BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8859 21. Wahlperiode 02.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Philipp Heißner (CDU) vom 25.04.17 und Antwort des Senats Betr.: Sachstand minderjährige (unbegleitete) Flüchtlinge Ende März 2017 lebten 821 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA), aber auch weitere 1.168 unbegleitet und minderjährig eingereiste Ausländer als Volljährige in Hilfen für junge Volljährige nach dem SGB VIII. Im Sommer vergangenen Jahres waren es immerhin noch knapp 1.400 UMA und 909 Flüchtlinge in Hilfen für junge Volljährige. Die Kosten allein für die Unterbringung , Versorgung und Betreuung der UMA und jungen Volljährigen betrugen im Jahr 2016 laut Drs. 21/8434 immerhin 117,1 Millionen Euro. Weitere 1,4 Millionen Euro wurden im Bereich der Vormundschaften aufgewendet. Angesichts des Umstandes, dass diese zahlenmäßig insgesamt relativ kleine Gruppe gut 10 Prozent der Flüchtlingsgesamtkosten in Anspruch nimmt, stellt sich die Frage, ob die jungen Menschen auch dementsprechend gut betreut werden und welche Perspektiven sie haben. Vor diesem Hintergrund fragen wird den Senat: 1. Dem monatlichen Flüchtlingsmonitoring der CDU-Fraktion ist zu entnehmen , welche Unterkünfte derzeit für die UMA betrieben werden. Doch welche Planungen hat der Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) bezüglich der bestehenden Standorte (Reduzierung Platzzahl, Schließung, Umwidmung) und wo sind neue Standorte mit jeweils wie vielen Plätzen im Jahr 2017 geplant? Die Inobhutnahme und Versorgung von UMA wird ausschließlich vom Landesbetrieb Erziehung und Beratung durchgeführt, ihm obliegt daher auch die Planung der für die Aufgabe notwendigen Kapazitäten. Durch den nachlassenden Zugang an UMA insgesamt und das bundesweite Verteilverfahren , das die Aufnahme in Hamburg begrenzt, stellt sich für die Zukunft kein erhöhter Bedarf dar. Daher sind im Jahr 2017 keine Neueröffnungen von Einrichtungen geplant. Der Senat hat 2016 in den Drs. 21/3227, 21/3646, 21/3915, 21/4734, 21/5124, 21/5453, 21/6222, 21/6544 und 21/7420 über die Eröffnung und Schließung von Versorgungseinrichtungen für UMA informiert. Darüber hinaus wird die BEF Billwerder Straße in Bergedorf plangemäß zum 30.06.2017 geschlossen. Zu weiteren Schließungen oder Teilschließungen sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. 2. Der Senat hatte mehrfach erwähnt, dass er einen Betreuungsschlüssel bei den UMA von 1:3 anstrebt. Wie ist derzeit der Betreuungsschlüssel? Der Betreuungsschlüssel wird in allen Betreuten Einrichtungen für Flüchtlinge (BEF) des LEB erreicht. Drucksache 21/8859 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Zusätzlich zu den UMA leben laut Drs. 21/8557 derzeit weitere 1.168 unbegleitet und minderjährig eingereiste Ausländer als Volljährige in Hilfen für junge Volljährige nach dem SGB VIII. Wie viele Personen leben derzeit insgesamt in Hilfen für junge Volljährige nach dem SGB VIII? Erfolgt deren Betreuung ausschließlich durch den Landesbetrieb Erziehung und Bildung (LEB)? Wie genau ist diese ausgestaltet und wie erfolgt an welchen Standorten die Unterbringung? Am 31.03.2017 erhielten insgesamt 2.341 junge Volljährige Volljährigenhilfe nach § 41 SGB VIII, hiervon sind 1.168 junge Volljährige minderjährig und unbegleitet eingereist. Die Betreuung erfolgt durch circa 160 in Hamburg tätige Träger der Jugendhilfe. Im Übrigen siehe Drs. 21/6260. 4. Wie viele UMA absolvieren derzeit a) Internationale Vorbereitungsklassen, b) Regelklassen, c) AvM-Dual, d) Ausbildung? 5. Wie viele der als minderjährig eingereisten Ausländer als Volljährige in Hilfen für junge Volljährige nach dem SGB VIII absolvieren derzeit a) Internationale Vorbereitungsklassen, b) Regelklassen, c) AvM-Dual, d) Integrationskurse, Mit Stand 20.04.2017 befinden sich derzeit insgesamt - 4.372 Neuzugewanderte in Basis- und Internationalen Vorbereitungsklassen, - 2.776 Migrantinnen und Migranten in den Bildungsgängen der Berufsvorbereitungsschule , davon 2.499 in AvM-Dual. - Zu Schülerinnen und Schülern, die von IVK in Regelklassen gewechselt sind, siehe Drs. 21/7163. Das Merkmal „Flüchtling“ wird von der für Bildung zuständigen Behörde statistisch nicht erfasst, sodass