BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/919 21. Wahlperiode 03.07.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 26.06.15 und Antwort des Senats Betr.: Wer kontrolliert den Kontrolleur? Skandal bei der Hamburger Westerweiterung darf sich nicht wiederholen Nach aktuellen Medienberichten steht ein Mitarbeiter der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) unter Verdacht, ein Hafenausbauprojekt für eine Viertelmilliarde Euro aus eigenem Interesse mehr als ein Jahr hinaus verzögert zu haben. Es geht dabei um seine Stellungnahmen zu Betriebslärmgutachten , die zu der von EUROGATE bereits 2009 beantragten Erweiterung der Großschiffsliegeplätze notwendig waren. Ziel ist die Vergrößerung der Umschlagskapazitäten. Die Verzögerung geschah ohne die Behördenleitung zu informieren und nun ist die Situation eskaliert, denn der Mitarbeiter soll selbst zu den betroffenen Anwohnern am Hafen gehören. Durch dieses Handeln werden die gesamte Westerweiterung und der notwendige Ausbau eines Drehkreises für Schiffe von mehr als 400 m Länge im Hamburger Hafen unnötig verzögert und die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens weiter geschwächt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wann und in welchem Rahmen hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde Kenntnis von dem möglichen Fehlverhalten des Mitarbeiters in der BSU erlangt? 2. Welche Kenntnisse hatten der zuständige Amtsleiter und der zuständige Senator zu welchem Zeitpunkt? Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat auf Behördenleitungs- und Amtsebene im Februar 2015 von entsprechenden Vorhaltungen Kenntnis bekommen. Im Übrigen berühren die Fragen ein laufendes Verfahren mit personalrechtlichen Inhalten, zu denen sich der Senat in ständiger Praxis nicht äußert. 3. Welche Hinweise gab es wann und gegenüber welcher zuständigen Stelle über Beschwerden von EUROGATE zu den Verzögerungen bei den Stellungnahmen von der BSU? Warum wurde vonseiten der Behörde nicht bereits Anfang November 2014, nach der Krisensitzung mit dem damaligen Staatsrat der Wirtschaftsbehörde, etwas unternommen? Mit einer E-Mail vom 3. September 2014 an den Staatsrat der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) unterrichtete das Unternehmen EUROGATE über ein angeblich zögerliches Verhalten bei der Beurteilung der projektbedingten Lärmauswirkungen durch die zuständige Behörde. Diese Vorhaltungen wiederholte das Unternehmen EUROGATE in einer weiteren E-Mail vom 27. Oktober 2014 an den seinerzeitigen Staatsrat der BWVI und in einem daraufhin anberaumten Gespräch Anfang November 2014 unter Beteiligung der BSU, der BWVI und der Hamburg Port Authority (HPA). In dem vorgenannten Gespräch Anfang November verständigten sich die Drucksache 21/919 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Behörden mit dem Unternehmen EUROGATE einvernehmlich darauf, dass und inwiefern die bisherige gutachterliche Beurteilung der Lärmauswirkungen zu ergänzen sei. Daraufhin wurde das Verfahren weitergeführt. 4. Welche Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften sind nun Folge des möglichen Fehlverhaltens des Mitarbeiters und der Verzögerungen der Behörde (bitte genau begründen)? 5. Wie hoch sind die Einnahmeausfälle, die durch die Verzögerung der Genehmigung entstanden sind für welche Unternehmen? Wann wird nun eine Genehmigung der Westerweiterung erwartet? 6. Welche Aufwendungen sind EUROGATE aus den Verzögerungen und durch die Mehrarbeit entstanden und wer wird dafür haften? 7. Wie werden sich die Verzögerungen auf den Ausbau des Drehkreises für Schiffe vor dem Waltersdorfer Hafen auswirken? Wie hoch wird der Schaden beziffert? Die Möglichkeit eines Verstoßes gegen tarifvertragliche Verpflichtungen wird sorgfältig geprüft. Aus Sicht der zuständigen Behörden hat es keine vermeidbare Verzögerung gegeben, die ursächlich für entsprechende Einnahmeausfälle sein könnte. Ob und wann das Projekt „Westerweiterung des Containerterminal Hamburg (CTH)“ zugelassen werden wird, lässt sich erst nach Abschluss des gegenwärtig laufenden planfeststellungsbehördlichen Planergänzungsverfahrens abschätzen. 8. Wie wird der Senat künftig sicherstellen, dass solch ein Fehlverhalten von Behördenmitarbeitern und mögliche Verstöße gegen Gesetze nicht mehr vorkommen werden? 9. Welche Konsequenzen hat der Senat aus dem Fall gezogen beziehungsweise wird der Senat aus den Vorgängen in dem Fall ziehen (bitte genau erläutern)? 10. Wann und wie wird der Senat die Bürgerschaft über den Schaden und die Konsequenzen aus dem Fall informieren? 11. Welche verpflichtenden Regelungen gibt es bisher für Behördenmitarbeiter , um Interessenskonflikte auszuschließen? 12. Werden städtische Mitarbeiter schriftlich dazu verpflichtet, Interessenskonflikte anzuzeigen? 13. Werden bei Maßnahmen des Infrastrukturausbaus schriftliche Erklärungen zum Ausschluss von Interessenskonflikten abgegeben? Wenn ja, wer gibt diese wann wem gegenüber ab? Wenn nein, warum nicht? Der Senat hält die geltenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen in den §§ 20 und 21 des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie die flankierenden dienst- und tarifrechtlichen Regelungen zum Umgang mit möglichen oder tatsächlichen Interessenkollisionen für ausreichend. Es ist Sache der Bediensteten beziehungsweise Beschäftigten und im Rahmen der Dienstaufsicht der Dienststellen, deren Einhaltung zu gewährleisten. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 14. Sieht es der Senat vor dem Hintergrund des oben genannten Falls als sinnvoll an, die Kompetenzen zur Kontrolle und Genehmigung von Umweltauflagen mit Bezug zu Unternehmen im Hafenbereich an die HPA zu verlagern? Wenn nein, warum nicht? Nein. Der HPA als Anstalt öffentlichen Rechts obliegt nach dem Gesetz über die Hamburg Port Authority (HPA-Gesetz) die Entwicklung, Erweiterung und Bewirtschaf- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/919 3 tung des Hamburger Hafens. Die HPA ist also Trägerin von Vorhaben und kann deshalb nicht Zulassungsentscheidungen in eigener Sache treffen. 15. Warum wurden Bürgerschaft und Öffentlichkeit nicht über den Sachverhalt informiert? Zur Information von Bürgerschaft und Öffentlichkeit bestand kein Anlass. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 16. Gab es in den Jahren 2005 – 2015 weitere Fälle in Behörden, bei denen Mitarbeiter Interessenskonflikte nicht oder verspätet angezeigt haben? Wenn ja, welche mit welchen Folgen und welche Projekte waren davon betroffen? Die Behörden führen keine Statistik im Sinne der Fragestellung. Für die Beantwortung wäre die Beteiligung aller Organisationseinheiten sämtlicher Behörden und Bezirksämter erforderlich. Dieses ist weder in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit noch valide über den abgefragten Zeitraum möglich.