BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/905 21. Wahlperiode 03.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg und Michael Kruse (FDP) vom 25.06.15 und Antwort des Senats Betr.: HWWI-Studie „Metropolregion Hamburg 2020: Verkehrsinfrastruktur und ihre Auslastung“ Die vom Hamburger WeltWirtschaftsInstitut herausgegebene Studie „Metropolregion Hamburg 2020: Verkehrsinfrastruktur und ihre Auslastung“ betrachtet die Auslastung der Transportinfrastruktur in der Metropolregion Hamburg im Jahr 2020. Hierfür wurde eine Projektion vorgenommen, die die Verkehrsströme modelliert und abhängig von der Verkehrsart Aussagen zu den voraussichtlichen Verkehrsströmen ableitet. Die in dieser Studie prognostizierte Zunahme der Verkehre auf Schiene und Straße führt laut den Autoren vor allem auf den Autobahnen zu akuter Staugefahr mit negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung der Metropolregion. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wann hat der Senat die Studie zur Kenntnis genommen? Die Studie liegt der zuständige Behörde seit April dieses Jahres vor. 2. Hält der Senat die in der HWWI-Studie dargestellte Entwicklung der Verkehrsströme für realistisch? Wenn nein, warum nicht? Die Studie verwendet stark vereinfachte Verkehrsmodelle. Modale und auch räumliche Verlagerungseffekte, wie in verkehrswissenschaftlichen Betrachtungen üblich, werden dabei nicht hinreichend berücksichtigt. Dies führt im Ergebnis zu verzerrten und übersteigerten Schlussfolgerungen zum Beispiel hinsichtlich der Verstauung sämtlicher Autobahnen im Jahr 2020. 3. Welche Projektionen für die Verkehrsströme hält der Senat für die nächsten fünf Jahren für realistisch? (Bitte nach Verkehrsträgern differenziert angeben.) 4. Welche Annahmen bezüglich der Stauszenarien trifft der Senat vor diesem Hintergrund a. Auf den Hauptverkehrsstraßen innerhalb Hamburgs? b. auf den Autobahnen im Stadtgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg? c. auf den Autobahnen in der Metropolregion? Siehe http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/verkehrsprognose-2025.html. Im Übrigen siehe Antwort zu 6. a. Drucksache 21/905 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 5. Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat aus diesen Projektionen hinsichtlich zukünftiger Maßnahmen im Bereich Infrastrukturausbau? (Bitte nach Verkehrsträgern differenziert angeben.) Aufgrund der in der Antwort zu 2. dargestellten Einschätzung hinsichtlich der Schwächen der Studie hält die zuständige Behörde die Annahmen nicht für ausreichend realistisch. Eine vertiefte Betrachtung der Projektionen erfolgte daher nicht. 6. Welche der unter a. bis h. dargestellten Maßnahmen hält der Senat vor dem Hintergrund wachsender Verkehrsströme für verfolgenswert? Bitte jeweils Begründung, potenzielle Auswirkungen und Stand der jeweiligen Planungen angeben. a. Ausbau der vorhandenen Infrastruktur (bitte nach Binnenschifffahrtsstraßen , Autobahnen, sonstiges Straßennetz, Rad- und ÖPNV-Verkehr sowie Schienenverkehrsnetz differenzieren) Die vom Senat vor dem Hintergrund sektoraler Veränderungen im Verkehrsaufkommen für nötig erachteten Ausbaumaßnahmen im Bereich Infrastruktur sind im „Mobilitätsprogramm 2013 – Grundlage für eine kontinuierliche Verkehrsentwicklungsplanung in Hamburg“ benannt und begründet. Darüber hinaus hält der Senat die Maßnahmen für notwendig, die er für den neuen Bundesverkehrswegeplan angemeldet hat (siehe Drs. 20/7047). b. Regelbetrieb Lang-Lkws Es wird zurzeit ein Feldversuch für Lang-Lkws durchgeführt, der noch bis Ende 2016 andauert. Die Ergebnisse sind abzuwarten. c. Zulassung verlängerter Sattelauflieger Die Verlängerung der zulässigen Fahrzeugmaße um 15 Zentimeter zum Transport von 45-Fuß-Containern im Rahmen von intermodalen Beförderungsvorgängen ist im Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 96/53/EG zur Festlegung der höchstzulässigen Abmessungen für bestimmte Straßenfahrzeuge im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr in der Gemeinschaft sowie zur Festlegung der höchstzulässigen Gewichte im grenzüberschreitenden Verkehr enthalten