BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9155 21. Wahlperiode 23.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Nebahat Güçlü (fraktionslos) vom 17.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Versorgungsangebote im Bereich der Tages- und Altenpflege für Menschen mit Migrationshintergrund Rund ein Drittel der in Hamburg lebenden Menschen haben einen Migrationshintergrund . Immer mehr von ihnen erreichen das Rentenalter.1 In der aktuellen Rahmenplanung der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) heißt es: „Besonders stark wird die Zahl der Hilfe- und Pflegebedürftigen mit Migrationshintergrund zunehmen“.2 Die Etablierung einer kultursensiblen Altenpflege ist daher unablässig, um auf die Bedürfnisse älterer Migranten und Migrantinnen angemessen reagieren zu können. Insbesondere bei der Betreuung von Demenzkranken ist die Möglichkeit zur muttersprachlichen Verständigung für die Pflegenden und Gepflegten von großer Bedeutung. Eigene Recherchen ergaben jedoch, dass in Hamburg lediglich neun Einrichtungen im Bereich der Tages- und Altenpflege, darunter zwei Seniorentreffs, explizit kultursensible Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund haben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1) Wie plant die BGV die Einrichtung kultursensibler Angebote künftig zu fördern? a) Im Bereich der Altentagesstätten und Seniorentreffs Die 84 Seniorentreffs in Hamburg sind Teil der bezirklichen offenen Seniorenarbeit. Zuständig für die Planung und Förderung dieser offenen Seniorenarbeit sind die Bezirksämter (Fachämter für Sozialraummanagement). Für die offene Seniorenarbeit stellt die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz den Bezirksämtern jährliche Finanzmittel über eine Rahmenzuweisung zur Verfügung. Die Nutzung der Seniorentreffs steht allen älteren Menschen offen. Gemäß Ziffer 1.2 der Globalrichtlinie zur bezirklichen offenen Seniorenarbeit in der Freien und Hansestadt Hamburg sollen alle Angebote (insbesondere auch Seniorentreffs) kultursensible Bedürfnisse in der Seniorenarbeit berücksichtigen sowie dazu beitragen, den interkulturellen Austausch zu ermöglichen. Ein breites interkulturelles Angebot ist in den folgenden Seniorentreffs zu finden: Seniorentreff Mekan, Seniorentreff LIMAN, Nachbarschaftsheim St. Pauli, Ree-Wee- Haus, Seniorentreff Dulsberg. Daneben gibt es weitere acht Seniorentreffs, die ebenfalls Begegnungsangebote oder feste Gruppen für Menschen mit Migrationshintergrund anbieten. 1 Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (2015): Rahmenplanung der pflegerischen Versorgungsstruktur bis 2020, 11. 2 Ebenda, 26. Drucksache 21/9155 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b) Im Bereich der stationären Einrichtungen Siehe Rahmenplanung der Pflegerischen Versorgungstruktur bis 2020 (http://www.hamburg.de/contentblob/4654514/47f67ae5ae666806745c1e58e3c85993/ data/pflegerische-versorgungsstruktur-2020-broschuere.pdf). 2) In der Rahmenplanung wird unter anderem empfohlen „klar erkennbare Angebote mit spezieller Ausrichtung“3 zu schaffen. Plant der Senat dem nachzukommen? Falls ja, wie gedenkt der Senat die Empfehlung umzusetzen? Falls nein, warum sieht der Senat keinen (weiteren) Handlungsbedarf? Die Empfehlung richtet sich an die Träger von Pflegeeinrichtungen. Wenn Wohn- oder Hausgemeinschaften geschaffen werden sollen, kann dies mit Zuschüssen für Neubauten und bauliche Anpassungsmaßnahmen gemäß der Richtlinie zur Förderung von kleinräumigen, quartiersorientierten Wohn- und Versorgungsformen vom 28.12.2015 unterstützt werden. 3) Auf welcher Grundlage ist die BGV zu dem Ergebnis gelangt, dass Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund nur zurückhaltend genutzt werden?4 Welche Ursachen sieht der Senat für die verhaltene Reaktion? Siehe Antwort zu 1) b). 4) Gibt es, über die Auflage von Broschüren und Flyern hinaus, Instrumente , die derzeit oder künftig genutzt werden sollen, um etwaige Informationsdefizite bei der Zielgruppe der älteren Migranten und Migrantinnen und ihren Angehörigen zu beheben? Beratung in der Muttersprache, die interkulturell ausgerichtet ist, ist ein Ansatzpunkt, die Pflege in Familien mit Migrationshintergrund zu stärken. Im Pflegestützpunkt Harburg ist – nicht nur für Harburg – eine muttersprachliche Beratung in Russisch, Türkisch und Farsi möglich. In mehreren Bezirksämtern ist in den Pflegestützpunkten und Beratungszentren für ältere, behinderte und pflegebedürftige Menschen muttersprachliche Kompetenz in mehreren Sprachen bei der Pflegebedürftigkeitsfeststellung vorhanden . Die interkulturelle Beratungskompetenz in den Pflegestützpunkten soll weiter ausgebaut werden. In Bezirken mit Netzwerken für Migrantinnen und Migranten (zum Beispiel in Altona und Harburg) sind die Beraterinnen und Berater der Pflegestützpunkte aktiv miteingebunden . Sie stehen Einrichtungen und Organisationen für Migrantinnen und Migranten auch als Referenten für Veranstaltungen zur Verfügung. Außerdem werden durch die Pflegestützpunkte in den Bezirken regelmäßig, überwiegend in Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen und/oder -netzwerken, zielgruppenspezifische Informationsveranstaltungen zu unterschiedlichen Pflege- und Vorsorgethemen organisiert und durchgeführt. Hierzu gehört auch das Thema Demenz. In den Jahren 2015 und 2016 haben insgesamt 19 dieser Veranstaltungen für Migrantinnen und Migrantinnen stattgefunden . Alle Maßnahmen haben das Ziel, Informationsdefizite abzubauen und auf bestehende Beratungs-, Betreuungs-, Hilfe- sowie Pflegeangebote aufmerksam zu machen. 5) Wie plant die BGV die rechtliche Betreuung der Zielgruppe zu verbessern ? Die zuständige Behörde fördert seit dem 1. Januar 2013 den Betreuungsverein MiA e.V. – Migranten in Aktion. Es gehört unter anderem zu den Aufgaben des Trägers, ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer mit Migrationshintergrund zu gewinnen. In Vorbereitung ist darüber hinaus ein Informationsblatt in elf Sprachen zur rechtlichen Betreuung. 3 Ebenda, 23. 4 Ebenda, 49. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9155 3 6) Welche Fortschritte sind bei der Netzwerkarbeit der BGV mit Migranten als Akteuren in dem Feld zu verzeichnen? Auf welche Beratungs- und Begleitangebote können Migranten als Akteure der Altenhilfe und -pflege derzeit zurückgreifen? 7) Wie genau stellen sich die Pflegestützpunkte den Themen Migration und Demenz? Siehe Antwort zu 4). 8) Wann ist mit einer ersten Bewertung des Projekts Gönüllü zu rechnen? Der Abschlussbericht des Projekts mit einer Bewertung der Träger (HAMBURGISCHE BRÜCKE – Gesellschaft für private Sozialarbeit e.V., Türkischen Gemeinde in Hamburg und Umgebung e.V. (TGH) und SeniorPartner Diakonie) liegt der zuständigen Behörde vor und wird derzeit fachlich ausgewertet.