BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8572 21. Wahlperiode 11.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein vom 03.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Situation der Betreuungsgerichte Lange Verfahrensdauern, komplexe Großverfahren stehen auf der Tagesordnung der Hamburger Justiz. Daher sind zusätzliche Vorschläge und Maßnahmen des Justizsenators erforderlich. Die Dauer eines Prozesses wird zu sehr von Personalengpässen in der Justiz bestimmt. Damit verzögert sich die endgültige Entscheidung für die Parteien eines Prozesses. Eine lange Verfahrensdauer kann zu einem Hindernis einer schnellen und effektiven Rechtsdurchsetzung werden. In diesem Zusammenhang ist die Situation an den Betreuungsgerichten zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Verfahrensdauern der Hamburger Gerichte liegen überwiegend im Bereich des Bundesdurchschnitts1. Beispielsweise erledigen die Hamburger Amtsgerichte ihre Zivilverfahren (immerhin 75 Prozent aller Zivilverfahren), die familiengerichtlichen Verfahren und die Strafverfahren genauso schnell wie der Durchschnitt aller Amtsgerichte der Länder. Auch das Landgericht Hamburg bewegt sich bei den Verfahrensdauern im Strafverfahren im Bereich des Bundesdurchschnitts. Bei den Zivilverfahren des Landgerichts lagen die Verfahrensdauern bei den Zivilkammern lediglich um 7 Prozent über dem Bundesdurchschnitt und bei den Kammern für Handelssachen sogar um 20 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Verfahrensdauern bei Betreuungsverfahren sind nicht geeignet, die Belastung der Betreuungsgerichte zu bewerten. Im Fall einer Betreuungsanordnung läuft das Verfahren weiter bis entweder die Betreuung aufgehoben wird oder die betreute Person verstirbt . Die Verfahrensdauern in Betreuungssachen sind folglich nicht im Wege einer personellen Verstärkung oder sonstiger Maßnahmen zur Entlastung der Betreuungsgerichte beeinflussbar und stellen somit auch keinen Indikator für Handlungsbedarf in diesem Bereich dar. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie lang sind die Verfahrensdauern bei Betreuungssachen in Hamburg (bitte bezogen auf Abteilungen für Betreuungssachen der jeweiligen Amtsgerichte und in absoluter Zahl sowie Prozentzahl angeben)? 2. Wie hat sich die Dauer der Betreuungsverfahren in den Jahren 2011 bis 2017 entwickelt (bitte nach Jahren und jeweiligen Abteilungen für Betreuungssachen der Amtsgerichte angeben)? Da Betreuungsverfahren nicht durch einen förmlichen prozessleitenden Antrag initiiert werden, ist schon der Beginn des Verfahrens oft nicht eindeutig zu datieren. Ähnliches 1 Siehe Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg 2017/2018. Drucksache 21/8572 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gilt für den Abschluss des Verfahrens. Eine statistische Erhebung zu den Verfahrensdauern erfolgt aus diesen Gründen nicht. Eine Aussage zu den Laufzeiten von Betreuungsverfahren könnte nur durch händische Auswertung sämtlicher Betreuungsakten erfolgen, die in den Jahren von 2011 bis heute bearbeitet wurden. Allein der Bestand der laufenden Betreuungsverfahren liegt bei mehr als 26.000 Akten. Eine Auswertung ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Was sind die Hauptgründe aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde für gegebenenfalls zu lange Betreuungsverfahren in Hamburg? 4. Welche Maßnahmen könnten zu einer Entlastung der Betreuungsgerichte und zu einer Verkürzung der Verfahrensdauern führen? Welche Vorschläge wurden dazu von der zuständigen Behörde seit 2015 wie umgesetzt ? Siehe Vorbemerkung. Entlastet werden die Betreuungsgerichte durch die Möglichkeit des Erteilens von Vorsorgevollmachten , da bevollmächtigte Angehörige im Bedarfsfall kein Betreuungsverfahren anregen müssen. Daneben unterstützt die zuständige Behörde die Bundesratsinitiative der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein- Westfalen und Schleswig-Holstein zur Einführung einer Regelung zu Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und in Fürsorgeangelegenheiten, siehe BR.