BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9226 21. Wahlperiode 02.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernd Baumann und Prof. Dr. Jörn Kruse (AfD) vom 26.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Industrie 4.0 – Verpasst Hamburg den technologischen Anschluss? Laut einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom nutzen schon mehr als 60 Prozent der Industrieunternehmen Industrie-4.0-Anwendungen. Für die nächsten Jahre erwartet die Branche ein rasantes Umsatzwachstum und eine Ausweitung der Anwendungen auf Verwaltung, Gesundheitswesen und Handel. Um die Digitalisierung von Hamburgs Wirtschaft voranzutreiben, hatte auch die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg vor einem Jahr einem Antrag von SPD und GRÜNEN zugestimmt (Drs. 21/3842), den „Masterplan Industrie“ um das Handlungsfeld „Industrie 4.0“ zu ergänzen. Es sollten „Best Practice“-Beispiele für den Bereich „Smart Services“ erarbeitet und Datenschutz sowie Datensicherheit zur Gewährleistung von „digitaler Souveränität“ gefördert werden. Der Absichtskatalog reichte hin zur stärkeren Einbindung auch von Mittelstand und Start-ups in die Hamburger Digitalisierungsoffensive . Dies vorausgeschickt fragen wir den Senat: Die Digitalisierung und der fortschreitende technologische Wandel haben bereits erhebliche Auswirkungen auf die Hamburger Wirtschaft, welche sich zukünftig noch verstärken werden. Insbesondere im industriellen Sektor führt dies zu tiefgreifenden Veränderungen. In enger Kooperation mit Wirtschaft und Wissenschaft gestaltet der Senat diesen Wandel in vielfältiger Form zum Vorteil Hamburgs. Mit dem Masterplan Industrie und seiner Ausrichtung und Orientierung an den Bedürfnissen der Industrie in Hamburg haben die Träger des Masterplans Industrie ein wirksames Instrument geschaffen, welches um die Handlungsfelder „Industrie 4.0“ und „3D-Druck“ ergänzt wird. Die Handlungsfelder enthalten konkrete Projekte und Maßnahmen, die das Ziel haben die Digitalisierung des Wirtschaftsstandortes Hamburg weiter voranzutreiben und den technologischen Anschluss Hamburgs zu sichern. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Marketing GmbH wie folgt: 1. Welche konkreten Maßnahmen und Projekte sind nach Annahme des Antrages aus Drs. 21/3842 vor einem Jahr vom Senat konkret ergriffen beziehungsweise begonnen worden? Seit Beginn des Jahres 2016 wurden im Bereich Industrie 4.0 folgende, wesentliche Vorhaben, Veranstaltungen oder Arbeitsgruppen zur Förderung der Digitalisierung des Hamburger Wirtschaftsstandortes innerhalb und außerhalb der Hamburger Cluster durchgeführt und initiiert: Drucksache 21/9226 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Hamburg Aviation: Veranstaltungen am 23. Mai 2017 „Industrie 4.0: Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) Diskurs blickt auf die nächste industrielle Revolution“ und am 2. Juni 2017 „Digital Industry meets Aviation“ Life Science Nord und Gesundheitswirtschaft: Kooperationsprojekt „eHealth“ zur Digitalisierung im Gesundheitswesen, gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Innovationsfonds Hamburg Logistikinitiative: Gemeinsam mit dem Senat und initiiert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt die Logistikinitiative die Realisierung eines Digital Hub Logistics in Hamburg zur Unterstützung der Logistikbranche bei der digitalen Transformation Aufbau des Next Logistics Accelerator (NLA), mit dem nationale und internationale Innovatoren bei der Unternehmensgründung und Umsetzung neuer Geschäftsmodelle begleitet und zugleich die Innovationskraft der Branche am Standort gestärkt werden sollen (Realisierung im Jahr 2018) Erneuerbare Energien Hamburg: Das Cluster sowie diverse Clustermitglieder engagieren sich als Konsortialpartner im Projekt „NEW 4.0 – Norddeutsche digitale Energiewende“, einem sogenannten Schaufenster für intelligente Energie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie Maritimes Cluster: Bereits seit dem Jahr 2012 engagieren sich viele Mitgliederinnen und Mitglieder in der Fachgruppe Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) Ständige Weiterführung des Projektes smartPORT, bei dem die Hamburg Port Authority seit dem Jahr 2013 die Digitalisierung des Hamburger Hafens weiter vorantreibt. Dabei werden digitale Technologien und Anwendungen unter Einbeziehung von Unternehmen auf ihre Prozesstauglichkeit erprobt und bei Erfolg in den Betrieb des Hafens implementiert. Das Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 wurde unter Federführung der Handelskammer Hamburg und den Partnern Handwerkskammer Hamburg, Helmut- Schmidt Universität, Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) und Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH) im März des Jahres 2017 gestartet. Ziel des Kompetenzzentrums ist, bei Mittelstand und Handwerk das Bewusstsein für Industrie 4.0 zu schärfen und Wissen zu vermitteln. Das im März des Jahres 2017 eingeweihte „Creative Space for Technical Innovation “(„CSTI“), dient als Schnittstelle zwischen den Bereichen Forschung und Entwicklung , Gründung und Spin-offs sowie Weiterbildung für kleine und mittlere Unternehmen. Die Bereiche Informatik/Fahrzeugbau/Maschinenbau arbeiten im Labor