BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8929 21. Wahlperiode 09.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 02.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Erstwunschberücksichtigung bei fünften Klassen an den Stadtteilschulen zum Schuljahr 2017/2018 Den aktuell bekanntgegebenen Zahlen der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) für die Eingangsklassen an den weiterführenden Schulen im kommenden Schuljahr 2017/2018 zufolge werden insgesamt 555 Kinder mehr als noch im Vorjahr die fünften Klassen der Stadtteilschulen beziehungsweise Gymnasien besuchen. Die Gesamtzahl im Jahrgang 5 liege damit nach den Sommerferien bei 13.682 Schülern/-innen. Die Erstwunscherfüllungsquote in den fünften Klassen betrüge laut Bildungssenat dabei im Durchschnitt 95,8 Prozent. Besonders interessant ist hierbei die Tatsache, dass die Zahl der berücksichtigten Erstwünsche an Stadtteilschulen gegenüber 2016/2017 gesunken ist (von 94,4 Prozent auf 94,2 Prozent ) und generell deutlich geringer ist als die an den Gymnasien, die zudem anstieg (von 96,4 Prozent auf 97 Prozent). Angesichts der politischen Vornahme von Rot-Grün, die Stadtteilschulen konsequent stärken zu wollen, ein unbefriedigendes Ergebnis, das bezeugt, wie sehr die Erstanwahl an Gymnasien im Realen weiterhin befördert und die Stadtteilschulform so automatisch geschwächt wird. Ganz abgesehen davon, dass dies dem Elternanmeldewünschen entgegensteht. Die exakte Zahlenlagen als auch die Hintergründe und Parameter der behördlichen Steuerung im Anmeldeprozess sowie das offenbarte Desinteresse des Senats, die 100-Prozent-Marke bei der Bewilligung des Erstwunsches im Sinne der Stadtteilschulanmeldungen anzustreben, bedürfen in diesem Zusammenhang eingehender Erläuterung. Ich frage den Senat: Die Hamburger Stadtteilschulen sind seit 2010 gezielt in ihrer Entwicklung unterstützt worden. Es wurden unter anderem folgende Maßnahmen umgesetzt: Mehr Lehrkräfte für kleinere Klassen, mehr Vorbereitungszeit für Lehrkräfte, Ausbau der Oberstufen und der Ganztagsangebote. Außerdem bilden die Stadtteilschulen einen Schwerpunkt für den Neubau und die Sanierung von Schulgebäuden. Im Ergebnis ist die Hamburger Stadtteilschule mit über 59.490 Schülerinnen und Schülern die größte weiterführende Schulform, die es unter anderem gleichzeitig geschafft hat, die Zahl der Abiturientinnen und Abiturienten und die Übergangsquote ab Jahrgangsstufe 10 in eine Ausbildung zu steigern. Nach aktuellem Planungsstand (Stichtag 13.04.2017) werden zum Schuljahr 2017/ 2018 13.682 Hamburger Schülerinnen und Schüler (Vorjahr: 13.230) aus den derzeitigen vierten Klassen der Grundschule in die fünfte Klasse einer weiterführenden all- Drucksache 21/8929 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 gemeinen Schule wechseln. Trotz der freien Schulwahl in ganz Hamburg können damit 95,8 Prozent (Vorjahr 95,5 Prozent) von ihnen die gewählte Erstwunschschule besuchen. An den 58 Stadtteilschulen werden 6.102 Schülerinnen und Schüler (Vorjahr 5.831) eingeschult. Hier konnten 5.745 Erstwünsche erfüllt werden, das sind 240 Erstwünsche mehr als im Jahr zuvor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nicht möglich ist, 100 Prozent der Erstwünsche zu erfüllen: Dies würde voraussetzen, dass die Elternwünsche deckungsgleich mit den vorhandenen Schulplätze wären. Von Jahr zu Jahr unterliegt das Anmeldeverhalten der Sorgeberechtigten teilweise starken Schwankungen , dies zeigen beispielsweise die Anmeldungen an der Stadtteilschule Blankenese. Zum Schuljahr 2016/2017 konnte diese Schule alle Erstwünsche erfüllen. Zum Schuljahr 2017/2018 haben sich 50 Schülerinnen und Schüler mehr angemeldet, sodass die Schule bei gleicher Zügigkeit wie im Vorjahr und gleichen ausgelasteten Raumressourcen nicht alle Erstwünsche erfüllen konnte. Das Anmeldeverhalten der Sorgeberechtigten bleibt ein unvorhersehbares Moment. