BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9172 21. Wahlperiode 26.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (DIE LINKE) vom 18.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Bunker Feldstraße (III) – (Rot-)Grünes Mäntelchen über 60 Metern Beton Entgegen allen Einwänden und Vorbehalten von Stadtplanern/-innen und Denkmalschützern/-innen, Umwelt- und Verkehrsexperten/-innen und selbst aus dem Bezirk Hamburg-Mitte hält der Senat an seinem Vorhaben fest, den Bunker auf dem Heiligengeistfeld zu einem Eventcenter zu machen. Grün soll er werden, doch zuvor wird der Baumbestand um das Gebäude gefällt. Ein Anziehungspunkt soll er werden, doch die Bewohnerschaft in der näheren Umgebung sieht den verkehrlichen und ökologischen Auswirkungen mit Grauen entgegen. Der historischen Bedeutung dieses Kriegsdenkmals soll er gerecht werden, doch Menschen mit historischem, authentischem Blick erkennen in den Plänen nichts anderes als die Schaffung eines Disneylands. Dabei sind viele, allzu viele Fragen ungeklärt, bisher unbeantwortet oder stellen sich nach den neuesten Entwicklungen neu. Ich frage den Senat: 1. Der Eingabenausschuss der Bürgerschaft hat in seinem Antwortschreiben auf Petitionen aus dem Karoviertel am 16. Februar 2017 die Position des Senates mitgeteilt, wonach für eine Genehmigung der Bunkeraufstockung nach § 34 BauGB das Gebiet „Heiligengeistfeld/Baublock 111- 003“ als passendes Referenzgebiet heranzuziehen sei. Da nach § 34 BauGB „Art und Maß der Bebauung“ von Bedeutung sind, stellen sich folgende Fragen: a. Welche Grundflächenzahl (GRZ) und welche Geschossflächenzahl (GFZ) hat das Grundstück, auf dem sich der Hochbunker befindet, zurzeit? Für das Baugrundstück (Flurstück 1656) beträgt die Grundflächenzahl (GRZ): 0,42 und die Geschossflächenzahl (GFZ): 2,40. b. Welche GRZ und welche GFZ besitzt der Baublock 111-003 (Heiligengeistfeld ) zurzeit? Der Baublock hat zurzeit eine GRZ von 0,18 und eine GFZ von 0,67. c. Welche GRZ und welche GFZ besitzen die Einzelgrundstücke innerhalb des Baublocks 111-003, das heißt aufgeschlüsselt für die Grundstücke Rindermarkthalle, Wirtschaftsgymnasium, Recyclinghof , FC. St. Pauli, Schwimmhalle Bäderland, Telekom-Gebäude, Freifläche Heiligengeistfeld, Polizeigebäude am St. Pauli Stadion, U- Bahn-Station Feldstraße? Drucksache 21/9172 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Flurstück im Baublock 111 003 (nach ALKIS) Nutzung Grundfläche Gebäude (qm) nach ALKIS Fläche des Grundstückes (qm) GRZ GFZ 1656 Industrie und Gewerbe (Bunker Bestand) 4.378 10.528 0,42 2,40 1632 Industrie und Gewerbe (Tankstelle) 149 1.414 0,11 0,11 1633 Festplatz 263 151.067 0,00 0,00 1626 Polizei 699 950 0,74 1,47 1288 Versorgungsanlage, Funkund Fernmeldewesen (Telekom-Gebäude) 3.366 6.385 0,53 3,76 1755 Sportanlage (Stadium + Harald-Stender-Platz) 15.441 35.764 0,43 1,95 1747 Sportanlage 306 15.726 0,02 0,02 1334+1336+1 340+ 1829+1830 Erholung, Bad 2.156 5.172 0,42 0,42 1744 Bildung und Forschung (Wirtschaftsgymnasium) 6.014 19.110 0,31 0,96 1729 Gemischte Nutzung (Rindermarkthalle) 15.316 31.136 0,49 1,45 1314 Mischnutzung (Gaststätte, Werkstatt) 746 1.189 0,63 0,63 1624 Verwaltung (Recyclinghof) 301 3.289 0,09 0,09 1623 Industrie und Gewerbe (U-Bahn) 1.077 1.283 0,84 0,84 1728+1730+1 731 Fahrweg 0 298 0,00 0,00 1656 Industrie und Gewerbe (Bunker nach Umbau, neu fünf Geschosse mit 12.034 m² BGF) 6.851 10.528 0,65 3,91 d. Welche GRZ und welche GFZ besitzt der Bunker auf Basis der bisherigen Baugenehmigung? Siehe Antwort zu 1. a. e. Welche Nutzungsarten (Art der Nutzung) inklusive unversiegelter Freiflächen mit Angabe der jeweiligen Größe (in Quadratmetern und in Prozent der GFZ) sind auf den einzelnen Teil-Grundstücken des Baublocks 111-003 aktuell zu finden? Die in der Tabelle zu 1. c. enthaltenen Werte der Grundflächen beziehen sich auf die vorhandenen baulichen Anlagen. Angaben über die Versiegelung der verbleibenden freien Grundstücksflächen liegen der zuständigen Behörde nicht vor. f. Welche Nutzungsarten (Art der Nutzung) inklusive unversiegelter Freiflächen mit Angabe der jeweiligen Größe (in Quadratmetern und in Prozent GFZ) sollen nach der jetzt beantragten, gegebenenfalls bereits erteilten Baugenehmigung auf dem Bunkergrundstück in Zukunft zulässig sein? Flächenangaben für die Flächen innerhalb des Gebäudes (BGF einschließlich Nebenflächen der Nutzungen): Nutzungsart qm Bunkermuseum 241 Hotel 6.143 Sportclub 927 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9172 3 Nutzungsart qm Stadtteilfläche 272 Parkgastronomie 467 Sport und Freizeithalle 2.659 Theater 276 Musiknutzung 277 Stadtgarten 1.410 Freie Nutzfläche 291 2. Nach BVerwG 4 B 50.08, OVG für das Land Nordrhein-Westfalen – 19.06.2008, wird der Begriff „nähere Umgebung“ wie folgt erläutert: „Berücksichtigt werden muss die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit , als die Umgebung den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>). Welcher räumliche Bereich hiernach die „nähere Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist, lässt sich deshalb nicht schematisch, sondern nur nach der jeweiligen tatsächlichen städtebaulichen Situation bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grund-stück eingebettet ist (Beschluss vom 28. August 2003 - BVerwG 4 B 74.03)“. a. Mit welcher Begründung wurden Grundstücke nördlich der Feldstraße von der Betrachtung als „nähere Umgebung“ ausgeschlossen? b. Mit welcher Begründung sind im Bereich Karolinenviertel keinerlei Auswirkungen des Bauwerks zu erwarten? Der Hochbunker liegt im Baublock 111-003. Es wurden die Verhältnisse innerhalb des konkreten Baublockes beurteilt. Dieser ist durch einzelne Sonderbauten geprägt. Neben dem Hochbunker sind die Rindermarkthalle, das Millerntor Stadion, das Hochhaus der Telekom, das Bäderland St. Pauli sowie die Berufsschule vorhanden. Die gegenüberliegende Bebauung wurde bei der Beurteilung nicht ausgeschlossen. Im Übrigen siehe Drs. 21/6577 und 21/8151. 3. Wie verhält es sich mit der Nullvariante und ihrer Haushaltsrelevanz für Hamburg? a. Wie sieht die Null-Variante aus, das heißt, welche Folgen für den Hamburgischen Haushalt hätten eine Nicht-Verlängerung des Pachtvertrages und eine Rückübertragung des Gebäudes im Jahre 2053 an die Stadt Hamburg? b. Von welchen Netto-Mieteinnahmen geht die Stadt Hamburg aus (ohne Berücksichtigung von Inflation) bei einer Vermietung von 17.500 m2 Geschossfläche abzüglich Unterhaltskosten x Jahre der Pachtverlängerung? c. Wann und durch wen wurden die Zahlen der Nullvariante ermittelt, wo ist die Kalkulation einsehbar? d. Wurde die Nullvariante den Fraktionen in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte vorgestellt und erläutert? Wenn ja, wann und wo? Wenn nein, warum nicht? Nach Ablauf des bisherigen Erbbaurechts im Jahr 2053 kann dieses gegebenenfalls gegen ein entsprechendes Entgelt verlängert oder ein neues Erbbaurecht bestellt, das Gebäude auf Kosten der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) abgerissen oder dieses im Rahmen stadtwirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Ziele mit einer Entschädigung des Erbbauberechtigten weiter verwendet werden. Im Übrigen hat sich der Senat mit theoretischen Optionen im Jahr 2053 bisher nicht näher befasst. Drucksache 21/9172 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 e. Welchen Begrünungsumfang hätte der Einsatz der oben genannten Mittel (siehe 3.2.) nach Anzahl zu pflanzender Bäume im innerstädtischen Bereich über das Programm „Mein Baum – Meine Stadt“? Eine Baumpflanzung kostet ab 1.000 Euro bis zu circa 3.000 Euro. Die Pflanzkosten variieren vornehmlich durch den Aufwand zur Herstellung der Pflanzgrube, der Pflanzung selber mit Herstellung der Baumscheibe und den Baumkosten (Art-Sorte, Alter, Verfügbarkeit). Daher kann keine ordentliche Schätzung vorgenommen werden. 4. Zum Verkehrskonzept a. Warum wurde das Verkehrskonzept zur Bunkeraufstockung nicht „vor“ Erteilung einer Baugenehmigung erstellt und mit Anwohnern/ -innen und Bezirkspolitikern/-innen diskutiert? b. Von welcher maximalen Anzahl an Tagestouristen/-innen sowie von welcher Anzahl an Jahresbesuchern/-innen wird in Bezug auf den Dachgarten seitens der Genehmigungsbehörde ausgegangen? c. Wie sieht das Konzept für die Anfahrt und Abwicklung von Touristen -/-innenbusverkehr aus? d. Wie sieht das Konzept aus, um Parkplatzsuchverkehr im Karolinenviertel zu unterbinden? Die Vorschriften über Stellplätze für Kraftfahrzeuge und Fahrradplätze (§ 48 HBauO und § 49 HBauO) wurden in die baurechtliche Prüfung des Vorhabens miteinbezogen. Ein Großteil der Besucher wird die sehr gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit den Haltestellen U-Bahnhof Feldstraße und St. Pauli sowie die MetroBus-Linien 3 und 6 nutzen. Erfahrungen haben gezeigt, dass auch Großveranstaltungen mit einem hohen Verkehrs- beziehungsweise Personenaufkommen bewältigt werden können. Es ist beabsichtigt, die durch den Bunker verursachte Verkehrssituation nach Inbetriebnahme zu untersuchen. Das Bezirksamt Hamburg- Mitte strebt ein Konzept an, das die Auswirkungen des Vorhabens auf die Verkehrssituation des Karolinenviertels feststellt und mögliche Maßnahmen benennt, die spätestens ein Jahr nach Fertigstellung des Baus umgesetzt werden sollen. Im Übrigen siehe Drs. 21/8151. 5. Zum Windgutachten a. Warum wurde das Windgutachten zur Bunkeraufstockung nicht „vor“ Erteilung einer Baugenehmigung erstellt und mit Anwohnern/-innen, Domreferat und Bezirkspolitikern/-innen diskutiert? Es ist gängige Verwaltungspraxis, dass der Standsicherheitsnachweis (der im vorliegenden Fall ein Windgutachten über die Bepflanzung auf dem Dach enthalten muss), später im Rahmen eines Ergänzungsbescheides genehmigt wird. b. Für wie gefährlich wird der Tunneleffekt auf der Fluchtetage, Level 00, eingestuft? Bei welchen Windverhältnissen muss dieser Bereich aus Sicherheitsgründen gesperrt werden? c. Ab welcher Windgeschwindigkeit wird der Dachgarten für Besucher /-innen gesperrt sein? An wie vielen Tagen im Jahr sind diese Windverhältnisse in Hamburg durchschnittlich anzutreffen? Sollte die Prüfung der bautechnischen Nachweise ergeben, dass eine Anpassung des Sicherheitskonzeptes erforderlich wird, erfolgt dies im Rahmen eines Ergänzungsbescheides . 6. Ist die Baugenehmigung mittlerweile erteilt worden? Falls ja: wann und mit welchen Inhalten (Geschossigkeit, Gesamthöhe, Baumasse beziehungsweise Quadratmeter-Nutzfläche, Nutzungen, zu errichtende Stellplätze, gestundete Stellplätze, Denkmalschutz, ...)? Ja, am 6. April 2017. Inhalte der Baugenehmigung sind zum Beispiel: Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9172 5 Geschossigkeit: zusätzlich fünf Geschosse Gesamthöhe: 60,56 m Baumasse beziehungsweise Quadratmeter-Nutzfläche: für die Aufstockung: 12.034 m² Bruttogeschossfläche (BGF) Nutzungen: Versammlungsstätte, Hotel, Ateliers Sportstätte und Park auf dem Dach zu errichtende Stellplätze: Es entsteht durch die Nutzung im Neubau ein Mehrbedarf von 378 Stellplätzen (§ 48 Absatz 1 HBauO). gestundete Stellplätze: Mit der Baugenehmigung wurden keine Kfz.-Stellplätze gestundet. Ein Antrag auf Stundung befindet sich noch in der Prüfung. Denkmalschutz: Die Baugenehmigung schließt die Genehmigung nach §§ 8, 9 und 11 des Denkmalschutzgesetzes in der geltenden Fassung für die Veränderungen an unbeweglichen Denkmälern, Gebäudegruppen und Gesamtanlagen ein. Die Genehmigung enthält Auflagen bezüglich des bestehenden Bunkergebäudes