BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8701 21. Wahlperiode 18.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 11.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Ausbildung für islamische Theologie – Wie weit ist Hamburg? In Artikel 5 des Islam-Staatsvertrags heißt es: „Die Freie und Hansestadt Hamburg fördert eine Ausbildungsstätte für islamische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Hamburg.“ In der dazugehörigen Protokollerklärung bekennen die Vertragspartner, „dass die Förderung einer Ausbildungsstätte für islamische Theologie und Religionspädagogik in ihrem Schwerpunkt zunächst auf die Gewinnung in Deutschland ausgebildeter schulischer Lehrkräfte für den Religionsunterricht zielen soll.“ Hamburg hat sich darin dazu verpflichtet, die islamischen Religionsgemeinschaften vor der Berufung von Hochschullehrern um Stellungnahmen zu bitten, sich zu Lehrinhalten zu äußern und sie in die Erarbeitung von Studiengängen und Prüfungsordnungen einzubeziehen. In einer Anfrage der FDP-Fraktion von Ende 2015 teilte der Senat mit, dass für den neuen gemischtkonfessionellen Religionsunterricht gemäß dem Staatsvertrag ein Pilotversuch an einigen Schulen durchgeführt werde (Drs. 21/2581, Antwort auf Fragen 10. – 12.). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Anders als von der Fragestellerin dargestellt, lautet der genaue Wortlaut der Protokollerklärung zu Artikel 5 des Vertrages der Freien und Hansestadt Hamburg mit den islamischen Religionsgemeinschaften – in Kraft getreten am 13. Juni 2013 – wie folgt: „Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die Förderung einer Ausbildungsstätte für islamische Theologie und Religionspädagogik in ihrem Schwerpunkt zunächst auf die Gewinnung in Deutschland ausgebildeter schulischer Lehrkräfte für den Religionsunterricht zielen soll. Sie teilen die Überzeugung, dass das Aufgreifen der Glaubensvorstellungen praktizierender Muslime eine wesentliche Voraussetzung für die wünschenswerte Akzeptanz des Unterrichts bei den muslimischen Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern sein wird. Die Freie und Hansestadt Hamburg wird sich deshalb unter Beachtung der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre dafür einsetzen, dass - die islamischen Religionsgemeinschaften vor der Berufung einer Hochschullehrerin oder eines Hochschullehrers die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten, - ihnen Gelegenheit gegeben wird, sich zu Lehrinhalten zu äußern, soweit sie schwerwiegende Abweichungen von den islamischen Glaubensgrundsätzen geltend machen, und - sie in die Erarbeitung von Grundsätzen für eine Akkreditierung von Studiengängen und Formulierung von Prüfungsanforderungen einbezogen werden. Die islamischen Religionsgemeinschaften erklären, dass sie Stellungnahmen einheitlich abgeben werden. Stellungnahmen, die nicht einheitlich abgegeben werden, lösen Drucksache 21/8701 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 keine Verpflichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg im Sinne des vorstehenden Absatzes aus.“ Die Akademie der Weltreligionen wurde im Juni 2010 als neue Einrichtung der Universität Hamburg gegründet. Die Akademie der Weltreligionen ist ein fakultätsübergreifender Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich mit den Weltreligionen und mit Fragen des interreligiösen Dialogs befassen. Sie wird von der Fakultät für Erziehungswissenschaft, der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und der Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Hamburg getragen. Federführend ist die Fakultät für Erziehungswissenschaft. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Universität Hamburg (UHH), wie folgt: 1. Wann wurden von Vertretern der Freien und Hansestadt Hamburg mit Vertretern der islamischen Religionsgemeinschaften seit Abschluss des Staatsvertrages über die Umsetzung des oben genannten Artikel 5 Gespräche geführt? Welche Personen haben diese Gespräche aufseiten der Freien und Hansestadt Hamburg jeweils geführt? Es werden regelmäßig von den Mitgliedern der verschiedenen Gremien der Akademie der Weltreligionen der UHH Gespräche mit Vertretern der islamischen Religionsgemeinschaften geführt. Solche Gespräche werden auch mit anderen Religionsgemeinschaften geführt. Es befinden sich zudem Vertreter der SCHURA und Vertreter der alevitischen Verbände Hamburgs im Interreligiösen Expertenrat und dem Beirat der Akademie der Weltreligionen. Der Bachelor-Teilstudiengang für das Lehramt Primar- und Sekundarstufe für das Fach Islam wurde den Vertretern der islamischen Religionsgemeinschaften ausführlich auf einer Tagung von Mitarbeitern der UHH vorgestellt und mit ihnen diskutiert. Die Tagung fand im September 2015 an der UHH statt. Am 11./12. Mai 2017 wird eine von der Akademie der Weltreligionen in Kooperation mit der universitären Religionspädagogik organisierte Tagung zur Weiterentwicklung des Hamburger Religionsunterrichts stattfinden, an der unter anderem auch die islamischen Religionsgemeinschaften teilnehmen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Drs. 21/7840. 2. Gibt es bereits Lehrstühle für islamische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Hamburg? Wenn ja: seit wann? Wenn nein: warum nicht? Es gibt an der UHH keine Lehrstühle für islamische Theologie und Religionspädagogik . An der UHH sind in der Akademie der Weltreligionen in der Fakultät für Erziehungswissenschaft folgende Professuren für islamische Theologie/Religionspädagogik vertreten: - W3-Professur für „Islamische Studien/Theologie“ (seit 01.10.2011) - W1-Professur für „Islamische Theologie/Islamisches Recht“ (seit 01.09.2016) - Seniorprofessur für die Leitung der Akademie der Weltreligionen (seit 01.10.2013 mit Befristung bis 30.09.2017). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Welche Studiengänge an der Universität Hamburg im Bereich islamische Theologe und Religionspädagogik gibt es? Es wird an der UHH der Bachelorstudiengang für das Lehramt Primar- und Sekundarstufe für das Fach „Islamische Religion“ angeboten, der wesentlich von der Akademie der Weltreligionen (Fakultät für Erziehungswissenschaft) getragen wird. Des Weiteren wird seit dem Wintersemester 2012/2013 von der Akademie der Weltreligionen ein Masterstudiengang mit dem Titel „Religionen, Dialog und Bildung“ angeboten, der einen Schwerpunkt in islamischer Theologie hat, in dem aber auch weitere Weltreligionen , interreligiöse Bildung und interkulturelle Kommunikation gelehrt werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8701 3 4. Mit jeweils welchen Kapazitäten? Die jeweiligen Studiengänge lassen nur zum Wintersemester zu: Studiengang WiSe 15/16 WiSe 16/17 WiSe 17/18 Masterstudiengang Religion, Dialog, Bildung 25 13 19 Islamische Religion Lehramt - 13 20 5. Welche Anforderungen an Sprachkenntnisse haben diese Studiengänge ? Voraussetzung für den Lehramtsstudiengang „Islamische Religion“ sind Grundkenntnisse des Arabischen. Diese können entweder unabhängig nachgewiesen oder in einem Intensivkurs erworben werden, den die Akademie der Weltreligionen in der vorlesungsfreien Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Semester anbietet. Voraussetzung für den Masterstudiengang „Religionen, Dialog und Bildung“ sind erhöhte Grundkenntnisse in Englisch. 