-Drs. 505/16 und 505/16 (Beschluss )). Die geplante Regelung dürfte ebenfalls zu einer Entlastung der Betreuungsgerichte bei kurzzeitigen Betreuungen führen. 5. Wie viele Gespräche, auch ressortübergreifend, zur Optimierung von Geschäftsabläufen bei Betreuungssachen gab es in den Jahren 2015 bis 2017? An wie vielen Gesprächen haben welche Vertreter der Justizbehörde teilgenommen? Formelle Gespräche zur Optimierung von Geschäftsabläufen bei Betreuungssachen hat es in den Jahren 2015 bis 2017 nicht gegeben. Allerdings erfolgt regelmäßig ein Austausch zwischen den zuständigen Ressorts. Dieser Austausch erfolgt häufig informell durch Telefonate und E-Mails. Eine Statistik wird hierzu nicht geführt. Selbst eine Auswertung sämtlicher Verwaltungsakten, die in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich wäre, gäbe keine vollständige Anzahl oder Auskunft über alle beteiligten Vertreter der Justizbehörde, da nicht über jeden Austausch ein Protokoll gefertigt wird. Zur überbezirklichen Zusammenarbeit und Koordinierung von Betreuern, Gerichten und Vertretern von Einrichtungen und Behörden ist in Hamburg die Landesarbeitsgemeinschaft Betreuungsgesetz eingerichtet, in der unter anderem übergreifende fachliche Probleme erörtert und Qualitätsstandards abgestimmt werden. Prinzipiell können dort auch Geschäftsabläufe thematisiert werden. Die Landesarbeitsgemeinschaft trifft sich normalerweise vierteljährlich. An den Sitzungen nimmt regelmäßig die zuständige Referentin beziehungsweise der zuständige Referent der Justizbehörde teil. 6. Wie viele tatsächliche Vollzeitäquivalente und wie viele notwendig zu besetzende Vollzeitstellen gibt es in den Abteilungen für Betreuungssachen der jeweiligen Amtsgerichte (bitte nach dem jeweiligen Amtsgericht und Richtern/-innen, Servicekräften darstellen)? Bitte zudem darstellen, wie viele Planstellen als Vollzeitäquivalente unbesetzt geblieben sind und wie viele der vorhandenen Stellen Teilzeitstellen sind. Die tatsächlich derzeit in den Abteilungen für Betreuungssachen bei den Amtsgerichten eingesetzten Pensen von Richterinnen und Richter, Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern sowie Servicekräften ergeben sich aus der folgenden Tabelle: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8572 3 Ges. Mitte Altona Barmbek Bergedorf Blankenese Harburg St. Georg Wandsbek Richter 24,44 6,71 2,50 3,50 1,40 1,25 3,63 2,70 2,75 Sonstiger höherer Dienst (Rechtspfleger ) 26,21 6,30 2,30 4,19 1,81 1,33 3,88 3,85 2,55 Servicekräfte 52,57 13,94 5,63 6,94 3,53 1,90 7,66 7,32 5,65 Quelle: Personalübersicht der Amtsgerichte/Verwendung – Stand 31.12.2016 Die Planung der Vollzeitäquivalente für alle Amtsgerichte erfolgt auf Ebene der Produktgruppe 235.03 des Haushaltsplans. Die Ist-Vollzeitäquivalente werden den Stadtteilgerichten zugeordnet. Eine Zuordnung zu einzelnen Abteilungen der Amtsgerichte findet nicht statt. Soweit nach unbesetzten Stellen in den Abteilungen für Betreuungssachen gefragt wird, ist eine Antwort daher nicht möglich. Auch eine Angabe zu Teilzeitkräften im Betreuungsbereich ist nicht möglich. Die ganz überwiegende Anzahl der im Betreuungsrecht eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nimmt Mischpensen wahr und wird daher nicht in Vollzeit im Betreuungsrecht eingesetzt. Im Übrigen wird auf die Drs. 21/8410 verwiesen. 7. Wie hoch ist der Krankenstand bezogen auf die Vollzeitäquivalente und die Teilzeitstellen in den Abteilungen für Betreuungssachen (bitte nach dem jeweiligen Amtsgericht mit Abteilung für Betreuungssache, Richter/- innen und Servicekräften differenzieren und die tatsächlichen Zahlen sowie in Prozenten darstellen)? Die Frage kann nicht beantwortet werden, da Fehlzeiten zwar auf Ebene der einzelnen Amtsgerichte erhoben werden, aber nicht nach Sachgebieten differenziert.