BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/863 21. Wahlperiode 30.06.15 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Ovens (CDU) vom 23.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Behindert das Hamburgische Wegegesetz die Presse- und Meinungsfreiheit ? Die Presse- und Meinungsfreiheit als im Grundgesetz verbrieftes Recht, sowohl zur journalistischen Arbeit als auch zum Vertrieb der Ergebnisse dieser Arbeit, ist eine zentrale Grundlage unserer Demokratie. Dafür muss es möglich sein, entsprechende Publikationen auch im öffentlichen Raum verteilen zu dürfen. Zum Verteilen von Druckerzeugnissen auf Hamburger Straßen ist jedoch laut §19 Absatz 1 HWG grundsätzlich eine Sondernutzungserlaubnis notwendig, da diese „über die Teilnahme am allgemeinen öffentlichen Verkehr (Gemeingebrauch ) oder den Anliegergebrauch hinausgeht“. Grundsätzlich eine sinnvolle Sache. Die Verteilung von Zeitungen und Zeitschriften betrifft im aktuellen Gebrauch jedoch auch § 23 Absatz 3 Satz 1 HWG, demzufolge es unzulässig ist „auf öffentlichen Wegen Handzettel zu gewerblichen Zwecken zu verteilen“ und nur „in besonderen Fällen“ Ausnahmen zugelassen werden. Diese Handhabung setzt die Verteilung von, durch die Presse- und Meinungsfreiheit geschützten, Druckerzeugnissen mit dem Verteilen von Angebotsflyern gleich. Demnach könnten werbefinanzierte Zeitungen und Zeitschriften nicht einmal mit Sondergenehmigung, beispielsweise an Ständen zu speziellen Anlässen, im öffentlichen Raum verteilt werden. Diese Schieflage kann so nicht hingenommen werden und stellt gerade in Bezug auf die Krise der Printmedien eine zusätzliche Hürde in der Konkurrenz zu digitalen Medien dar. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Fallen unter die Einschränkungen des HWG hinsichtlich „gewerblicher Zwecke“ auch werbefinanzierte Presseerzeugnisse wie beispielsweise Wochenblätter, das „Alster-Magazin“, der „Hamburger Klönschnack“, das „Hamburger Abendblatt – DIE WOCHE“ oder das Studentenmagazin „UNISCENE“? Nein. Das Verbot der Verteilung von Handzetteln zu gewerblichen Zwecken nach § 23 Absatz 3 Nummer1 Hamburgisches Wegegesetz (HWG) betrifft ausschließlich Publikationen , die nicht den Schutz der Pressefreiheit genießen, also zum Beispiel Werbeflyer . Auch soweit Presseerzeugnisse ausschließlich werbefinanziert sind, unterliegen sie nicht den Einschränkungen durch das wegrechtliche Verbot. Drucksache 21/863 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Welche Presseerzeugnisse fallen typischerweise unter die „besonderen Fälle“ des § 23 Absatz 7 HWG und sind daher genehmigungsfähig? Die Vorschrift in § 23 Absatz 7 HWG, wonach Ausnahmen von dem Verbot des Verteilens von Handzetteln zu gewerblichen Zwecken erteilt werden können, findet auf Presseerzeugnisse keine Anwendung, da sie dem Verbot nicht unterliegen. 3. Gibt es Handlungsanweisungen für die Verwaltung, wie mit Anträgen auf Sondernutzungserlaubnis durch kommerzielle Antragsteller (unter anderem im Sinne der Verlage der unter 1. genannten Publikationen) zur Verteilung von Zeitungen oder Zeitschriften zu verfahren ist? Die „Fachanweisung über Werbeanlagen, Hinweisschilder und Sonderbeleuchtung auf öffentlichen Wegen und privaten Verkehrsflächen“ vom 27. Februar 2012 stellt klar, dass das ausschließliche Verteilen von Handzetteln im Rahmen des Rechts der freien Meinungsäußerung nach Artikel 5 des Grundgesetzes (GG) dem sogenannten kommunikativen Gemeingebrauch zuzurechnen, daher keine Sondernutzung und dementsprechend ohne Erlaubnis zulässig ist. 4. Wie viele entsprechende Anträge wurden in den vergangenen vier Jahren gestellt, wie viele von ihnen wurden positiv beschieden, wie viele negativ und mit welcher Begründung? Bitte detailliert und ohne Verweis auf andere oder vorherige Drucksachen auflisten. Nach Mitteilung der zuständigen Bezirksämter hat es in den vergangenen vier Jahren mit einer Ausnahme keine entsprechenden Anträge gegeben beziehungsweise werden hierüber keine besonderen Aufzeichnungen geführt, sodass nicht feststellbar ist, ob derartige Anträge vorlagen. Lediglich in einem Fall ist ein Antrag zur Verteilung einer Tageszeitung zur Abonnentenwerbung unter Hinweis auf das Verbot der Verteilung von Handzetteln für gewerbliche Zwecke abgelehnt worden, was aus den in den Antworten zu 1. bis 3. genannten Gründen nicht zulässig war. Die Einrichtung fester Stände zum Verkauf von Presseerzeugnissen auf öffentlichen Wegen stellt eine Sondernutzung öffentlicher Wege dar, die erlaubnispflichtig ist, für die allerdings in der Praxis der Bezirksämter auch Erlaubnisse erteilt werden, wenn die gesetzlichen Versagungsgründe, wie zum Beispiel übermäßige Beeinträchtigung der Verkehrsteilnehmer oder der Verkehrssicherheit nicht gegeben sind. 5. Wie gedenkt der Senat, Hamburger Printmedien als wichtige Stütze der öffentlichen Meinungsbildung sowie als nicht unwesentlichen Wirtschaftszweig in dieser Wahlperiode zu unterstützen? Medien sind für die Hamburger Wirtschaft und das Zustandekommen einer demokratischen Öffentlichkeit von essenzieller Bedeutung. Deshalb unterstützt der Senat Hamburger Medienunternehmen – und damit auch Printmedien – im Rahmen seiner Clusterpolitik in umfänglicher Weise. Das zuständige, in der Senatskanzlei angesiedelte Amt Medien wird die digitale Transformation der ansässigen Medien weiterhin intensiv begleiten, beispielsweise mit neuen Angeboten der Clusterinitiative nextMedia.Hamburg . Veranstaltungen wie der Mediendialog, das Scoopcamp oder die SocialMediaWeek liefern der Branche wichtige Impulse in diesem Prozess. Darüber hinaus stehen Hamburger Printmedien wie jedem Unternehmen die Förderinstrumente der Hamburger Wirtschaftsförderung offen.