BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8923 21. Wahlperiode 09.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 02.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Ist Hamburg ausreichend gewappnet, falls die nächste Katastrophe auf uns zurollt? In Hamburg haben sich fünf Katastrophen ins kollektive Gedächtnis eingeprägt : Die Vertreibung von über 30.000 Unterverproviantierten, als die französische Stadt „Hambourg“ russisch belagert wurde (1813/1814); der Große Brand (1842); die Cholera von 1892; die „Gomorrha“-Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg (1943); die 1962er Sturmflut. Auch eine unzureichende Vorbereitung der Behörden hat jeweils dazu beigetragen, dass jene Katastrophen entstehen konnten oder sie in ihrem Ablauf nicht stärker abgemildert wurden. In einem Jahr mehrfachen Gedenkens – 55 Jahre nach der 1962er Sturmflut, 125 Jahre nach der Cholera-Epidemie, 175 Jahre nach dem Großen Brand – frage ich den Senat: Katastrophenschutz als Aufgabe in der Zuständigkeit der Länder bezweckt den Schutz der Allgemeinheit und der Umwelt vor Gefährdungen und Schädigungen durch Katastrophen und umfasst sowohl Maßnahmen zur Vorbereitung der Bekämpfung von Katastrophen (vorbeugender Katastrophenschutz) als auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Katastrophen (abwehrender Katastrophenschutz). Er soll die Selbsthilfe der Bevölkerung durch im öffentlichen Interesse gebotene behördliche Maßnahmen ergänzen und hierdurch den Einzelnen im Rahmen organisatorischer und technischer Möglichkeiten vor der Entstehung oder Vergrößerung eines Schadens schützen. Katastrophen sind Störungen oder Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, zu deren Bekämpfung die Verstärkung der für den täglichen Einsatz bestimmten Kräfte und Mittel sowie die einheitliche Lenkung der Abwehrmaßnahmen mehrerer Behörden erforderlich sind. Alle Planungen zur Abwehr beziehungsweise Bewältigung von Katastrophen leiten sich ab aus den grundsätzlichen Vorgaben des Hamburgischen Katastrophenschutzgesetzes , der Katastrophenschutzordnung und den darauf basierenden vielfältigen Einsatz- und Handlungskonzepten. Die entsprechenden Maßnahmen werden jeweils lageorientiert unter Berücksichtigung von Art, Ausmaß und Folgen des schädigenden Ereignisses entschieden und sind darauf ausgerichtet, insbesondere Gefahren für Leib und Leben der Menschen sowie Schäden für die Umwelt abzuwehren beziehungsweise deren Folgen zu mindern. Demgegenüber umfasst Zivilschutz als Aufgabe des Bundes (Artikel 73 Absatz 1 Nummer 1 Grundgesetz) alle nicht militärischen Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, die Bevölkerung, ihre Wohnungen und Arbeitsstätten, lebens- oder verteidigungswichtige zivile Dienststellen, Betriebe, Einrichtungen und Anlagen sowie das Kulturgut vor Kriegseinwirkungen zu schützen und deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern. Behördliche Maßnahmen ergänzen die Selbsthilfe der Bevölkerung. Drucksache 21/8923 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Bei seinen Zivilschutzmaßnahmen baut der Bund dabei unter anderem auf den Strukturen und Ressourcen des Katastrophenschutzes der Länder auf, die er mit Ausstattung und Ausbildung für Zivilschutzzwecke ergänzt. Vorbereitete Katastrophenschutzplanungen können einzelfallbezogen auch für Aufgaben im Zivilschutz genutzt werden . Im Rahmen des vorbeugenden Katastrophenschutzes wurden für Hamburg konzeptionelle und organisatorische Vorkehrungen für die Katastrophenabwehr und -bekämpfung für nachfolgend genannte potenzielle Gefahren und Schadensereignisse getroffen : Sturmflut und Hochwassergefahr Gefahr durch Öl oder andere wassergefährdende Stoffe Störfälle in Betrieben mit besonderem Gefahrenpotenzial Flugunfall Bahnunfall Freisetzung von giftigen Gasen Pandemie Notfall im Zusammenhang mit kerntechnischen Anlagen Diese konzeptionellen Planungen umfassen zum Beispiel weitreichende Festlegungen und Vorgaben