BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9164 21. Wahlperiode 23.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg und Daniel Oetzel (FDP) vom 17.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Kinder und Jugendliche mit Essstörungen Es gibt immer wieder Meldungen, dass Kinder und Jugendliche in Hamburg immer öfter unter Essstörungen leiden und/oder deutliches Über- oder Untergewicht haben. Wir fragen den Senat: 1. Wie viele Kinder und Jugendliche waren in den Jahren 2011 – 2016 in Hamburg wegen Essstörungen in Behandlung? Bitte nach Jahren und möglichst nach Altersgruppen aufschlüsseln. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht der wegen einer Essstörung (Hauptdiagnose) in den Hamburger Krankenhäusern behandelten Kinder und Jugendlichen. Für Krankenhausfälle mit einer Essstörung in der Nebendiagnose sowie Patientinnen und Patienten , die ambulant oder teilstationär versorgt werden, liegen keine Zahlen vor. Vollstationäre Krankenhausfälle in den Hamburger Krankenhäusern mit einer Essstörungen (ICD F50) (Hauptdiagnose), hier: Kinder und Jugendliche in Fünf-Jahres- Altersgruppen 2011 2012 2013 2014 2015 unter 5 Jahre 5 1 3 5 bis unter 10 Jahre 9 2 7 5 3 10 bis unter 15 Jahre 36 76 58 72 59 15 bis unter 20 Jahre 83 103 112 145 119 Quelle: Krankenhausdiagnosestatistik der BGV Bei den dargestellten Zahlen handelt es sich um Krankenhausfälle. Personen, die mehrfach im Jahr mit der gleichen Diagnose behandelt werden, können mehrfach in der Statistik gezählt werden. Die Zahlen für das Jahr 2016 liegen noch nicht vor. 2. Ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen in Hamburg, die wegen Essstörungen in Behandlung sind, höher oder niedriger als in Deutschland? Woran liegt das gegebenenfalls? Hierzu liegen der für Gesundheit zuständigen Behörde keine Vergleichsdaten vor. 3. Gibt es Erkenntnisse zur Dunkelziffer, also dazu, wie viele Kinder und Jugendliche unter Essstörungen leiden, aber nicht in Behandlung sind? Wenn ja, welche? Wenn nein, ist geplant, hierzu Studien durchzuführen? Nein. Drucksache 21/9164 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Wie viele Kinder und Jugendliche hatten in Hamburg seit 2011 ein deutliches Über- oder Untergewicht? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Zu Übergewicht und Untergewicht liegen der zuständigen Behörde Daten der einzuschulenden Hamburger Kinder aus der schulärztlichen Dokumentation vor. Die entsprechenden Anteile sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Übergewicht und Untergewicht zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Übergewicht 11,0% 11,1% 10,2% 10,4% 10,1% 10,1% Untergewicht 7,4% 7,7% 8,2% 8,3% 8,7% 8,8% Quelle: Schulärztliche Dokumentation Zu den Kriterien für die Definition von Übergewicht und Untergewicht bei Kindern siehe Drs. 20/11103. Zu Über- und Untergewicht bei Hamburger Jugendlichen liegen keine Daten vor. 5. Welche Therapieangebote gibt es in Hamburg für Kinder und Jugendliche mit Essstörungen? 6. Welche Therapieangebote gibt es in Hamburg für über- und untergewichtige Kinder und Jugendliche? Die Beratung bei und Behandlung von Essstörungen muss den zugrunde liegenden multiplen Ursachen Rechnung tragen. In Hamburg stehen entsprechend unterschiedliche Therapieangebote für Kinder und Jugendliche mit Essstörungen zur Verfügung. Grundsätzlich stehen Menschen mit Essstörungen sowie Menschen mit gesundheitsgefährdenden Gewichtsproblemen alle Regel- und Spezialangebote der klinischen und ambulanten Versorgung sowie der psychosozialen Beratung zur Verfügung. Stationäre oder teilstationäre Angebote: Das Asklepios Klinikum Harburg verfügt über ambulante, teilstationäre und stationäre Behandlungsangebote für anorektische und bulimische Patientinnen und Patienten und auch für Kinder und Jugendliche, die psychisch krank und zusätzlich adipös sind. In der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Evangelischen Krankenhauses Alsterdorf gibt es ein Behandlungskonzept für Kinder im Säuglings-, Kleinkind - und Vorschulalter mit Fütter- und Essstörungen. Kinder mit Über- oder Untergewicht zwischen null und 13 Jahren werden voll- oder teilstationär behandelt, wenn die Gewichtsproblematik komorbid mit anderen psychischen Störungen auftritt . Im Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift stehen in der kinder- und jugendpsychiatrischen , psychotherapeutischen und psychosomatischen Abteilung Behandlungsplätze für an Essstörungen Erkrankte zur Verfügung. Für adipöse Kinder und Jugendliche und übergewichtige Kinder bietet das Katholische Kinderkrankenhaus Wilhelmstift eine multidisziplinäre Behandlung an. Das Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) stellt für Kinder und Jugendliche mit Essstörungen sowohl somatische als auch psychische und psychosomatische Angebote in Diagnostik und Therapie durch seine Klinik und Poliklinik für Kinder - und Jugendmedizin (Kinderklinik) und seine Klinik und Poliklinik für Kinderund Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik (KJP) zur Verfügung. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie des UKE bietet die Behandlung von unter- oder übergewichtigen Kindern (nur) dann an, wenn die Betroffenen eine relevante kinder - und jugendpsychiatrische Symptomatik aufweisen. Auch in der im UKE etablierten Ambulanz für seelisch erkrankte Kinder und Jugendliche werden Kinder und Jugendliche mit Essstörungen entsprechender Genese behandelt. Darüber hinaus ist auf die Angebote im ambulanten Bereich der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutinnen und -Psychotherapeuten zu verweisen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9164 3 Beispielhaft als ambulante Therapiegruppen zu nennen sind auch die Gesundheitsbeziehungsweise Präventionsprogramme für Kinder, Jugendliche und Eltern durch MobyKids, Rallye Energy, angeleitete Gruppen durch das Projekt sMUTje/therapiehilfe e.V. und Kajal e.V. sowie Schulung und Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern im Programm „Minus XXL“ des Katholischen Kinderkrankenhauses Wilhelmstift.