BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8766 21. Wahlperiode 25.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 18.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Quereinsteiger in den Hamburger Schuldienst – Lehrermangel auch in Hamburg? (II) Die Senatsantworten auf die Anfrage der FDP-Fraktion (Drs. 21/8426) waren in vielen Punkten ausweichend. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Warum muss ein Seiteneinsteiger (nach Definition des Senats in Drs. 21/8426, Antwort auf Frage 8.) nicht den Vorbereitungsdienst (Referendariat ) absolvieren? Der Quereinstieg (Zugang in den Hamburger Schuldienst durch Absolvieren des Vorbereitungsdienstes nach abgeschlossenem Masterstudium) ist eine gezielte Rekrutierungsmaßnahme , um in Mangelfächern mehr Lehrkräfte für den Schuldienst zu gewinnen. Diesen Lehrkräften können dann attraktive Beamtenstellen angeboten werden. Dieser Quereinstieg kann nur bis zu einer Altersgrenze von 42 Jahren durchgeführt werden, da sonst die Altersgrenze von 45 Jahren für die Verbeamtung bei der Einstellung überschritten wird. Ein Seiteneinstieg (Zugang in den Hamburger Schuldienst nach abgeschlossenem Masterstudium ohne Vorbereitungsdienst) betrifft Nicht-Mangelfächer und ist, im Gegensatz zum Quereinstieg, nicht regelhaft vorgesehen. Er ist nur möglich, wenn zu diesem Zeitpunkt keine Bewerber mit zweitem Staatsexamen für diese Fächer zur Verfügung stehen. Seiteneinsteiger werden nicht verbeamtet, weshalb ein klassischer Vorbereitungsdienst nicht vorgesehen ist. Allerdings muss ein Seiteneinsteiger mindestens ein Jahr lang seine pädagogische Eignung an der Schule, für die er eingestellt werden soll, unter Beweis gestellt haben. 2. Wie wird dann die pädagogische Qualifizierung sichergestellt? Die pädagogische Qualifikation wird im Rahmen eines befristeten Vertretungslehrauftrages vor der unbefristeten Einstellung durch die Schulleitung und Fachlehrkräfte festgestellt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 3. Gibt es verpflichtende Fortbildungen im pädagogischen und didaktischen Bereich für Seiteneinsteiger? Wenn nein: warum nicht? Im Rahmen der im Lehrerarbeitszeitmodell enthaltenen Fortbildungsverpflichtung von 30 Stunden pro Schuljahr können und sollen Seiteneinsteiger Fortbildungsmaßnahmen absolvieren. Es ist Aufgabe der Schulleitung, diese nach den individuellen Erfordernissen personenbezogen zu steuern. Drucksache 21/8766 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Wie viele Seiteneinsteiger in den Hamburger Schuldienst hat es in den Jahren 2014, 2015 und 2016 jeweils gegeben? Bitte nach Schulform sowie nach Fächern aufschlüsseln. Für das Jahr 2016: Einstellung von Seiteneinsteigern in den Hamburgischen Schuldienst 2016 Grundschulen Stadtteilschulen Gymnasien Berufliche Schulen Deutsch 1 2 14* Fremdsprachen 3 Mathematik 1 Informatik 1 Biologie 1 Physik 1 1 Naturwissenschaft 1 Gesellschaftswissenschaften 1 7* Musik 2 1 1 Kunst/Gestaltung/Werken 1 2 1 1 Sport 1 1 Wirtschaft und Verwaltung 7 Körperpflege 1 Quelle: Daten der zuständigen Behörde * Bei diesen Einstellungen von Seiteneinsteigern handelt es sich überwiegend um Lehrkräfte mit DAZ-Kompetenz im Rahmen der Flüchtlingsbeschulung. Für die Jahre 2015 und 2014 siehe https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/ Statistik/Dokumentationen/EVL2015_Tabellenauszug.pdf sowie http://www.kmk.org/ fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/Dokumentationen/Dok_207_EvL_2014.pdf. 5. Wie viele Bewerber für einen Seiteneinstieg hat es in den Jahren 2014, 2015 und 2016 jeweils gegeben? Kalenderjahr Anzahl der Bewerber/-innen* (Seiteneinsteiger/innen) 2014 120 2015 148 2016 270 Quelle: Personaldaten der zuständigen Behörde * Anzahl der Personen, die schulgenaue Bewerbungen für den hamburgischen Schuldienst abgegeben haben 6. Gibt es im Hamburger Schuldienst außer Quer- und Seiteneinsteigern (nach Definition des Senats in Drs. 21/8426, Antwort auf Frage 8.) auch Lehrkräfte, die nicht über einen Hochschulabschluss verfügen? Wenn ja: Wie viele und wie wird dies begründet? Ja, wobei Quer- und Seiteneinsteiger fast immer über einen Hochschulabschluss verfügen . Die §§ 7 und 13 der Verordnung über die Laufbahn der Fachrichtung Bildung (HmbL- VO-Bildung) beschreiben in der Laufbahngruppe 2 zur Verwendung im Laufbahnzweig Berufliche Schulen in den Ämtern ab dem ersten Einstiegsamt die sogenannten Fachlehrerinen oder Fachlehrer für Fachpraxis. Fachlehrerinnen und Fachlehrer an beruflichen und (in wenigen Einzelfällen) an allgemeinbildenden Schulen unterrichten Schülerinnen und Schüler in unterschiedlichen Fächern zur Vertiefung der im (fach-) theoretischen Unterricht gewonnenen Kenntnisse. Ebenso vermitteln sie fachpraktische Fertigkeiten. Infolge der Reform der berufsbildenden Schulen (Drs. 19/8472) und der damit einhergehenden Veränderungen