BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8784 21. Wahlperiode 25.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 19.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Bauvorhaben am Duvenacker Am Eidelstedter Duvenacker ist der Bau einer Flüchtlingsunterkunft geplant. Seit Beginn der Planungen steht die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens insbesondere aufgrund der Lärmbelastung des Grundstücks infrage. Nun sieht der bekannt gewordene Entwurf eines Bebauungsplans (Bebauungsplan- Entwurf Eidelstedt 75) vor, dass aufgrund der Lärmbelastung für das Grundstück auch noch ein angrenzender Bolzplatz verschoben und in seiner Nutzung deutlich beschränkt werden muss. Dieser stellt für die angrenzende Siedlung, in deren Mitte sich der Bolzplatz ursprünglich befand und aus der er gerade, um eine Nutzung etwa am Wochenende zu ermöglichen, verlegt wurde, ein wichtiges Sportangebot dar und wird insbesondere von Jugendlichen rege genutzt. Wegen zahlreicher ungeklärter Fragen gilt für die geplante Flüchtlingsunterkunft derzeit ein vom zuständigen Verwaltungsgericht verhängter Baustopp. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Bauvorhaben Duvenacker wird im Rahmen des Senatsprogramms „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ errichtet, siehe Drs. 21/1838. Die dort geplanten 380 Plätze werden benötigt, um den Unterkunftsbedarf in der öffentlich rechtlichen Folgeunterbringung zu decken. Vor diesem Hintergrund wurde die Baugenehmigung am 7. Oktober 2016 nach § 246 Absatz 9 Baugesetzbuch (BauGB) für den Neubau von sieben dreigeschossigen Gebäuden als Flüchtlingsunterkunft erteilt. Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens ist die Lärmeinwirkung intensiv untersucht worden, siehe Drs. 21/6356, 21/6529 und 21/7382. Dabei wurde insbesondere der Verkehrslärm betrachtet. Die Baugenehmigung enthält daher Regelungen, um die Lärmbelastung zu verringern. Die Geräuschentwicklung des an das Bauvorhaben angrenzenden Bolzplatzes wurde in die Lärmuntersuchungen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht einbezogen , weil es sich formal nicht um eine Sportanlage im Sinne der 18. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) handelt. Der Bolzplatz ist nicht für den organisierten Sport, Vereinssport, Schulsport oder zur sonstigen organisierten Sportausübung, sondern für die körperliche Freizeitbetätigung von Kindern vorgesehen und dient damit den wohnortnahen und nachbarschaftlichen Freizeitbedürfnissen. Daher ist die Geräuschentwicklung im Baugenehmigungsverfahren nicht als schädliche Umwelteinwirkung zu werten. Das Senatsprogramm „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ sieht vor, dass, nach einer Nutzung der Gebäude als Flüchtlingsunterkunft, ein Übergang in eine reguläre Wohnnutzung stattfindet. Dafür ist mit einem Bebauungsplanverfahren die planungsrechtliche Grundlage zu schaffen. Das Bebauungsplanverfahren Eidel- Drucksache 21/8784 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 stedt 75 sieht angrenzend an den Bolzplatz die Ausweisung eines Allgemeinen Wohngebietes (WA) vor. Um die Geräuschentwicklung des Bolzplatzes und die zukünftige Wohnnutzung miteinander zu vereinbaren, stehen verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung. Der Bebauungsplanentwurf Eidelstedt 75 spricht sich für die Möglichkeit aus, den Bolzplatz zu verlagern. Bei Zugrundelegung der novellierten 18. BImSchV und einer um circa 20 Meter nach Norden verschobener Lage des Bolzplatzes sind an den Bestandsgebäuden Immissionswerte von bis 50,3 dB(A) berechnet worden. Für die Neubauten am Duvenacker 8 ergeben sich Einwirkungen von bis zu 56,9 dB(A). Letzteres entspricht einer Überschreitung von 1,9 dB(A) in der Ruhezeit, die als vertretbar angesehen wird, da die 18. BImSchV hier lediglich orientierend für