BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/8937 21. Wahlperiode 09.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 02.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Extrem teure Flüchtlingsunterbringung in Bad Segeberg − Hat der Senat hier schlecht verhandelt? Laut Drs. 21/8557 befanden sich Ende März 63 Flüchtlinge in der Unterkunft in Bad Segeberg. Drs. 21/8751 zufolge zahlt Hamburg auf Basis von 512 nutzbaren Plätzen − 1.500 Plätze waren ursprünglich geplant − monatlich 585.000 Euro Fixkosten, zudem 38.000 Euro für eine vorzuhaltende Polizeidienststelle und 260.000 Euro variable Kosten. Legt man diese 883.000 Euro pro Monat auf die 63 Bewohner um, sind im März 14.016 Euro Kosten pro Kopf entstanden. Da aufgrund der Vereinbarung mit Schleswig-Holstein nur bestimmte Asylbewerbergruppen (Neuzugänge mit voraussichtlich längerer Asylverfahrensdauer) nach Bad Segeberg verlegt werden dürfen, es hiervon aber auch aufgrund der stark gesunkenen Zugangszahlen zu wenige gibt, hat sich der Senat offenbar entschieden, die Nutzung der Einrichtung aufzukündigen . Jedenfalls legt dies ein Bericht der „Kieler Nachrichten“ vom 28. April 2017 nahe. „Zum 1. Juli sollen die extra zu diesem Zweck aufwändig sanierten Blocks und neu aufgestellten Wohncontainer nicht mehr neu belegt werden“, heißt es in dem Artikel. Allerdings heißt es auch, dass der Geschäftsführer der Einrichtung von den Schließungsplänen bis dahin nichts wusste. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Vor dem Hintergrund der hohen Zugangszahlen von Asylsuchenden im Jahr 2015, vor allem in der zweiten Jahreshälfte, der begrenzten Unterbringungsmöglichkeiten in Hamburg und der Forderungen aus Politik und Gesellschaft, offensiv auch Möglichkeiten zur Unterbringung von Geflüchteten außerhalb Hamburgs zu erarbeiten, hat die zuständige Behörde im Jahr 2015 Verhandlungen mit dem Land Schleswig-Holstein (SH) mit dem Ziel aufgenommen, dort eine Unterbringungsmöglichkeit für die der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) zugewiesenen Asylsuchenden zu finden. Das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein hat sich bereit erklärt, eine solche Einrichtung bereitzustellen und dafür die Herrichtung einer Unterkunft in Bad Segeberg angeboten. Entsprechend dieser Bereitschaft wurden die Rahmenbedingungen verhandelt. Die Verhandlungen waren getragen von der Notwendigkeit, für SH und die FHH eine für beide Seiten akzeptable, wirtschaftliche Lösung zu finden. Entsprechend orientierten sich die Verhandlungen daran, dass die Kosten für die Bereitstellung der Kapazität in Bad Segeberg nicht teurer sein sollten als die Herstellung einer verfügbaren Kapazität in Hamburg. SH legte vor allem auch Wert auf eine akzeptable Absicherung der vorgenommenen Herrichtungskosten durch ausreichende, verbindliche Vertragslaufzeit. Vor dem Hintergrund der zum Jahresende 2015 vorhandenen Zugangszahlen und den zu dieser Zeit bestehenden Prognosen wurde den für eine solche Bereitstellung üblichen Rahmenbedingungen für eine Absicherung der notwendigen Investitionen Drucksache 21/8937 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 des Landes Schleswig-Holstein in die Fertigstellung der Anlage zugestimmt. Dazu gehört die Zusicherung einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren und die Übernahme der mit dem Betrieb der Anlage in dieser Zeit verbundenen Fixkosten durch die Freie und Hansestadt Hamburg für eine Laufzeit von zwei Jahren. Die Einrichtung bietet eine maximale Kapazität zur Unterbringung von 1.500 Personen, derzeit sind jedoch nur Fixkosten für 600 Plätze zu tragen, da ein weiterer Ausbau der Anlage von Hamburg vor dem Hintergrund der derzeit niedrigeren Zugangszahlen beendet wurde. Die genutzte Platzzahl kann dabei entsprechend der weiteren Entwicklung mit entsprechenden zeitlichen Vorläufen angepasst werden, verändert aber naturgemäß nicht die Fixkosten für die Einrichtung als solche. Entsprechend der Kostensituation für jede vorgehaltene Einrichtung sind die üblichen Anlagekosten fixe Kosten, die aus der Erstellung und der Gewährleistung der Betriebsbereitschaft der Anlage entstehen. Sie entstehen damit unabhängig von der Zahl der untergebrachten Asylsuchenden und