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Erstwünsche für die Einschulung in fünfte Klassen wurden an welchen staatlichen Stadtteilschulen für das Schuljahr 2017/2018 jeweils nicht berücksichtigt? (Bitte mit Nennung von Standort, Sozialindex und Bezirk in absoluten Zahlen und in Prozent zur Gesamterstwunschbewilligung in Klasse 5 am Standort in einer Excel-Tabelle angeben.) a. Welche Gründe lagen am jeweiligen Standort dabei aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde für diese Nichtbewilligungen im Einzelnen vor? (Bitte mit Begründung entsprechend in der Tabelle zu 1. angeben.) Siehe Drs. 21/8830 und 21/8007. 2. Welche Schullaufbahnempfehlung haben die in Frage 1. benannten Schüler/-innen der zukünftigen fünften Klassen im Schuljahr 2017/2018, welche im Erstwunsch an den staatlichen Stadtteilschulen nicht berücksichtigt wurden, zuvor jeweils erhalten? (Bitte in mit und ohne gymnasiale Empfehlung aufgeschlüsselt in absoluten Zahlen und in Prozent in einer Excel-Tabelle angeben.) Maßgebend für die Schulorganisation ist gemäß dem Hamburgischen Schulgesetz der Elternwunsch. Die Schullaufbahnempfehlung ist für die Aufnahme an einer weiterführenden Schule kein maßgebendes Kriterium. Folglich wird dieses als ein für die Schulorganisation nicht steuerungsrelevantes Datum nicht zentral erfasst. Für die Beantwortung dieser Frage müssten 13.682 Schülerakten händisch ausgewertet werden . Dieses ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Wie viele der in Frage 1. benannten nicht berücksichtigten Erstwünsche an den jeweiligen Stadtteilschulen konnten hinsichtlich des Zweitwunsches berücksichtigt werden und an welchem Standorten? (Bitte mit Zuordnung der ursprünglichen Erstwunschschule sowie Nennung von Standort, Schulform, Sozialindex und Bezirk der Zweitwunschschule in absoluten Zahlen und in Prozent zur Gesamteingangsklassenschüler-/- innenzahl in Klasse 5 am aufnehmenden Standort in einer Excel-Tabelle angeben.) 4. Wie viele der in Frage 1. benannten nicht berücksichtigten Erstwünsche an den jeweiligen Stadtteilschulen konnten auch an welchen jeweiligen Zweitwunschschulen nicht berücksichtigt werden? (Bitte mit Zuordnung der ursprünglichen Erstwunschschule sowie mit Nennung von Standort, Schulform, Sozialindex und Bezirk der Zweitwunschschule in absoluten Zahlen und in Prozent zur Gesamteingangsklassenschüler-/-innenzahl in Klasse 5 am aufnehmenden Standort in einer Excel-Tabelle angeben.) a. Welche Gründe lagen am jeweiligen Standort dabei aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde für diese Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8929 3 Nichtbewilligungen im Einzelnen vor? (Bitte mit Begründung entsprechend in der Tabelle zu 4. angeben.) 5. Wie viele der in Frage 1. benannten nicht berücksichtigten Erstwünsche an den jeweiligen Stadtteilschulen und ebenso hinsichtlich ihres entsprechenden Zweitwunsches (Frage 3.) nicht berücksichtigten Schüler/-innen wurden jeweils an welchem Drittwunschstandort angenommen? (Bitte mit Zuordnung der ursprünglichen Erstwunschschule und Zweitwunschschule sowie mit Nennung von Standort, Schulform, Sozialindex und Bezirk der Drittwunschwunschschule in absoluten Zahlen und in Prozent zur Gesamteingangsklassenschüler-/-innenzahl in Klasse 5 am aufnehmenden Standort in einer Excel-Tabelle angeben.) Siehe Drs. 21/8830. 