BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9077 21. Wahlperiode 19.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Boeddinghaus (DIE LINKE) vom 11.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Demokratische und transparente Elternratsarbeit – Wie stellt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde dies sicher? In der öffentlichen Sitzung des Elternratsgremiums unter Anwesenheit der Schulleitung der Irena-Sendler-Stadtteilschule am 24. April 2017 stellte ein Elternratsmitglied dem Elternratsvorstand die Frage, ob es stimme, dass eine Geschäftsordnung in der Entwurfsfassung vorläge. Der Elternratsvorstand antwortete darauf, dass eine intern erarbeitete Entwurfsfassung durch den Elternratsvorstand zur rechtlichen Prüfung an die Rechtsabteilung der Hamburger Schulbehörde übersandt wurde. Trotz schriftlicher Aufforderung auf Offenlegung hat der Elternratsvorstand der Irena-Sendler-Stadtteilschule den Elternratsmitgliedern die an die Hamburger Schulbehörde übersandte Entwurfsfassung der Geschäftsordnung vorenthalten. Drei ordentlich gewählten und amtierenden Elternratsmitglieder der Irena- Sendler-Stadtteilschule in Hamburg-Wellingsbüttel wandten sich daraufhin am 27. April 2017 schriftlich an die Hamburger Schulbehörde mit der Bitte um rechtliche Prüfung dieses Vorganges und dem Auskunftsersuchen, ob der Vorstand damit womöglich gegen die ihm obliegende Rechenschaftspflicht gegenüber dem gesamten Elternratsgremium verstoßen hat. Zudem baten die drei Elternratsmitglieder die Schulbehörde um kurzfristige Veranlassung, dass der dreiköpfige Elternratsvorstand die Entwurfsfassung der Geschäftsordnung mit sofortiger Wirkung dem 18-köpfigen Elternratsgremium offenlegen muss. Der Leiter der Rechtsabteilung der Hamburger Schulbehörde antwortete den drei Elternratsmitgliedern der Irena-Sendler-Stadtteilschule per E-Mail am 10. Mai 2017 wie folgt: „Sehr geehrter …........, für die Behörde für Schule und Berufsbildung beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt: Die Behörde für Schule und Berufsbildung hält sich und die Schulleitungen nicht für befugt, interne Angelegenheiten von Elternräten oder Schülerräten zu kommentieren. Diese Regeln ihre internen Geschäfte grundsätzlich selbst. Es sind dies Gremien der Interessenwahrnehmung, die aus juristischen Laien bestehen, in denen vielbeschäftigte Mütter und Väter in ihrer Freizeit wichtige Arbeit für die Schulen und die Interessen ihrer Kinder leisten. Des- Drucksache 21/9077 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 halb sollten diese Gremien sich auf die inhaltliche Arbeit und nicht hoch komplexe Fragen der Geschäftsordnung konzentrieren, die vielleicht vor einem Schwurgericht oder bei der Wahl eines Parlamentes angemessen sind. Unbedingt gewahrt werden müssen auch in den schulischen Gremien die demokratischen Grundsätze des gleichen Stimmengewichtes („one man one vote“), das Rederecht für alle Mitglieder vor endgültigen Beschlüssen (z.B. Anträgen an die Schulleitung) und das Prinzip der Mehrheitsentscheidung. Sollten diese Prinzipien verletzt sein, hätte die Schulleitung im Interesse eines diskriminierten Elternratsmitgliedes einzuschreiten. Dafür sehe ich hier keine Veranlassung. Durchschrift dieses Schreibens gelangt über die Schulleitung an den Elternrat der Schule. Mit freundlichen Grüßen Rechtsabteilung“ Ich frage den Senat: Die Mütter und Väter, die an Hamburger Schulen ehrenamtlich als Elternvertreter, im Elternrat, dem Kreiselternrat oder der Elternkammer mitwirken, nehmen wichtige Mitbestimmungsrechte im Interesse ihrer Kinder wahr und leisten einen wertvollen Beitrag zur Qualitätsentwicklung der Schulen. Die internen Angelegenheiten werden von den Elternräten selbst verantwortet. Bei Meinungsdifferenzen innerhalb der Elternschaft garantiert die Schulleitung die Mitwirkungsrechte auch der Eltern, die in der Minderheit sind. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie stellt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde sicher, dass Eingaben und Anfragen von einzelnen Elternratsmitgliedern, die an sie gerichtet sind, unbedingt vertraulich behandelt werden? 