BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8854 21. Wahlperiode 02.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Philipp Heißner (CDU) vom 25.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Vorgesehene Maßnahmen zur Fachkräftenachwuchssicherung im sozialpädagogischen Bereich Um dem Fachkräftemangel im sozialpädagogischen Berufsfeld entgegenzuwirken , hat das Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) kürzlich einen Entwurf zur Fachkräftenachwuchssicherung in diesem Bereich vorgelegt . Dieser sieht unter anderem vor, Schüler mit erstem Schulabschluss (ESA) in die Berufsfachschule Sozialpädagogische Assistenz (SPA) zuzulassen und durch eine Verlängerung der Ausbildung um sechs Monate die Erreichung des erforderlichen mittleren Schulabschlusses (MSA) zu gewährleisten . Zudem sollen die Notenschwelle im Übergang von der Berufsfachschule SPA zur Erzieherausbildung abgeschafft werden und eine Erweiterung der Umschulungsmaßnahmen für Migranten aus dem sozialpädagogischen Bereich erfolgen. Nicht nur die beruflichen Schulen sehen diese Maßnahmen kritisch. Die angedachte Umstrukturierung und das damit verbundene Absenken des Bildungsniveaus der Bewerber führen zu absehbaren negativen Folgen für die sozialpädagogische Arbeit in den Kitas und den Anspruch an das Berufsbild sozialpädagogischer Fachkräfte insgesamt. Dabei ist es gerade bei der Arbeit mit Kindern von besonderer Bedeutung, ausreichend qualifiziertes Personal zu haben, das über die notwendigen Kompetenzen (besonders im sprachlichen Bereich) verfügt, da frühkindliche Bildung der Schlüssel zu mehr Bildungsqualität ist. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Sicherung des Fachkräftenachwuchses im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe ist eine wichtige Aufgabe, die in gemeinsamer Verantwortung der für die Kindertagesbetreuung zuständigen Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) und der für die Ausbildung des Fachkräftenachwuchses zuständigen Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) wahrgenommen wird. Seit 2011 wurden mehrere Schritte unternommen, um einerseits den steigenden Bedarf sozialpädagogischer Fachkräfte in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu decken und andererseits einen hohen Qualitätsstandard in der Ausbildung dieser Fachkräfte zu sichern. Neben einer inhaltlichen und strukturellen Weiterentwicklung der Ausbildung von Sozialpädagogischen Assistentinnen und Assistenten sowie Erzieherinnen und Erziehern ist es gelungen, die Zahl der Absolventen in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 500 Absolventinnen und Absolventen jährlich zu steigern. Um den zukünftig nochmals ansteigenden Fachkräftebedarf hinsichtlich der Umsetzung der Eckpunktevereinbarung in der Vertragskommission Kindertagesbetreuung (siehe Drs. 21/5976) zu sichern, haben die zuständigen Behörden Überlegungen unternommen , wie der Ausbau der Kitas und der damit verbundene Mehrbedarf an sozi- Drucksache 21/8854 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 alpädagogischen Fachkräften bewältigt werden können. BSB und BASFI haben in Kooperation mit den Trägern der Kindertageseinrichtungen, dem Landeselternausschuss und den Schulleitungen der sozialpädagogischen Schulen Überlegungen angestellt, mehr Menschen für das sozialpädagogische Berufsfeld zu gewinnen. Grundlage der bisherigen Überlegungen ist, dass die geltenden Ausbildungs- und Qualitätsstandards, die am Ende der Ausbildung erreicht werden müssen, nicht angetastet werden und somit keine Absenkung der Standards in der Ausbildung von sozialpädagogischen Fachkräften beabsichtigt ist. Die bisherigen Überlegungen zielen darauf ab, Interessierte für das Berufsfeld der Kinder- und Jugendhilfe gezielt zu gewinnen und die Durchlässigkeit im Berufsfeld zu erhöhen. Darüber hinaus sind die Planungen und Überlegungen noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt antwortet der Senat wie folgt: 1. Wie weit sind die Planungen des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde, die von dem HIBB vorgelegten Empfehlungen zur Fachkräftenachwuchssicherung umzusetzen? Wann soll dies geschehen? Siehe Vorbemerkung. 2. Wie soll im Rahmen dessen sichergestellt werden, dass Bewerber mit geringer ausgeprägten sprachlichen, sozialen und/oder kognitiven Kompetenzen , die eine Ausbildung in der Berufsfachschule SPA absolvieren wollen, „Bildungsbegleiter und Entwicklungsförderer“ für Kinder sein können, die in diesen Kompetenzbereichen unterstützt werden sollen? Durchgängiges Prinzip des Unterrichts an berufsbildenden Schulen ist bereits jetzt der am Lernenden und an seinen individuellen Lernvoraussetzungen ausgerichtete individualisierte Unterricht in Lernfeldern. Damit ist verbunden, Schülerinnen und Schüler anknüpfend an ihre jeweiligen Voraussetzungen zu fördern, zu fordern und durch professionelle Lernbegleitung, Lerncoaching, sprachsensiblen Unterricht sowie additive Sprachförderung zu begleiten. Ziel dabei ist es bereits jetzt, die bestehenden Ausbildungs - und Qualitätsstandards sicherzustellen. 