BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8691 21. Wahlperiode 18.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 10.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Schilleroper – Dem Verfall nicht tatenlos zusehen Planungen und Gerüchte über die Zukunft der Schilleroper gab es schon viele . Doch nicht nur die Zeit, sondern auch der Verfall, vor allem der äußeren Gebäude um die Rotunde herum, schreiten voran. Ich frage den Senat: 1. Welche aktuellen Planungen zur Schilleroper sind dem Senat, dem Bezirk oder Fachbehörden bekannt? Am 31. März 2017 sind dem Denkmalschutzamt durch den derzeitigen Eigentümer umfängliche Gutachten, Bewertungen und eine weitere Planung übergeben worden, mit dem Ziel einer Befreiung aus dem Denkmalschutz. Eine Bewertung dieser Unterlagen hat noch nicht stattgefunden. 2. Wie viele Gespräche haben seit dem Gerichtsurteil zum Denkmalschutz der Stahlkonstruktion der Rotunde (Ende 2012) zwischen dem/der Eigentümer/-in der Schilleroper und Vertretern/-innen der Freien und Hansestadt Hamburg stattgefunden? Bitte jeweils Datum, beteiligte Behörde/n und Zweck der Gespräche nennen. Vertreter des Denkmalschutzamtes, des Bezirksamtes Hamburg-Mitte sowie der Oberbaudirektor haben sich in mehreren Gesprächen mit Vertretern des Eigentümers am 10. Dezember 2014, 13. März 2015, 10. August 2015, 3. September 2015, 10. Februar 2016, 6. September 2016, 14. Dezember 2016 und 15. März 2017 unter anderem über unterschiedliche Planungsüberlegungen des Eigentümers, das Erhaltungsinteresse und die Grundlagen des Denkmalschutzes ausgetauscht. 3. Welche Untersuchungen/Gutachten zur Schilleroper wurden von dem/ der Eigentümer/-in und welche von der Freien und Hansestadt Hamburg in Auftrag gegeben? Bitte jeweils den genauen Untersuchungsauftrag und die jeweils beteiligte/n Behörde/n nennen. Auftraggeber Kulturbehörde: - Eigenes Gutachten zum Denkmalwert (1997) - Gutachterliche Stellungnahme Bestandsdokumentation und Bewertung (2007) Auftraggeber Eigentümer: - Gutachterliche Stellungnahme zur Schilleroper, Bausubstanz, aktueller Zustand, erforderlicher Sanierungsaufwand (2010) - Stellungnahme zu Erhalt und Neunutzung und Einbindung in einen Neubau, Teilerhalt von Bestandteilen des Stahlgerüstes, Möglichkeit der Translozierung (2015) Drucksache 21/8691 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 - Rechtsgutachterliche Stellungnahme zur Frage, ob unter denkmalschutzrechtlichen Aspekten im Rahmen der geplanten Bebauung der dort befindliche Zirkusbau ganz oder teilweise zu erhalten oder zu beseitigen ist (2017) - Gutachterliche Stellungnahme zur Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit, Teilerhaltung im Rahmen eines Neubaus (2017) 4. Zu welchen Erkenntnissen, Ergebnissen und/oder Aktivitäten haben welche Untersuchungen geführt? Auf der Basis des Gutachtens aus dem Jahr 2007 wurde der Eigentümer seit dem Gerichtsbeschluss von 2012 (siehe Drs. 21/4196) aufgefordert, die Erhaltung der Stahlkonstruktion zu sichern. Das Denkmalschutzamt hat 2013 einen Workshop veranlasst , um Variantenuntersuchungen zur Verwendbarkeit zu erlangen. 5. Welche Verpflichtungen ergeben sich für den/die Eigentümer/-in aufgrund des Denkmalschutzes? a. Welchen Verpflichtungen ist der/die Eigentümer/-in bisher wann nachgekommen? b. Was hat der Senat beziehungsweise was haben die zuständigen Behörden unternommen, damit bisher nicht erfüllte Verpflichtungen doch noch realisiert werden? Die Verpflichtungen des Verfügungsberechtigten ergeben sich aus § 7 Denkmalschutzgesetz . Bei der Schilleroper beschränkt sich der Denkmalschutz im Wesentlichen auf den Erhalt der Stahlkonstruktion der Rotunde, deren Instandsetzung an die Umsetzung einer genehmigungsfähigen Gesamtlösung gebunden ist. Der Eigentümer hat die Stahlkonstruktion in denkmalgerechtem Zustand zu erhalten. Dem ist er bislang nicht nachgekommen. Zuletzt wurde der Eigentümer am 29. März 2017 vom Denkmalschutzamt schriftlich aufgefordert, seinen Verpflichtungen nachzukommen. 