BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9274 21. Wahlperiode 06.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Jens Meyer und Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 30.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Fragwürdige Stellplatzregelungen in der HafenCity Im Rahmen der Grundstücksvergabe nach Konzeptqualität wird in der HafenCity regelmäßig ein Stellplatzschlüssel von maximal 0,4 Stellplätzen pro Wohneinheit vorgeschrieben. Eine Überschreitung des Stellplatzschlüssels führt somit zur Abwertung oder dem Ausschluss des Angebots. Darüber hinaus wurde nun bekannt, dass den Investoren sogar der Verkauf von Stellplätzen untersagt werden soll. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die Maßnahmen einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung in der östlichen HafenCity beruhen auf folgenden Voraussetzungen und Zielsetzungen: Die östliche HafenCity zeichnet sich stadtstrukturell, ebenso wie die zentrale und westliche HafenCity, durch eine intensive vertikale und horizontale Nutzungsmischung von Wohnen und Arbeiten, aber auch durch Freizeitnutzungen und öffentliche Räume, soziale Dienstleistungen und gewerbliche Angebote aus. Insbesondere in Verbindung mit einem feingliedrigen Netzwerk von öffentlichen Wegen über die Promenaden und durch die öffentlichen Gehrechte auf vielen privaten Grundstücken entsteht bei hoher baulicher Dichte eine optimierte Stadtstruktur mit kurzen Wegen und sehr hoher fußläufiger und fahrradbezogener Erreichbarkeit. Durch diese räumliche Struktur und Mischung entsteht eine Stadt der „kurzen Wege“. In der östlichen HafenCity kommt hinzu, dass durch die frühe Entscheidung zum U-Bahn-Bau mit der Linie U4 und ihrer bis Ende 2018 abgeschlossenen Verlängerung bis an die Elbbrücken sowie mit dem Bau der S-Bahn-Station Elbbrücken (Linie S 3 und S 31), frühzeitig auf diese öffentlich finanzierten Rahmenbedingungen durch die Grundstücksentwicklung reagiert werden kann. Insgesamt kommt daher der Nutzung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) in der östlichen HafenCity, auch im Vergleich zur zentralen und westlichen HafenCity, eine sehr viel geringere Bedeutung zu. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen auf Grundlage von Auskünften der HafenCity Hamburg GmbH wie folgt: 1. In welchen Fällen wurde ein maximal zulässiger Stellplatzschlüssel von 0,4 Stellplätzen pro Wohneinheit vorgeschrieben? Außer für die Baufelder 80, 81a und 81b wird bei allen Wohnungsbaugrundstücken der Wert von 0,4 Stellplätzen pro Wohneinheit zugrunde gelegt. 2. In der Fachanweisung „Notwendige Stellplätze und notwendige Fahrradplätze “ heißt es unter anderem: „Bei der Bemessung der Anzahl notwendiger Stellplätze und Fahrradplätze ist grundsätzlich von dem Bedarf Drucksache 21/9274 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 auszugehen, der typischerweise durch die zu genehmigende bauliche Anlage und deren Nutzung ausgelöst wird.“ a. Wie wurde der Anzahl notwendiger Stellplätze und Fahrradplätze ermittelt? b. Welche Annahmen wurden bei dieser Ermittlung gemacht? c. Inwiefern berücksichtigen diese Annahmen wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zum zukünftigen Mobilitätsverhalten der Nutzer? Die Zahl der Stellplätze wurde nach dem zu erwartenden Wohnungsschlüssel für jedes Grundstück überprüft. Die Fahrradstellplätze ergaben sich aus der Anlage 1 der Fachanweisung FA 1/2013-ABH, der Flächenbedarf wurde näherungsweise mit 2,4 Fahrradstellplätzen pro Wohneinheit berücksichtigt. Dabei wurde von der 0,4 Stellplatzregel aus ökonomischen und verkehrswissenschaftlichen Überlegungen ausgegangen. So wurden Grundstücke ermittelt, die zwei- und eingeschossig unterbaut werden. Die zweigeschossige Unterbauung ergibt sich für landseitige Grundstücke, die auch die Stellplätze für die sogenannten Wasserhäuser aufnehmen und für Grundstücke im Quartier, die eine öffentliche Tiefgarage für Kunden des Nahversorgungszentrums und für Besucher zur Verfügung stellen. Für die Quartiere wurden Daten der Verkehrsforschung zu Hilfe genommen, so zum Beispiel aus der sogenannten Zwillingsforschung ähnlicher Quartiere, die auch einen prognostischen Wert haben. Zugleich wurden empirische Beobachtungen für Hamburg zugrunde gelegt. Verkehrswissenschaftliche Erkenntnisse wurden im Übrigen in Zusammenarbeit mit einer Universität Hamburg zusammengeführt und bewertet. 3. Inwiefern hält der Senat aufgrund der sehr geringen Zahl an zu realisierenden Stellplätzen eine Regelung für erforderlich, bei der Bewohnerinnen und in rechtlich bindender Weise auf eine Kfz-Nutzung verzichten? Sind solche Regelungen bereits getroffen worden beziehungsweise vorgesehen ? Wenn ja, in welchen Fällen wurden solche Regelungen getroffen? Es ist weder beabsichtigt noch sinnvoll, die private Pkw-Nutzung der zuziehenden Bewohnerinnen und Bewohner einzuschränken. 4. Inwiefern gibt es in der HafenCity Bereiche, bei denen eine die Nutzung von Stellplätzen oder Fahrradplätzen zum mehrfachen Nachweis des notwendigen Bedarfs (Doppelnutzung) zulässig ist? Aus welchen Gründen ist in welchen Gebieten eine Doppelnutzung zulässig? Eine Doppelnutzung ist nicht vorgesehen. 5. Auf welcher rechtlichen Grundlage wird den Investoren der Verkauf von Stellplätzen (auch in Tiefgaragen) untersagt? Inwiefern kann der Senat ausschließen, dass es sich bei einem solchen Verbot nicht um einen Eingriff in die Vertragsfreiheit handelt? 6. In welchen Fällen wird ein solches Verkaufsverbot ausgesprochen? 7. Welchen Zweck verfolgt der Senat mit dem Verkaufsverbot von Stellplätzen ? Grundlage für die Regelung sind Ausschreibungen und Bewerbungen potenzieller Bauherren, die Anhandgabe sowie Kaufverträge. Um langfristig die Flexibilität für Anpassungen entsprechend des Bedarfs für Haushalte im Lebenszyklus zu erhalten, unterschiedlichen Haushalten zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Lebenszyklus auch den Zugang zu Stellplätzen zu ermöglichen und eine mittelfristig flexible „Grenze“ zwischen Carsharing-Fahrzeugstellplätzen und eigengenutzten Stellplätzen zu erhalten, werden Stellplätze der oberen Ebene nur vermietet. Bei Gebäuden mit Eigentumswohnungen werden diese Stellplätze als Gemeinschaftseigentum gehalten.