zu den Aufgaben und Verantwortlichkeiten der beteiligten Katastrophenschutzbehörden , Ämter und Institutionen, weiterhin regeln sie die Verpflichtung zur Einrichtung entsprechender Katastrophendienststäbe, die Grundlagen der Zusammenarbeit der Beteiligten, die Einsatz-, Führungs- sowie Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen, Fragen der Krisenkommunikation/Öffentlichkeitsarbeit sowie Fragen der strategischen und taktischen Ausrichtung der vielfältigen Abwehr- und Bekämpfungsmaßnahmen einschließlich erforderlicher Kräfteplanungen und sonstiger Ressourcenvorhaltungen. Insgesamt dienen die Planungen dazu, die Handlungsfähigkeit der Akteure im konkreten Ereignisfall durch Vorwegnahme und Etablierung von Strategie- und Planentscheidungen wirksam zu gewährleisten und entsprechende Ressourcenvorsorge bereits vor Eintritt der Katastrophe zu betreiben. Im Übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass es darüber hinaus weitere Großschadensereignisse geben kann, die von Art, Anlass, Örtlichkeit und Umfang sowie ihren Folgen für Mensch und Umwelt nicht vorhersehbar sind. Insoweit können nicht für alle nur denkbaren Einsatzanlässe beziehungsweise Fallkonstellationen spezifische Abwehrplanungen aufgestellt werden; vielmehr greifen hier im Besonderen die Maßnahmen der Gefahrenabwehr durch die Sicherheitsbehörden im engen Zusammenwirken mit den zuständigen Fachbehörden und Ämtern mit Gefahrenabwehrauftrag („Grundversorgung“). Die oben angeführten Rahmenplanungen sind von den beteiligten Behörden, Ämtern und Institutionen sowie sonstigen Beteiligten jeweils mit eigenen weitergehenden Planungen auszufüllen (zum Beispiel Einsatzkonzepte, Einsatzrollen und Alarmkalender) und bei Erfordernis kontinuierlich zu aktualisieren. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie bereiten sich der Senat beziehungsweise die jeweils zuständige Behörde auf die folgenden Ereignisse vor: a) Abschnitt von der Nahrungsversorgung im Krisen- und Konfliktfall, Soweit zur Bewältigung einer Großschadenslage/einer Katastrophe eine Versorgung der Bevölkerung beziehungsweise von Teilen der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Getränken erforderlich ist, werden hierzu notwendige Maßnahmen durch die zuständigen Katastrophenschutzbehörden veranlasst. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8923 3 Im Falle einer bundesweiten Versorgungskrise greifen die Instrumente des Ernährungssicherstellungs - und Vorsorgegesetzes vom 4. April 2017 (BGBl. I, S. 772), die bis zu einer staatlichen Bewirtschaftung des gesamten Nahrungsmittelsektors reichen. Siehe im Übrigen Drs. 21/6846. b) Großbrand, Maßnahmen des vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzes führt die Feuerwehr Hamburg mit ihren Einsatzkräften und verfügbaren Einsatzmitteln des täglichen Dienstes im Rahmen ihres Auftrages zur Gefahrenabwehr durch. Soweit zur Bewältigung von Großbränden oder anderen Unglücksfällen herausragender Dimension ein die hiesigen Möglichkeiten übersteigender Ressourcenbedarf bestehen sollte, können im Rahmen der überörtlichen Amtshilfe weitere Einsatzkräfte zur Unterstützung angefordert werden. c) Epidemien und Pandemien, Hamburg hält zur Vorbereitung auf epidemische oder pandemische Ereignisse insbesondere folgende Regelungen und Strukturen vor: Der Landesinfluenzapandemieplan für Hamburg beschreibt in Anlehnung an den Nationalen Pandemieplan für Hamburg die gesetzlichen Grundlagen, Strukturen und Aufgaben beziehungsweise Verantwortlichkeiten der relevanten Akteure, um einem pandemischen Szenario entgegentreten zu können. In den hamburgischen Planungen zum Schutz der Bevölkerung bei ungewöhnlichen Infektionslagen sind zur Bewältigung schwerwiegender Gesundheitsgefahren für die Allgemeinheit umfassende Maßnahmen vorgesehen, deren Durchführung mittels einer behördenübergreifenden Koordination und des abgestimmten Zusammenwirkens aller Beteiligten unter Beachtung der nationalen Gesundheitslage