BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9110 21. Wahlperiode 23.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 15.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Werden die Bundestagswahlen barrierefrei, ohne Menschen mit Behinderung auszuschließen, durchgeführt werden? Noch immer können circa 85.000 Menschen in Deutschland nicht an Wahlen teilnehmen. Diese Wahlrechtsausschlüsse betreffen zum einen Menschen, bei denen die Betreuung in allen Angelegenheiten angeordnet wurde. Zum anderen geht es um Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen, die sich aufgrund einer strafgerichtlichen Anordnung im Maßregelvollzug befinden . Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung hat im Rahmen seiner Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention die Bundesrepublik Deutschland dahin gehend kritisiert. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein haben 2016 die Wahlrechtsausschlüsse auf Landesebene aufgehoben. Darüber hinaus gibt es viele praktische Barrieren, die Menschen mit Behinderungen an der gleichberechtigten Ausübung des Wahlrechts hindern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Menschen in Hamburg sind laut § 13 Bundeswahlgesetz von Wahlrechtsausschlüssen betroffen? Bitte nach Grund aufschlüsseln. In Hamburg sind nach dem Melderegister mit Stand vom 16. Mai 2017 insgesamt 233 Personen vom aktiven Wahlrecht nach § 13 Bundeswahlgesetz (BWahlG) ausgeschlossen . Davon 123 Personen nach § 13 Nummer 2 BWahlG und 110 Personen nach § 13 Nummer 3 BWahlG. 2. Teilt der Senat die Besorgnis des UN-Fachausschusses bezüglich der diskriminierenden Wirkung von Wahlrechtsausschlüssen? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Der Senat hat eine Bewertung nicht vorgenommen; die Verfassungsgemäßheit der Wahlausschlussgründe in § 13 Nummer 2 und 3 BWahlG ist Gegenstand einer beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Wahlprüfungsbeschwerde (2 BvC 62/14). 3. Welche Vorkehrungen und Maßnahmen hat der Senat bisher ergriffen, damit die nächsten Wahlen (Bürgerschafts-, Bezirks- und Bundestagswahlen ) barrierefrei gestaltet und leicht zu verstehen und zu handhaben sein werden? a. Welche den barrierefreien Zugang weiter verbessernden Vorkehrungen und Maßnahmen wird der Senat im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl ergreifen? Drucksache 21/9110 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. Sind hierzu Anregungen oder Aufforderungen, beispielsweise durch Interessensverbände oder die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, an den Senat herangetragen worden, oder wurden mit solchen Gespräche geführt? Wenn ja, bitte genauer beschreiben. Die Wahlorganisation befindet sich unmittelbar in der Vorbereitung der Wahl zum Deutschen Bundestag am 24. September 2017. Dabei wird angestrebt, die Anzahl der barrierefreien oder teilweise barrierefreien Wahllokale weiter zu erhöhen. In Bezug auf die Stimmzettelschablone wurde bereits Kontakt mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg e.V. aufgenommen. Über die wahlrechtlich vorgeschriebenen Maßnahmen hinaus wird in bewährter Praxis die Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen bei der Ausgestaltung der Wahlbenachrichtigung und der Anleitung für die Briefwahl beteiligt. Zudem wird der Geschäftsanweisung für die Wahlvorstände ein Merkblatt des Bundeskompetenzzentrums Barrierefreiheit e.V. („Tipps für Wahlhelferinnen und Wahlhelfer zum Umgang mit Wählerinnen und Wählern mit Behinderung“) angefügt. 4. Inwiefern wird bei der Überprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung einer Wahl auch der Frage nachgegangen, ob diejenigen Vorschriften, die Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Wahlteilnahme ermöglichen sollen, gesetzeskonform angewendet worden sind? In Umsetzung des Ersuchens in der Drs. 20/13780 wird in dem zur jeweiligen Wahl erstellten Erfahrungsbericht des Landeswahlleiters unter einem eigenen Gliederungspunkt umfassend zur Barrierefreiheit berichtet. 5. Gibt es von Senatsseite Überlegungen, dem Beispiel der genannten Bundesländer folgend Wahlausschlüsse auf Landesebene aufzuheben? Wenn ja, bitte genauer beschreiben. Wenn nein, warum nicht? Nach der Staatspraxis in Hamburg werden Wahlrechtsänderungen im Grundsatz nicht vom Senat initiiert, siehe im Übrigen Drs. 21/8767.