BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8593 21. Wahlperiode 11.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Carsten Ovens (CDU) vom 04.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Sanierung der Sternwarte verschleppt? Die Hamburger Sternwarte in Bergedorf ist ein denkmalgeschütztes Juwel. Über mehr als einhundert Jahre sind nahezu alle historischen Gebäude und deren Ausstattungen, wie auch die optischen Geräte und die technischen Details, komplett erhalten geblieben. 1906 bis 1912 baute Hamburg abseits der Innenstadt eine der größten und modernsten europäischen Sternwarten ihrer Zeit. Dieses weltweit einmalige Denkmal der technischen und astronomischen Wissenschaft hat das Format, als UNESCO Weltkulturerbe anerkannt zu werden. Bereits 2010 setzte sich der damalige CDU-Senat dafür ein, dass die Sternwarte als Weltkulturerbe angemeldet wird. Leider ist trotz der parteiübergreifenden Wertschätzung kein nennenswerter Fortschritt im Verfahren zu verzeichnen. Erschreckend ist zwischenzeitlich der beklagenswerte Zustand dieses kulturellen Erbes. Dementgegen beschloss die Bürgerschaft 2012 die Bewerbung der Sternwarte, um den Titel als UNESCO Welterbe zügig voranzubringen, 500.000 Euro für die Sanierung bereitzustellen und ein Gesamtkonzept sowohl für die Erhaltung und Nutzung als auch für einen dazugehörenden Finanzierungsplan bis Ende 2013 aufzustellen. Dankenswerterweise wurden mithilfe von Bundesmitteln sowie Geldern des „Förderverein Hamburger Sternwarte e.V.“, der Stiftung Denkmalpflege Hamburg, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Hermann Reemtsma Stiftung Sanierungsarbeiten durchgeführt. Unklar ist jedoch der Anteil der Stadt Hamburg. Am Herzstück der Anlage, dem Großen Refraktor, stehen jedenfalls kostenintensive Sanierungen der Bausubstanz des Kuppelbaus aus. Zur Abwendung des drohenden Verfalls beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages auf Initiative der Hamburger Bundestagsabgeordneten eine Anteilsfinanzierung von 50 Prozent der insgesamt mit 3,15 Millionen Euro veranschlagten Sanierungskosten des Kuppelbaus. Die Bürgerschaft hat die Einleitung der Sanierung daraufhin beschlossen. Neben den 2012 beschlossenen 500.000 Euro zur Sanierung sollten weitere 400.000 Euro aus dem Denkmalfond fließen. Von städtischer Seite scheint aber nicht viel passiert zu sein. Die Kosten der Sanierung steigen jedoch zunehmend. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Hamburger Sternwarte ist ein wissenschafts- und architekturgeschichtliches Kulturdenkmal von außergewöhnlichem universellem Wert, für dessen Erhalt die Stadt laufend erhebliche Mittel aufwendet. Die Bürgerschaft hat 500.000 Euro bereitgestellt und bis zur Vorlage einer Kostenberechnung sowie der Einwerbung von Mitteln Dritter mit einer Sperre versehen. Auf der Grundlage der nun vorliegenden Haushaltsunterlage Bau (HU-Bau) und der Finanzzusage des Bundes können die weiteren Schritte zur Sanierung des Gebäudes des Großen Refraktors in Angriff genommen werden. Drucksache 21/8593 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Universität Hamburg wie folgt: 1. Welche Gelder aus dem Haushalt der Stadt sind für welche Maßnahmen zugunsten der Sternwarte seit 2012 ausgegeben worden? Bitte einzeln darstellen und ausführen. Seit 2012 wurden folgende Mittel aus dem Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg aufgewendet: Zweck Herkunft Jahr Summe Sanierung 1 M Spiegelteleskop – Zuschuss Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF) 2012 25.000 € Behindertengerechte Maßnahmen am Standort BWF 2013 20.000 € Großer Refraktor – Planung Sanierung bis LP 3 Universität Hamburg (UHH) 2015/ 2016 338.010 € Großer Refraktor – Dachsanierung UHH 2012/ 2013 120.000 € Beamtenwohnhaus – Sanierung von Feuchteschäden UHH 2015/ 2016 15.300 € Werkstattgebäude – Errichtung eines Gasflaschenlagers UHH 2016 21.600 € Verschiedene Gebäude – diverse Bauunterhaltungsmaßnahmen UHH 2012-2016 737.000 € Sternwarte – Überregionale Förderung, Marketingausgaben Förderfonds Bezirke 2012 11.634,10 € 2013 10.789,59 € 2014 5.988,29 € 2016 7.577,39 € 2017 2.509,12 € Beseitigung von Bauschäden am 1m-Spiegel-Gebäude der Hamburger Sternwarte Sondermittel der Bezirksversammlung 2016 8.000 € Sternwarte, Errichtung Mehrzweckgebäude – Besucherzentrum Gestaltungsfonds Bezirke 2012 2013 2014 2015 2016 65.555,82 € 21.920,44 € 7.342,02 € 2.479,77 € 386,91 € 2. Hält der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde an der Bewerbung der Sternwarte als Weltkulturerbe fest? Wenn ja, welche Maßnahmen wurden und werden dazu verfolgt? Wenn nein, wieso nicht? Da sich die Kultusministerkonferenz gegen eine Aufnahme der Hamburger Sternwarte in die bis mindestens 2024 gültige deutsche Tentativliste entschieden hat, ist eine Welterbe-Bewerbung in absehbarer Zeit nicht möglich. Derzeit ist beabsichtigt, die Hamburger Sternwarte im Zuge der Fortschreibung dieser Liste erneut zur Aufnahme anzumelden. Sollte ein anderer Staat, zum Beispiel Argentinien, eine vergleichbare Sternwarte als UNESCO-Welterbe nominieren, wird angestrebt, sich diesem Antrag als Teil einer transnationalen seriellen Nominierung anzuschließen. 3. Auf welcher Grundlage basiert die Schätzung der Sanierungskosten am Bau des Großen Refraktors? Bitte im Detail darstellen. 4. Rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde mit steigenden Kosten der Sanierung durch die zeitlichen Verzögerungen? Wenn ja, in welcher Höhe? Wenn nein, wieso nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8593 3 5. Wann wird der Senat die erforderlichen Mittel der Kofinanzierung in welcher Höhe und aus welchem Etat zur Verfügung stellen? Für die Baumaßnahme Sanierung Großer Refraktor liegt seit Ende März 2016 eine Kostenberechnung vor, die für einen Baubeginn im Jahr 2017 einen Ansatz für Preissteigerungen berücksichtigt. Der Senat wird die Bürgerschaft hierzu mit einer Drucksache befassen. 6. Ist im Rahmen eines Sanierungskonzeptes geprüft worden, inwieweit der in den letzten einhundert Jahren angewachsene Baumbewuchs um die Gebäude durch ein feuchteres Mikroklima negative Auswirkungen auf die Bausubstanz hat und diese aufgrund von zunehmenden Korrosionsschäden dauerhaft gefährdet? Wenn ja, mit was für einem Ergebnis? Wenn nein, wieso nicht? Durch die Sanierungsmaßnahmen insbesondere der Trockenlegung des Kellers wird der unmittelbar am Gebäude befindliche Bewuchs entfernt. Der umliegende hohe Baumbewuchs wird zum Teil für die Kranarbeiten an der Kuppel zurückgeschnitten.