BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8529 21. Wahlperiode 07.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Norbert Hackbusch (DIE LINKE) vom 30.03.17 und Antwort des Senats Betr.: Denkmalschutz – Warum wurden die historischen GEG-Gebäude auf der Elbinsel Peute so eilig zerstört? Zu den denkwürdigsten Affronts der letzten Jahre gegen die Hamburger Denkmalkultur gehört die Zerstörung eines der historisch bedeutendsten Ensembles der Hamburger Industriearchitektur: Der Lager- und Fabrikkomplex der „Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine“ (GEG) auf der Elbinsel Peute, mit einer Nutzfläche von etwa 30.000 Quadratmetern, wurde in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts errichtet und im Dezember 2011 unter Denkmalschutz gestellt. Ungeachtet dessen, und obwohl unter anderem die Hamburger Architektenkammer damals einen Abriss-Stopp gefordert hatte, startete vor gut fünf Jahren der sukzessive Abbruch der Ensemble-Gebäude. Nur noch zwei der geschützten Bauwerke sind heute erhalten. Dass die Hamburg Port Authority (HPA) als Eigentümerin des Geländes diese historisch wertvollen Industriebauten verschwinden ließ, wurde offiziell damit begründet, dass das Gelände „im öffentlichen Interesse“ „für Hafenzwecke “ entwickelt werden müsse. Auf die Frage nach der Dringlichkeit des Bedarfs „vonseiten der HPA, der zum sofortigen Abriss der als Denkmal erkannten Gebäude und zur Errichtung von Logistikhallen zwingt“, antwortete der Senat in der Drs. 20/6238 im Dezember 2012: „(...) Für Nutzungen im Hafengebiet besteht seitens der Hafenwirtschaft ein Nachfrageüberhang nach Flächen, die entsprechend den heutigen Anforderungen hafenkonform genutzt werden können. Daher kann auf eine hafenbezogene Entwicklung und Nutzung der Flächen auf der Peute nicht verzichtet werden.“ In der Anlage der Senatsdrucksache zur „Zukunft der historischen GEG- Gebäude auf der Peute“ (Drs. 20/9092) ist die Rede von „starke(m) Interesse von Firmen der Hafenwirtschaft an der Fläche“ (Teilfläche Ost) und von „laufende (n) Verhandlungen.“ In Bezug auf einen zweiten Abschnitt der Teilfläche Ost heißt es ebenda: „Hallenbau 4 soll hier stattfinden. MV bereits durch den Mieter unterschrieben.“ Genutzt wurden die Flächen der historischen Gebäude von diversen Mietern /-innen. Laut der Drs. 20/6238 handelte es sich „insgesamt um 57 Mietparteien , denen schriftlich sowie in mündlichen Terminen angeboten wurde, nach der Sanierung der Gebäude 10 und 11 dort wieder Flächen anmieten zu können. Die HPA hat in diesem Zusammenhang ihre Unterstützung bei Drucksache 21/8529 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 der Suche nach Ausweichflächen angeboten, sowie Kontakte zur Hamburgischen Wirtschaftsförderung (HWF) und zum Elbe-Gewerbe-Zentrum vermittelt .“ Wie nun allerdings bekannt wurde, stehen die meisten Etagen der mittlerweile sanierten Chemischen Fabrik nach wie vor leer, und für die Flächen, auf denen die historischen GEG-Gebäude gestanden haben, hat die HPA bisher noch keine Nutzer gefunden. Dieser Umstand irritiert deswegen, weil der Senat und die HPA es damals enorm eilig hatten diese wertvollen Bauwerke, die auch überregional, als herausragendes Beispiel der Arbeiter- und Genossenschaftsarchitektur galten , loszuwerden. Ich frage den Senat: Das betroffene Gelände besteht aus den Flurstücken 318, 890 und 891, allesamt belegen in der Gemarkung Veddel. Als Bestandteil des Hafennutzungsgebiets unterliegt seine Nutzung grundsätzlich den Maßgaben des Hafenentwicklungsgesetzes. Auf dem Flurstück 890 befinden sich die denkmalgeschützten Gebäude 10 und 11 einer ehemaligen chemischen Fabrik, deren Sanierung durch die Hamburg Port Authority AöR (HPA) abgeschlossen wurde. Zudem gibt es zwei Logistikhallen, die größtenteils auf dem Flurstück 318 stehen und auch einen kleinen Teil des Flurstücks 890 beanspruchen. Sie wurden jeweils in 2013 (Halle 1) und 2017 (Halle 3) in Betrieb genommen und sind beide vermietet. Die übrigen Flächen sind noch nicht bebaut und befinden sich in der Vermarktung. So wurden aufgrund der Planungen für die Bewerbung Hamburgs um die