BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8462 21. Wahlperiode 31.03.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 24.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Hat der rot-grüne Senat die Quartiersentwicklung der Flüchtlingsunterkünfte nach „Perspektive Wohnen“ verschlafen? Mit den Flüchtlingsunterkünften nach „Perspektive Wohnen“ werden ohne Not soziale Brennpunkte geschaffen. So siedelt der rot-grüne Senat am Mittleren Landweg rund 2.500 Flüchtlinge quasi auf der grünen Wiese an, ohne direkten Zugang zu einer gewachsenen Infrastruktur und einheimischen Nachbarn. Und obwohl zum Jahreswechsel bereits die ersten Flüchtlinge in die neuen Mehrfamilienhäuser gezogen sind, soll erst jetzt ein Quartiersentwickler beauftragt werden. Bis dieser jedoch seinen Entwurf präsentiert und dieser realisiert wird, vergehen noch Jahre. Jahre, in denen die dort lebenden Flüchtlinge sich isoliert und ausgegrenzt fühlen und in denen sie eine Haltung zu Deutschland entwickeln können, die der Integration alles andere als zuträglich sein wird. Und der Mittlere Landweg ist nur der Gipfel des integrations- und stadtentwicklungspolitischen Fehlentwurfs; Hörgensweg und Duvenacker, im Grunde alle Flüchtlingsunterkünfte nach „Perspektive Wohnen“ fallen in diese Kategorie. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Annahme der Antragstellerin, mit den Flüchtlingsunterkünften mit der Perspektive Wohnen würden soziale Brennpunkte beziehungsweise integrations- und stadtentwicklungspolitische Fehlentwürfe geschaffen, wird vom Senat ausdrücklich nicht geteilt. Im Gegenteil: Es entstehen gute Quartiere mit guten Nachbarschaften. Der Senat hat umfangreiche und ganzheitliche Maßnahmen beschlossen, damit Fehlentwicklungen von Anfang an vermieden werden (siehe Drs. 21/1838). Einige Unterkünfte werden in bestehenden Strukturen realisiert, andere in angemessener Entfernung mit der Möglichkeit der Ertüchtigung bestehender Infrastruktur. Die zuständigen Behörden und Bezirksämter haben die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um zielgenau eine angemessene Infrastruktur bereitzustellen oder zu verstärken. Für jede Unterkunft wurde beziehungsweise wird frühzeitig geprüft, welche Angebote und Einrichtungen im Umfeld entsprechende Kapazitäten aufweisen beziehungsweise ausgebaut werden müssen. Auch innerhalb der neuen Quartiere wurden und werden je nach Bedarf entsprechende Infrastrukturen zusätzlich geschaffen, wie zum Beispiel Kindertagesstätten in den Erdgeschosszonen oder Gemeinschaftsräume für die gesamte Nachbarschaft. Alle Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen entstehen ohne Abstriche bezüglich des allgemein üblichen architektonischen und technischen Standards. Die unterschiedlichen geplanten Festbauten fügen sich in die unmittelbare Nachbarschaft ein und reagieren dabei auf das Landschaftsbild. Die städtebauliche und freiraumplanerische Einbindung und Vernetzung in und mit dem Umfeld ist ein elementarer Bestandteil der jeweiligen Planungen, die zum Teil in aufwändigen Workshops mit Drucksache 21/8462 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bürgerinnen und Bürgern entwickelt wurden und werden. Grundsätzlich sind die Quartiere offen und durchlässig gestaltet, sodass sowohl für die Nachbarn als auch für die Bewohnerschaft Anreize für einen Austausch geschaffen werden. Arten- und Klimaschutz werden berücksichtigt, gegebenenfalls Ausgleichsflächen geschaffen. Eine entsprechende Belegungspolitik wird für eine vielfältige Zusammensetzung der Bewohnerschaft sorgen. Die jeweiligen Betreiber gewährleisten in enger Abstimmung mit den Behörden eine gemischte Belegung mit einem hohen Anteil von Familien. Mit f & w fördern und wohnen AöR (f&w) als erfahrenem, fachlich versierten, flexiblen und zugleich wirtschaftlich agierenden Betreiber konnte sichergestellt werden, dass Konzepte , Standards und wirtschaftliche Vorgaben zügig und ergebniswirksam mit den Investoren verhandelt wurden. Die Erfahrungen mit bereits in Betrieb befindlichen Flüchtlingsunterkünften mit der Perspektive Wohnen zeigen, dass gute Nachbarschaften entstehen. Die Unterkünfte Mittlerer Landweg und Am Aschenland sind bereits seit Februar 2017 Teil des jeweiligen Fördergebiets im Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE), am Mittleren Landweg ist ein Quartiersentwickler bereits im September 2016 beauftragt worden. Andere Unterkünfte sind von vornherein in RISE-Gebieten geplant. Es bestehen also bereits Strukturen, und werden nicht, wie behauptet, erst in Jahren geschaffen. Auch außerhalb von RISE-Gebieten wurde frühzeitig geprüft, in welcher Weise Quartiersentwickler eingesetzt werden können. Je nach Zeitpunkt des Bezugs der Unterkünfte werden sukzessive weitere Maßnahmen erfolgen, darunter auch externe Quartiers- beziehungsweise Stadtteilentwickler. Zur Entwicklung stabiler Nachbarschaften