BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9108 21. Wahlperiode 23.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 15.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Staatsvertrag mit den Muslimen – Artikel 13 Schlussbestimmungen Im November 2012 hat der Senat einen Staatsvertrag mit den islamischen Religionsgemeinschaften Hamburgs geschlossen. Aufgrund schwerwiegender Verfehlungen einiger Vertragspartner ist das Traktat seither immer wieder in die Kritik geraten, mit der Folge, dass mittlerweile von verschiedenen Seiten Stimmen nach einer Aufkündigung laut wurden. Aus diesem Grund verlangen zahlreiche Bürger der Stadt nach Klarheit. Da der Vertragstext an vielen Stellen nicht präzise formuliert ist, sondern stets einen gewissen Interpretationsspielraum lässt, wird der Senat dazu aufgefordert, im Folgenden Präzisierungen vorzunehmen. In Artikel 13 des Staatsvertrages heißt es: (1) Dieser Vertrag tritt mit der Zustimmung der Bürgerschaft in Kraft. (2) Die Vertragsparteien werden auf die umfassende Verbreitung und Kenntnis der Vereinbarungen dieses Vertrages bei ihren Organen und Mitgliedern sowie in der Öffentlichkeit hinwirken. Sie stehen einander zur Erläuterung von Verhaltensweisen und Äußerungen ihrer Organe und Mitglieder zur Verfügung, die Inhalte dieser Vereinbarung berühren. Auf begründetes Verlangen einer Vertragspartei stehen sie auch für öffentliche Erklärungen zur Verfügung. (3) Die Vertragsparteien werden nach Ablauf von zehn Jahren Gespräche mit dem Ziel aufnehmen, im Lichte der gewonnenen Erfahrungen über diesen Vertrag und die Notwendigkeit von Änderungen und Ergänzungen zu verhandeln. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Fragesteller unterstellt mit der Vorbemerkung neben einer behaupteten Unklarheit der Verträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften auch schwerwiegende Verfehlungen einzelner Vertragspartner, ohne diese aber zu belegen. Auch die behauptete Unklarheit des Bedeutungsgehalts einzelner Vertragsbestimmungen besteht tatsächlich nach Auffassung des Senats nicht. Entsprechend der Tradition der bereits mit anderen Konfessionen geschlossenen religionsverfassungsrechtlichen Verträge sind auch die Verträge mit DITIB, SCHURA und VIKZ sowie der Alevitischen Gemeinde in ihren Inhalten eher zurückhaltend ausgestaltet und bestätigen und bekräftigen im Wesentlichen bereits bestehende Rechte und Pflichten. Sie unterscheiden sich von den Verträgen mit den körperschaftlich organisierten Religionsgesellschaften aber aufgrund der Tatsache, dass bei diesen der Aspekt der Rechtstreue bereits die Grundlage für die Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bildete. Einzelne Gesichtspunkte der gemeinsam anerkannten Wertegrundlagen sind ausdrücklich geregelt worden, um ihrer zum Drucksache 21/9108 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung erkannten Virulenz im politischen und gesellschaftlichen Diskurs Rechnung zu tragen. Der Senat hat mit der Vorlage der Verträge zur Zustimmung durch die Bürgerschaft umfassend die Ausgangslage und die Bedeutung auch der Einzelregelungen dargelegt und begründet, siehe Drs. 20/5830. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie oft ist Paragraph 2 von Artikel 2 bereits dahin gehend in Kraft getreten , dass der Senat den islamischen Religionsgemeinschaften die im Staatsvertrag festgeschriebenen Verhaltensweisen erläutert hat? Der Senat geht davon aus, dass Artikel 13 Absatz 2 Satz 2 gemeint ist. Diese Regelung ist zusammen mit dem gesamten Vertrag nach Zustimmung der Bürgerschaft in Kraft getreten. Sie zielt im Übrigen nicht darauf ab, einer Vertragspartei durch eine andere Vertragspartei die Inhalte des Vertrages zu erläutern, sondern darauf, dass eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Bedarf bestimmte Vorkommnisse erläutert. Dies ist im Rahmen der geführten Gespräche (hierzu siehe 21/7840, 21/8833 und 21/9106) verschiedentlich erfolgt. Eine quantitative Auswertung der angesprochenen Themen liegt dem Senat nicht vor. 2. Wie haben solche Erläuterungen bereits öffentlich stattgefunden? Siehe Drs. 21/9040. 3. Wie sieht der Senat die bislang gewonnen Erfahrungen über den Staatsvertrag , insbesondere auch in Hinblick auf die fortwährenden Skandale der DITIB-Nord und des Islamischen Zentrums Hamburg? 4. Warum hält der Senat trotz des skandalösen Verhaltens der genannten Organisationen unbeirrt an dem Vertrag fest? Siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/4035 und 21/9107. 5. Warum enthält der Vertrag keinen Artikel über etwaige Konsequenzen, die bei Nichteinhaltung die in ihm festgeschriebenen Regeln definiert? Wie auch die Verträge mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie mit der jüdischen Gemeinde enthalten die Verträge mit den muslimischen Religionsgemeinschaften keine Sanktionsregeln, weil die Vertragsparteien dies bei Abschluss der Verträge aufgrund ihres besonderen Charakters als religionsverfassungsrechtliche Verträge nicht für erforderlich gehalten haben.