Austragung der Olympischen Spiele, die Flächen für verlagerungsbetroffene Hafenunternehmen freigehalten und deshalb zeitweilig nicht weiter vermarktet. Die Flächenherrichtung wurde unter anderem mit Kampfmittelräumung und Spundwandsanierung somit erst nach dem Referendum im Jahr 2016 abgeschlossen. Zudem hat ein Interessent aus wirtschaftlichen Gründen seine Zusage für die „Teilfläche Ost erster Abschnitt“ (Teilfläche des Flurstücks 891) zurückgezogen. Der HPA liegt für die Fläche des Flurstücks 891 eine Interessenbekundung vor. Über den Inhalt der Gespräche beziehungsweise Verhandlungen wurde Stillschweigen vereinbart. Im Übrigen siehe zum Lageplan Drs. 20/9092. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Aus welchem Grund ziehen sich Verhandlungen mit potenziellen Mietern von Flächen auf dem ehemaligen GEG-Gelände, trotz des vom Senat dargestellten „Nachfrageüberhang(s)“ „seitens der Hafenwirtschaft“, derart lange hin? 2. Wie beurteilt der Senat vor diesem Hintergrund den damals dargestellten „Nachfrageüberhang“? Bedarf diese damalige Bewertung der Dringlichkeit einer Korrektur? Wenn ja: welcher? Grundsätzlich besteht weiterhin ein Nachfrageüberhang für Hafenflächen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Welche Flächen auf dem ehemaligen GEG-Gelände werden derzeit auf welche Weise „hafenkonform“ genutzt und wo wurden bisher, wie angekündigt , „Logistikhallen“ errichtet? (Bitte angeben: Flurstück, Gemarkung , Art und Dauer der Nutzung.) 4. Was wurde jeweils aus dem „starke(n) Interesse von Firmen der Hafenwirtschaft an der Teilfläche Ost zweiter Abschnitt“ und den „laufende(n) Verhandlungen“ sowie aus dem geplanten „Hallenbau 4“ auf der „Teilflä- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8529 3 che Ost erster Abschnitt“ für die der „MV bereits durch den Mieter unterschrieben “ war? Bitte angeben: a) Stand der Nutzung (unter Angabe der Flurstücke): vermietet/nicht vermietet b) Wenn vermietet: seit wann und für welche Dauer? c) Wenn nicht vermietet: warum? d) Liegt für die „Teilfläche Ost erster Abschnitt“ nach wie vor ein unterschriebener Mietvertrag vor? Wenn ja: Warum wurde die geplante Halle bisher nicht gebaut? Wenn nein: warum nicht? e) In welchem Stadium befinden sich die derzeitigen Verhandlungen um die Nutzung der „Teilfläche Ost zweiter Abschnitt“? (Die Antworten bitte entsprechend ihrer Aufzählungszeichen kennzeichnen .) 5. Welche Planungen bestehen beziehungsweise welcher Stand der Vermarktung besteht für die Nutzung der westlichen Flächen des Geländes und aus welchem Grund wurden die 2013 vorgesehenen Hallen „2“ und „3“ noch nicht gebaut? Siehe Vorbemerkung. 6. Was wurde aus den 57 Mietparteien der Gebäude 10 und 11? a) Wie viele der damaligen 57 Mietparteien haben wann ihr Interesse bekundet, nach der Sanierung wieder Flächen anmieten zu wollen? Eine Mietpartei hat vor der Sanierung ihr Interesse bekundet. b) Wie viele der damaligen 57 Mietparteien sind aktuell wieder Mieter in einem der Gebäude auf dem ehemaligen GEG-Gelände? Eine. c) Wie vielen der 57 damaligen Mietparteien wurden erfolgreich Ausweichflächen vermittelt? Eine Vermittlung von Ausweichflächen ist nicht erfolgt. Von den ehemaligen Mietparteien wurde ein entsprechendes Interesse nicht bekundet. d) Welche Dauer haben die jeweiligen bestehenden Mietverhältnisse im Durchschnitt? Im Schnitt beträgt die Mietdauer im Gebäude 10 und 11 circa fünf bis zehn Jahre. e) Welche Höhe hat der Quadratmeterpreis in den sanierten Gebäuden 10 und 11? Der Quadratmeterpreis für Lagerflächen liegt im Schnitt zwischen 5 bis 6 Euro. Die Preise zur Anmietung von Büro- und Atelierflächen können je nach Bedarf und Ausstattung variieren. f) Aus welchen Grund sind die Flächen der Chemischen Fabrik nicht ausgelastet? (Die Antworten bitte entsprechend ihrer Aufzählungszeichen kennzeichnen .) Das Gebäude 11 ist zu 100 Prozent vermietet. Bei Gebäude 10 ist die Vermarktung noch nicht abgeschlossen. Bisher ist es zu circa 55 Prozent vermietet. Für weitere 4.000 m² steht die HPA in Verhandlungen mit einem Mietinteressenten. Damit wäre das Gebäude zu circa 80 Prozent ausgelastet.