gemeinsam an Fragestellungen der Mensch-Maschine-Interaktion, eines der Basisthemen von Industrie 4.0. Die Informatikbereiche der Universität Hamburg (UHH), der HAW, TUHH und HafenCity Universität Hamburg (HCU) haben im Sommer des Jahres 2016 ein Konzept für eine Informatikplattform „ahoi.digital“ vorgelegt, das nun von den Hochschulen mit Unterstützung des Senats umgesetzt wird. Die Plattform soll Hamburg als Informatikstandort stärken und die Sichtbarkeit nach außen erhöhen. Sie basiert daher auf den drei tragenden Säulen „Bildung“, „Forschung“ und „Transfer“. Sie soll die Kooperation mit den städtischen Clustern stärken und die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ausbauen. Damit trägt sie entscheidend zur gesamtstädtischen Digitalisierungsinitiative bei. 2. Welche zwischenzeitlichen Ergebnisse liegen dazu vor? Bitte detailliert nach Branchen beziehungsweise Unternehmen sowie Institutionen (Universitäten , Forschungseinrichtungen et cetera) auflisten. Zwischenergebnisse dazu liegen nicht vor. 3. Welche weiteren konkreten Maßnahmen sind überdies derzeit konkret geplant? Wann werden diese beginnen? Bitte auch detailliert nach Bran- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9226 3 chen beziehungsweise Unternehmen sowie Institutionen (Universitäten, Forschungseinrichtungen et cetera) auflisten. Siehe Vorbemerkung. 4. Hat der Senat Unternehmen und Hochschulen bei der Präsentation von Hamburger Industrie-4.0-Anwendungen beziehungsweise -Projekten auf der CEBIT sowie der Industriemesse in Hannover 2017 unterstützt? Falls ja, welche Institutionen und auf welche Weise? Falls nein, warum nicht? Die Clusterinitiative nextMedia.Hamburg, getragen von der Behörde für Kultur und Medien, der HWF Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mbH und dem Verein Hamburg@work, unterstützte im März 2017 zehn Hamburger Start-ups dabei, sich auf einem Hamburger Gemeinschaftsstand auf der CeBIT zu präsentieren. Unter dem Standnamen „Hamburg – Digital Future“ stellten sich folgende innovative Unternehmen vor: Baqend, DailyDress, Windcloud, wingu, Nect, iLocator, FUSE AI, Taxdoo, knowhere und Sponsoo. Die Start-ups konnten sich auf einem Messestand und auf unterschiedlichen Pitch- Bühnen präsentieren. Auf der Industriemesse Hannover 2017 wurden keine Unternehmen gefördert, da die Teilnahme an inländischen Messen kein eigenständiger Fördergegenstand ist. Das CityScienceLab (CSL) der HafenCity Universität Hamburg war auf der CeBIT 2017 vertreten. Eine mobile Version des Projekts „FindingPlaces – Hamburg sucht Flächen für Flüchtlingsunterkünfte“ wurde im Pavillon des IT-Planungsrates (die IT- Plattform der Länderverwaltungen) präsentiert. Unterstützt wurde das CSL von der Finanzbehörde bei Organisation und Aufbau des Messestands sowie finanziell (Fahrtund Transportkosten, Print, TouchScreen). Weitere Hochschulen aus Hamburg waren nicht auf der CeBIT 2017 vertreten. Auf der Industriemesse 2017 in Hannover waren keine Hochschulen aus Hamburg vertreten. 5. Welche Strategien verfolgt der Senat, um Industrie-4.0-Anwendungen speziell in die Hamburger Cluster-Politik einzubinden? Betreibt der Senat eine Überarbeitung/Neustrukturierung der bisher vorliegenden Clusterdefinitionen unter dem Gesichtspunkt „Industrie 4.0“? Falls ja, wie sehen diese aus? Orientiert sich der Senat dabei auch an den abweichenden Clusterstrukturen, mit denen das HWWI arbeitet? Falls ja: Ist zwischen Senat und HWWI eine vereinheitlichte Definition /Struktur der Hamburger Cluster vorgesehen? Falls nein, warum nicht? Die Hamburger Cluster verfolgen konkrete, auf ihre Bedarfe und Potenziale abgestimmte Strategien, die sich seit einigen Jahren insbesondere auch an den Veränderungen und Chancen durch Digitalisierung orientieren. Der Senat unterstützt, neben seinem Engagement in den einzelnen Clustern, deren Entwicklung auch durch übergreifende Maßnahmen und Projekte. Beispielsweise bearbeiten seit Anfang des Jahres 2017 alle acht Clustermanagements auf verschiedenen Managementebenen im Projekt „Co-Learning-Space für Hamburger Cluster“ clusterübergreifend thematische und managementbezogene Querschnittsinhalte. Ziele sind, die Cluster weiter zu professionalisieren , sich bei Querschnittsthemen, wie etwa Digitalisierung, gegenseitig zu unterstützen und neue Wertschöpfungsfelder im Schnittbereich mehrerer Cluster für Hamburg zu realisieren (sogenannte Clusterbrücken). Die Hamburger Cluster gestalten die vierte industrielle Revolution in ihrem spezifischen Branchenkontext gemeinsam mit ihren Mitgliedern und branchenübergreifend. Der Senat als Mitglied der Cluster, aber auch die Bundesregierung, unterstützen die Cluster dabei seit Jahren im Rahmen der jeweiligen Industrie-, Innovations- und Standortpolitiken. Insofern, aber auch veranlasst durch andere Veränderungen zum Beispiel von Technologie oder Rahmenbedingungen, entwickeln sich die Cluster kon- Drucksache 21/9226 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 tinuierlich weiter. Einer Neustrukturierung der Clusterdefinition des Senats oder der Cluster bedurfte es insofern nicht. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) steht dem nicht entgegen, sondern ist Teil der kontinuierlichen Weiterentwicklung in Hamburg.