3. Wie soll im Rahmen der Umstrukturierungspläne des HIBB der pädagogische Qualitätsstandard, der durch die „Hamburger Bildungsempfehlungen “ als Arbeitsgrundlage dargestellt wird, bei Schülern mit erstem Schulabschluss gewährleistet werden? Wie bei Migranten? Siehe Vorbemerkung. 4. Inwiefern ist bei dieser Reform überprüft worden, ob die europäische Vergleichbarkeit im Ausbildungsstandard gewährleistet ist? Die bisherigen behördeninternen Planungen und Überlegungen stellen die hohen Qualitätsstandards der bisherigen Ausbildung in sozialpädagogischen Berufen in Hamburg sicher. Die Standards der Vergleichbarkeit in Deutschland und Europa und die hohe Qualität der Ausbildung wie auch der Abschlussprüfung werden in vollem Umfang wie bisher erhalten. 5. Wie viele Ausbildungsplätze zum sozialpädagogischen Assistenten gab es jeweils in den letzten fünf Jahren in Hamburg? Wie viele davon konnten nicht besetzt werden? Bitte nach Jahren differenziert darstellen. In Hamburg erhält jede Bewerberin beziehungsweise jeder Bewerber einen Ausbildungsplatz in der SPA-Ausbildung, die beziehungsweise der sich fristgerecht bewirbt und die Voraussetzungen gemäß Ausbildungs- und Prüfungsordnung erfüllt. Die Anzahl der Ausbildungsplätze wird flexibel an den Bedarf angepasst. Somit gibt es keine Ablehnungen aus „Platzgründen“ und keine Leerstände. 6. Wie viele Bewerber gab es jeweils in den letzten fünf Jahren auf die zu vergebenden Ausbildungsplätze und wie viele wurden aus welchem Grund abgelehnt? Bitte nach Jahren differenziert darstellen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8854 3 Es wurden keine Bewerberinnen und Bewerber abgelehnt, siehe auch Antwort zu 5. Die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger an Berufsfachschulen (BFS) für Sozialpädagogische Assistenz hat sich wie folgt entwickelt: Anfänger (= Bewerber) in der BFS Sozialpädagogische Assistenz der letzten fünf Jahre : Bildungsgang 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 BFS für Sozialpädagogische Assistenz (SPA) staatlich 536 533 590 522 473 staatlich anerkannt 102 135 124 110 116 gesamt 638 668 714 632 589 Quelle: Schuljahrgangserhebungen ab 2006, Behörde für Schule und Berufsbildung 7. Wie viele derer, die ihre Ausbildung zum sozialpädagogischen Assistenten erfolgreich abgeschlossen haben, sind in den letzten fünf Jahren in die Ausbildung zum Erzieher übergegangen? Bitte in ganzen Zahlen und prozentual angeben. Wie viele Bewerber scheiterten in den letzten fünf Jahren an der Notenschwelle beim Übergang zur Erzieherausbildung? Es liegen nur Daten dazu vor, wie viele Anfängerinnen und Anfänger der Fachschule für Sozialpädagogik (Weiterbildung zur Erzieherin/zum Erzieher; staatlich) zuvor den Abschluss an einer Berufsfachschule für Sozialpädagogische Assistenz (staatlich) erworben haben. Für die staatlich anerkannten Fachschulen und Berufsfachschulen liegen hierzu keine statistischen Daten vor. Die folgende Tabelle kann daher erstens die Übergänge von einer SPA- zur Erzieherausbildung nur lückenhaft darstellen, zweitens lassen die statistischen Daten keine Rückschlüsse darauf zu, ob die jeweiligen Übergänge in die Erzieherausbildung im entsprechenden Jahr direkt erfolgt sind. Die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger an den staatlichen Fachschulen für Sozialpädagogik mit einem SPA-Abschluss einer staatlichen Berufsfachschule entsprach in den letzten fünf Jahren circa 50 bis 70 Prozent des Absolventenjahrgangs SPA (staatlich ) im entsprechenden Jahr: 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 Absolventen BFS**-SPA (staatlich) 430 363 374 395 436 Anfänger an FS* für Erzieher (staatlich) aus BFS** SPA (staatlich) 245 188 259 264 294 Anfänger FS* für Erzieher (staatlich) mit SPA- Abschluss in Korrelation zum Absolventenjahrgang SPA (staatlich) des Jahres 57% 52% 69% 67% 67% * FS: Fachschule, ** BFS: Berufsfachschule Für die Aufnahme in die Erzieherausbildung gibt es keine Notenschwelle. Daher ist kein SPA-Absolvent, der in eine Erzieherausbildung an einer Fachschule für Sozialpädagogik übergehen wollte, an einer Notenschwelle gescheitert. Die Ausbildungsund Prüfungsordnung (APO-FSH) eröffnet Absolventen der SPA-Ausbildung vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Erzieher-Ausbildung zu verkürzen .