6. Gibt es noch weitere Verbleiboptionen für die Schüler/-innen der kommenden fünften Klassen jenseits dieser Erst-, Zweit- und Drittwunschregelung ? Wenn ja, welche sind das und in welchen Fällen greifen diese wie genau? (Bitte benennen und in Art und Verfahren der Zuführung erläutern .) Sollte der Erst-, Zweit- und Drittwunsch nicht erfüllbar sein, wird eine Schule der gewünschten Schulform mit noch freien Kapazitäten in zumutbarer Entfernung vom Wohnort des Schülers oder der Schülerin zugewiesen. Ist keine Schule mit vorhandenen Kapazitäten in zumutbarer Entfernung zu erreichen, ist gemäß § 87 Absatz 1 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) auch eine Zuweisung über die in § 87 Absatz 1 HmbSG genannten Klassengrößen möglich. Die Auszählung, in wie vielen Fällen eine Zuweisung ohne Erfüllung von Wünschen erfolgt ist, würde die händische Auswertung von 13.682 Schülerakten erforderlich machen. Dieses ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 7. Wie genau ist die Anmeldung für Schüler/-innen der kommenden fünften Klassen an den weiterführenden privaten Schulen in Hamburg geregelt? (Bitte Anmeldeverfahren beschreiben.) a. Wie viele Schüler/-innen der kommenden fünften Klassen im Schuljahr 2017/2018 werden an privaten Stadtteilschulen und Gymnasien unterrichtet werden? (Bitte nach Schulformen aufgeschlüsselt in absoluten Zahlen und in Prozent zur Gesamtschüler-/-innenschaft der fünften Klassen 2017/2018 an den staatlichen Schulen in einer Excel-Tabelle angeben.) b. An welchen privaten weiterführenden Schulen werden diese Fünftklässler /-innen im Schuljahr 2017/2018 beschult? (Bitte mit Nennung von Standort, Schulform, Sozialindex und Bezirk in absoluten Zahlen und in Prozent zur Gesamtschüler-/-innenschaft.) c. Welche Schullaufbahnempfehlung haben diese Schüler/-innen der kommenden fünften Klassen 2017/2018 an den privaten Schulen dabei jeweils? (Bitte nach Schulform samt gymnasialer wie nicht gymnasialer Empfehlung in absoluten Zahlen und in Prozent in der Tabelle zu 7. angeben.) Eine zeitlich-organisatorische Steuerung der Anmeldungen und Aufnahmen von Schülerinnen und Schülern an Privatschulen seitens der für Bildung zuständigen Behörde erfolgt nicht und ist mit der grundgesetzlichen gewährten Privatschulfreiheit (Artikel 7 Absatz 4 GG) auch nicht zu vereinbaren. Die Ersatzschulen nach dem Hamburgischen Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (HmbSfTG) handhaben und organisieren die Anmeldungen ihrer Schülerinnen und Schüler in eigener Verantwortung. Wird eine Schülerin beziehungsweise ein Schüler an einer Ersatzschule aufgenommen , geschieht dies durch einen zivilrechtlichen Schulvertrag. Drucksache 21/8929 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Es ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, eine genaue Aussage darüber zu treffen, wie viele Schülerinnen und Schüler der kommenden Klassen 5 im Schuljahr 2017/2018 an privaten Gymnasien und Stadtteilschulen beschult werden, da die Ersatzschulen ihre Aufnahmen im Rahmen ihrer Kapazitäten eigenständig handhaben und es den Sorgeberechtigten frei steht, jederzeit einen Schulvertrag mit einer Ersatzschule zu schließen oder auch kurzfristig zu kündigen. Daher sind auch Doppelanmeldungen an einer staatlichen Schule und an einer Ersatzschule möglich. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 8. Nach welchen Kriterien und Verfahren wurden die in Frage 1. benannten Nichtbewilligungen des Erstwunsches bei der Schulanmeldung für die fünften Klassen an der jeweils avisierten Stadtteilschule im kommenden Schuljahr 2017/2018 seitens des Senats beziehungsweise der zuständigen Fachbehörde erteilt? (Bitte Verfahren erklären und Kriterien benennen sowie jeweils erläutern.) Die Organisation der Schülerinnen und Schüler für die zukünftigen fünften Klassen folgt dem durch § 42 Absatz 7 HmbSG festgelegten Rechtsrahmen. Grundsätzlich wird gemäß § 42 Absatz 7 HmbSG ein Erstwunsch erfüllt, wenn an der gewünschten Schule die erforderliche Kapazität vorhanden ist. Erst wenn mehr Erstwünsche vorhanden sind als Schulplätze zur Verfügung stehen, muss eine Auswahlentscheidung getroffen werden. Diese Entscheidung über die Aufnahme der Schülerinnen und Schüler folgt einer durch eine ständige Verwaltungspraxis bekannten und bewährten Schrittigkeit im Rahmen der gesetzlichen Maßgaben des § 42 Absatz 7 HmbSG. Demnach ergibt sich folgende Schrittigkeit der Prüfung des Erstwunsches: a) Gibt es zu berücksichtigende Gesichtspunkte in Bezug auf Härtefälle (zum Beispiel besondere gesundheitliche Gründe)? b) Gibt es besondere Anmeldetatbestände (zum Beispiel an einer Sportklasse der Eliteschule des Sports)? c) Gibt es im kommenden Schuljahr Geschwister an der gewünschten Schule? d) Wie ist die Schulweglänge? Kann der Erstwunsch nach Prüfung nicht erfüllt werden, erfolgt die Prüfung des Zweitwunsches. Kann der Zweitwunsch nicht erfüllt werden, erfolgt die Prüfung des Drittwunsches. 9. Welche Strategie verfolgte der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde bisher, um die Erstwunschanmeldebewilligungen für die fünften Klassen an den Stadtteilschulen gemäß der eigenen Bekundung zur Stärkung der Stadtteilschule als dem Gymnasium gleichrangige weiterführende Schulform zu steigern? (Bitte erläutern.) a. Aus welchen Gründen haben diese Strategien offenkundig keine Erfolge gezeitigt? (Bitte Gründe benennen und erläutern.) b. Wie genau und bis wann plant der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde die Erstwunschanmeldebewilligungen für die zukünftigen fünften Klassen an den Stadtteilschulen perspektivisch zu steigern? (Bitte Schritte und Maßnahmen benennen und erläutern sowie Terminierung bis 2019/2020 darstellen.) 10. Wie erklärt und rechtfertigt es der Senat beziehungsweise die zuständige Fachbehörde, dass – entgegen der eigenen Beteuerungen die Stadteilschule als dem Gymnasium gleichwertige und gleichberechtigte bis zum Abitur führende Schulform zu stärken – die Erstwünsche zur Anmeldung an den Stadtteilschulen für 2017/2018 nicht nur rückläufig gegenüber denen des Vorjahrs sind, sondern deren Bewilligungsquote abermals deutlich unterhalb der der Gymnasien liegt? (Bitte fachlich und sachlich Stellung nehmen.) 11. Weshalb und mit welcher Rechtfertigung wird eine 100-prozentige Bewilligungsquote der Erstanmeldewünsche für die fünften Klassen an den Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8929 5 Stadtteilschulen von Senat beziehungsweise zuständiger Fachbehörde seit Jahren nicht konsequent angestrebt, obwohl das eigene Bekenntnis zur Stärkung dieser Schulform dies prinzipiell erfordern würde? (Bitte sachlich und fachlich Stellung nehmen.) Die Erstwunschbewilligung folgt allein rechtlichen Vorgaben, die sich aus dem Hamburgischen Schulgesetz ergeben. Handlungsleitend ist die Erfüllung des Elternwunsches im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten unter Beachtung vielfältiger rechtlicher Maßgaben auch über die Kriterien des § 42 Absatz 7 HmbSG hinaus. Dies sind beispielsweise § 14 Absatz 1 Satz 2 HmbSG (Übergang aus angegliederter Grundschule ) und § 87 Absatz 1 HmbSG (Sollgrenzen von Klassengrößen). Auch ist die Organisation von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf gemäß § 12 HmbSG i.V.m. § 15 AO-SF in diesem Zusammenhang zu sehen. Eine Erstwunschbewilligungsstrategie als solches ist deshalb bereits dem Rechtstext des § 42 Absatz 7 Satz 3 HmbSG immanent. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.