und wurde mit Zustimmung Hamburgs am 7. Juni 2013 vom Bundesrat unterstützt. Bis zum Inkrafttreten der geänderten EU-Richtlinie und der Umsetzung in nationales Recht werden in Hamburg für Transporte von 45-Fuß-Containern regelhaft Ausnahmegenehmigungen erteilt, da derartige Transporte die heute gültigen Längenmaße um rund 11 Zentimeter überschreiten. Zudem dürfen bereits derzeit in Hamburg nach der Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften für Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit Überlänge vom 19. Dezember 2011 im Rahmen des Modellversuchs Sattelzugmaschinen mit Sattelanhänger die nach § 32 Absatz 4 StVZO höchstzulässige Gesamtlänge bis zu einer Gesamtlänge von 17,80 m und die höchstzulässige Teillänge des Sattelanhängers bis zu einer Teillänge Achse Zugsattelzapfen bis zur hinteren Begrenzung von 13,30 m überschreiten. d. Einsatz längerer Güterzüge Längere Güterzüge sind aus Sicht der zuständigen Behörde zu begrüßen, unterliegen aber komplexen betrieblichen und eisenbahntechnischen Randbedingungen im Gesamtnetz der DB AG. e. allgemeine Nutzungsgebühren für Verkehrsinfrastruktur f. tageszeitabhängigen Nutzungsgebühren für Verkehrsinfrastruktur g. Nutzungsbeschränkungen für bestimmte Nutzergruppen Die zuständige Behörde plant gegenwärtig weder neue Nutzungsgebühren für Verkehrsinfrastruktur noch Nutzungsbeschränkungen für bestimmte Nutzergruppen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/905 3 h. Geschwindigkeitsbeschränkungen Etwaige nächtliche Geschwindigkeitsbeschränkungen werden im Rahmen der Lärmaktionsplanung zum Schutz der Anwohner derzeit für die 40 am stärksten belasteten Straßen untersucht. 7. Welche sonstigen Maßnahmen hält der Senat vor dem Hintergrund wachsender Verkehrsströme für verfolgenswert? Im Zuge der Verkehrsentwicklungsplanung werden umfassende Überlegungen und Untersuchungen hinsichtlich der Veränderung von Verkehren angestellt werden. Welche konkreten Maßnahmen hieraus erwachsen, bleibt diesem Prozess vorbehalten. 8. Der Senat betont seit Jahren, dass er ein eigenes Verkehrsmodell entwickeln möchte. a. In wie vielen Masterplänen hat der Senat mittlerweile ein Verkehrsmodell als Ziel vereinbart? Welche sind dies? Die Entwicklung eines eigenen Verkehrsmodells für Hamburg wurde im Mobilitätsprogramm und im Strategischen Lärmaktionsplan als Instrument zur Abschätzung von Entwicklungen und Wirkungen benannt. b. Wann plant der Senat die Einführung/Nutzung eines (gesamtstädtischen ) Verkehrsmodells? Der Auftrag für ein Verkehrsmodell Hamburg wurde nach Abschluss der einschlägigen EU-Vergaberegularien im April 2015 erteilt. Für die Erstellung ist ein Zeitraum von zwei Jahren vorgesehen, sodass die uneingeschränkte Nutzung voraussichtlich im Frühjahr 2017 möglich sein wird. c. Für welche Teilbereiche der Stadt hat der Senat in den letzten fünf Jahren Verkehrsmodelle erarbeitet? Im Zuge der Rechtsverfahren für den Aus- und Neubau der Bundesfernstraßen in Hamburg sind bereits Verkehrsmodelle zur Anwendung gekommen. In die Modellergebnisse für den Nordbereich der A 7 und den Süderelberaum (A 7, A 26, B 4/75) sind als Grundlagen unter anderem die Matrizen der Bundesprognose für den Personenund Güterverkehr, geplante Ausbaumaßnahmen des Bundes sowie diverse kleinräumige Daten der Region eingeflossen. Die Prognoseergebnisse sind mit den Nachbarländern abgestimmt. Darüber hinaus sind für teilräumliche Betrachtungen (zum Beispiel Hamburger Hafen, HafenCity, Wilhelmsburg) Verkehrsmodelle auch im Auftrag Dritter erstellt worden. d. Welchen volkswirtschaftlichen Nutzen verspricht sich der Senat von der Entwicklung eines Verkehrsmodells? Das Verkehrsmodell Hamburg ist ein wesentliches Planungs- und Bewertungsinstrument für die Verkehrsentwicklungsplanung. Darüber hinaus wird mit dem Modell eine einheitliche Planungs- und Datengrundlage für die Stadtregion Hamburg als Basis für Detailuntersuchungen zur Verfügung gestellt. Es dient der Abschätzung der verkehrlichen und umweltbezogenen Wirkungen von Maßnahmen im Verkehrsbereich und von Änderungen der Flächennutzung im Istzustand und in der Zukunft (Prognosefähigkeit ).