BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/857 21. Wahlperiode 30.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel und Katja Suding (FDP) vom 23.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Rudolf-Ballin-Stiftung e.V. Im Jahr 1924 erhielt die Stadt Hamburg aus dem Nachlass von Eugenie R. Ballin 10.000 US-Dollar zur „Linderung des Kinderelends“. Investiert wurde die Summe in ein Kinderheim. „Im Oktober 1926 wurde das „Hamburger Kinderheim Linden-Au“ in Lüneburg in Betrieb genommen. (…) Träger des Heimes in Lüneburg wurde die aus diesem Anlass errichtete „Rudolf -Ballin-Stiftung“. Ihre Satzung wurde durch Senatsbeschluss vom 10. Dezember 1925 genehmigt.“ (Vergleiche: http://www.rudolf-ballin-stiftung.de/ geschichte/.) Mit dem 1. Januar 1987 ist das Vermögen der Rudolf-Ballin-Stiftung auf den Verein für Kinder- und Jugendgenesungsfürsorge in Hamburg übergegangen . Der Verein wurde gleichzeitig in „Rudolf-Ballin-Stiftung e.V.“ umbenannt. Gegründet wurde der „Verein für Kinder- und Jugenderholungsfürsorge e.V.“ am 8. Juli 1930 und residierte in der Ernst-Merck-Straße 9 – 21 (Sitz der Sozialbehörde). Satzungsgemäß war der Präses der Sozialbehörde beziehungsweise der Behörde, welche durch die Freie und Hansestadt Hamburg als Fachbehörde für Jugendpolitik zuständig erklärt worden ist, der Vorstand und der Präses bestellt Schatzmeister, Geschäftsführer und gegebenenfalls weitere Vorstandsmitglieder beziehungsweise konnte die Bestellung von Vorstandsmitgliedern frei widerrufen. Eine wesentliche Änderung für die Freie und Hansestadt Hamburg in Bezug auf die Einflussmöglichkeiten erfolgte mit einer Satzungsänderung im Jahr 2014. Alle Mitglieder müssen zwar Beschäftigte der Freien und Hansestadt Hamburg sein, werden aber nicht mehr durch den Präses berufen, sondern mit einfacher Mehrheit durch den Verwaltungsrat aufgenommen. So heißt es nun in §4 Absatz 1: „Die Mitgliedsrechte sind höchstpersönliche Rechte. Die Mitglieder handeln unabhängig und frei von Weisungen.“ Hierzu fragen wir den Senat: 1. Ist die Rudolf-Ballin-Stiftung e.V. ein privatrechtlich organisierter Betrieb der Stadt? Hat sich an diesem Status durch die Satzungsänderung aus dem Jahr 2014 etwas geändert? Wenn ja, inwiefern? Drucksache 21/857 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Rudolf-Ballin-Stiftung e.V. (RBS) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der Förderung der öffentlichen Gesundheitsfürsorge, der Kinder- und Jugendhilfe, Jugendfürsorge und anderer Zwecke der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege. Der Status hat sich durch die Satzungsänderung nicht geändert. 2. Waren die Mitglieder als Beamte der Freien und Hansestadt Hamburg berechtigt, die Satzung dahin gehend zu ändern, dass sie als Mitglieder nicht weiter an die Weisungen der Stadt gebunden sind? Die Verwaltungsratsmitglieder der RBS sind nach § 11 der Satzung berechtigt, Satzungsänderungen zu beschließen. Eine Satzungsvorschrift, nach der die Verwaltungsratsmitglieder an Weisungen der Stadt gebunden sind, bestand und besteht nicht. 3. War der Staatsrat der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration dazu befugt, die Satzungsänderung zu genehmigen und dadurch eine unabhängige Stellung als Verwaltungsratsvorsitzender zu erreichen ? Bis zur Satzungsänderung vom 4. Juni 2014, eingetragen im Vereinsregister am 9. Juni 2014, bedurfte gemäß § 11 der Satzung jede Satzungsänderung zur Gültigkeit der Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der bei Beschlussfassung anwesenden Mitglieder des Verwaltungsrats sowie der Zustimmung des Vorsitzenden. Nach der Satzungsänderung vom 4. Juni 2014 bedürfen künftige Satzungsänderungen einer Mehrheit von zwei Dritteln der bei Beschlussfassung anwesenden Verwaltungsratsmitglieder . 4. Inwiefern wurden Vermögensbetreuungsverpflichtungen gegenüber der Freien und Hansestadt Hamburg verletzt? Wenn nein, wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass die Stadt Hamburg für Pensionsverpflichtungen in Höhe von über 13,5 Millionen Euro bürgt? 5. Was waren die Gründe für die Übernahme der Pensionsverpflichtung, die andere Vereine in vergleichbarer Lage selbst stemmen müssen? Vermögensbetreuungspflichten wurden nicht verletzt. Die Stadt hat die Pensionsverpflichtungen der RBS nicht übernommen. Die RBS ist 1987 aus dem Zusammenschluss der Rudolf-Ballin-Stiftung i.L. und dem Verein für Kinder- und Jugendgenesungsfürsorge entstanden. Bereits die frühere Stiftung hatte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Versorgungszusagen nach Maßgabe des Hamburgischen Ruhegeldgesetzes gegeben. Diese Praxis wurde von der RBS fortgeführt . Der Verein hat darüber hinaus auch die Erfüllungsverpflichtungen gegenüber den Rentnern der ehemaligen Stiftung übernommen. Seit dem 1. Januar 1987 sind bestehende Pensionsverpflichtungen als künftige Verbindlichkeiten durch die Bildung von Rückstellungen zu passivieren. Bis 1991 wurden diese über Pflegesatzerstattungen der Stadt finanziert. Mit Beschlüssen von Senat und Bürgerschaft zu den Haushalten 1992 und 1993 wurde diese Praxis umgestellt. Die RBS erhielt keine liquiden Mittel zur Deckung der Pensionsrückstellungen mehr, sondern eine Garantieerklärung der Freien und Hansestadt Hamburg zur Absicherung ihrer Versorgungszusagen, die als werthaltige Forderung gegenüber der Stadt geltend gemacht werden konnte. Damit konnten die bilanziellen Belastungen aus der betrieblichen Altersversorgung neutralisiert werden. In Anspruch genommen werden muss diese Garantieerklärung nicht, da die jährlichen Ruhegeldzahlungen über die regulären Kostensätze zum Beispiel des Kita-Gutscheinsystems refinanziert werden, das heißt nicht gesondert von der Stadt „übernommen“ worden sind.