2. Gehört es zur ständigen Praxis des Senates beziehungsweise der zuständigen Behörde, Eingaben und rechtliche Anfragen, die von einzelnen Elternratsmitgliedern an sie gerichtet wurden, direkt an die entsprechenden Schulleitungen und Elternratsgremien weiterzugeben? Da so im obig geschilderten Verfahren geschehen: Auf welcher rechtlichen Grundlage hat der Leiter der Rechtsabteilung der Schulbehörde die Schulleitung und das gesamte Elternratsgremium der Irena-Sendler- Stadtteilschule über die Eingabe von drei Elternratsmitgliedern schriftlich informiert? Werden Eingaben und Anfragen von Eltern unter der konkreten Bezugnahme auf die Mitgliedschaft im Elternrat an die für Bildung zuständige Behörde herangetragen, ist eine vertrauliche Behandlung des Themas im Sinne einer Erörterung, die allein zwischen dem anfragenden Elternteil und einem Behördenvertreter stattfindet, schon aufgrund von § 103 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) nicht statthaft. Danach hat eine wechselseitige Unterrichtung der schulischen Gremien untereinander sowie gegenüber der Schulleitung stattzufinden. Dieser Grundsatz folgt auch aus dem für alle Elternratsmitglieder geltenden gesetzlichen Mandat gemäß § 72 Absatz 2 HmbSG, das ein Zusammenwirken mit den Akteuren jedenfalls innerhalb der Grenzen der Schulöffentlichkeit explizit vorsieht. Eine vertrauliche Behandlung von elternratsrelevanten Themen würde dieser Zielsetzung zuwiderlaufen. Soweit Themen innerhalb eines schulischen Gremiums vertraulich zu behandeln sind, kann dies gemäß § 105 Absatz 1 Nummer 2 HmbSG im Einzelfall gesondert beschlossen werden. Die Verpflichtung zu dienstlichen Auskünften bleibt aber auch dann unberührt. 3. Ist ein in Anlehnung an das Hamburgische Schulgesetz aus dem Kreis des Elternratsgremiums gewählter Vorstand zu jeder Zeit den Elternratsmitgliedern gegenüber rechenschaftspflichtig? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9077 3 Wenn nein, in welchen Fällen und mit welcher rechtlichen Begründung jeweils? 4. Welche Rechtsfolgen ergeben sich, wenn ein aus dem Kreis des Elternratsgremiums gewählter Vorstand den Elternratsmitgliedern gegenüber seiner Rechenschaftspflicht nicht nachkommt, Auskünfte verweigert und Unterlagen nicht offenlegt? Elternräte regeln ihre internen Geschäfte im Rahmen der Selbstverantwortung grundsätzlich selbst. Gesetzliche Regelungen zum Elternratsvorstand ergeben sich darüber hinaus aus § 74 Absatz 1 HmbSG, der aber zu den Rechten und Pflichten des Vorstands – und damit auch zu einer Rechenschaftspflicht – schweigt. 5. Liegt der Rechtsabteilung der Hamburger Schulbehörde der Entwurf einer Geschäftsordnung vor, die ihm der Elternratsvorstand der Irena- Sendler-Stadtteilschule mit der Bitte um rechtliche Prüfung übersandt hat? Wenn ja, warum hat die Schulbehörde die Schulleitung der Irena- Sendler-Stadtteilschule nicht dazu aufgefordert, dass der Elternratsvorstand die Entwurfsfassung der Geschäftsordnung gegenüber dem Elternratsgremium offenlegen muss? Ja, der Entwurf einer Geschäftsordnung liegt der zuständigen Behörde mit der Bitte um rechtliche Prüfung vor. Die für Bildung zuständige Behörde sieht jedoch von einer Prüfung ab, da sie nicht befugt ist, in die Geschäftsordnungsprozesse eines selbstverantworteten Elternrats einzugreifen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend – durch das Handeln des Elternrats keine Verletzung demokratischer Grundsätze und schulgesetzlicher Vorgaben droht. 6. Teilt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Auffassung ihrer Rechtsabteilung, dass Fragen der Geschäftsordnung „hoch komplex “ seien, die „vielleicht vor einem Schwurgericht oder bei der Wahl eines Parlamentes angemessen sind“, aber offenbar nicht zum regulären Geschäft eines Elternrates gehören? Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage geschieht dies? Wenn nein, wie gedenkt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde diesen Zielkonflikt zu lösen? Damit hat sich der Senat nicht befasst. 7. Gehört es zur ständigen Praxis, dass Elternräte sich eine Geschäftsordnung geben? An wie vielen Schulen wird so verfahren? Der regelmäßig schul- und gremienintern stattfindende Prozess, ob und – falls ja – mit welchem Umfang und Inhalt eine Geschäftsordnung innerhalb des Elternrats geboten erscheint, wird statistisch nicht gesondert erfasst, da dies nicht in die Zuständigkeit der für Bildung zuständigen Behörde fällt. 8. Wenn ein Elternrat sich eine Geschäftsordnung geben möchte, wer erarbeitet sie und von wem wird sie nach welchem Quorum beschlossen? Wie sieht dabei die Arbeitsteilung/Verantwortung zwischen dem Vorstand des Elternrates und des gesamten Gremiums im Einzelnen aus? Bitte rechtlich erläutern. Als Mitwirkungsorgan der Elternschaft befindet der Elternrat selbst über die Erforderlichkeit einer Geschäftsordnung. Verfahrensgrundsätze, insbesondere die gesetzlichen Vorgaben zu den einzelnen Arbeits- und Entscheidungsprozessen sowie der Beschlussfähigkeit, ergeben sich aus § 74 HmbSG und den §§ 102 fortfolgende HmbSG.