BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8438 21. Wahlperiode 31.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 23.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Stand der Umsetzung des Einheitlichen Patentgerichts Die Einführung des EU-Einheitspatents sowie die Einrichtung einheitlicher Patentgerichte sind seit langer Zeit in Planung. Am 9. März 2017 hat der Bundestag den entsprechenden Gesetzentwurf zu dem Übereinkommen vom 19. Februar 2013 über ein Einheitliches Patentgericht beschlossen. Danach kann ein deutscher Erfinder, der sein Patent in einem EU-Mitgliedstaat verletzt sieht, in Deutschland Rechtsschutz nachsuchen und ist nicht – wie bisher – darauf angewiesen, die Gerichte im Heimatland des mutmaßlichen Patent-Piraten in Anspruch zu nehmen. Einer der vier deutschen Standorte des Einheitlichen Patentgerichts ist Hamburg . Die Aufnahme der Geschäfte der Hamburger Zweigstelle im Ziviljustizgebäude ist für Anfang 2017 angekündigt. Die letzten Aktualisierungen auf dem Internetauftritt der Freien und Hansestadt Hamburg stammen noch aus dem Jahr 2015. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Internetauftritt der Freien und Hansestadt Hamburg wird anlassbezogen aktualisiert . Mit Blick auf die Verschiebung des Termins zur Aufnahme der Tätigkeit des Einheitlichen Patentgerichts erfolgte erst kürzlich eine Aktualisierung der über den Internetauftritt bereitgestellten Informationen (vergleiche http://www.hamburg.de/ justizbehoerde/lokalkammer-hamburg/4472252/lokalkammer-hamburg/). Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wann soll die Lokalkammer des Einheitlichen Patentgerichts am Standort Hamburg ihre Tätigkeit aufnehmen? Die Lokalkammer des Einheitlichen Patentgerichts in Hamburg (im Folgenden: Lokalkammer Hamburg) soll ihre Tätigkeit mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht vom 1. Februar 2013 (im Folgenden: Übereinkommen) aufnehmen. Das Inkrafttreten des Übereinkommens richtet sich nach dessen Artikel 89. Danach tritt es am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der 13. Ratifikationsurkunde in Kraft, wenn sich darunter die drei EU-Mitgliedstaaten befinden, in denen es im Jahr 2012 die meisten geltenden europäischen Patente gab (das sind Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich). Zum Inkrafttreten fehlen noch die Ratifikationen durch Deutschland und das Vereinigte Königreich. In beiden Staaten befinden sich die notwendigen Instrumente im Gesetzgebungsverfahren. Vor dem endgültigen Inkrafttreten ist durch das Protokoll zum Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht betreffend die vorläufige Anwendung vom 1. Oktober 2015 (im Folgenden: Protokoll) eine Phase der vorläufigen Anwendbarkeit vorgese- Drucksache 21/8438 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 hen, die notwendige Vorarbeiten ermöglichen soll. Dazu gehören insbesondere die Schaffung sekundärer Rechtsakte wie der Verfahrensordnung, der Aufbau des Gerichts sowie die Auswahl der Richterinnen und Richter und deren Zuweisung an die Spruchkörper. Zunächst war als Termin für die Aufnahme der Tätigkeit des Einheitlichen Patentgerichts Anfang 2017 vorgesehen. Nach dem „Brexit-Referendum“ am 23. Juni 2016 wurden die Vorbereitungsarbeiten zum Einheitlichen Patentgericht vorübergehend ausgesetzt, da die Ratifikation durch das Vereinigte Königreich wegen Artikel 89 des Übereinkommens für dessen Inkrafttreten zwingend erforderlich ist. Nachdem das Vereinigte Königreich Ende November 2016 aber signalisierte, das Übereinkommen weiterhin ratifizieren zu wollen, wurden die Vorbereitungsarbeiten wieder aufgenommen . Nach