die Beurteilung herangezogen wird. Für die Bestandsgebäude ergeben sich keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte. Die zweite Möglichkeit wäre eine Nutzungseinschränkung, die allerdings erst dann notwendig wäre, wenn die reguläre Wohnnutzung am nördlichen Rand der vorgesehenen Ausweisung als Allgemeines Wohngebiet (WA) in den Neubauten am Duvenacker 8 aufgenommen wird. In diesem Fall wären Einschränkungen des Spielbetriebes innerhalb der Ruhezeiten notwendig, um die Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV einhalten zu können. Eine abschließende Entscheidung über die Notwendigkeit einer Verlagerung des Bolzplatzes wird erst getroffen, wenn im allgemeinen Wohngebiet eine plangemäße Wohnnutzung stattfindet. Zielsetzung dabei ist, die Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner des neuen Quartiers sowie der Anwohnerinnen und Anwohner der Umgebung an einer angemessenen Wohnruhe und das Interesse der Nutzerinnen und Nutzer des Bolzplatzes an Freizeitaktivitäten im Freien miteinander in Einklang zu bringen . Unabhängig von dieser Thematik werden die Gebäude derzeit errichtet. Im Übrigen wird die Baugenehmigung derzeit gerichtlich überprüft. Am 24. April 2017 hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass die Flüchtlingsunterkunft mit der Perspektive Wohnen am Duvenacker weitergebaut werden kann. Damit hat das Gericht einer Beschwerde der Stadt Hamburg und der Bauherrin gegen einen zuvor verfügten Baustopp stattgegeben. Das Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht wird fortgesetzt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wurde der vom Bolzplatz ausgehende Lärm in den für die Baugenehmigung relevanten Lärmschutzgutachten berücksichtigt? Siehe Vorbemerkung. 2. Ist die sogenannte HafenCity-Klausel auch bei Lärm, der von Sportanlagen , insbesondere Bolzplätzen, ausgeht, anwendbar? Wenn ja, wie wird dies begründet? Die „Hafen-City-Klausel“ ist eine allgemeine Festsetzung im Bebauungsplan, nicht eine Auflage in der einzelnen Baugenehmigung. Als Festsetzung im Bebauungsplan ist sie von der Art der Lärmquelle unabhängig und grundsätzlich auch bei Sportanlagenlärm denkbar. In der Regel wird hier – insbesondere bei Freizeitsportanlagen wie Bolzplätzen – jedoch eine Lärmreduzierung durch Nutzungsbeschränkungen in der Ruhezeit vorzuziehen sein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Wurden Auflagen für den betroffenen Bolzplatz aufgrund des Lärmschutzgutachtens in der Baugenehmigung festgeschrieben? Wenn ja, welche? Wenn nein, wie wurde der vom Bolzplatz ausgehende Lärm in der Baugenehmigung berücksichtigt? 4. Wie rechtfertigt der Senat die im Bebauungsplan-Entwurf Eidelstedt 75 (Duvenacker) geplanten Nutzungsbeschränkung für den 226.000 Euro Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8784 3 teuren Bolzplatz, der erst 2009 fertiggestellt wurde? Ist eine Einschränkung dieser Art nach fast acht Jahren Laufzeit ohne Weiteres möglich? Womit begründet der Senat dies? Siehe Vorbemerkung. 5. Einer Pressemitteilung des Bezirksamts Eimsbüttel aus dem Jahr 2009 zufolge ist die SAGA für die ersten zehn Jahre nach Fertigstellung für die Unterhaltung des Bolzplatzes zuständig. Wann, in welcher Form und durch wen wurde dies vereinbart? Findet sich diese Vereinbarung im Transparenzportal? Welche Maßnahmen wurden im Rahmen der Unterhaltung seit der Fertigstellung von der SAGA durchgeführt? 2009 wurde eine Überlassungsvereinbarung zwischen dem Bezirksamt Eimsbüttel und der SAGA Siedlungs-Aktiengesellschaft Hamburg geschlossen. Die Überlassungsvereinbarung wurde nicht im Transparenzportal veröffentlicht, da dieses im Jahr 2009 noch nicht vorhanden war. Durch eine von SAGA beauftragte Gartenpflegefirma wird eine monatliche Reinigung der Zuwegungen sowie eine jährliche Reinigung der Kunstrasenfläche inklusive Sandauffüllung durchgeführt. Darüber hinaus wurde eine kleinere Instandsetzungsmaßnahme an der Kunstrasenfläche durchgeführt. 