BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9072 21. Wahlperiode 19.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Mehmet Yildiz (DIE LINKE) vom 11.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Entwicklung der Kosten der Unterkunft in Hamburg: Wer kann sich das Wohnen in Hamburg noch leisten? Der Hamburger Mietmarkt bleibt nach wie vor für viele Menschen in der Stadt ein Problem. So ergab der letzte Mietenspiegel eine durchschnittliche Steigerung der Mieten von 6,01 Prozent. Nach der diesjährigen Untersuchung der Schüler des Gymnasiums Ohmoor beträgt die Neuvermietungsmiete in Hamburg im Schnitt 12,68 Euro pro Quadratmeter. Das ist im Vergleich zum Jahr 2006 eine Steigerung von rund 50 Prozent. Die allgemeinen Lebenshaltungskosten sind nach den Daten des statistischen Bundesamtes im gleichen Zeitraum um 17 Prozent gestiegen. Die Menschenschlangen an den Hamburger Tafeln und Suppenküchen werden immer länger; inzwischen werden nach Auskunft der Hamburger Tafeln wöchentlich rund 20.000 Menschen so mit Lebensmitteln versorgt. Die hohen Mietkosten sind mittlerweile ein Armutsrisiko geworden, und es gibt Menschen in der Stadt, die sich Ihre Miete quasi „vom Munde absparen“ müssen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden erst ab 2005, dem Jahr des Inkrafttretens des SGB II und SGB XII, verfahrenstechnisch gesondert erfasst und von den übrigen gesetzlichen Leistungen zum Lebensunterhalt abgegrenzt. Eine händische Auswertung aller Sozialhilfeakten der Jahre 1990 bis 2004 ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Fragen können daher erst für die Zeit ab 2005 beantwortet werden. Im Geltungsbereich des AsylbLG werden die Kosten der Unterkunft und Heizung erst ab dem Haushaltsjahr 2009 gesondert dargestellt. Für den Rechtskreis SGB II wird auf die methodische Hinweise des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit zur „Wohn- und Kostensituation“ verwiesen: „Die Wohnsituation und Wohnkosten beschreiben die Wohnverhältnisse von Bedarfsgemeinschaften in der Grundsicherung für Arbeitsuchende.“ Vonseiten des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit erfolgt eine statistische Auswertung zu „Wohn- und Kostensituation – Deutschland, Länder, Kreise, Jobcenter “. Diese öffentlich zugängliche statistische Auswertung liegt im Zuge der Datenrevision im Jahr 2016 aktuell rückwirkend bis Januar 2015 vor. Detaillierte Hintergrundinformationen zur Datenrevision sind den Methodenberichten zu entnehmen. Zu den sogenannten Ausgaben für passive Leistungen – Kosten der Unterkunft wird auf die öffentlich zugänglich statistischen Jahresauswertungen des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit zu „Ausgaben für aktive und passive Leistungen im SGB II“, hier Reiter 1. und 2, verwiesen: https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/ Drucksache 21/9072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Statistik/Statistik-nach-Themen/Einnahmen-Ausgaben/Einnahmen-Ausgabenstatistik/ Einnahmen-Ausgabenstatistik-Nav.html. Eine weiterführende Berichterstattung im Sinne der Fragestellungen ist im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit zur Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage nicht möglich. In diesem Zusammenhang wird auf die „Zeitreihe der Strukturen der Grundsicherung für Arbeitsuchende – Deutschland, Länder, Kreise“ (Reiter 3. Zahlungsansprüche und 6. Zahlungsansprüche_JD) verwiesen: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/Aktuell/iiia7/zeitreihekreise-zrgruarb /zr-gruarb-02-0-xlsx.xlsx. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg und des Statistikamtes Nord wie folgt: 1. Wie viele Hamburger/-innen und Hamburger Haushalte sind auf eine staatliche Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) angewiesen und wie hat sich die Zahl seit 1990 entwickelt? Bitte nach Jahren, Anzahl der Personen im Haushalt und Anzahl der Haushalte auflisten . Für die Rechtskreise SGB XII und AsylbLG siehe Anlage. Für den Rechtskreis SGB II: Vonseiten des Statistik-Service der Bundesagentur für Arbeit erfolgt keine Auswertung im Sinne der Fragestellung. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 2. Wie hoch ist der Anteil der auf die staatliche Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) angewiesen Haushalte an der gesamten Anzahl der Mieter-/-innenhaushalte in Hamburg? Bitte nominal und prozentual seit 1990, sowohl nach der Anzahl der Haushalte sowie der dem Haushalt angehörigen Anzahl der Personen, auflisten. Das Statistikamt Nord verfügt über Daten zu privaten Mieterhaushalten aus der Einkommens - und Verbrauchsstichprobe, die alle fünf Jahre erhoben wird. Ein prozentualer Vergleich lässt sich nicht erstellen, da die EVS für den erfragten Zeitraum lediglich die Jahre 2008 und 2013 enthält. Wohnsituation privater Haushalte in Haushalten zur Miete/Mietfrei in Hamburg mit Stand 01.01. Jahr Haushalte insgesamt (in 1000) Davon mit …. Person(en) 1 2 3 4 5 und mehr 2013 753 433 215 (31) (67) / 2008 721 407 201 71 (36) / 2003 705 388 207 62 (42) / 1998 719 390 204 65 44 (16) / = keine Angaben, da Zahlenwert nicht sicher genug () = Aussagewert eingeschränkt, da der Zahlenwert statistisch relativ unsicher ist Quelle: Statistikamt Nord, Einkommens- und Verbrauchsstichprobe Für den Rechtskreis SGB II siehe Antwort zu 1. 3. Bei wie vielen Hamburgern/-innen und Hamburger Haushalten, welche auf die staatliche Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung angewiesen sind, liegt die tatsächliche Miete oberhalb der Angemessenheitsgrenze und kann somit nicht die tatsächliche Miete in voller Höhe abdecken? a) Bei wie vielen Haushalten übernimmt die Stadt die Differenz, das heißt zahlt die Mietkosten in der realen Höhe? Bitte nominal und prozentual an der Gesamtzahl jährlich seit 2005 benennen. b) Bei wie vielen Haushalten wird die Differenz nicht übernommen? c) Was sind die am häufigsten angeführten Begründungen für die nicht übernommenen vollen Mietkosten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9072 3 Es wird nicht erfasst, in wie vielen Fällen die tatsächliche Miete oberhalb der Angemessenheitsgrenze liegt. Notwendig wäre eine Auszählung aller Leistungsakten. Dies ist bei rund 235.000 Leistungsberechtigten in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Wie viele Hamburger/-innen und Hamburger Haushalte die auf eine staatliche Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) angewiesen sind, haben seit 1990 eine Aufforderung erhalten, die Mietkosten zu senken? Bitte jährlich nominal sowie prozentual im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Empfänger/-innen eines KDU Zuschusses seit 1990, sowohl nach Haushalten sowie der dem Haushalt angehörigen Anzahl der Personen, auflisten? SGB XII und AsylbLG Anzahl der Bedarfsgemeinschaf - ten Anzahl der Bedarfsgemeinschaften , die zur Senkung der Kosten aufgefordert wurden prozentualer Anteil Anzahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften , die zur Senkung der Kosten aufgefordert wurden. 2011 44.938 191 0,43% 937 2012 47.499 231 0,49% 1.281 2013 50.381 240 0,48% 1.447 2014 56.289 240 0,43% 1.444 2015 67.221 205 0,30% 1.227 2016 70.328 203 0,29% 955 2017* 56.544 142 0,25% 469 * Zahlen in 2017 nur für den Zeitraum Jan. – Apr. Die Beantwortung der Fragestellung für den Rechtskreis SGB II erfolgt auf Basis einer händischen Auswertung zu den Kostensenkungsaufforderungen vonseiten Jobcenter team.arbeit.hamburg. Für die Jahr 2014 bis aktuell Februar 2017: 2014: 1.571 2015: 1.140 2016: 923 2017: 85 (Januar bis Februar 2017) Für die Auswertung der Vorjahre siehe die Drs. 19/1156; 20/3714; 20/5659; 20/9827 sowie 20/13540. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Wie vielen der unter Punkt 4. Betroffenen Haushalte gehörten Kinder an? Die zur Beantwortung benötigten Daten werden nicht gesondert erfasst. Notwendig wäre eine Auszählung aller 235.000 Leistungsakten. Dies ist in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 6. Wie haben sich seit 1990 die Kosten der Unterkunft in Hamburg entwickelt ? Bitte nach Jahren auflisten. KdU Kap. 3 SGB XII KdU Kap. 4 SGB XII KdU AsylbLG §2 und §3 KdU SGB II KdU gesamt Tsd. Euro Tsd. Euro Tsd. Euro Tsd. Euro Tsd. Euro Ist 2005 10.991 51.142 430.164 492.296 Ist 2006 8.956 57.388 470.180 536.525 Ist 2007 12.428 64.208 478.644 555.279 Ist 2008 12.704 71.747 483.716 568.167 Ist 2009 13.381 76.965 495.083 585.429 Ist 2010 10.197 86.080 11.187 498.039 605.503 Ist 2011 18.360 98.110 12.225 481.203 609.898 Ist 2012 20.765 107.919 13.345 483.962 625.991 Ist 2013 18.894 118.548 14.378 483.083 634.903 Ist 2014 18.265 130.100 16.423 488.094 652.881 Drucksache 21/9072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 KdU Kap. 3 SGB XII KdU Kap. 4 SGB XII KdU AsylbLG §2 und §3 KdU SGB II KdU gesamt Tsd. Euro Tsd. Euro Tsd. Euro