aktuellem Stand ist nunmehr damit zu rechnen, dass die Phase der vorläufigen Anwendbarkeit etwa Ende Mai 2017 beginnen wird und das Übereinkommen im Dezember 2017 oder spätestens im Frühjahr 2018 in Kraft treten wird. 2. Ab welchem Datum können potenzielle Kläger beziehungsweise Antragsteller ihre Anträge am Einheitlichen Patentgericht in Hamburg einreichen ? Klagen und Anträge können bei der Lokalkammer Hamburg erhoben beziehungsweise gestellt werden, sobald das Übereinkommen in Kraft getreten ist und die Lokalkammer errichtet ist. Die Errichtung einer Lokalkammer richtet sich nach Artikel 7 Absatz 2 und 3 des Übereinkommens und Artikel 18 Absatz 1 und 2 der Satzung des Einheitlichen Patentgerichts (im Folgenden: Satzung). Danach setzt die Errichtung einen Beschluss des Verwaltungsausschusses des Einheitlichen Patentgerichts voraus, der auf Antrag des Vertragsmitgliedstaats ergeht, in dessen Hoheitsgebiet die Lokalkammer ihren Sitz haben soll, für die Lokalkammer Hamburg demnach auf Antrag Deutschlands. Der Antrag kann frühestens mit Beginn der vorläufigen Anwendbarkeit des Übereinkommens nach dem Protokoll und der Konstituierung des Verwaltungsausschusses gestellt werden. 3. Auf welche Weise beabsichtigt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde, der breiten Öffentlichkeit die Aufnahme der Tätigkeit des Gerichts anzuzeigen? Mit welchen Mitteln die breite Öffentlichkeit über die konkrete Aufnahme der Tätigkeit der Lokalkammer Hamburg informiert wird, steht noch nicht fest. Bisher gab es bei relevanten Neuerungen bei der Lokalkammer Hamburg Pressemitteilungen. Davon zu unterscheiden ist die Information des Fachpublikums, das gezielt über den Fortschritt und die Aufnahme der Tätigkeit des Gerichts informiert wird. Diese Information erfolgt durch Newsletter zur Lokalkammer Hamburg sowie durch Wissenschaftliche Veranstaltungen oder Praxisgespräche. Zuletzt sprach die Staatsrätin der zuständigen Behörde beim Parlamentarischen Abend des Bundesverbands Deutscher Patentanwälte am 7. März 2017 in Berlin unter anderem über die Lokalkammer Hamburg . 4. In welchem Umfang sind die erforderlichen Ressourcen zur Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichts am Standort Hamburg, insbesondere die Räumlichkeiten und das Personal (Richter, Geschäftsstellenpersonal et cetera), bereits bereitgestellt und welche Maßnahmen sind gegebenenfalls noch erforderlich, bevor das Gericht seine Tätigkeit aufnehmen kann? Wie viele Richter/-innen und nicht juristisches Personal werden eingesetzt? Bitte in Stellen und VZÄ darstellen. Die Räumlichkeiten für die Lokalkammer Hamburg befinden sich im Ziviljustizgebäude am Sievekingplatz. Für die Verhandlungen steht der Plenarsaal des Landgerichts zur Verfügung. Die Räume für die Richterinnen und Richter und die Geschäftsstelle befinden sich direkt daneben. Die Umbauarbeiten in den Räumen sind abgeschlossen und die Räume möbliert. Für die Informationstechnik ist die Grundarchitektur des Netzes und der Mediensteuerung fertiggestellt. Alle Kabel und Anschlussdosen sind verlegt. Offen sind noch die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8438 3 Beschaffung der Hardware (Rechner, Server und Videokonferenzanlage) und deren Installation. Dafür ist eine dreimonatige Vorlaufzeit vor Aufnahme der Tätigkeit der Lokalkammer Hamburg geplant, damit die dann aktuellen Produkte beschafft werden können. Beim Personal des Gerichts ist zu unterscheiden zwischen den Richterinnen und Richtern und dem Unterstützungspersonal. Die Richterinnen und Richter werden vom Einheitlichen Patentgericht ernannt und sind bei ihrer Tätigkeit dort als Richterinnen und Richter des Einheitlichen Patentgerichts und nicht als Richterinnen und Richter der Freien und Hansestadt Hamburg tätig. Das Unterstützungspersonal für die Lokalkammer in Hamburg muss in den ersten sieben Jahren durch die Freie und Hansestadt Hamburg zur Verfügung gestellt werden. Daher handelt es sich nur beim Unterstützungspersonal der Lokalkammer Hamburg um Personal der Freien und Hansestadt Hamburg. Nach dem Ablauf von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Übereinkommens wird das Einheitliche Patentgericht auch das Unterstützungspersonal selbst beschäftigen. Die Richterinnen und Richter des Einheitlichen Patentgerichts sind noch nicht ernannt. Das Auswahlverfahren wird in der Zeit der vorläufigen Anwendbarkeit des Übereinkommens durch den Verwaltungsausschuss des Einheitlichen Patentgerichts erfolgen. Zurzeit findet lediglich eine Vorauswahl statt. Die Richterinnen und Richter des Einheitlichen Patentgerichts werden nach ihrer Ernennung im Einklang mit der noch anzunehmenden Verfahrensordnung durch das Gericht einem Spruchkörper zugewiesen (Artikel 19 der Satzung). Die Besetzung eines Spruchkörpers einer Lokalkammer richtet sich nach Artikel 8 Absatz 2, 3 und 5 des Übereinkommens. Der Spruchkörper einer Lokalkammer besteht demnach aus drei juristisch qualifizierten Richterinnen und Richtern und gegebenenfalls einer beziehungsweise einem technisch qualifizierten Richterin oder Richter. Mit Vorgaben zum geplanten Tätigkeitsumfang der Richter durch das Gericht beziehungsweise den Verwaltungsausschuss ist erst in der Phase der vorläufigen Anwendbarkeit zu rechnen, weshalb belastbare Angaben zum Tätigkeitsumfang der Richterinnen und Richter nicht gemacht werden können. Für das Unterstützungspersonal sind derzeit bis zu vier Vollzeitäquivalente vorgesehen (zwei aus der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt, zwei aus der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt). Voraussichtlich wird das Unterstützungspersonal in der Anfangszeit nur zu einem Teil für Unterstützungstätigkeiten bei der Lokalkammer eingesetzt werden, weil in der Anfangszeit mit geringeren Verfahrenszahlen gerechnet wird. Bei höherem Arbeitsanfall wird der Arbeitszeitanteil des Unterstützungspersonals für die Lokalkammer erhöht werden. Zur Gewinnung des Unterstützungspersonals läuft derzeit ein Interessenbekundungsverfahren. 5. Wie hoch ist der finanzielle Aufwand, der für die Einrichtung des Einheitlichen Patentgerichts bislang entstanden ist, und welchen Anteil trägt die Freie und Hansestadt Hamburg? Bitte tabellarisch für die jeweiligen Jahre aufgeschlüsselt nach Kostenpositionen (Sachmittel, Personalmittel et cetera) darstellen. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat der Lokalkammer die erforderlichen Einrichtungen , also Räume und Ausstattung, zur Verfügung zu stellen und trägt hierfür die Kosten. Folgende Sachmittel wurden bislang für die Lokalkammer aufgewendet: 2015 2016 2017 (bislang) Gesamt Bau-/Umbaumaßnahmen und Beschaffung der Ausstattung 9.800 254.500 34.500 298.800 Informationstechnik - 80.100 -* 80.100 Gesamt 9.800 334.600 34.500 378.900 Alle Angaben in Euro. Zahlen gerundet auf volle 100 Euro. * In 2017 werden insbesondere noch Kosten für die Beschaffung der Hardware für die Informationstechnik anfallen. Drucksache 21/8438 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Personalmittel sind noch nicht aufgewendet worden. Zwar muss die Freie und Hansestadt Hamburg das Unterstützungspersonal für die Lokalkammer Hamburg für sieben Jahre zur Verfügung stellen. Das Unterstützungspersonal wird aber erst mit der Errichtung der Lokalkammer benötigt.