erfolgt. Mit dem „Fachstab Seuchenschutz“ verfügt die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz außerdem über ein Gremium, welches die Aufgaben eines „Kompetenzzentrums “ für hoch ansteckende Erkrankungen nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts wahrnimmt. Mit dem Behandlungszentrum für lebensbedrohende hochkontagiöse Infektionskrankheiten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf steht auch eine nach dem Infektionsschutzgesetz geforderte Einrichtung zur Verfügung, auf die zugegriffen werden kann, falls Patientinnen oder Patienten, die wegen einer durch Erreger, beispielsweise der Schutzstufe 4, hervorgerufenen schweren Infektion medizinisch versorgt werden müssen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. d) Sturmflut? Zur Abwehr von Sturmflutgefahren gibt es ein zwischen allen beteiligten Behörden, Ämtern und Institutionen abgestimmtes Einsatzkonzept, dessen Maßnahmen sich gestuft aufwachsend an den jeweils prognostizierten Wasserstandshöhen ausrichten. Notwendige Maßnahmen betreffen zum Beispiel die Sperrung und Räumung von überflutungsgefährdeten Gebieten im Hafen, umfangreiche Verkehrskonzepte, Maßnahmen zur Schließung und Verteidigung der Hochwasserschutzanlagen bis hin zu gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen der Evakuierung und vorübergehenden Unterbringung von Teilen der Bevölkerung in hochwassersicheren Gebieten. Im Sinne einer wirksamen Gefahrenvorsorge werden zur Abwehr von Sturmfluten regelmäßig der Bemessungswasserstand für öffentliche Hochwasserschutzanlagen überprüft, Hochwasserschutzanlagen der Stadt an die Erfordernisse angepasst, die Anlagen regelmäßig unterhalten, die Deichverteidigungsorganisation geschult und durch Übungen einsatzbereit gehalten sowie der Deichverteidigungsplan regelmäßig aktualisiert. Die Hamburg Port Authority AöR (HPA) hält den Sturmflutwarndienst Hamburg (WADI) und den Hafenstab (HASTA) als regionalen Katastrophendienststab für den Hafen vor. Drucksache 21/8923 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Die Öffentlichkeit und insbesondere die Bürgerinnen und Bürger, die in den sturmflutgefährdeten Gebieten der Stadt wohnen, werden regelmäßig über die Sturmflutgefahren sowie adäquate Verhaltensweisen für den Eintrittsfall informiert. Im Übrigen siehe www.hamburg.de/katastrophenschutz/ 2. Welche Konzepte haben der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden zur Katastrophenvorsorge entwickelt, die die folgenden weiteren Szenarien betreffen: a) Extremwetter-Ereignisse wie Hitze, Schnee, Regen, Sturm et cetera , Es greifen die allgemeinen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr der Sicherheits- und Fachbehörden. Insbesondere die Feuerwehr Hamburg geht erfahrungsgemäß bei Extremwetterlagen von einem zum Teil stark erhöhten Einsatzaufkommen aus und hat diesbezüglich einen lageorientiert erhöhten Personal- und Technikeinsatz unter Einbeziehung von Kräften weiterer Organisationen (zum Beispiel Technisches Hilfswerk, Hilfsorganisationen) in ihren Einsatzleitsystemen planerisch hinterlegt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. d). b) Industrieunfälle einschließlich Atom- und Giftgas-(„Seveso“-)Unfälle, Zu den Bewältigungsstrategien im Falle eines Unfalls mit der Freisetzung radioaktiver Substanzen beziehungsweise im Zusammenhang mit kerntechnischen Anlagen siehe Drs. 21/8102. Die Bewältigungsstrategien und Einsatzmaßnahmen im Zusammenhang mit der Freisetzung giftiger/gefährlicher Stoffe aus Betrieben mit besonderem Gefahrenpotenzial („Seveso“-Betriebe) richten sich nach den jeweiligen betrieblichen Sicherheits- und Gefahrenabwehrplanungen sowie den entsprechenden behördenübergreifend abgestimmten externen Notfallplanungen zur Schadenseindämmung und Gefahrenabwehr (siehe § 13a HmbKatSG). Im Übrigen siehe Vorbemerkung. c) Ausfall kritischer Infrastrukturen wie die Versorgung mit Gas und Strom, d) Ausfall der Telekommunikation, insbesondere