BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8801 21. Wahlperiode 28.04.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dennis Gladiator und Richard Seelmaecker (CDU) vom 20.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung des öffentlichen Rettungsdienstes in Hamburg (II) Aus der Antwort des Senats auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/8247 geht hervor, dass die Anzahl der Alarmierungszahlen sowie der tatsächlichen Notfallbeförderungen in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Gab es im Jahr 2014 noch 256.331 Rettungsdiensteinsätze, waren es im Jahr 2016 bereits 284.868. Dies ist ein Anstieg von 11,1 Prozent. Aufgrund der zunehmenden Einwohnerzahl sowie der demographischen Entwicklung wird der Bedarf auch weiterhin steigen. Umso wichtiger ist es, dass die bestmögliche Versorgung durch die Feuerwehr gewährleistet wird. Diese setzt gerade vor dem Hintergrund, dass die Hilfsfristen nicht eingehalten werden und die Erfüllungsquote „Eintreffzeit im öffentlichen Rettungsdienst an der Einsatzstelle innerhalb von <= 8 Minuten“ nur im Jahr 2016 in 66,2 Prozent der Fälle erreicht wurde, eine vernünftige Einbindung der verfügbaren Ressourcen der Hilfsorganisation in den öffentlichen Rettungsdienst voraus. Der Senat gibt an, dass durch die Rettungsleitstelle der Feuerwehr immer die am dichtesten zum Einsatzort verfügbaren Rettungsmittel alarmiert werden. Dies bietet Raum für Nachfragen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der öffentliche Rettungsdienst in Hamburg umfasst die Aufgaben Notfallrettung und Krankentransport. Die Aufgabe des Krankentransportes ist über einen öffentlichrechtlichen Vertrag (örV) den Hilfsorganisationen weitgehend übertragen. Über diesen Vertrag erfolgt auch eine Einbindung in die Notfallrettung. Neben den im Regelrettungsdienst (Notfallrettung) eingesetzten Fahrzeugen können seitens der Hilfsorganisationen weitere Fahrzeuge aus dem Krankentransport bei Bedarf durch die Rettungsleitstelle der Feuerwehr örtlich begrenzt (in unmittelbarer Nähe zu deren Standorten) eingesetzt werden, siehe hierzu auch Drs. 21/8247. Grundsätzlich wird der europaweite einheitliche Notruf 112 durch die Rettungsleitstelle der Feuerwehr aufgenommen und die benötigten Rettungsmittel werden von dort disponiert . Neben der Rettungsleitstelle der Feuerwehr bestehen in Hamburg zwei weitere Leitstellen : Das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Johanniter Unfallhilfe (JUH) und der Malteser Hilfsdienst (MHD) betreiben gemeinsam die Zentrale für Krankenbeförderung und Notfallservice (ZKN), der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) betreibt gemeinsam mit der Firma G.A.R.D. eine eigene Leitstelle. Auf Basis des örV werden die Hilfsorganisationen auch in der Notfallrettung eingesetzt , siehe hierzu auch Drs. 21/8247. Die auf dieser Grundlage erfolgte Einbindung der Hilfsorganisationen in die Notfallrettung nutzt die rechtlich zulässigen Möglichkei- Drucksache 21/8801 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ten aus. Eine Ausweitung der Einbindung durch Einsatz weiterer Fahrzeuge oder Erweiterung der Einsatzgebiete, siehe Drs. 21/8247, würde ein entsprechendes Vergabeverfahren erfordern, in dem diese Erweiterung vorgenommen wird. Die zuständige Behörde steht einer solchen Regelung grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Auf die damit verbundenen Rahmenbedingungen wurde bereits in Drs. 21/8247 hingewiesen. Zu berücksichtigen ist hierbei weiter, dass der Umfang und die Leistungen des öffentlichen Rettungsdienstes jährlich in Verhandlungen mit den Krankenkassen vereinbart werden. Darüber hinaus dürfen die Hilfsorganisationen nach den Regelungen des örV Notfallrettung auch im Rahmen von Großveranstaltungen und besonderen Einsatzlagen durchführen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie oft und aus jeweils welchem Grund wurde in der Kalenderwoche 15 des Jahres 2017 der vom Einsatzleitsystem der Feuerwehr Hamburg angezeigte Einsatz-Vorschlag des am dichtesten zum Einsatzort verfügbaren Rettungsmittels ersetzt? Bitte pro Tag unter Angabe des Einsatzortes , des vorgeschlagenen Rettungsmittels und des sodann eingesetzten Rettungsmittels angeben. 