6. Wann wurde die Vereinbarung zuletzt von wem geprüft? Welches Ergebnis hatte die Überprüfung zur Folge? Zusätzlich zu der Unterhaltungspflicht der SAGA wird der Bolzplatz durch das Bezirksamt in regelmäßigen Intervallen auf seine Verkehrssicherheit überprüft. Festgestellte Mängel werden der SAGA gemeldet und von dort abgearbeitet. 7. Wie hoch belaufen sich die Kosten für die im Bebauungsplan-Entwurf Eidelstedt 75 (Duvenacker) geplante Verschiebung des Bolzplatzes? Wie soll das Vorhaben finanziert werden? Die Verlegung des Bolzplatzes wird als mögliche Maßnahme in der Begründung des Bebauungsplanentwurfs genannt, siehe Vorbemerkung. Eine aktuelle Planung liegt nicht vor. Daher können über die dafür anfallenden Kosten und deren Finanzierung keine Angaben gemacht werden. 8. Wo genau soll der neue Bolzplatz entstehen? Wird die Fläche, die für den neuen Bolzplatz benötigt wird, derzeit benutzt? Wenn ja, wie und von wem? Wer ist der Grundstückseigentümer? Das Grundstück ist in städtischem Eigentum. Die neue Lage des Bolzplatzes würde sich auf demselben Grundstück um circa 20 Meter weiter nach Norden verschoben befinden. Der befestigte Bolzplatz ist von einer Freifläche umgeben, die als Spielwiese genutzt wird. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 9. Wie hoch werden sich die Lärmemissionen und -immissionen auf die Nachbargrundstücke des verschobenen Bolzplatzes belaufen? Siehe Vorbemerkung. 10. Auf welcher Grundlage hat der zuständige Gutachter im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens beziehungsweise eines nachgereichten Gutachtens die Verkehrsstärken für die Straße Niendorfer Gehege für 2025 ermittelt? Hat die zuständige Behörde dazu eine Zweitmeinung eingeholt? Der damalige Gutachter hat für die Verkehrsstärken auf der Straße Niendorfer Gehege eine Verkehrsprognose der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) aus dem Jahr 2006 mit dem Prognosehorizont 2015 zugrunde gelegt. Diese wurde einer Prognose aus dem Jahr 2009 mit dem Prognosehorizont 2025 für den Ausbau der Bundesautobahn BAB 7 gegenübergestellt, die auch die Nebenstraßen der BAB 7 mit berücksichtigt hat. Drucksache 21/8784 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 11. Mit welchen Verkehrsstärken rechnet der Senat nach der Beendigung des A7-Ausbaus auf der Straße Niendorfer Gehege? In der Verkehrsprognose 2025 wurde für die Straße Niendorfer Gehege eine Verkehrsbelastung von 10.000 Kfz/d ermittelt. 12. Wie viel zusätzlicher Verkehr fließt derzeit aufgrund von Ausweichverkehren wegen des A7-Ausbaus durch die Straße Niendorfer Gehege? Aktuelle Verkehrszahlen liegen nicht vor. 13. Für welche Abschnitte der Straßen Rungwisch und Niendorfer Gehege (von Rungwisch bis Ecke Vogt-Kölln-Straße) gelten welche Geschwindigkeitsbegrenzungen ? Wo sind diese mit welchen Verkehrszeichen ausgeschildert? Im Straßenzug Rungwisch – Niendorfer Gehege bis Vogt-Kölln-Straße gilt grundsätzlich Tempo 50. Im Bereich der Grundschule Rungwisch ist eine 30-km/h-Strecke (entsprechendes Verkehrszeichen mit Zusatzzeichen werktags von 06.00 – 22.00 Uhr) von Rungwisch 36 bis Niendorfer Gehege 260 eingerichtet und entsprechend beschildert . 14. In der Vergangenheit wurde immer wieder Kritik laut, weil insbesondere seitens des zuständigen Bezirksamtes beispielsweise auf Einladungsplakaten verschwiegen wurde, dass es sich bei dem Bauvorhaben um eine Unterkunft für Flüchtlinge handelt. Wird auf dem Baustellenschild am Duvenacker darauf hingewiesen, dass es sich um eine Flüchtlingsunterkunft handeln soll? Wenn nein, ist geplant, eine zutreffende Beschilderung zu veranlassen? Das aufgestellte Bauschild weist auf die zukünftige Nutzung als Flüchtlingsunterkunft hin.