des Internets, Die für die Strom- und Gasversorgung zuständigen Unternehmen sind für einen sicheren Netzbetrieb verantwortlich, insbesondere für die Aufrechterhaltung und die Wiederherstellung der Netzstabilität. Zu diesem Zwecke haben die Verteilnetzbetreiber Vereinbarungen mit dem Übertragungsnetzbetreiber beziehungsweise dem Fernleitungsnetzbetreiber für den Störungsfall und zur Krisenvorsorge geschlossen. Eine Überwachung obliegt der Bundesnetzagentur. Für das Strom- und Gasnetz in Hamburg besitzen die Stromnetz Hamburg GmbH und die Hamburg Netz GmbH eine fortlaufend aktuell gehaltene Krisenabwehrorganisation sowie eine Gefahrenabwehr- und Vorsorgeplanung für Notfälle und Krisensituationen. Im Übrigen greift in einer Versorgungskrise das Energiesicherungsgesetz des Bundes. Für den Ausfall der nach Artikel 87f Grundgesetz von privatwirtschaftlichen Unternehmen erbrachten Telekommunikationsdienstleistungen (einschließlich des Internets ) stellen das Bundesministerium des Innern (zum Beispiel mit dem Umsetzungsplan KRITIS des Nationalen Plans zum Schutz der Informationsinfrastrukturen) oder das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (zum Beispiel im Rahmen einer länderübergreifenden Krisenmanagementübung zum Thema „Bedrohung der Sicherheit der Informationstechnik durch massive Cyber-Attacken) Konzepte zur Verfügung. Anbieter von kritischen Telekommunikationsinfrastrukturen erstellen außerdem eigene Konzepte, die Maßnahmen wie mobile Netzersatzanlagen auf Lastkraftwagen , Desaster Recovery Teams, Batteriepuffer oder doppelt ausgeführte Hauptknotenpunkte enthalten und eine schnelle Reaktion im Katastrophenfall ermöglichen . Eine Vielzahl wichtiger Infrastruktureinrichtungen ist hinsichtlich ihrer Betriebs- und Funktionsfähigkeit durch vorhandene Redundanzen sowie unabhängige Stromversor- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8923 5 gung gesichert. Dies gilt zum Beispiel für alle wichtigen wasserwirtschaftlichen Infrastrukturanlagen im Hochwasserschutz sowie zur Binnenentwässerung (zum Beispiel Sperrwerke, Schleusen, Deichsiele, Schöpfwerke), weitere Einrichtungen der HPA (zum Beispiel Sturmflutwarndienst WADI, Hafenstab, Nautische Zentrale, Betriebsleitung Hafenbahn), wesentliche Straßenverkehrsinfrastrukturen, aber auch für die Kommunikations- und Arbeitsfähigkeit der Sicherheitsbehörden und Katstrophendienststäbe . Im Übrigen siehe Vorbemerkung. e) größte Verkehrsunglücke, insbesondere aufgrund von Eisenbahn-, Flug- und Schiffsverkehr in Tunneln und auf Brücken, Zu den konzeptionellen Einsatzplanungen bei Großschadenslagen/Katastrophen im Zusammenhang mit Bahnunfällen siehe Vorbemerkung. Zu den konzeptionellen Einsatzplanungen bei Großschadenslagen/Katastrophen im Zusammenhang mit Unfällen im Flugverkehr siehe Vorbemerkung. Hinsichtlich der Bewältigung komplexer Schadenslagen im Schiffsverkehr richten sich die Einsatzmaßnahmen unter anderem nach den Regularien der „Havariekommando- Vereinbarung“ (Bund-Länder-Vereinbarung über die Errichtung des Havariekommandos vom 14. Mai 2002, siehe „Bundesanzeiger“ 2003, S. 1170 fortfolgende). Darüber hinaus siehe Vorbemerkung. f) Unglücke und Paniken bei Großveranstaltungen? Maßnahmen zur Gefahrenvorsorge/Gefahrenvermeidung bei Großveranstaltungen im öffentlichen Raum sind Gegenstand des behördlichen Antrags- und Genehmigungsverfahrens . In diesem Rahmen stimmen die Veranstalter eigene Sicherheitskonzepte, an deren Erstellung unter anderem die Polizei und die Feuerwehr mitwirken, mit der jeweils örtlich/fachlich zuständigen Genehmigungsbehörde, den weiteren beteiligten Behörden und Ämtern sowie sonstigen Trägern öffentlicher Belange ab. Im Übrigen greifen im Ereignisfall die allgemeinen Maßnahmen der Gefahrenabwehr durch die zuständigen Fachbehörden und Bezirke. Die Alarm- und Einsatzpläne der Hamburger Plankrankenhäuser beinhalten Handlungsanweisungen und Bewältigungsstrategien für eine Vielzahl interner und externer Schadensereignisse, zu denen die oben angeführten Szenarien gehören. 