minderjährige unbegleitete Ausländer nicht separat ausgewiesen werden können. Es ist jedoch sichergestellt, dass alle in Hamburg lebenden UMA einen Schulplatz haben und neu eingereiste, in Hamburg verbleibende UMA umgehend einem Schulplatz erhalten. Die Fragestellung zu den Integrationskursen betrifft den Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das Bundesamt wurde mit E-Mail vom 26.04.2017 um entsprechende Informationen zur Beantwortung der Frage gebeten . Eine Antwort hat die zuständige Fachbehörde im Rahmen der für die Beantwortung dieser Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht erreicht. e) Ausbildungen, f) Arbeit? Wie viele sind arbeitslos gemeldet? Und wie viele besuchen jeweils welche anderen Maßnahmen? Vonseiten des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit erfolgt eine monatlich öffentlich zugängliche Auswertung Migrations-Monitor Arbeitsmarkt – Personen im Kontext von Fluchtmigration – Aktuell Stand März 2017. Weitere Auswertungen im Sinne der Fragestellung erfolgen nicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/5126. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8859 3 6. Welchen aufenthaltsrechtlichen Status haben die derzeit in Hamburg lebenden UMA und als unbegleitet minderjährig eingereisten jetzt Volljährigen in Hilfen für junge Volljährige derzeit jeweils? Die Personengruppen „UMA“ wie auch „unbegleitet minderjährig eingereiste jetzt Volljährige “ werden im ausländerbehördlichen Fachverfahren als solche nicht gesondert erfasst und sind somit nicht auswertbar. 7. Wie waren im Jahr 2016 jeweils das Ergebnis der Asylentscheidungen und die Schutzquote bei UMA beziehungsweise bei als UMA Eingereisten ? Bitte auch nach Herkunftsländern aufschlüsseln. Das gemäß § 5 Asylgesetz für die Durchführung der Asylverfahren zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat mitgeteilt, es sei grundsätzlich nicht verpflichtet und auf freiwilliger Grundlage aufgrund der anhaltenden Arbeitsbelastung aktuell nicht in der Lage, Parlamentarische Anfragen aus Hamburg zu beantworten. Der Hamburger Ausländerbehörde liegen hierzu keine Angaben vor, im Übrigen siehe Antwort zu 6. 8. Auf der Basis von Einzelfallprüfungen ist ein Familiennachzug für auch derzeit UMA möglich. Wie viele UMA haben seit 2016 ihre Familie nachgeholt ? Angaben hierzu liegen der Hamburger Ausländerbehörde nicht vor, siehe im Übrigen Antwort zu 6. 9. Wie viele UMA haben inzwischen einen vom Familiengericht bestellten Amtsvormund, wie viele einen Privatvormund (davon jeweils über den DKSB, Beschäftigung und Bildung e.V. und Diakonieverein Vormundschaften und Betreuungen e.V.) und wie viele werden noch kommissarisch von der Zentrale Amtsvormundschaften der BASFI betreut? 10. Wie lange beträgt derzeit die Wartezeit auf einen Vormund? Kann inzwischen jeder UMA zeitnah einen Amtsvormund erhalten? 502 UMA hatten am Stichtag 15.04.2017 einen Amtsvormund in der zuständigen Behörde. Wartezeiten und kommissarische Übernahmen einer Vormundschaft gibt es nicht mehr. Betreute Privatvormundschaften für UMAs am Stichtag 31.3.2017 gab es bei - Beschäftigung und Bildung e.V.: zwei - Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hamburg e.V.: 155 - Diakonisches Werk Hamburg – Landesverband der Inneren Mission e.V.: 20 11. Wie viele Mündel betreut derzeit ein Amtsvormund durchschnittlich in Hamburg? Bei wie viel zu betreuenden Mündeln liegt derzeit die Höchstzahl ? Im Durchschnitt betreute ein Amtsvormund (Vollzeitstelle) am 31.12.2016 in den Hamburger Bezirksämtern 24, am Stichtag 15.04.2017 betrug bei in der zuständigen Behörde der Durchschnitt 33 Mündel. Die Höchstzahl lag bei 41 Mündeln. 12. Welche Träger, die die Betreuung von Privatvormündern betreiben, unterstützt der Senat im Jahr 2017 in jeweils welcher Höhe finanziell? Die zuständige Behörde fördert drei Vereine mit Privatvormundschaften, für die sich für das Jahr 2017 folgende Fördersummen ergeben: - Beschäftigung und Bildung e.V.: 209.047,78 Euro - Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Hamburg e.V.: 153.347,11 Euro - Diakonisches Werk Hamburg – Landesverband der Inneren Mission e.V.: 60.000 Euro Gemäß der Drs. 21/7990 soll der Verein „Bleibe e.V.