6. Der letzte bekannte Eigentümer-/-inwechsel erfolgte circa 2013/2014. Wurden seit dem 01.01.2014 Grundstückskaufverträge zur Schilleroper beurkundet? Wenn ja, wann jeweils? Siehe Drs. 21/4196. 7. Die Gebäude/Anbauten um die Rotunde befinden sich in einem schlechten Zustand. Eine Gefährdung von passierenden Anwohnern/-innen, Touristen/-innen, Dom- und FC-St.-Pauli-Besuchern/-innen unter anderem durch herabstürzende Bauteile ist zu befürchten. Welche Maßnahmen hat der Senat bereits veranlasst beziehungsweise will er veranlassen , um diese Gefährdungen zu beseitigen? Aufgrund eines Polizeiberichtes von Mai 2016 wurde der Eigentümer angehört und das Vordach daraufhin auf lose Teile untersucht. Die losen Teile wurden entfernt. 8. Die Schilleroper befand sich in dem Sanierungsgebiet St. Pauli-Nord S 1. Da die Sanierungsziele für die Schilleroper nicht erreicht wurden, blieb es trotz Aufhebung der Sanierungsgebiet im Jahr 2014 bei der Aufrechterhaltung des besonderen Städtebaurechts für Schilleroper (Belegenheit „Bei der Schilleroper 14 – 20“). a. Welche Pflichten ergeben sich aus dem besonderen Städtebaurecht für den/die Eigentümer/-in? b. Welche Rechte hat der Bezirk beziehungsweise die Freie und Hansestadt Hamburg aufgrund des besonderen Städtebaurechts? Als Sanierungsgebiet unterliegt das Grundstück den Vorschriften der §§ 144 fortfolgende BauGB. Daraus ergeben sich im Einzelnen die Rechte und Pflichten sowohl für den Eigentümer als auch für die Stadt. c. Welche dieser Rechte hat der Bezirk beziehungsweise die Freie und Hansestadt Hamburg bisher genutzt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8691 3 Falls keine: weshalb nicht? d. Welche Rechte wird der Bezirk beziehungsweise die Freie und Hansestadt Hamburg nutzen, um den Erhalt des denkmalgeschützten Bereichs der Schilleroper voranzutreiben? Das zuständige Bezirksamt nutzt vollumfänglich alle sich aus den §§ 144 fortfolgende BauGB ergebenden Rechte. 9. Der Bebauungsplan St. Pauli 42 für die Schilleroper sieht eine Kerngebietsnutzung (MK) mit allgemein zulässigen Wohnungen vor. Im Stadtteil kursieren verschiedene Versionen über das Verhältnis der möglichen Wohn- und MK-Nutzungen (30:70; 70:30; ...). a. Wie hoch ist jeweils der mögliche Anteil von Wohnungen und MK- Nutzungen? In Kerngebieten ist Wohnen nur ausnahmsweise zugelassen (§ 7 Absatz 3 Nummer 2 Baunutzungsverordnung). Ein Wohnanteil von maximal 35 Prozent im Kerngebiet wird von der Rechtsprechung für vertretbar gehalten, ohne die Zweckbestimmung des Kerngebietes nach § 7 Absatz 1 Baunutzungsverordnung zu gefährden. b. Wie viele Wohnungen können gebaut werden (respektive wie hoch ist die mögliche Quadratmeterzahl)? Die Wohnungsanzahl (beziehungsweise die mögliche Quadratmeterzahl) kann ohne ein konkretes Projekt nicht eingeschätzt werden. 10. Die Verordnung über den Bebauungsplan wurde am 18. Oktober 2004 erlassen. Damit dürfte die Sieben-Jahres-Frist, die bei Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung zu einer Entschädigung führen kann (vergleiche § 42 Baugesetzbuch), abgelaufen sein. Ist es richtig, dass jetzt eine Aufhebung oder Änderung der zulässigen Nutzung keine Entschädigungsansprüche auslöst? Ja. 11. Eine Anwohnerinitiative sorgt sich seit einigen Jahren aktiv um den Erhalt der Schilleroper, hat wiederholt Bezirks-, Verwaltungs- und Fachbehörden wie die Kulturbehörde sowie politische Gremien kontaktiert, ohne aussagekräftige Antworten auf die Zukunft der Schilleroper zu erhalten. Die Eigentümer/-innen verweigern bisher die Einbeziehung der Anwohner/-innen in eine mögliche Planung und Gestaltung des Komplexes Schilleroper. a. Welche Haltung hat der Senat zur Einbeziehung der Anwohner/- innen in die zukünftige Gestaltung der Schilleroper? b. Wird es eine öffentliche Vorstellung der aktuellen Planungen geben? Falls ja, wann? Falls nein: weshalb nicht? Siehe Drs. 21/4196. Gleichwohl wird es nach derzeitigem Stand eine öffentliche Veranstaltung zur Vorstellung des Konzeptes geben. Ein konkreter Termin steht noch nicht fest.