3. Welche Möglichkeiten der Prognose beziehungsweise Früherkennung nutzen Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden für die genannten Großrisiken? Es gibt eine Vielzahl von grundlegenden Instrumenten zur Analyse und Prognose von Gefahren beziehungsweise zur Früherkennung von möglichen Großrisiken, die bei den entsprechenden Abwehrplanungen berücksichtigt werden. Dazu zählen neben wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu einer Vielzahl von Katastrophenschutzthemen zum Beispiel Risikoanalysen zur Sturmflutgefahr ebenso wie Simulationen im Bereich von Hochwasserlagen oder auch zu Gefahren des Binnenhochwassers mit Ausweisung von Überschwemmungsgebieten. Für die konkrete Beobachtung sich entwickelnder Gefahren- und Risikolagen steht darüber hinaus eine Vielzahl von zum Teil allgemein zugänglichen Melde- und Prognosesystemen zur Verfügung. In diesem Zusammenhang sind zum Beispiel zu benennen die Wasserstandsprognosen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), Wasserstandsvorhersagen des Hamburger Sturmflutwarndienstes (WADI), Wetterprognosen vom Deutschen Wetterdienst (DWD), Informationssysteme der Deutschen Flugsicherung, Systeme zum Beispiel zur kontinuierlichen Messung und Lagedarstellung von Umweltradioaktivität, Drucksache 21/8923 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Melde- und Informationssysteme des Robert Koch-Instituts und des infektionsepidemiologische Landeszentrum des Instituts für Hygiene und Umwelt Hamburg zur Früherkennung beziehungsweise Prognose einer Epidemie oder Pandemie, Warn- und Informationssystem der Internationalen Hauptwarnzentrale (IHWZ) im Einzugsbereich der Elbe zu auftretenden Gewässerverunreinigungen, Prognoseprogramm „CT Analyst“ der Feuerwehr Hamburg zur Erstellung von Ausbreitungsprognosen bei Szenarien mit Freisetzung von Gefahrstoffen/giftigen Gasen. Eine vollständige Auflistung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Soweit diese Melde- und Informationssysteme für die Aufgaben der behördlichen Gefahren- und Katastrophenabwehr wichtige Beiträge zur Gefahrenprognose und für die Erstellung eines Lagebildes leisten können, erfolgt deren strukturierte Einbeziehung in die entsprechenden Abwehrplanungen. Im Übrigen führen die Polizei Hamburg und die Feuerwehr Hamburg auch auf Grundlage weiterer allgemein zugänglicher Informationen regelmäßig aktualisierte Lagebeurteilungen im Sinne der Fragestellung durch. 4. Im Hinblick auf welche der genannten Großrisiken sind in Hamburg in den letzten fünf Jahren wann Katastrophenübungen abgehalten worden? An welchen überregional organisierten Katastrophenübungen hat Hamburg sich gegebenenfalls beteiligt? Es gibt keine behörden- oder ämterübergreifenden Aufzeichnungen beziehungsweise Statistiken im Sinne der Fragestellung. Im Rahmen der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit wurden – ohne Anspruch auf Vollzähligkeit – die in der Anlage aufgelisteten Übungen ermittelt. Insgesamt ist dabei zur berücksichtigen, dass an den jeweiligen Übungen regelmäßig eine Vielzahl von beteiligten Behörden, Ämtern, Institutionen und weiteren Beteiligten mitgewirkt hat. Darüber hinaus führen die Katastrophenschutzbehörden und Ämter jährlich eine Vielzahl weiterer kleinerer interner Übungen durch, für die es keine gesamtheitliche statistische Erfassung gibt und die deswegen hier nicht aufgeführt werden. 5. Wie häufig werden die Katastrophenabwehrpläne überarbeitet und auf den aktuellen Stand der wissenschaftlichen und technischen Forschung gebracht? Eine Aktualisierung der zahlreichen Notfallplanungen und Einsatzkonzeptionen sowie Alarmrollen im Katastrophenschutz ist ständige Aufgabe aller in die Katastrophenabwehr eingebundenen Behörden, Ämter und Institutionen und erfolgt, wenn zum Beispiel veränderte Aufgabenstrukturen, Abläufe und Organisationen der Zusammenarbeit oder aber neue Erkenntnisse aus wissenschaftlicher und/oder technischer Forschung beziehungsweise auch Erfahrungszuwachs aus zurückliegenden Einsätzen hierzu ein entsprechendes Erfordernis der Überarbeitung geben. 