BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9199 21. Wahlperiode 30.05.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 22.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Vermeidung von Drogentoten durch Notfallmedikament Naloxon Naloxon ist ein Notfallmedikament, das bei einer akuten Opioid-Vergiftung (zum Beispiel Überdosis) eingesetzt werden kann. Rechtzeitig verabreicht, können zum Beispiel ein Atemstillstand oder Langzeitschäden verhindert werden. Wichtig ist hierbei, möglichst umgehend Erste Hilfe zu leisten und Verzögerungen zum Beispiel bis zum Eintreffen eines Rettungswagens zu vermeiden. In Deutschland gibt es in einigen Städten (unter anderem Fixpunkt Berlin oder Condrobs e.V. München) zum Teil langjährige Projekte, die Opiatkonsumenten /-innen in Erster Hilfe trainieren und in diesem Rahmen auch die Anwendung von Naloxon vermitteln. Teilnehmende bekommen dann ein Naloxon-Notfall-Kit ausgehändigt (Naloxon-Take-Home). Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Bei wie vielen der Hamburger Drogentoten, die durch eine monovalente oder polyvalente Vergiftung mit Opioiden zu Tode kamen, ist von einer Überdosierung auszugehen? (Bitte aufschlüsseln für die Jahre 2012 – 2016.) In der Statistik über die Zahl der Drogentoten sind für Hamburg nachstehende Daten über monovalente und polyvalente Vergiftungen durch Opioide und Opiate mit Todesfolge verzeichnet: Jahr monovalent polyvalent 2012 8 23 2013 12 30 2014 9 16 2015 13 19 2016 15 27 gesamt 57 115 In welchen Fällen eine Überdosierung todesursächlich war, wird nicht gesondert statistisch erfasst. 2. In welchen Situationen und an welchen Orten kam es zu tödlichen Überdosierungen ? Bitte aufschlüsseln nach: öffentlicher Raum, allein im häuslichen Umfeld, in Gegenwart Dritter im häuslichen Umfeld, in Einrichtungen der Drogenhilfe. Statistiken im Sinne der Frage werden bei der Polizei nicht geführt. Die Beantwortung würde eine händische Auswertung von mehr als hundert Handakten erfordern. Eine Drucksache 21/9199 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 derartige Auswertung ist in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Wie oft wurden Drogenkonsumenten/-innen mit einer Überdosierung notärztlich oder durch Rettungssanitäter mit Naloxon behandelt und wie viele der Behandelten überlebten? (Bitte aufschlüsseln für die Jahre 2012 – 2016.) Medikamentengaben werden bei der Feuerwehr nicht erfasst und können daher nicht ausgewertet werden. 4. Auch bei Menschen, die opiathaltige Arzneimittel verschrieben bekommen , kann es zu versehentlichen Überdosierungen kommen. Bitte bei den folgenden Fragen Angaben machen für die Jahre 2012 – 2016. a. Bei wie vielen Patienten/-innen in Hamburg kam es zu Überdosierungen ? Wie viele der Überdosierungen verliefen tödlich? Siehe Antwort zu 2. b. Wie vielen Patienten/-innen wurde Naloxon als Notfallmedikation (prophylaktisch) verschrieben? c. Bei wie vielen Patienten/-innen mit einer Überdosierung wurde von medizinischen Laien Naloxon als Notfallmedikament verabreicht? d. Bei wie vielen Patienten/-innen mit einer Überdosierung wurde Naloxon durch medizinische Fachkräfte verabreicht? Hierüber liegen keine Informationen vor. Die Verschreibung als auch die Verabreichung von Naloxon als Notfallmedikation wird statistisch nicht erfasst. 5. Welche Modellprojekte zur Naloxonvergabe an Opiatkonsumenten/ -innen sind dem Senat in Deutschland bekannt? In Berlin wurde im Jahr 2005 die Notfallprophylaxe in das Berliner Projekt „Drogenkonsumräume “ des Trägers Fixpunkt integriert. Zuvor gab es in Berlin ein mehrjähriges Modellprojekt des Trägers Fixpunkt „Drogennot- und -todesfallprophylaxe einschließlich der Vergabe von Naloxon an Drogenabhängige“. In Bayern hatte der Träger CONDROBS e.V. ein sogenanntes Naloxonprojekt gestartet , dieses ist jedoch mangels Rechtssicherheit, ob Naloxon durch medizinische Laien überhaupt verabreicht werden darf, vorerst eingestellt. Im Saarland ist ein Projekt zur Naloxonvergabe mit dem Drogenhilfezentrum in Saarbrücken geplant. Angedacht ist zunächst eine Laufzeit von zwei Jahren. Der Drogenhilfeträger idh in Frankfurt bietet Schulungen zur Verwendung von Naloxon für Konsumentinnen und Konsumenten, deren Partnerinnen und Partner, Freundinnen und Freunden sowie für Angehörige und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von niedrigschwelligen Einrichtungen an. Im Rahmen eines JES-Selbsthilfeprojektes finden in NRW an einzelnen Standorten Schulungen zum Verhalten bei Drogennotfällen inklusive der Verwendung von Naloxon als Notfallmedikament statt. Nähere Informationen zu den Modellprojekten liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 6. Wie beurteilt der Senat diese Projekte fachlich, vor allem im Hinblick auf eine Risikominderung (harm reduction) für Opiatkonsumenten/-innen und die Vermeidung von Todesfällen? Der Senat hat sich damit nicht befasst. Die zuständige Behörde wird die weitere Entwicklung und Evaluationen der Projekte verfolgen und zu gegebener Zeit bewerten. 7. Gibt es im Senat Überlegungen oder Planungen für Modellprojekte zur Naloxonvergabe in Hamburg? Wie lauten diese? Falls die Überlegungen beziehungsweise Planungen noch nicht abgeschlossen sind: Wie ist der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9199 3 Zwischenstand und wann wird die Meinungsbildung voraussichtlich abgeschlossen sein? Nein.