sind vom Nutzer der Anlage entsprechend zu erstatten. Die Nutzung der Einrichtung in Schleswig-Holstein ist dabei von vornherein auch mit der Zielsetzung erfolgt, eine Kapazitätsreserve vorhalten zu können, die bei einer erneuten Veränderung von Zugangszahlen jederzeit genutzt werden kann, um eine größere Flexibilität im Umgang mit solchen Zugängen zu bekommen als bei einer rein auf Hamburg beschränkten Unterbringung. Dabei hat auch die Wahrnehmung in Hamburg eine Rolle gespielt, dass auf dem begrenzten Raum Hamburgs eine vergleichsweise dichte Belegung erfolgt, während in den umliegenden Ländern deutlich mehr nutzbare Flächen zur Verfügung stünden. Die zuständige Behörde hat ihren Ansprechpartnern im Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten Schleswig-Holstein mitgeteilt, dass ab dem 1. Juli 2017 keine weiteren Hamburg zugewiesenen Asylsuchenden in Bad Segeberg untergebracht werden. Grund hierfür ist die derzeitige Zahl von Zugängen an Asylsuchenden, die den weiteren laufenden Betrieb der Einrichtung nicht mehr erfordert. Die Liegenschaft und die Unterkünfte stehen aber weiterhin bis zum Ende der Laufzeit der Vereinbarung zwischen den Ländern bis zum 14. Juli 2018 als Reserve bereit. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Stimmt es, dass Hamburg die Einrichtung ab 1. Juli 2017 nicht mehr neu belegen wird? 2. Wann hat welche Stelle aus welchen Gründen diese Entscheidung getroffen? Siehe Vorbemerkung. 3. Wann wurde zu welchem Termin der Vertrag zur Nutzung der Unterkunft in Bad Segeberg von welcher Stelle aufgekündigt? Wenn keine Kündigung erfolgte, warum nicht? Der Vertrag ist bis zum 14. Juli 2018 geschlossen, eine ordentliche Kündigung ist für beide Seiten nicht vorgesehen, weil dieser Zwei-Jahres-Zeitraum Grundlage für die Bereitstellung war. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 4. und 5. 4. Wie sind ab 1. Juli 2017 die monatlichen Kosten, wenn keine Neubelegung mehr erfolgt? 5. Ab wann ist Hamburg Schleswig-Holstein gegenüber finanziell für die Einrichtung zu nichts mehr verpflichtet beziehungsweise bis wann erfolgt weiterhin Mietbeteiligung für Container und welche Abrisskosten müssen von Hamburg getragen werden? Die Gespräche, welche Kosten noch von Hamburg zu tragen sind, sind noch nicht abgeschlossen. In der geschlossenen Vereinbarung sind fixe und variable Kosten vereinbart Die zuständige Behörde geht jedoch davon aus, dass Fixkosten, insbesondere für Miete und Bewirtschaftung, bis zum Ende der Laufzeit erbracht werden müssen , im Gegensatz dazu wird ein hoher Anteil der variablen Kosten entfallen. 6. Wieso wurde offenbar der Geschäftsführer der Einrichtung nicht informiert ? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/8937 3 Gesprächs- und Verhandlungspartner für die zuständige Behörde ist das Innenministerium in Schleswig-Holstein. 7. Stimmt es, dass dort derzeit ausschließlich Flüchtlinge aus Hamburg untergebracht sind? Ja. 8. Warum sind dort keine Flüchtlinge aus Schleswig-Holstein? 9. Wann hat welche Stelle Nachverhandlungen über die Erweiterung der hier unterzubringenden Asylbewerbergruppe geführt? Warum wurde diese nicht realisiert? Wenn es keine Nachverhandlungen gab: warum nicht? Schleswig-Holstein hat die Unterkunft seinerzeit zur ausschließlichen Nutzung für die Unterbringung von Asylsuchenden in Hamburger Zuständigkeit angeboten. 10. Wurde geprüft, inwieweit die im vergangenen Jahr aufwändig sanierte ehemalige Kaserne inklusive der auf dem Außengelände aufgestellten Container als Folgeunterkunft nutzbar ist? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn keine Prüfung erfolgte, warum nicht? Die Nutzung einer Einrichtung zur Flüchtlingsunterbringung in einem anderen Land setzt ein Einvernehmen voraus. Dieses lag und liegt nur für den Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung vor. Hintergrund ist dabei auch, dass in Folgeunterkünften untergebrachte Personen regelmäßig auch Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch erhalten. Aus dieser Situation ergeben sich umfangreiche Fragen der Zuordnung von Kosten auf die jeweiligen Länder. 11. Ist bekannt, welche weitere Nutzung für das Gelände ab wann vorgesehen ist? Nein. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.