Tsd. Euro Tsd. Euro Ist 2015 18.278 138.462 15.401 494.164 666.304 Ist 2016 18.138 147.686 19.711 497.681 683.216 7. Wie hat sich der vom Bund getragene Anteil der Kosten der Unterkunft seit 1990 entwickelt? Bitte nominal und prozentual nach Jahren auflisten. KdU Kap. 4 SGB XII KdU SGB II KdU gesamt Tsd. Euro % Tsd. Euro % 1) Tsd. Euro Ist 2005 22.209 * 124.071 29,10% 146.280 Ist 2006 22.209 * 136.777 29,10% 158.986 Ist 2007 22.209 * 149.295 31,20% 171.504 Ist 2008 22.209 * 139.685 28,60% 161.894 Ist 2009 16.635 13% 125.868 25,40% 142.503 Ist 2010 18.893 14% 114.765 23,00% 133.658 Ist 2011 21.796 15% 170.879 35,80% 192.675 Ist 2012 72.417 16% 173.520 35,80% 245.937 Ist 2013 153.392 75% 173.267 35,90% 326.660 Ist 2014 130.100 100% 172.732 34,32% 302.833 Ist 2015 138.461 100% 190.959 38,60% 329.421 Ist 2016 147.686 100% 204.887 41,10% 352.575 1) Die Erstattungssätze enthalten alle Beteiligungsanteile nach §46 SGB II. * Prozente können nicht benannt werden, da sich diese Summe aus den Ausgleichszahlungen zur Deckung der durch die Grundsicherung entstehenden Mehrkosten nach § 34 Absatz 2 WoGG a.F. ergaben. Der Betrag wurde für die Jahre 2007 und 2008 bis zur gesetzlichen Neuregelung in § 46a SGB XII a.F. fortgeschrieben. Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2005 1 29.478 29.478 2 4.591 9.182 3 925 2.775 4 741 2.964 5 467 2.335 6 226 1.356 7 81 567 8 29 232 9 7 63 10 3 30 11 3 33 12 1 12 2005 Summe: 36.552 49.027 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2006 1 29.608 29.608 2 4.418 8.836 3 736 2.208 4 648 2.592 5 409 2.045 6 185 1.110 7 73 511 8 27 216 9 7 63 10 4 40 11 1 11 2006 Summe: 36.116 47.240 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9072 5 Anlage Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2007 1 30.619 30.619 2 4.636 9.272 3 667 2.001 4 574 2.296 5 343 1.715 6 164 984 7 60 420 8 26 208 9 8 72 10 4 40 2007 Summe: 37.101 47.627 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2008 1 31.480 31.480 2 4.692 9.384 3 585 1.755 4 473 1.892 5 254 1.270 6 122 732 7 42 294 8 20 160 9 11 99 10 6 60 2008 Summe: 37.685 47.126 Drucksache 21/9072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2009 1 32.648 32.648 2 4.708 9.416 3 549 1.647 4 400 1.600 5 217 1.085 6 108 648 7 39 273 8 18 144 9 11 99 10 5 50 11 1 11 12 1 12 2009 Summe: 38.705 47.633 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2010 1 33.959 33.959 2 5.016 10.032 3 596 1.788 4 393 1.572 5 214 1.070 6 99 594 7 30 210 8 14 112 9 8 72 10 2 20 12 1 12 13 1 13 2010 Summe: 40.333 49.454 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9072 7 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2011 1 37.926 37.926 2 5.492 10.984 3 712 2.136 4 423 1.692 5 220 1.100 6 109 654 7 35 245 8 13 104 9 3 27 10 3 30 12 1 12 13 1 13 2011 Summe: 44.938 54.923 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2012 1 39.936 39.936 2 5.931 11.862 3 764 2.292 4 464 1.856 5 218 1.090 6 120 720 7 45 315 8 14 112 9 2 18 10 3 30 12 1 12 13 1 13 2012 Summe: 47.499 58.256 Drucksache 21/9072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 8 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2013 1 42.224 42.224 2 6.285 12.570 3 848 2.544 4 531 2.124 5 289 1.445 6 132 792 7 41 287 8 20 160 9 4 36 10 4 40 11 1 11 12 1 12 13 1 13 2013 Summe: 50.381 62.258 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2014 1 46.949 46.949 2 6.855 13.710 3 1.073 3.219 4 690 2.760 5 402 2.010 6 214 1.284 7 59 413 8 31 248 9 10 90 10 3 30 11 2 22 12 1 12 2014 Summe: 56.289 70.747 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9072 9 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2015 1 55.646 55.646 2 7.596 15.192 3 1.591 4.773 4 1.247 4.988 5 695 3.475 6 294 1.764 7 89 623 8 40 320 9 12 108 10 6 60 11 4 44 12 1 12 2015 Summe: 67.221 87.005 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2016 1 57.630 57.630 2 7.885 15.770 3 1.732 5.196 4 1.487 5.948 5 936 4.680 6 406 2.436 7 153 1.071 8 56 448 9 27 243 10 11 110 11 5 55 2016 Summe: 70.328 93.587 Drucksache 21/9072 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 10 Jahr Anzahl Personen der BG Anzahl BGs Anzahl Personen 2017 1 47.615 47.615 2 6.524 13.048 3 875 2.625 4 730 2.920 5 471 2.355 6 215 1.290 7 65 455 8 30 240 9 14 126 10 3 30 11 2 22 2017 Summe: 56.544 70.726 Daten ohne SGB II Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9072 11 9072ska_Text 9072ska_Anlage