BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8660 21. Wahlperiode 13.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 07.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Verstaatlichung des Gymnasiums Lycée Français in Lokstedt (II) In der Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion informierte die Schulbehörde über ihre Planungen, das private Gymnasium Lycée Français (Lokstedt) aufzulösen und in ein staatliches, deutsch-französisches Gymnasium zu überführen (Drs. 21/6434). Nun ergeben sich weitere Fragen. So ist das Gymnasium Lycée Français zurzeit sowohl eine Ersatzschule als auch eine Ergänzungsschule. Als Ersatzschule bietet es das Abitur an. Für Schüler des Gymnasiums Lycée Français, die das Abitur anstreben, erhält die Schule als Ersatzschule nach § 14 des Hamburgischen Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG) von der Schulbehörde eine finanzielle Förderung. Ergänzungsschulen gemäß § 11 HmbSfTG erhalten hingegen keine Gelder von der Schulbehörde, da sie Abschlüsse anbieten, die das staatliche System nicht anbietet. Als Ergänzungsschule bietet das Gymnasium Lycée Français den französischen Abschluss Baccalauréat (entspricht dem deutschen Abitur) an, den das staatliche System nicht anbietet. Für Schüler des Gymnasiums Lycée Français, die nur diesen Baccalauréat anstreben, erhält das Gymnasium bislang keine staatlichen Gelder. Diese rechtlich bedingte Trennung in zwei Systeme – Ersatzschule und Ergänzungsschule – innerhalb des Gymnasiums Lycée Français soll nun nach dem Willen der Schulbehörde durch die Gründung eines staatlichen deutsch-französischen Gymnasiums beendet werden. Auf der neuen Schule sollen nach Auskunft des Senats (Drs. 21/6434, Antwort zu Frage 9.) neben dem Abitur auch alle Schüler den französischen Abschluss Baccalauréat erwerben können. Das Angebot dieses französischen Abschlusses war bislang jedoch das Argument der Schulbehörde, diesen Schulzweig lediglich als Ergänzungsschule anzuerkennen und deshalb für die Schüler in diesem Zweig keine finanzielle Förderung zu leisten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Lycée Français in Hamburg war bis zum Schuljahr 2005/2006 eine private Ergänzungsschule , in der vorrangig Kinder französischer Staatsbürger in Hamburg unterrichtet wurden mit dem Ziel, französische Schulabschlüsse zu erwerben. Der Besuch einer Ergänzungsschule kann nach § 37 Absatz 3 Satz 2 HmbSG aus wichtigen Gründen gestattet werden. Diese liegen unter anderem dann vor, wenn der Antragsteller glaubhaft machen kann, dass der individuelle Lebensmittelpunkt der Schülerin oder des Schülers beziehungsweise ihrer oder seiner Familie wesentlich in einem französischsprachigen Land und nur vorübergehend in Hamburg liegt. Mit Bescheid der zuständigen Behörde vom 04.08.2005 wurde dem Trägerverein der Eltern und Freunde des Lycée Français de Hambourg e.V. auf seinen Antrag hin die staatliche Genehmigung zur Errichtung eines Gymnasiums erteilt. Die staatliche Drucksache 21/8660 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Genehmigung betrifft den gymnasialen Zug, in dem die Schülerinnen und Schüler verpflichtend an dem Unterricht zur Vorbereitung des deutsch-französischen Abiturs teilnehmen (Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über den gleichzeitigen Erwerb der deutschen Allgemeinen Hochschulreife und des französischen Baccalauréats (ABIBAC)). Ergänzend wurde der Trägerverein darauf hingewiesen, dass der andere Zug des Gymnasiums, der auf das französische Abitur (Baccalauréat) hinführt, daneben als Ergänzungsschule bestehen bleiben kann (Anschreiben vom 10.08.2005 zum Genehmigungsbescheid). Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Schüler werden am Gymnasium Lycée Français jeweils in der Rechtsform Ersatzschule und Ergänzungsschule beschult? Bitte jeweils einzeln für die Schuljahre seit 2010/2011 angeben. Schülerinnen und Schüler am Lyceé Francais in den Schuljahren 2010/2011 bis 2016/2017; Jahrgangstufen 6 bis 12 nach Klassenart Regelklasse (Ersatzschule) und Baccalauréat (Ergänzungsschule) Klassenart 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 Regelklassen 185 227 249 261 275 296 322 Baccalauréat 31 8 33 53 58 81 60 Schüler Insgesamt 216 235 282 314 333 377 382 Quelle: Schuljahresstatistik 2010 bis 2016 2. Aus welchem Grund hat die Schulbehörde das Gymnasium Lycée Français bislang sowohl als Ersatzschule als auch als Ergänzungsschule anerkannt? Siehe Vorbemerkung. 3. Wenn der Schulzweig mit dem Abschlussziel Baccalauréat bislang nicht als Ersatzschule anerkannt wurde, weil dieser Abschluss nicht im staatlichen Schulsystem vorgesehen ist: Wie begründet der Senat dann die Einrichtung dieses Abschlussziels an einem staatlichen Gymnasium, das die Schülerjahreskosten in voller Höhe erstattet bekommt? Das Abschlussziel der Sekundarstufe II am deutsch-französischen-Gymnasium ist das deutsch-französische Abitur auf Grundlage des Schweriner Abkommens. Gleichzeitig ist beabsichtigt, für in Hamburg schulpflichtige Schülerinnen und Schüler, die in ihrer bisherigen Bildungsbiographie überwiegend französische oder nach dem französischen System ausgerichtete Schulen außerhalb Hamburgs besucht haben und die das deutsch-französische Gymnasium nicht länger als drei Jahre, das heißt in der Sekundarstufe II, besuchen, die Möglichkeit erhalten, am deutsch-französischen Gymnasium das französische Baccalauréat zu erwerben. Damit entspricht Hamburg der Bitte und dem Anspruch der für das Französische Auslandsschulwesen zuständigen Agence pour l'enseignement français à l'étranger (AEFE), dieser Schülergruppe einen lückenlosen Bildungsgang zu ermöglichen. 4. Welche Kosten sind nach aktuellem Stand mit der beabsichtigen Umstrukturierung einmalig und künftig fortlaufend verbunden? Siehe Drs. 21/7978. 5. Welche Auswirkungen hat die Neuerrichtung des deutsch-französischen Gymnasiums nach derzeitigem Stand auf die Gymnasien Osterbek, Othmarschen und Süderelbe, die laut Senat bereits bilinguale deutschfranzösisch Zweige anbieten (Drs. 21/5523)? Derzeit sind keine Auswirkungen auf die genannten Gymnasien erkennbar. 6. Welchen Stand haben die diplomatischen Verhandlungen mit Frankreich zurzeit? Ist ein diplomatisches Abkommen der Stadt Hamburg mit Frankreich beabsichtigt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8660 3 Wenn ja: in welcher Form? Die Freie und Hansestadt Hamburg und die für das französische Auslandsschulwesen zuständige Agence pour l'enseignement français à l'étranger (AEFE) haben eine gemeinsame Lenkungsgruppe zur Planung der Gründung eines deutsch-französischen Gymnasiums in Hamburg eingesetzt. Hamburgs Erster Bürgermeister Scholz hat den Französischen Außenmister Ayrault mit Schreiben vom 4. April 2017 über den Planungsstand informiert. Die Prüfungen zu Form und Inhalt eines möglichen Abkommens zwischen Hamburg und Frankreich sind noch nicht abgeschlossen.