im beruflichen Übergangssystem werden neue Beschäftigungsverhältnisse als Fachlehrerin oder Fachlehrer für Fachpraxis nur noch in Ausnahmefällen begründet. Die fachlichen Zugangsvoraussetzungen für den Vorbereitungsdienst für die Ämter ab dem ersten Einstiegsamt der Laufbahngruppe 2 zur Verwendung im Laufbahnzweig Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8766 3 Berufliche Schulen als Fachlehrerin oder Fachlehrer für Fachpraxis erfüllt, wer mindestens den Realschulabschluss oder einen von der zuständigen Behörde als gleichwertig anerkannten Bildungsstand besitzt und 1. eine gewerbliche oder gewerblich-technische Berufsausbildung abgeschlossen und die Prüfung als Handwerks- oder Industriemeisterin oder Handwerks- oder Industriemeister bestanden hat oder eine einschlägige Fachschulausbildung abgeschlossen hat oder 2. eine kaufmännische Berufsausbildung abgeschlossen hat und eine Fortbildungsprüfung als staatlich geprüfte Betriebswirtin oder staatlich geprüfter Betriebswirt oder eine vergleichbare Prüfung bestanden hat oder 3. eine sozialpädagogische Berufsausbildung abgeschlossen und eine einschlägige Fachschulausbildung abgeschlossen hat oder 4. eine gesundheitlich/pflegerische Berufsausbildung abgeschlossen und eine einschlägige Weiterbildung abgeschlossen hat 5. und nach Erwerb der vorgenannten Befähigungen eine mindestens zweijährige, der Vor- und Ausbildung entsprechende Berufstätigkeit ausgeübt hat. In besonderen Fällen kann die zuständige Behörde Ausnahmen zulassen. Darüber hinaus sind im Hamburgischen Schuldienst zum Teil auch befristet beschäftigte Vertretungslehrkräfte tätig, die nicht über einen Hochschulabschluss verfügen, aber durch eine sonstige Qualifikation oder anderweitig erworbenes Wissen in der Lage sind, den Vertretungsunterricht adäquat zu gestalten. Zur Feststellung der Fallzahlen der Lehrkräfte ohne Hochschulabschluss müssten rund 2.000 Personalakten manuell ausgewertet werden. Dies ist in der zur Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 7. Der Senat beantwortet die Frage 20. in Drs. 21/8426 nur bezogen auf „unbefristete Einstellung von Lehrkräften in der Flüchtlingsbeschulung“. Welche Kriterien galten beziehungsweise gelten für die befristete Einstellung von Lehrkräften in der Flüchtlingsbeschulung? Auch für befristete Einstellungen für die Flüchtlingsbeschulung gilt und galt grundsätzlich das Vorhandensein des ersten und zweiten Staatsexamens, gern mit der Zusatzqualifikation „Deutsch als Zweitsprache“ als Kriterium für die Einstellung. Nur im Ausnahmefall (keine Bewerber mit zweitem Staatsexamen verfügbar) wurden Personen mit erstem Staatsexamen, Diplompädagogen und Personen, die einen Master - oder Magisterabschluss mit einer Zusatzqualifikation im Bereich Deutsch als Zweitsprache hatten, befristet eingestellt. 8. Wie werden die nach Drs. 21/8426 (Frage 20.) unbefristet eingestellten Lehrkräfte für die Flüchtlingsbeschulung eingesetzt, wenn die Anzahl der zu beschulenden Geflüchteten abnimmt? Die Lehrkräfte werden dann bedarfsgerecht im Regelunterricht eingesetzt. 9. In welchem Umfang wurden Lehrkräfte für die Flüchtlingsbeschulung in den Jahren 2014, 2015 und 2016 jeweils eingestellt? Bitte aufschlüsseln nach Schulform sowie befristeten und unbefristeten Einstellungen. Lehrkräfte für Vorbereitungsklassen und EA-Lerngruppen werden in aller Regel unbefristet eingestellt. Für die Flüchtlingsbeschulung wurden in Hamburg inzwischen rund 560 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen (siehe Drs. 21/7486, Punkt 3.4.4). Für Auswertungen aus dem elektronischen Ausschreibungsverfahren (pbOn) der zuständigen Behörde wurde erst im Jahr 2016 das Merkmal, „Lehrer/-in für Flüchtlingsbeschulung “ eingeführt. Eine entsprechende Auswertung für dieses Jahr weist 34 Einstellungen für Grundschulen, acht für Gymnasien und zehn für Stadtteilschulen aus. Es ist davon ausgehen, dass darüber hinaus von den Schulen noch weitere Einstellungen für Vorbereitungsklassen und EA-Lerngruppen mit dem Merkmal „Lehrer/ -in“ vorgenommen worden sind. Um für die Jahre 2014, 2015 und 2016 zu ermitteln, in welchem Umfang dies erfolgt ist, müssten alle Stellenbesetzungen aus diesen Jahren Drucksache 21/8766 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 (rund 1.500) händisch ausgewertet werden. Dies gilt auch für die Ermittlung, in welchem Umfang befristete Einstellungen vorgenommen worden sind. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 10. Werden Seiteneinsteiger auch verbeamtet? Wie werden Seiteneinsteiger besoldet im Vergleich zu den übrigen angehenden Lehrkräften? Für Seiteneinsteiger ist eine Verbeamtung nicht möglich, da dies nur für Lehrkräfte mit zweitem Staatsexamen möglich ist. Lehrkräfte, die die individuellen Voraussetzungen für eine Verbeamtung nicht erfüllen, werden gemäß Lehrerentgeltordnung eingruppiert und entlohnt.