6. Inwieweit halten Senat oder zuständige Behörden es für erforderlich, dass die Hamburger Bürger sich durch Schaffung von Vorräten auf Unglücksfälle einrichten, wie im August 2016 vonseiten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfohlen? Zu den möglichen Maßnahmen einer wirksamen Notfallvorsorge für Ereignisse im Zivil- und Katastrophenschutz siehe Drs. 21/6846. Informationen zur privaten Vorsorge einschließlich eines Vorratskalkulators hält weiterhin das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf der Internetseite www.ernaehrungsvorsorge.de bereit. Im Übrigen hat sich der Senat mit dieser Frage nicht befasst. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8923 7 7. Welche Schutzräume, zum Beispiel Bunker oder Ähnliches, für wie viele Menschen stehen in Hamburg zur Verfügung und für welchen Zeitraum sind diese ausgelegt? Welche Pläne und Einrichtungen bestehen, um bei notwendigen Evakuierungen jenseits der Landesgrenzen, aber innerhalb der Metropolregion Menschen aufzunehmen, zu betreuen und zu versorgen? Infolge der geänderten Sicherheitslage nach Ende des Kalten Krieges entsprachen die Schutzbauten beziehungsweise Bunker als Maßnahme des Zivilschutzes nicht mehr den aktuellen, zeitlich unmittelbaren Bedrohungsszenarien (asymmetrische Bedrohung, Naturkatastrophen, internationaler Terrorismus) und sind heute insbesondere aufgrund ihrer langen Vorlaufzeiten nicht mehr für den Schutz der Bevölkerung geeignet. Aus diesem Grunde hat der Bund im Einvernehmen mit den Ländern im Jahr 2007 beschlossen, das bisherige Schutzraumkonzept aufzugeben, die Schutzbauten aus der Zivilschutzbindung zu entlassen und zur uneingeschränkten Verwendung und Verwertung durch die Eigentümer freizugeben. Für weitere Informationen zum baulichen Bevölkerungsschutz siehe www.bbk.bund.de. Für Fälle der temporären Unterbringung der Bevölkerung aus Anlass von Großschadenslagen , in denen Evakuierungen erforderlich werden, hält Hamburg planerisch zurzeit 53 Notunterkünfte mit einer rechnerischen Platzkapazität von circa 28.000 Personen bereit. Bei den Notunterkünften handelt es sich in aller Regel um Schulen, Turnhallen, Bürgerhallen oder Mehrzweckhallen, in denen bei Bedarf die Bevölkerung unter der Verantwortung der zuständigen Katastrophenschutzbehörden und mit Unterstützung der Hilfsorganisationen betreut und versorgt würde. Hierzu ist auch das Vorhalten von Nahrungsmitteln, Getränken und Hygieneartikeln et cetera vorgesehen. Darüber hinaus kann Hamburg über entsprechende Fachstäbe weitere Unterbringungskapazitäten erschließen. Hiesige Notunterkünfte können erforderlichenfalls auch zur Bewältigung von Großschadenslagen , die sich außerhalb des Hamburgischen Staatsgebietes ereignet haben, zur Unterstützung der dortigen Katastrophenabwehr eingesetzt werden. 8. Unter welchen Voraussetzungen wird die Evakuierung einzelner Stadtteile ganz oder teilweise erforderlich? Wie läuft eine Evakuierung ab? Wie viele Stadtteile können gleichzeitig evakuiert werden? Evakuierungsmaßnahmen können aus Anlass unterschiedlichster Ereignisse und Gefahrenlagen erforderlich werden, zum Beispiel in Fällen einer Sturmflut für Bewohner in tiefliegenden oder besonders gefährdeten Gebieten, bei weiträumiger Freisetzung größerer Mengen giftiger Gase, bei Großbränden oder beim Fund von Bombenblindgängern . Evakuierungen von Menschen und deren vorübergehende Unterbringung in geeigneten Einrichtungen (zum Beispiel Notunterkünften) werden nicht schematisch und orientiert an Stadtteilgrenzen, sondern im jeweiligen Einzelfall lageorientiert unter besonderer Würdigung der besonderen Gefährdungslage für die Bevölkerung entschieden . Die Planung und Durchführung von Evakuierungen liegt – auch was die zu entscheidende räumliche Ausdehnung der