BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9111 21. Wahlperiode 23.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 15.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Fluggastdatenspeicherung und Änderung des Straßenverkehrsgesetzes im Bundesrat – Ein schwarzer Tag für den Datenschutz mit Zustimmung der Freien und Hansestadt Hamburg? Der Bundesrat hat am 12.05.2017 in seiner 957. Plenarsitzung mit Zustimmung zur BR.-Drs. 333/17 die Fluggastdatenspeicherung – eine Art Vorratsdatenspeicherung für Flugreisende – beschlossen. Mit diesem Gesetz soll EU-Richtlinie 2016/681 umgesetzt werden und dabei teilweise noch über die Anforderungen dieser Richtlinie hinausgehen. Die Airlines haben nunmehr die Pflicht, unter anderem Name, Anschrift, genutzte Zahlungsmittel, Sitzplatz und Mitreisende der Passagiere von Flügen an eine zentrale Fluggastdatenstelle zu übermitteln, wo diese sechs Monate personalisiert und weitere viereinhalb Jahre „depersonalisiert“, aber relativ leicht wieder personenbeziehbar, gespeichert werden. Damit wird massiv in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen eingegriffen. Dabei wurde das Gesetz verabschiedet, obgleich noch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum PNR-Abkommen (Passenger Name Record ) mit Kanada aussteht, welches die Vereinbarkeit dieser Form der Vorratsdatenspeicherung mit dem in Artikel 8 der EU-Grundrechtecharta verankerten Recht auf Schutz der eigenen Daten grundlegend klären dürfte. Die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff , hatte gefordert, zumindest dieses Urteil abzuwarten.1 Entsprechende Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Europäischen Grundrechtecharta und angesichts des ausstehenden EuGH-Urteils hatte auch der Rechtsausschuss des Bundesrats, dem der Hamburger Justizsenator vorsitzt , geäußert.2 Ebenfalls am 12.05.2017 stimmte der Bundesrat über eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes ab, welche der Schaffung rechtlicher Grundlagen für das automatisierte beziehungsweise „autonome“ Fahren dienen soll. Dem neuen § 63a StVG zufolge sollen nun Zeit- und vor allem Ortsangaben eines Fahrzeugs bei jedem Wechsel von eigenhändiger zu automatisierter Steuerung und vice versa in der Regel für mindestens sechs Monate gespeichert werden. Unter anderem Prof. Dr. Johannes Caspar, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit (HmbBfDI), hatte in 1 Vergleiche https://www.heise.de/newsticker/meldung/Datenschuetzerin-Gesetz-zur- Fluggastdatenspeicherung-aufschieben-3692936.html 2 Vergleiche BR.-Drs. 161/1/17. Drucksache 21/9111 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 diesem Zusammenhang gewarnt: „Findet (…) häufiger ein Wechsel zwischen Fahrer und Technik statt, wovon gerade bei neuen Systemen auszugehen ist, dann können sich die aufgezeichneten Daten zu einem Bewegungsprofil verdichten.“3 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Über die wichtigsten Ergebnisse der 957. Sitzung des Bundesratssitzung sind die Fraktionsvorsitzenden und Parlamentarischen Geschäftsführer der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien am 12. Mai 2017, wie üblich direkt im Anschluss an die Sitzung am Nachmittag, informiert worden. Dazu gehört auch das Abstimmungsverhalten Hamburgs zu den Vorlagen zu TOP 11 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/681 BR.-Drs. 333/17 und zu TOP 27 Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes BR.-Drs. 299/17. Bei dem von der Fragestellerin angeführten TOP 12 handelt es sich nicht um das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (BR.-Drs. 299/17), sondern um das Erste Gesetz zur Änderung des Europol-Gesetzes (BR.-Drs. 334/17 (neu)). Die von der Fragestellerin angeführte BR.-Drs. 299/17 ist unter TOP 27 verhandelt worden. Die entsprechenden Informationen sind überdies im Transparenzportal verfügbar und leicht recherchierbar. Anders als die Fragestellerin behauptet, soll mit der Änderung des Straßenverkehrsgesetzes nicht die Rechtsgrundlagen für das „autonome“ Fahren, sondern eine rechtlich sichere Grundlage dafür geschaffen werden, dass Kraftfahrzeuge mit weiterentwickelten automatisierten Systemen im öffentlichen Verkehr in der Form eingesetzt und genutzt werden können, dass der Fahrzeugführer dem technischen System in bestimmten Situationen die Fahrzeugsteuerung übergeben kann. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) im Bundesratsplenum am 12.05.2017 zu I. Tagesordnungspunkt 11, 333/17 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/681, II. Tagesordnungspunkt 12, 299/17 (...) Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes jeweils abgestimmt? Siehe Drs. 21/9089. 2. Hat die FHH im Bundesratsplenum am 12.05.2017 zum oben genannten TOP 11 eine Anrufung des Vermittlungsausschusses beantragt oder dieser zugestimmt? Wenn nein, warum nicht und wie hat sie sich dann in dieser Frage verhalten ? Wie man dem Protokoll der Bundesratssitzung vom 12. Mai 2017 (einsehbar unter www.bundesrat.de) leicht entnehmen kann, befand sich der Tagesordnungspunkt 11 in der sogenannten Grünen Liste, sodass nicht gesondert über ihn abgestimmt wurde. Ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses lag nicht vor. 3. In welchem Umfang wurde der HmbBfDI vom Senat in die Beratung der Gesetzentwürfe zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/681 und zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) eingebunden? Welche Empfehlungen hatte er dem Senat hierzu gegeben? (Bitte entsprechende Stellungnahmen gegebenenfalls beifügen.) In Bezug auf das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/681 hat die zuständige Behörde den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfrei- 3 Vergleiche http://www.handelsblatt.com/my/politik/deutschland/gesetz-zum-autonomenfahren -big-brother-wird-beifahrer/19775790.html. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9111 3 heit (HmbBfDI) eingebunden. Dieser hat sich mit Stellungnahme vom 23. März 2017 kritisch zu dem Gesetzentwurf geäußert. In Bezug auf das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (BR.-Drs. 299/17) wurde der HmbBfDI im Vorwege über die beabsichtigte Gesetzesänderung durch die zuständige Behörde informiert. Eine Stellungnahme oder Empfehlung seitens des HmbBfDI in Anknüpfung an die Übermittlung ist nicht erfolgt.