BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8509 21. Wahlperiode 04.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt und Birgit Stöver (CDU) vom 29.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Gesundheitsversorgung von obdachlosen Menschen – Wird sie in Hamburg gewährleistet? (II) Die Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/8371 hat ergeben, dass im Jahr 2016 111 Personen in der Krankenstube für obdachlose Menschen nach Aufnahme nachgesucht haben und nicht aufgenommen werden konnten, da keine freien Plätze zur Verfügung standen. Den abgewiesenen Personen stünde die Gesundheitsversorgung des Regelsystems zur Verfügung , heißt es weiter. Dieser Hinweis erscheint vor dem Hintergrund, dass manche Obdachlose eine besonders hohe Hemmschwelle haben, die Regelsysteme aufzusuchen, wie ein Hohn. Die Zahl der stationär behandelten obdachlosen Menschen muss daher konsequenterweise gestiegen sein. Doch nicht jeder obdachlose Mensch besitzt auch eine Krankenversicherung. Dadurch kommt es immer wieder zu der Frage, wer für die Krankenhausrechnungen aufkommt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie viele obdachlose Personen wurden seit dem Jahr 2011 bis zum Jahr 2015 stationär in Hamburger Krankenhäusern behandelt? Bitte einzeln nach Jahren auflisten. Das Merkmal „ohne festen Wohnsitz“ wird in den Krankenhäusern nicht regelhaft erfasst. Siehe auch Drs. 21/8371. 2. Wie viele Personen wurden seit dem Jahr 2011 bis zum Jahr 2015 von der Krankenstube abgewiesen? Bitte einzeln nach Jahren auflisten. Abgewiesene potentielle Nutzer der Krankenstube 2011 die Daten können nicht mehr retrospektiv zur Verfügung gestellt werden 2012 2013 78 2014 44 2015 63 Quelle: Krankenstube Caritasverband Hamburg e.V. 3. Gibt es ein Konzept für die weitere Entwicklung der medizinischen Versorgung von obdachlosen Menschen in Hamburg? Wenn ja, was ist dessen Inhalt? Wer hat es erarbeitet? Wer war an der Erarbeitung beteiligt? Wenn es kein Konzept gibt, warum nicht? Bitte erläutern. Grundsätzlich ist das medizinische Regelsystem auch für obdachlose Menschen zuständig. Bei der Einrichtung von medizinischen Maßnahmen für obdachlose Men- Drucksache 21/8509 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 schen (insbesondere die Maßnahmen mit (Teil-)Finanzierung durch die für Obdachlose zuständige Behörde: Krankenstube, Krankenmobil und Schwerpunktpraxen für Wohnungslose) geht es insbesondere um niedrigschwellige Anlaufstellen für akute Erstbehandlungen, die eine Ergänzung zum bestehenden System darstellen, dieses jedoch nicht ersetzen oder zu einem Parallelsystem ausgebaut werden sollen. 4. Welche finanziellen Mittel für die medizinische Versorgung obdachloser Menschen waren/sind im Haushalt in welcher Produktgruppe vorgesehen ? Bitte für die Jahre 2011 bis 2017 einzeln nach Jahren auflisten. Die finanziellen Mittel, die für die oben genannten Maßnahmen eingesetzt wurden, werden seit 2014 über die Produktgruppe 253.03 finanziert. Das Krankenmobil wird über Behandlungssätze in Höhe von 23,83 Euro pro Behandlung finanziert. Der Kostensatz bezieht sich auf den gesamten abgefragten Zeitraum. Pro Jahr werden hierfür rund 156.000 Euro aufgewandt. Die Schwerpunktpraxen für Wohnungslose wurden zwischen Mitte 2013 bis 2015 mit jährlich rund 56.000 Euro bezuschusst. 2016 erhöhte sich die jährliche Finanzierung auf rund 85.000 Euro. Die Krankenstube für Obdachlose wurde von 2011 bis 2014 mit 300.000 Euro jährlich zuwendungsfinanziert. 2015 erhöhte sich die Zuwendung auf 307.000 Euro, 2016 auf 367.000 Euro (dann auch inklusive der TBC-Betten). 5. Wie ist die Vorgehensweise, wenn obdachlose Menschen von medizinischen Notfällen betroffen sind? Bitte erläutern. a) Wo werden diese behandelt? b) Wie ist das Abrechnungsverfahren? c) Welche Behörde ist zuständig? Obdachlose Menschen können generell das medizinische Versorgungssystem in Anspruch nehmen (niedergelassene Ärztinnen/Ärzte, Notfallpraxen, Krankenhäuser). Bei Obdachlosen handelt es sich um eine heterogene Gruppe. Bei Vorliegen einer Absicherung im Krankheitsfall (Versicherung oder Betreuung nach § 264 SGB V) gilt das reguläre Abrechnungsverfahren. Wenn keine Krankenversicherung nachgewiesen werden kann, und Mittellosigkeit besteht, kann das Krankenhaus seinen Anspruch nach § 25 SGB XII oder § 6a AsylbLG gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen. 6. Wie hoch ist die Zahl der nicht bezahlten Krankenhausrechnungen für die Fälle, in denen obdachlose Menschen stationär behandelt wurden? Wer ist Schuldner? Sind Inkassoverfahren anhängig? Nicht allen Hamburger Plankrankenhäusern war es möglich, in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit die erforderlichen Daten zusammenzustellen. Die Zahl der nicht bezahlten Krankenhausrechnungen für die Fälle, in denen obdachlose Menschen ambulant oder stationär behandelt worden sind, kann daher nicht genau ermittelt werden. Insgesamt konnten zehn Plankrankenhäuser konkretere Zahlen zur Anzahl der Fälle und den offenen Rechnungen liefern. Diese beziehen sich allerdings auf unterschiedliche Zeitpunkte und lassen sich daher nicht einheitlich darstellen (Zeiträume von 2011 bis 2016 wurden angegeben). Die offenen Rechnungen für die ambulanten beziehungsweise stationären Krankenhausbehandlungen einzelner Plankrankenhäuser liegen zwischen rund 20.000 Euro und bis zu 200.000 Euro. Die Plankrankenhäuser richten ihre Forderungen – soweit keine Krankenversicherung und auch kein Wohnsitz bekannt ist – an das Bezirksamt Hamburg-Mitte, Fachamt Grundsicherung und Soziales für Wohnungslose. Inkassoverfahren gegen obdachlose Schuldnerinnen/Schulder gibt es nach Aussage der Krankenhäuser nicht.