BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/845 21. Wahlperiode 30.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dora Heyenn (fraktionslos) vom 22.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Steueroase Hamburg? Die soziale Spaltung schreitet in Hamburg voran: Die Altersarmut nimmt rasant zu und 21 Prozent aller Hamburger Kinder im Alter bis zu 14 Jahren leben in Familien, die mit Hartz-IV-Unterstützung auskommen müssen. Arme werden immer ärmer, Reiche immer reicher. Laut Statistiken ist Hamburg mit rund 42.000 Millionären bezogen auf die Einwohnerzahl Spitze in Deutschland . Hamburg weist – nach einer Untersuchung der Schweizer Bank UBS – 18 Milliardäre auf. 2010 kritisierte der Bundesrechnungshof, dass nur 15 Prozent der Steuererklärungen von Einkommensmillionären geprüft würden – in Hamburg betrug diese Quote im Jahr 2013 nur 6,2 Prozent. Steuergerechtigkeit heißt, dass sich die Steuer an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerzahlenden orientiert. Dabei können die Bürgerinnen und Bürger in Hamburg offensichtlich nicht ausreichend auf eine gleichmäßige und gerechte Besteuerung im Vollzug vertrauen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Hamburger Finanzämter prüfen die Einkommensteuererklärung aller Steuerpflichtigen grundsätzlich nach einheitlichen Maßstäben zunächst im Innendienst anhand aller vorliegenden Informationen zum einzelnen Steuerfall einschließlich aller eingereichten oder nachgeforderten Belege und Unterlagen. Darüber hinaus werden in begründeten Fällen Sonder- oder Außenprüfungen vorgenommen. Der Bundesrechnungshof (BRH) hat 2006 festgestellt, dass die Finanzämter bundesweit jährlich bei 5 Prozent der sogenannten Einkommensmillionäre Außenprüfungen durchführen und damit bei einem Regelprüfungszeitraum von drei Jahren eine jährliche Prüfungsquote von etwa 15 Prozent erreichen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Als Einkommensmillionäre werden natürliche Personen bezeichnet, deren positive Summe der Einkünfte 500.000 Euro übersteigt. Wie viele in Hamburg ansässige Steuerpflichtige hatten 2014 ein Einkommen von über 0,5 Millionen Euro? Die Zahl der sogenannten Einkommensmillionäre wird alle drei Jahre erhoben. Zum Stichtag 1. Januar 2013 gab es in Hamburg 677 natürliche Personen mit positiven Überschusseinkünften (Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit, Kapitaleinkünfte, Vermietungseinkünfte und sonstige Einkünfte) von insgesamt mehr als 500.000 Euro im Kalenderjahr. Drucksache 21/845 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wie hoch war die Zahl der Außenprüfungen von sogenannten Einkommensmillionären im Jahr 2014 und wie hoch war das durch die Prüfungen entstandene steuerliche Mehrergebnis? 3. Wie hoch war die Prüfungsquote bei sogenannten Einkommensmillionären im Jahr 2014 und wie hoch wird voraussichtlich die Prüfungsquote 2015 sein? 2014 wurden 33 Betriebsprüfungen bei sogenannten Einkommensmillionären (siehe Antwort zu 1.) durchgeführt, die zu einem steuerlichen Mehrergebnis von rund 28 Millionen Euro geführt haben. Nach der Berechnungsmethode des BRH (siehe Vorbemerkung ) ergibt sich für das Jahr 2014 eine Prüfungsquote von 17,6 Prozent. Die Prüfungsquote für das Jahr 2015 steht noch nicht fest. 4. Hält der Senat die gegenwärtige Hamburger Prüfungsquote für ausreichend ? a.) Wenn ja: weshalb und an welchen Kriterien macht er das fest? b.) Wenn nein: Wie hoch ist die angestrebte Prüfquote und mit welchen Maßnahmen soll diese Zielmarke erreicht werden und bis wann? Der Senat hält einen möglichst vollständigen und einheitlichen Vollzug der