpotenzial ? b. Handelt es sich bei der Gruppierung „Interventionistische Linke“ um einen gewaltorientierten Zusammenschluss? Wenn ja, wie ist die Begründung? Wenn nein, warum nicht? c. Von wie vielen Personen der Gruppierung sind welche Straftaten bekannt beziehungsweise zu welchen Verurteilungen ist es gekommen ? Welche Ermittlungen sind derzeit anhängig? Bitte jeweils die entsprechenden Daten und Delikte gesondert aufführen. d. Welche Erkenntnisse gibt es über eine Zusammenarbeit mit demokratischen Parteien und Vereinigungen? e. Beobachten die Sicherheitsbehörden den Auftritt der Gruppierung „Interventionistische Linke“ im Internet und in den sozialen Netzwerken ? Wenn ja, seit wann? Wenn nein, warum nicht? f. Welche Stellen haben wann und aus welchen Gründen öffentliche Zuwendungsgeber und -empfänger über eine Teilnahme dieser Gruppierung informiert? Bitte jeweils konkret angeben. Die IL und deren Vorläuferorganisation „AVANTI“ werden seit 1989 auf Grundlage des § 4 Absatz 1 Hamburgisches Verfassungsschutzgesetz (HmbVerfSchG) beobachtet. Die Beobachtung umfasst üblicherweise seit Aufkommen des Internets auch Internet und Soziale Medien. Das Anhängerpotenzial wird derzeit auf circa 40 bis 50 Personen geschätzt. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzbericht 2015: http://www.hamburg.de/contentblob/6294598/0cfeabcde6da1a1ce2311f39b70f7621/ data/verfassungsschutzbericht-2015-bericht.pdf. Im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft wird die Mitgliedschaft in Gruppierungen nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage wären sämtliche Verfahrensakten händisch auszuwerten. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Darüber hinausgehende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Seit wann und aus welchen Gründen ist die Gruppierung „Linksjugend (´solid)“ als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes eingestuft? a. Welche Erkenntnisse und Entwicklung gibt es über das Anhängerpotenzial ? Drucksache 21/8416 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 b. Handelt es sich bei der Gruppierung „Linksjugend (´solid)“ um einen gewaltorientierten Zusammenschluss? Wenn ja, wie ist die Begründung? Wenn nein, warum nicht? c. Von wie vielen Personen der Gruppierung sind welche Straftaten bekannt beziehungsweise zu welchen Verurteilungen ist es gekommen ? Welche Ermittlungen sind derzeit anhängig? Bitte jeweils die entsprechenden Daten und Delikte gesondert aufführen. d. Welche Erkenntnisse gibt es über eine Zusammenarbeit mit demokratischen Parteien und Vereinigungen? e. Beobachten die Sicherheitsbehörden den Auftritt der Gruppierung „Linksjugend (´solid)“ im Internet und in den sozialen Netzwerken? Wenn ja, seit wann? Wenn nein, warum nicht? f. Welche Stellen haben wann und aus welchen Gründen öffentliche Zuwendungsgeber und -empfänger über eine Teilnahme dieser Gruppierung informiert? Bitte jeweils konkret angeben. Bei der Linksjugend (´solid) handelt es sich um den Jugendverband der Partei DIE LINKE. Alle Mitglieder unter 35 Jahre sind per Bundessatzung automatisch Mitglied in der Linksjugend (´solid). Der Jugendverband wird seit 2009 auf Grundlage des § 4 Absatz 1 HmbVerfSchG beobachtet. Die Beobachtung umfasst üblicherweise seit Aufkommen des Internets auch Internet und Soziale Medien. Im Übrigen siehe Verfassungsschutzbericht 2015: http://www.hamburg.de/contentblob/6294598/0cfeabcde6da1a1ce2311f39b70f7621/ data/verfassungsschutzbericht-2015-bericht.pdf. Im Vorgangsverwaltungs- und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft wird die Mitgliedschaft in Gruppierungen nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage wären sämtliche Verfahrensakten händisch auszuwerten. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Darüber hinausgehende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/8333. 9. Werden die zuständigen Stellen die Veranstaltung mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten? a. Wenn ja, mit welchen Mitteln? b. Wenn nein, warum nicht? 10. Inwieweit schätzen die zuständigen Stellen Debatten über die Ausübung von Gewalt während des G20-Gipfels als Teil der Veranstaltung ein? Siehe Vorbemerkung sowie Antwort zu 4. a. und b.