Evakuierungsgebiete betrifft – in der Verantwortung der zuständigen Katastrophenschutzbehörde (in der Regel örtlich zuständiges Bezirksamt), die regelmäßig in der Durchführung der bevölkerungsbezogenen Maßnahmen von Einsatzkräften der Polizei, der Feuerwehr sowie den in den Rettungsdienst eingebundenen Hilfsorganisationen und gegebenenfalls weiteren Beteiligten (zum Beispiel Unternehmen des ÖPNV für die Bereitstellung von geeigneten Transportmitteln) unterstützt wird. Flankierend erfolgen umfangreiche Maßnahmen der Warnung und Information der Betroffenen und der Öffentlichkeit. Im Übrigen siehe Antwort zu 7. 1 MANV = Massenanfall von Verletzten. Für die Krankenhäuser stellt sich die Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten (MANV) gleich dar, unabhängig davon, ob dieses Ereignis z.B. durch ein Verkehrsunglück oder durch Unglücke und Paniken bei Großveranstaltungen verursacht wurde. 2 Integriertes Mess- und Informationssystem, ein Umweltinformationssystem zur Überwachung der Radioaktivität in Deutschland 3 Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben Exercise Datum Risiko Inhalte und Übungsart regional / überregional 20.03.2012 Alle MANV 1 Vollübung Regionale Übung 23.08.2012 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 03.11.2012 Flugunfall Flugunfallübung am Flughafen Hamburg Vollübung Regionale Übung 16.11.2012 Sturmflut Deichverteidigungsübung Vollübung Regionale Übung 27.11.2012 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 30.11.2012 Atomare Unfälle IMIS-Übung2 Stabsrahmenübung Überregionale Übung 28.02.2013 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 04. und 05.06.2013 Schiffsunfall MARITIME SICHERHEIT Vollübung Überregionale Übung 10.07.2013 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 14.09.2013 Flugunfall BOSEX 20133 Vollübung Regionale Übung 17. und 18.09.2013 Atomare Unfälle Bund-Länder-Übung Strahlenschutzvorsorge Überregionale Übung 29.10.2013 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 01.11.2013 Sturmflut Deichverteidigungsübung Vollübung Regionale Übung 27.03.2014 Alle MANV Regionale Übung Drucksache 21/8923 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 Anlage Vollübung 14.05. bis 15.05.2014 Epidemien / Pandemien Tierseuchenabwehr Stabsrahmenübung mit Vollübungsanteilen Regionale Übung 24.05.2014 Flugunfall Flugunfallübung am Flughafen Hamburg Vollübung Regionale Übung 20.09.2014 Sturmflut Übung des Hafenstabes Stabsübung Regionale Übung 29.09.2014 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 15.11.2014 Sturmflut Übung der Hamburger Katastrophendienststäbe Stabsrahmenübung Regionale Übung 17.03.2015 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 20.03.2015 Sturmflut Deichverteidigungsübung Vollübung Regionale Übung 23.06.2015 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 07.07.2015 Atom- und Giftgasunfälle Dekontamination von Personen Vollübung Regionale Übung 08.02.2016 Ausfall Trink- und Abwasserversorgung Evakuierung eines Krankenhauses Vollübung Regionale Übung 16.06.2016 Alle MANV Simulationsübung Regionale Übung 18.06.2016 Flugunfall Flughafen Finkenwerder / Airbus GmbH Vollübung Regionale Übung 03.09.2016 Ausfall Trinkwasserversorgung Notbrunnenübung Vollübung Regionale Übung 17.09.2016 Giftgasunfälle Einsatzbewältigung bei Unfällen mit chemischen Stoffen Überregionale Übung Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8923 9 Dekontamination von Personen Vollübung 06.10.2016 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 19.10.2016 Atomare Unfälle Übung Notfallstationen Planbesprechung Regionale Übung 03.11.2016 Alle MANV Vollübung Regionale Übung 11.11.2016 Sturmflut Übung der Hamburger Katastrophendienststäbe und der Deichverteidigungsorganisation unter Beteiligung GMLZ und Nachbarländer Stabsrahmenübung mit Vollübungsanteilen Überregionale Übung Drucksache 21/8923 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 10 8923ska_Text 8923ska_Anlage