und zur Förderung der Integration wurden und werden weiterhin seitens der zuständigen Behörden und der Bezirke transparente und umfangreiche Informations- und Beteiligungsveranstaltungen durchgeführt. Dies geschah bereits vor Einzug der ersten Bewohnerinnen und Bewohner. Die von den zuständigen Behörden und Bezirken verfolgte Quartiersentwicklung ist wohnungs- und sozialpolitisch so ausgerichtet, dass hier zukünftig sowohl geflüchtete Menschen als auch alle anderen Haushalte wohnen können. Daher soll auch an allen Standorten Planrecht für Wohnen, soweit noch nicht vorhanden, geschaffen werden. Hieran haben im Übrigen auch die bestandhaltenden Investoren ein Interesse. Im Übrigen siehe Drs. 21/6666, 21/7529, 21/7486 und 21/8403. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Standorte der Flüchtlingsunterkünfte nach „Perspektive Wohnen “ werden bis Ende dieses Jahres den Betrieb aufnehmen? Bitte zusätzlich an dieser Stelle mit angeben, wie viele Wohnungen in den Quartieren insgesamt entstehen werden, wie viele davon als öffentlichrechtliche Unterkunft nach „Perspektive Wohnen“ gelten, wie viele als Sozialwohnungen deklariert werden und wie viele in die freie Vermietung gehen. 2. Welche Standorte der Flüchtlingsunterkünfte nach „Perspektive Wohnen “ werden nach dem Jahr 2017 den Betrieb aufnehmen? Bitte zusätzlich an dieser Stelle mit angeben, wie viele Wohnungen in den Quartieren insgesamt entstehen werden, wie viele davon als öffentlichrechtliche Unterkunft nach „Perspektive Wohnen“ gelten, wie viele als Sozialwohnungen deklariert werden und wie viele in die freie Vermietung gehen. An mehreren Standorten werden neben den Flüchtlingsunterkünften mit der Perspektive Wohnen auf Grundlage von Bebauungsplänen Wohnungen errichtet, die von Anfang an verschiedenen Zielgruppen zur Verfügung stehen. Die genauen Anteile stehen noch nicht fest. Die weiteren Fertigstellungen hängen von verschiedenen Faktoren ab, die nicht immer vom Senat beeinflusst werden können. Aus diesem Grund sieht der Senat davon ab, hierzu konkrete Termine zu benennen. Im Übrigen siehe 21/6666 und 21/7529. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8462 3 3. Der Standort Mittlerer Landweg ist nicht der einzige, an dem Quartiersentwickler eine Infrastruktur schaffen sollen. a) Bitte an dieser Stelle angeben, für welches Quartier bereits wann jeweils welche Quartiersentwickler mit welchem genauen Auftrag bestellt wurden und zu welchen Konditionen (welches Budget steht für die Bebauung zur Verfügung und wie viel Geld erhält der Projektentwickler ) sie bis wann einen Entwurf vorlegen sollen? b) Für welche weiteren Standorte sollen Quartiersentwickler noch beauftragt werden? Zu wann jeweils und mit welchem Auftrag? c) Wurden und werden die Aufträge jeweils ausgeschrieben? Wenn ja, wann jeweils und wie viele Angebote gab es jeweils? Inwieweit flossen zudem die Vereinbarungen aus den Bürgerverträgen mit ein (Drs. 21/5231)? Wenn nein, warum nicht? - Duvenacker und Hörgensweg: steg Hamburg, seit Oktober 2016, Aufgabe: Gebietsmanagement und Erstellung eines integrierten Entwicklungskonzepts (IEK), Ausschreibung durchgeführt, es lagen acht Angebote vor - Elfsaal: Tollerort gbr, ab April 2017, Aufgabe: ganzheitliche Quartiersentwicklung, Ausschreibung durchgeführt, es lagen drei Angebote vor - Mittlerer Landweg: Tollerort gbr, seit September 2016, Aufgabe: ganzheitliche Quartiersentwicklung, Ausschreibung durchgeführt - Suurheid: ProQuartier Hamburg Gesellschaft für Sozialmanagement und Projekte mbH, seit Juli 2016, Aufgabe: Quartiersmanagement, Ausschreibung durchgeführt Die Konditionen unterliegen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Von der Nennung von Preisen sieht der Senat zur Wahrung seiner Verhandlungsposition und damit aus Gründen des Staatswohls sowie zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses seiner Vertragspartner ab. An den Standorten Baurstraße und Eiffestraße sind aufgrund der guten Einbindung und Vernetzung in das umgebende Quartier zum jetzigen Zeitpunkt keine Beauftragungen externer Quartiersentwickler vorgesehen. Die Erfordernisse der Quartiersentwicklung werden von den jeweiligen Bezirksämtern abgedeckt. An den Standorten Östlich Haferblöcken, Ohkamp, Rehagen, Ohlendieck/Poppenbütteler Berg und Am Aschenland sind Beauftragungen externer Quartiersentwickler geplant. Die Ausschreibungsverfahren sind in Vorbereitung beziehungsweise noch nicht endgültig abgeschlossen. Die Vereinbarungen zu den Bürgerverträgen (Drs. 21/5231) werden eingehalten. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/8403. d) Sind die Aufträge im Transparenzportal eingestellt? Wenn ja, unter welchem Namen und seit wann? Wenn nein, warum nicht beziehungsweise soll das noch erfolgen? Nein, die Aufträge wurden noch nicht eingestellt. Die Prüfungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen.