BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9181 21. Wahlperiode 26.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 19.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Schwarzfahren in Hamburg (II) Schwarzfahren ist kein Kavaliersdelikt. So sind den Verkehrsunternehmen des HVV in den vergangenen Jahren rund 20 Millionen Euro Einnahmen jährlich durch das Erschleichen von Beförderungsleistungen entgangen. Zum Beantwortungszeitpunkt meiner vorherigen Anfrage zu diesem Thema (Drs. 21/7689) Ende Januar dieses Jahres wollte oder konnte der Senat einige der Fragen nicht vollständig beantworten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) wie folgt: 1. Wie viele Fahrgäste wurden 2016 und im laufenden Jahr 2017 bei Kontrollen des ÖPNV in Hamburg ohne gültigen Fahrausweis angetroffen und wie viele konnten nachträglich eine persönliche Fahrkarte vorlegen? Bitte für beide Jahre getrennt sowie nach Verkehrsmitteln und Verkehrsunternehmen aufschlüsseln. Jahr Feststellungen Hochbahn Nachträglich vorgezeigt Feststellungen S-Bahn Nachträglich vorgezeigt Feststellungen VHH* Nachträglich vorgezeigt 2015 56.729 9.215 124.805 19.361 10.813 wird seitens der VHH nicht statistisch ermittelt 2016 43.694 6.952 111.741 19.490 11.189 2017 19.303 (Jan.-März) 2.166 (Jan.-März) 35.738 (Jan.-April) 5.974 (Jan.-April) 3.218 (Jan.-März) *Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH Aufgrund von verstärkten Einsätzen von Prüfpersonal im Sicherheitsbereich wegen der Terroranschläge in 2016 sind die Angaben nur bedingt vergleichbar. Daher wurden die Angaben von 2015 mitaufgeführt. 2. Wie hat sich die Schwarzfahrerquote im ÖPNV in Hamburg seit 2011 entwickelt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Jahr Prozentanteil der Schwarzfahrer an den Gesamtfahrgästen im HVV (Quote in %) 2011 5,0 2012 3,5 2013 3,6 2014 3,7 2015 3,8 2016 4,2 Drucksache 21/9181 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die Schwarzfahrerquote (Anteil der Fahrgäste ohne gültigen Fahrausweis) hat sich demnach von 5 Prozent im Jahr 2011 auf 4,2 Prozent in 2016 reduziert. 3. Wie hoch war die Summe der wegen Schwarzfahrens im ÖPNV in Hamburg a) verhängten Bußgelder, b) gezahlten Bußgelder im Jahr 2016 und im laufenden Jahr 2017? Bitte für beide Jahre getrennt sowie nach Verkehrsmitteln und Verkehrsunternehmen aufschlüsseln. * Der Bereich der VHH wird über die HOCHBAHN abgewickelt. Daten für die Jahre 2016 – 2017 liegen derzeit nicht vor. 4. Wie hat sich die Anzahl der Kontrolleure im ÖPNV seit 2011 entwickelt? Bitte jahresweise sowie nach Verkehrsunternehmen aufschlüsseln und die Beschäftigtenzahl und die Zahl der Vollzeitäquivalente angeben. Die Anzahl der eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergibt sich aus der Vorgabe des HVV für die zu leistenden Prüfstunden. Der HVV gibt jährliche Mindestprüfstunden vor (siehe Antwort zu 5.), die nach der Fahrgastentwicklung fortgeschrieben werden. Eine genaue Zahl der Prüfdienstmitarbeiterinnen und Prüfdienstmitarbeiter kann allerdings nicht für alle Verkehrsunternehmen angegeben werden. Dies resultiert aus sogenannten Mischarbeitsplätzen der Sicherheitsdienste beziehungsweise Fahrdienste bei der S-Bahn Hamburg und der VHH. Die Hamburger Hochbahn-Wache führte in den Jahren 2011 bis 2015 die Fahrkartenüberprüfung bei der HOCHBAHN durch. Insgesamt waren rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Verfolgung von Schwarzfahrern beschäftigt. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in Vollzeit tätig. 5. Wie haben sich die zu leistenden Prüfstunden bei den Fahrkartenprüfungen im ÖPNV seit 2011 entwickelt? Bitte jahresweise sowie nach Verkehrsunternehmen aufschlüsseln. In den Jahren 2011 bis 2017 hat sich die Zahl der Prüfstunden (Mindestvorgabe HVV) wie folgt entwickelt: HOCHBAHN HADAG VHH S-Bahn AKN 2011 111.500 1.800 24.600 71.400 2.200 2012 119.900 1.800 25.000 71.400 2.200 2013 122.100 2.000 26.000 71.400 2.500 2014 126.700 2.080 27.300 71.400 2.490 2015 128.600 2.090 27.700 71.400 2.520 2016 130.000 2.140 28.000 71.400 2.570 2017 131.700 2.160 28.400 71.400 2.590 6. Die Beförderungserschleichung stellt den Hauptanwendungsfall des Erschleichens von Leistungen gemäß § 265a StGB dar. Wie viele Ermittlungsverfahren gemäß § 265a StGB wurden 2016 und im laufenden Jahr 2017 eingeleitet? Bitte für beide Jahre getrennt sowie nach Verkehrsunternehmen aufschlüsseln. Statistiken zu eingeleiteten Ermittlungsverfahren werden bei der Polizei nicht geführt. Die statistische Erfassung von Straftaten erfolgt bei der Polizei nach den bundeseinheitlichen Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) mit Abschluss aller polizeilichen Ermittlungen durch die für die abschließende Bearbeitung Jahr Hochbahn verhängte Bußgelder Hochbahn gezahlte Bußgelder S-Bahn verhängte Bußgelder S-Bahn gezahlte Bußgelder VHH* verhängte Bußgelder VHH* gezahlte Bußgelder 2016 1.903.000 € 1.201.000 € 3.942.000 € 1.976.000 € k.A. k.A. 2017 1.274.000 € (Jan.-April) 633.000€ (Jan.-April) k.A. k.A. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9181 3 zuständige Dienststelle bei Abgabe eines Ermittlungsvorgangs an die Staatsanwaltschaft . Die PKS ist auf Jahresauswertungen ausgelegt. Innerhalb eines Berichtsjahres unterliegt der PKS-Datenbestand einer ständigen Pflege, zum Beispiel durch Hinzufügen von nachträglich ermittelten Tatverdächtigen oder der Herausnahme von Taten, die sich im Nachhinein nicht als Straftat erwiesen haben. Zur begrenzten Aussagekraft unterjähriger Daten siehe Drs. 20/10680. In der PKS werden Straftaten gemäß § 265a Strafgesetzbuch unter dem PKS- Schlüssel 515000 erfasst, darunter fallen – als Teilmengen – die PKS-Schlüsselnummern 515001: „Beförderungserschleichung“ und 515079: „Sonstiges Erschleichen von Leistungen“. Für das Jahr 2017 werden die kumulativen Zahlen einschließlich April 2017 genannt, siehe nachstehende Tabelle: PKS-Schlüssel 515000 515001 515079 2016 8.641 8.390 251 2017 3.125 (Jan – April) 3.036 (Jan – April) 89 (Jan – April) Eine differenzierte Erfassung nach Verkehrsunternehmen im Sinne der Fragestellung erfolgt in der PKS nicht. Zur Beantwortung dieser Frage wäre die händische Durchsicht mehrerer Tausend Ermittlungsakten des erfragten Zeitraums bei der Polizei erforderlich. Dieses ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Es wurde folgende Anzahl von Ermittlungsverfahren eingeleitet, in welchen im Vorgangsverwaltungs - und Vorgangsbearbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft Hamburg als Tatvorwurf (unter anderem) § 265a StGB erfasst ist1: Az.- Jahrgang Anzahl Js- Verfahren Anzahl UJs- Verfahren Anzahl Beschuldigte 2016 9135 58 9279 20172 3603 20 3630 Der Umstand, welches Verkehrsunternehmen die jeweilige Beförderung durchgeführt hat, wird nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage müssten insoweit sämtliche zugehörigen Akten ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 7. Wie viele Personen wurden wegen Erschleichens von Leistungen seit 2011 a) zu Geldstrafen, b) zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung, c) zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt? 1 Alle Angaben bezüglich MESTA stehen unter dem Vorbehalt der vollständigen und richtigen Erfassung. Bei der Auswertung der am heutigen Tage abgefragten Zahlen ist festzustellen, dass diese teilweise von den Zahlen abweichen, die im hiesigen Antwortbeitrag vom 26.01.2017 zur Drs. 21/7689 aufgeführt sind. Eine schlüssige Erklärung für diesen Umstand lässt sich nicht geben. Es mag an dem genauen Inhalt der mit der Abfrage verbundenen Programmierung durch die IT-Abteilung oder an dem Umstand liegen, dass es sich um einen dynamischen Datenbestand handelt, der permanent Löschungen, Überschreibungen und Änderungen unterliegt. 2 Stichtag auch im Folgenden: 24.05.2017. Drucksache 21/9181 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bitte jahresweise sowie nach Verkehrsunternehmen aufschlüsseln. Die Strafverfolgungsstatistik weist für die Jahre 2011 bis 2016 folgende Verurteilungen aufgrund § 265 a StGB aus: Jahr Verurteilung zu einer Geldstrafe Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung 2011 2012 45 11 2012 1592 40 0 2013 1124 18 2 2014 1150 16 5 2015 783 8 3 2016 790 13 6 Die Strafverfolgungsstatistik wird einmal jährlich vom Statistikamt Nord erstellt und liegt für das Jahr 2017 noch nicht vor. Der Umstand, welches Verkehrsunternehmen die jeweilige Beförderung durchgeführt hat, wird nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage müssten insoweit sämtliche zugehörigen Akten ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 8. Wie viele Personen, die wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe verurteilt wurden, haben im Jahr 2016 und im laufenden Jahr 2017 Ersatzarbeitsstunden abgeleistet? Bitte für beide Jahre getrennt sowie nach Verkehrsunternehmen aufschlüsseln. Siehe Drs. 21/4939. 9. Wie viele zu Geldstrafen verurteilte Personen haben 2016 und im laufenden Jahr 2017 eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt? Bitte für beide Jahre getrennt sowie nach Verkehrsunternehmen aufschlüsseln. Der Umstand, welches Delikt einer Haft zugrunde liegt, wird über das Gefangenenverwaltungsprogramm BASIS-Web (Buchungs- und Abrechnungssystem für den Strafvollzug) nicht als statistisch auswertbares Merkmal erfasst. Zur Beantwortung der Frage ist eine personenbezogene Einzelfallauswertung notwendig. Da es sich zudem um einen lebenden Datenbestand handelt, ist eine valide Auswertung lediglich für den aktuellen Stichtag (23. Mai 2017) und nicht für die Historie möglich: Am 23. Mai 2017 waren 14 Personen inhaftiert, bei denen in BASIS-Web jedenfalls unter anderem § 265a StGB als zugrunde liegendes Delikt notiert ist. Dabei ist zu beachten, dass bei der Abfrage in BASIS-Web auch diejenigen Gefangenen gezählt werden, die neben dem § 265a StGB wegen anderer Straftatbestände ihre Strafe in einer JVA verbüßen. Für den vollständigen erfragten Zeitraum ließe sich die Frage nur im Wege der Auswertung sämtlicher Gefangenenakten beantworten. Hierbei handelt es sich um mehrere Tausend Akten. Dies ist in der für die Beantwortung Parlamentarischer Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Der Umstand, welches Verkehrsunternehmen die jeweilige Beförderung durchgeführt hat, wird in BASIS-Web ebenfalls nicht erfasst. Zur Beantwortung der Frage müssten insoweit sämtliche zugehörigen Akten ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Im Übrigen siehe Drs. 21/7689. 10. Plant der HVV für das laufende Jahr wieder einen „Prüfmarathon“? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann und inwiefern werden Veränderungen im Vergleich zu den vorherigen beiden Prüfmarathons vorgenommen? Auch im Jahr 2017 wird es voraussichtlich einen „HVV-Prüfmarathon“ geben. Geplant ist die Durchführung am 7. Juni 2017. Im Vergleich zu den Vorjahren wird es Veränderungen an den Standorten geben, die dann mit der Presseerklärung bekanntgegeben werden.