Steuergesetze für erforderlich. Die zuständige Behörde führt zu diesem Zweck fortlaufend alle fachlich gebotenen organisatorischen, technischen und sonstigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung beziehungsweise Verbesserung der Effizienz der Steuerverwaltung durch und verstärkt die Ausbildung an der Norddeutschen Akademie für Finanzen und Steuerrecht. Die in der Antwort zu 3. genannte Prüfungsquote ergibt sich aus einem effizienten Personaleinsatz sowie der fachlichen Einschätzung des steuerlichen Risikos der jeweiligen Prüfungsfälle. 5. Von wie vielen angekauften CDs mit Daten über steuerrelevante Sachverhalte hat der Senat Kenntnis? Bitte mit Nennung des Ankaufs (Monat/ Jahr) sowie der jeweiligen Kosten für Hamburg? Neun. Das genaue Datum des Ankaufs wird von den jeweiligen Ländern nicht übermittelt . Hamburg hat sich in folgendem Umfang an den Kosten des Ankaufs sogenannter Steuer-CDs beteiligt: Monat Betrag 02/2009 58.154,00 € 07/2010 32.456,60 € 12/2010 19.460,18 € 12/2010 2.423,26 € 11/2011 45.358,49 € 02/2013 16.130,20 € 05/2013 50.838,84 € 01/2014 56.256,18 € 03/2014 10.927,74 € 6. Im Oktober 2010 bezahlten Steuerfahnder für Kundendaten der Schweizer Bank Julius Bär und im Oktober 2011 für rund 3.000 Kontoinformationen aus Luxemburg. Niedersachsen erwarb 2010 Zugang zu 35.000 Datensätzen mutmaßlicher Steuerbetrüger. 2012 kaufte NordrheinWestfalen mehrere Steuer-CDs. 2013 bestätigte das Land RheinlandPfalz den Erwerb einer Steuer-CD mit etwa 40.000 Datensätzen. In der Drs. 20/4748 werden die geschätzten Mehreinnahmen für Hamburg bei der Einkommensteuer im Zusammenhang mit den Ankäufen von DatenCDs auf 60 Millionen Euro geschätzt. Welcher Steuermehrbetrag hat die bisherige Auswertung der Daten jeweils in den Jahren 2011 bis 2015 ergeben und welcher Betrag (circa) stammt aus Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern? Bitte aufgelistet nach Jahr. 7. In welcher Höhe wurden bezüglich der Steuersünder-CDs in Hamburg Geldbußen und -strafen sowie Verbandsgeldbußen in den Jahren 2011 bis 2015 erhoben? Bitte aufgelistet nach Jahr. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/845 3 Siehe Drs. 20/4748 und Drs. 20/5524. Im Zeitraum von Anfang 2010 bis zum 16. Juni 2015 wurden in Hamburg insgesamt 2.774 Selbstanzeigen erstattet, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ankauf sogenannter Steuer-CDs stehen und bisher zu folgenden bestandskräftigen Mehrsteuern, Geldbußen und Geldstrafen geführt haben: Jahr Einkommensteuer Erbschaftsteuer Geldbußen Geldstrafen 2011 43.994.106,41 € 25.509.508,93 € 186.275,00 € 0,00 € 2012 6.090.383,24 € 2.561.260,00 € 21.200,00 € 83.000,00 € 2013 37.853.568,73 € 5.559.126,12 € 39.200,00 € 0,00 € 2014 41.173.765,77 € 14.933.826,16 € 843.501,00 € 296.900,00 € 2015 9.763.148,03 € 1.635.458,00 € 77.505,00 € 0,00 € Verbandsgeldbußen wurden nicht festgesetzt. 8. Wie viele Selbstanzeigen gingen 2014 und 2015 ein und in wie vielen Fällen waren die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige nach § 170 Absatz 2 StPO i.V.m. § 371 AO erfüllt? Bitte nach Jahr 2014 und 2015 aufgelistet. Von den Veranlagungsfinanzämtern wurden dem Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen im Jahr 2014 insgesamt 1.087 und im Jahr 2015 bisher 47 Selbstanzeigen übermittelt, von denen 603 (2014) beziehungsweise 17 (2015) als wirksam eingestuft wurden und 108 (2014) beziehungsweise 26 (2015) hinsichtlich ihrer Wirksamkeit noch geprüft werden. Die übrigen Fälle wurden strafrechtlich nach anderen Vorschriften der Strafprozessordnung (Einstellung gegen Geldauflage, Strafbefehl und so weiter ) abgeschlossen.