6. Wie sehen die Curricula und Prüfungsordnungen aus? Siehe https://www.uni-hamburg.de/campuscenter/studienorganisation/ordnungensatzungen /pruefungs-studienordnungen/lehramt/up-fsb-u-lehramt-u-ba-u-islamischeu -religion-u-neuf-u-20150408.pdf sowie https://www.awr.uni-hamburg.de/websitecontent /pdfs-content-pages/fsb-rdb-amtlich.pdf. 7. Welchen Einfluss auf die Curricula hatten beziehungsweise haben die islamischen Religionsgemeinschaften? Das Curriculum für das Lehramt „Islamische Religion“ wurde federführend von der stellvertretenden Direktorin der Akademie der Weltreligionen ausgearbeitet. Es wurde den islamischen Religionsgemeinschaften mehrfach vorgestellt. Sie hatten die Möglichkeit zur Kommentierung. Das Curriculum für den Masterstudiengang „Religionen, Dialog und Bildung“ wurde verschiedenen – auch der islamischen – Religionsgemeinschaften mit der Möglichkeit zur Kommentierung mehrfach seitens der Akademie der Weltreligionen vorgestellt. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. 8. Welche finanziellen Mittel hat die Freie und Hansestadt Hamburg bislang aufgewendet für Maßnahmen im Sinne des oben genannten Artikel 5? Bitte einzeln auflisten. Eine genaue Aufschlüsselung der an der Akademie der Weltreligionen aufgewendeten finanziellen Mittel der UHH für Maßnahmen im Sinne des Artikels 5 des Vertrages der Freien und Hansestadt Hamburg mit den islamischen Religionsgemeinschaften ist nicht möglich. Die UHH hat seit 2011 folgende finanzielle Mittel für die Akademie der Weltreligionen insgesamt aufgewendet: 2011: 115.995 Euro 2012: 270.981 Euro 2013: 326.531 Euro 2014: 385.270 Euro 2015: 428.053 Euro 2016: 453.804 Euro 9. Haben die islamischen Religionsgemeinschaften seit Abschluss des Staatsvertrags Stellungnahmen zur Berufung von Hochschullehrern oder zu Lehrinhalten abgegeben? Wenn ja: welchen Inhalts und wo sind sie zu finden? Die Akademie der Weltreligionen der UHH hat allen islamischen Religionsgemeinschaften Möglichkeiten zu mündlichen Stellungnahme zur Berufung der W1-Professur Islamische Theologie gegeben, die vom Vertreter der SCHURA Hamburg auch durch Drucksache 21/8701 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 mündliche Rückmeldungen genutzt worden ist. Diese Möglichkeit wurde den Vertreterinnen und Vertretern der islamischen Religionsgemeinschaften auch schon vor Abschluss des Staatsvertrages anlässlich der Berufung der W3-Professur in Islamischer Theologie gegeben. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. 10. In welchem Umfang stehen in Deutschland ausgebildete Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht an Hamburg Schulen zur Verfügung ? Bisher wurden keine Lehrkräfte mit der Fakultas „Islamischer Religionsunterricht“ eingestellt . Zur Anzahl der Lehrkräfte, die einen Qualifizierungskurs am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung absolviert haben beziehungsweise noch besuchen , siehe Drs. 21/4140. Im Übrigen siehe Drs. 21/2581. 11. Welche Anstrengungen unternimmt der Senat, um die Zahl der in Deutschland ausgebildeten Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht zu erhöhen? Die Überlegungen der zuständigen Behörde hierzu sind noch nicht abgeschlossen. 12. Beabsichtigt der Senat, sich in der Ausbildung von Imamen zu engagieren ? Wenn ja: in welcher Weise? Wenn nein: warum nicht? Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. 13. Wie hat sich der Pilotversuch für den Religionsunterricht für alle weiterentwickelt seit Drs. 21/2581? 14. Gibt es mittlerweile die vom Senat in Drs. 21/2581 angekündigte Zwischenevaluation ? Wenn ja: Welche Ergebnisse hat diese und wo ist sie zu finden? Wenn nein: Warum nicht und wann wird es sie geben? Siehe Drs. 21/5841. 15. Welche weiteren Pläne verfolgt der Senat für den Religionsunterricht für alle? Siehe Drs. 21/4140.