2. Wo befanden sich die zunächst vorgeschlagenen Rettungsmittel und wo befanden sich die sodann eingesetzten Rettungsmittel jeweils zum Zeitpunkt der Alarmierung? 3. Wie beurteilt die zuständige Behörde den Umstand, dass es durch den Austausch der Rettungsmittel durch den Disponenten der Rettungsleitstelle zu Verzögerungen kam? Grundsätzlich kommt es bei der Disposition in der Rettungsleitstelle der Feuerwehr nicht zu Verzögerungen bei der Alarmierung der erforderlichen Rettungsmittel; der Disponent nimmt den Vorschlag des Einsatzleitsystems an. Grundlage des Einsatzmittelvorschlages sind die zum Zeitpunkt der Einsatzbearbeitung dem Einsatzlenkungssystem als einsatzbereit gemeldeten Rettungsmittel. Aus diesen wird durch das Einsatzlenkungssystem ein Einsatzmittel rechnergestützt ermittelt und automatisch vorgeschlagen. Die Auswahl durch das Einsatzlenkungssystem erfolgt auf der Basis von vorgeplanten Einsatzrevieren und Ausrückefolgen. Nur im Ausnahmefall kann es erforderlich sein, vom Einsatzmittelvorschlag des Einsatzlenkungssystems abzuweichen . Eine automatisierte Auswertung, inwieweit Einsatzmittel-Vorschläge des Einsatzlenkungssystems durch Disponenten ersetzt werden, ist nicht möglich. Ob und, wenn ja, bei welchen Einsätzen dies in der Kalenderwoche 15 der Fall war, ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu ermitteln, da dies die manuelle Auswertung von circa 4.800 Einsätzen erfordern würde . 4. Haben die Hilfsorganisationen für den Großeinsatz im Zusammenhang mit dem Treffen des OSZE-Ministerrates im Dezember 2016 im Vorfeld rettungsdienstliche Unterstützung angeboten? Falls ja, inwiefern wurde davon Gebrauch gemacht? Die Hilfsorganisationen wurden durch die Feuerwehr Hamburg rechtzeitig und umfänglich in die Planungen für das OSZE-Ministerratstreffen eingebunden. Sie stellten die sanitätsdienstliche Absicherung der Messe und aller weiteren Veranstaltungsorte im Zusammenhang mit dem OSZE-Ministerratstreffen sicher und nahmen den gesamten rettungsdienstlichen Schutz der Amts- und Würdenträger wahr. Darüber hinaus war eine Vielzahl der Kräfte der Hilfsorganisationen entweder an den Standorten oder in den Bereitstellungsräumen in den Gesamteinsatz eingebunden. 5. § 8 Satz 1 des öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und den Hilfsorganisationen vom 13. Juli 1999 lau- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8801 3 tet: „Die Hilfsorganisationen verpflichten sich, bei der Durchführung von Großveranstaltungen der Freien und Hansestadt Hamburg ihre rettungsdienstlichen Einsatzkräfte und -mittel nach Absprache mit der zuständigen Behörde (einschließlich der Kostenregelung) zur Verfügung zu stellen .“ Inwiefern werden die Hilfsorganisationen bei der Planung für den G20-Gipfel berücksichtigt? Es ist vereinbart, die Hilfsorganisationen für den gleichen Aufgabenbereich wie zum OSZE-Ministerratstreffen einzubinden, gemäß § 6 Absatz 1 örV. Darüber hinaus wurden die Hilfsorganisationen mit Schreiben vom 11. April 2017 gebeten, mitzuteilen, welche Kräfte sie zusätzlich für den Regel-, Spitzen- und Sonderbedarf im Bereich des Rettungsdienstes während des G20-Gipfels zur Verfügung stellen können. Eine Antwort hierzu steht noch aus. 6. Ist es richtig, dass die Hilfsorganisationen der Feuerwehr die an den Rettungswachen vorgehaltenen Rettungswagen mittels