“ für die Jahre 2017 und 2018 insgesamt bis zu 65.000 EUR erhalten. Drucksache 21/8859 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 13. Welche Kosten entstehen der Freien und Hansestadt Hamburg durch einen Amtsvormund je Mündel? Welche bei einem Privatvormund? Ein Amtsvormund und ein Vormund eines Vormundschaftsvereins betreuen jeweils bis zu 50 Mündel. Die Beratung von Privatvormündern durch freie Träger erfolgt auf der Grundlage 1 Berater zu 50 ehrenamtlichen Privatvormundschaften. Insofern unterscheiden sich die Kosten pro Vormundschaft nur unwesentlich. 14. Wie viele minderjährige unbegleitete Flüchtlinge leben derzeit in Pflegefamilien in Hamburg? Am 31.03.2017 lebten zwölf UMA in Pflegefamilien. 15. Laut Drs. 21/8549 wurde im Jahr 2016 in 58 Fällen eine medizinische Alterseinschätzung durchgeführt, wovon 32 Personen die Volljährigkeit bescheinigt wurde. Wie viele Verfahren zur medizinischen Alterseinschätzung wurden im 1. Quartal 2017 mit welchen Ergebnissen durchgeführt ? Im 1. Quartal 2017 wurden neun Verfahren zur medizinischen Alterseinschätzung vorgenommen. Davon wurde in sieben Fällen ein Alter unter 18 Jahren festgestellt. 16. Im Jahr 2015 wurde für diese Untersuchungen insgesamt 581.454 Euro aufgewendet, im Jahr 2016 immerhin noch 47.090 Euro. Wie teuer ist eine medizinische Alterseinschätzung pro Person? Die Kosten eines altersmedizinischen Gutachtens betragen 755,65 Euro. In wenigen Ausnahmefällen, in denen gegebenenfalls abweichende Methoden angewandt werden müssen, kann es zu Mehrkosten kommen. 17. Bei wie vielen UMA gab es im Jahr 2016 Auffälligkeiten bezüglich salafistischer Tendenzen? Wie äußerten sich diese und welche Maßnahmen wurden ergriffen? Dem Landesamt für Verfassungsschutz liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Im Übrigen siehe Drs. 21/8162. 18. Wie hat sich die Anzahl der UMA, die als Intensivtäter ausgeschrieben sind, seit Anfang des Jahres 2016 bis jetzt entwickelt? Bitte monatsweise darstellen. Zum Stand 31.03.2017 sind 22 minderjährige Intensivtäter bekannt. Eine monatliche Verlaufsstatistik wird nicht geführt. a) Wie viele der UMA, die als Intensivtäter ausgeschrieben sind, wurden seit Beginn des Jahres 2016 ausgewiesen? Unter den seit dem 1. Januar 2016 abgeschobenen Intensivtätern waren zwei UMA. b) Wie viele Anträge für UMA, die als Intensivtäter ausgeschrieben sind, wurden seit Beginn des Jahres 2016 beim Familiengericht auf eine Genehmigung zur geschlossenen Unterbringung gemäß § 34 SGB VIII i.V.m. § 1631b BGB gestellt? c) Wie vielen dieser Anträge hat das Familiengericht stattgegeben? d) Wie viele der UMA, die als Intensivtäter ausgeschrieben sind, sind in welchen Einrichtungen geschlossen untergebracht? Im genannten Zeitraum wurde weder ein Antrag nach § 1631b BGB gestellt noch genehmigt. Insofern befindet sich kein UMA in einer geschlossenen Jugendhilfeeinrichtung . e) Wie viele UMA befinden sich seit Januar 2016 in der Zuständigkeit des Familieninterventionsteams (FIT)? Bitte monatsweise darstellen . Mit Stichtag 26.04.2017 befinden sich zehn UMA in der Zuständigkeit des FIT. Für drei ehemals unbegleitete minderjährige Ausländer, die inzwischen volljährig geworden sind, hat FIT die Zuständigkeit nach Eintritt der Volljährigkeit beibehalten. Eine Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8859 5 monatsweise Darstellung der FIT-Zuständigkeit wird statistisch nicht erfasst, sodass eine Chronologie nicht abbildbar ist. Eine händische Auswertung von rund 300 Vorgängen ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 19. Erhält Hamburg einen finanziellen Ausgleich von den anderen Bundesländern oder dem Bund dafür, dass die Stadt im Bundesdurchschnitt die vereinbarte Quote mit 127,6 Prozent übererfüllt? Wenn ja, in welcher Höhe durch wen? Wenn nein, warum nicht? Besteht zudem das Ziel, die Übererfüllung der Quote weiter abzubauen? Wenn ja, bis wann soll das erfolgen? Mit Einführung der gesetzlichen Verteilungsregelung im SGB VIII wurde zwischen den Ländern ein pauschaler Belastungsausgleich vereinbart. Für seine Überbelastung erhält Hamburg einen pauschalen Belastungsausgleich von 43 Millionen Euro. Ein Rückgang der Quote ist durch eine weitere Umverteilung und die zurückgegangenen Neuankunftszahlen zu erwarten.