BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8779 21. Wahlperiode 25.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 19.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Stadtteilgerechtigkeit vor ökonomischer Vernunft – Ist Volksdorf kein Einzelfall? „Wucherpreis für Flüchtlingsunterkunft“ betitelte der NDR Mitte April einen Bericht. Hiernach soll der rot-grüne Senat gegen die ökonomischen Bedenken des Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) ein Grundstück für die Ansiedlung von Flüchtlingen angemietet haben. Obwohl der ZKF 12.000 bis 20.000 Euro jährlich als Pacht für angemessen erachtet hatte, hatte der Senat sich bereit erklärt, knapp 100.000 Euro zu zahlen. Außerdem soll laut NDR der SPD-Fraktionschef in die Verhandlungen involviert gewesen sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Realisierung des Standortes Eulenkrugstraße ist wirtschaftlich und erfolgte im Einvernehmen mit dem Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF), siehe Drs. 21/8733. Vorschläge für Standorte zur Unterbringung von Personen unterliegen verschiedenen Prüfprozessen und diversen Standortkriterien, siehe Drs. 21/2864, Drs. 21/3771 sowie Drs. 21/3804. Dazu gehören insbesondere die Prüfung der Dringlichkeit zur Vermeidung von Obdachlosigkeit, die Eignungsfeststellung durch den ZKF, die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit durch die Bezirksämter und die Feststellung der Wirtschaftlichkeit durch f & w fördern und wohnen AöR (f & w) sowie den ZKF für öffentlichrechtliche Unterkünfte (örU) oder das Einwohnerzentralamt für die Erstaufnahmeeinrichtungen (EA). Erwerb oder Anmietungen von Grundstücken für die Behörden der Stadt erfolgen in der Regel durch den Landesbetrieb für Immobilien und Grundvermögen (LIG), der auch die Gespräche mit den Grundeigentümern führt. Dies betrifft auch die EA, bei denen das Einwohnerzentralamt der Behörde für Inneres und Sport den LIG und die Spinkenhof AG mit den Verhandlungen beauftragt. Für örU verhandelt f & w als Anstalt des öffentlichen Rechts selbstständig über die Anmietungen von Gebäuden und Grundstücken und kann bei Wertermittlungsfragen auf die Expertise des LIG zurückgreifen. Der ZKF wird im Einzelfall an Verhandlungen, bzw. deren Vor- oder Nachbereitung beteiligt. Standorte, die von f & w betrieben werden, unterliegen ferner der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat von f & w. Zur Beteiligung der Lenkungsgruppe „Integration öffentlich-rechtliche Unterkunft (örU) und Erstaufnahme (EA) in die gesamtstädtische Flächenverwertung und Planung“ siehe Drs. 20/12090. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Stellen führen seit dem Jahr 2016 normalerweise die Gespräche zwischen einem Grundstückseigentümer und der Stadt, so es um den Erwerb oder die Anmietung eines Grundstücks geht, auf dem eine Drucksache 21/8779 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Erstunterkunft oder eine öffentlichen-rechtliche Unterkunft entstehen sollen ? 2. In welchen Fällen waren seit dem Jahr 2016 zusätzlich oder auch ausschließlich andere Stellen/Personen außer den unter 1. genannten involviert ? Welche Personen/Stellen waren das und warum war das jeweils der Fall? Siehe Vorbemerkung. 3. Im Fall der geplanten Unterkunft an der Eulenkrugstraße wurde gegen den Rat des ZKF ein Grundstück angemietet. In welchen anderen Fällen wurde ebenfalls gegen die finanziellen Erwägungen beziehungsweise trotz Kritik vonseiten des ZKF oder anderen Stellen innerhalb der Behörde im Jahr 2016 und 2017 ein Grundstück für eine Flüchtlingsunterkunft erworben beziehungsweise angemietet? Welche Argumente gegen diese Entscheidung kamen jeweils aus der Verwaltung, von welcher Stelle genau und aufgrund welcher Gegenargumente wurden sie in der Priorität vom Senat jeweils als nachrangig betrachtet? Es sind keine Fälle bekannt. Auch im Fall des Flurstücks 270 an der Eulenkrugstraße wurde nicht gegen den Rat von ZKF angemietet, siehe Drs. 21/8733 und Vorbemerkung . 4. Stadtteilgerechtigkeit vor ökonomischer Vernunft, so lautet zumindest im Fall von Volksdorf die Begründung des rot-grünen Senats, warum er trotz verwaltungsinterner Kritik den Pachtvertrag abgeschlossen hat. Wie möchte der Senat gewährleisten, dass er bei künftigen Grundstücksgeschäften für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften nicht erpressbar ist, obwohl er gezeigt hat, dass er bereit ist, Preise zu zahlen, die weit über dem als angemessen erachteten Wert liegen? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen: entfällt.