eines zum 1. Februar 2016 in Kraft getretenen Dienstplans für die Disposition in der Notfallrettung des öffentlichen Rettungsdienstes zur Verfügung gestellt haben? a. Falls ja, hat die Feuerwehr Hamburg von diesem Angebot Gebrauch gemacht? Falls nein, weshalb nicht? Der zuständigen Behörde wurde ein Dienstplan für die Rettungswagen der Krankenbeförderung , die bei Bedarf für Notfalleinsätze durch die Rettungsleitstelle der Feuerwehr eingesetzt werden können, zur Verfügung gestellt. Während in der Vergangenheit die Fahrzeuge für Einsätze im Rahmen der im örV festgelegten Grenzen nur dann zur Verfügung standen, wenn diese nicht durch Aufgaben des Krankentransportes gebunden waren, wurden die Fahrzeuge nunmehr durch die Organisationen ausschließlich für Einsätze in der Notfallrettung vorgehalten. Die damit verbundene erhöhte Einsatzverfügbarkeit wird im Einsatzlenkungssystem automatisch berücksichtigt, sie führt an den Standorten, an denen Einsätze nach dem örV nur in unmittelbarer Nähe erfolgen, nicht zu einer Erweiterung des Einsatzgebietes. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. bis 3. b. Falls die Feuerwehr Hamburg von diesem Angebot keinen Gebrauch gemacht hat, wie beurteilt die zuständige Behörde dies? Entfällt. 7. Wie hat sich die Anzahl der monatlich insgesamt eingesetzten Rettungsmittel im öffentlichen Rettungsdienst seit Januar 2016 entwickelt und wie viele davon entfielen jeweils auf die Hilfsorganisationen? Die Anzahl der im Mittel für die Notfallrettung des öffentlichen Rettungsdienstes vorgehaltenen Ressourcen wird in regelmäßigen Verhandlungen mit den Krankenkassen vereinbart. Die nachstehende Tabelle gibt dagegen die Anzahl der im jeweiligen Monat eingesetzten Ressourcen (inklusive arztbesetzte Rettungsmittel) aller im öffentlichen Rettungsdienst beteiligten Organisationen für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis 31. März 2017 wieder, die im jeweiligen Monat mindestens einen Einsatz in der Notfallrettung durchgeführt haben. Ausschließlich im Krankentransport eingesetzte Rettungsmittel sind nicht berücksichtigt. Die Schwankungen in der Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge resultieren aus besonderen Einsatzlagen (OSZE, Jahreswechsel et cetera) und Großveranstaltungen, für die zusätzliche Rettungsmittel in Dienst genommen wurden. Einzelne Ressourcen, die innerhalb eines Monats nicht alarmiert wurden, fehlen entsprechend in diesem. Die Anzahl der eingesetzten Rettungsmittel lässt keine Rückschlüsse über die tatsächliche Einsatzhäufigkeit zu. Jahr Monat Feuerwehr Hamburg Hilfsorganisationen Gesamt 2016 01 112 38 150 Drucksache 21/8801 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Jahr Monat Feuerwehr Hamburg Hilfsorganisationen Gesamt 02 111 25 136 03 110 24 134 04 113 29 142 05 110 33 143 06 112 22 134 07 118 53 171 08 112 27 139 09 113 27 140 10 111 25 136 11 128 27 155 12 142 30 172 2017 01 118 56 174 02 117 25 142 03 112 29 141 8. § 14 Satz 1 des öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und den Hilfsorganisationen vom 13. Juli 1999 lautet : „Bei der behördlichen Planung der Sicherstellung einer flächendeckenden , bedarfs- und fachgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung wird der ASB, das DRK, die JUH und der MHD bei der Festlegung und Besetzung neuer Standorte für die Notfallrettung in die Planung mit einbezogen.“ a. Wie viele neue Standorte für die Notfallrettung wurden seit dem Jahre 2014 festgelegt? b. Wann, durch wen und auf welche Art und Weise erfolgte bei der Festlegung und Besetzung dieser neuen Standorte eine Einbeziehung der Hilfsorganisationen? Festgelegt wurde ein neuer Standort in Schnelsen. Dieser Standort ist als Interimsstandort angelegt, eine Einbindung der Hilfsorganisationen erfolgte daher nicht.