BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9282 21. Wahlperiode 27.06.17 Große Anfrage der Abgeordneten Ralf Niedmers, Michael Westenberger, Dennis Gladiator, David Erkalp, Carsten Ovens (CDU) und Fraktion vom 31.05.17 und Antwort des Senats Betr.: Wie viele Wettvermittlungsstellen (sogenannte Wettbüros) gibt es in Hamburg? Nach dem Hamburgischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag von 2012 sind in Hamburg 200 Wettvermittlungsstellen (sogenannte Wettbüros ) zulässig. Da das Konzessionsverfahren, welches von Hessen geführt wird, noch nicht abgeschlossen ist, kommt diese Regelung jedoch bisher nicht zur Anwendung. Aufgrund gerichtlicher Verfahren wird voraussichtlich die Vergabe der Konzessionen weiter erheblich verzögert. Die Folge sind ungesteuerte Ansiedlungen von Wettbüros. In den vergangenen Jahren nahmen somit die Ansiedlungen von Wettbüros in Hamburg weitgehend ungesteuert sprunghaft zu. Trotz der daraus zum Teil negativen städtebaulichen Auswirkungen auf die Stadtteile (sogenannte Trading-Down-Effekte), erhebt die zuständige Fachbehörde für Glücksspiel keine Statistik über die Ansiedlung der Wettbüros in Hamburg. Um ein Wettbüro an einem Standort zu eröffnen, benötigt der Betreiber eine baurechtliche Genehmigung nach § 61 oder § 62 HBauO und eine personenbezogene glückspielrechtliche Erlaubnis. Demnach können die Bezirksämter und die Fachbehörde für Glücksspiel sehr wohl über die Genehmigungs - und Erlaubnisverfahren recht genau die Anzahl der Wettbüros in Hamburg ermitteln. Hinzu kommen noch die illegalen Wettbüros. In zwei Schriftlichen Kleinen Anfragen (Drs. 21/8072 und 21/8783) wurde die Anzahl der Wettbüros in Hamburg erfragt. Der Senat beantwortete diese mit Hinweis auf die nur kurze zur Verfügung stehende Zeit nicht. Ferner ist zu prüfen, inwiefern ein Vergnügungsstättenkonzept im Sinne eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes zur Steuerung der Ansiedlungen von Wettbüros für Hamburg notwendig ist. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Für Wettvermittlungsstellen hat es bislang keine gesetzliche Meldepflicht gegeben und es waren für diese auch keine Erlaubnisse zu erteilen – weder nach dem Glücksspielstaatsvertrag aus dem Jahr 2008 noch nach dem seit dem 1. Juli 2012 geltenden Glücksspielstaatsvertrag, siehe Drs. 20/8014. Auch aus dem Gewerberegister können hierzu keine verlässlichen Angaben ermittelt werden, da es keine einheitliche und eindeutige Bezeichnung für dieses Gewerbe gibt. Die nachstehenden Angaben beruhen auf Erkenntnissen der zuständigen Behörde sowie auf Meldungen der Bezirksämter. Die Erkenntnisse der Bezirksämter beruhen auf allgemeinen gewerberechtlichen Kontrollen, in deren Rahmen Sportwettangebote Drucksache 21/9282 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 festgestellt wurden, sowie auf der Auswertung baurechtlicher Nutzungsgenehmigungen für Sportwettvermittlungen gemäß §§ 61 fortfolgende Hamburgische Bauordnung. Eine Gewähr für die Vollständigkeit der Angaben kann nicht gegeben werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Frage wie folgt: 1. Wie viele Wettbüros gibt es in Hamburg? In Hamburg befinden sich nach den gegenwärtigen behördlichen Erkenntnissen 243 Wettvermittlungsstellen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung und Antwort zu 5. und 6. 2. Wo befinden sich diese Wettbüros? Bitte vollständig als Tabelle auflisten , getrennt nach Bezirk und Stadtteil. Siehe Anlage. 3. Wie viele Genehmigungen für Wettbüros wurden nach der Hamburgischen Bauordnung (§§ 61 fortfolgende) seit Regierungswechsel 2011 erteilt? Seit 2011 wurden nach der Hamburgischen Bauordnung (§§ 61 fortfolgende) 45 Genehmigungen für Wettvermittlungsstellen erteilt. 4. Wie verteilen sich diese baurechtlich genehmigten Wettbüros auf welche Stadtteile? (Bitte vollständig, als Tabelle getrennt nach Bezirk und Stadtteilen auflisten). Die Verteilung stellt sich wie folgt dar: Bezirk/Stadtteil Anzahl Hamburg-Mitte 11 Hamburg-Altstadt 2 Rothenburgsort 1 St. Georg 4 St. Pauli 3 Wilhelmsburg 1 Altona 2 Ottensen 1 Sternschanze 1 Eimsbüttel 5 Hoheluft-West 1 Lokstedt 1 Stellingen 3 Hamburg-Nord 7 Barmbek 2 Langenhorn 3 Winterhude 2 Wandsbek 12 Alt-Rahlstedt 3 Bramfeld 1 Eilbek 2 Farmsen 2 Steilshoop 2 Tonndorf 1 Wandsbek 1 Bergedorf Keine Harburg 8 Harburg 7 Wilstorf 1 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9282 3 5. Warum sieht die Glücksspielaufsicht keine „fachliche Notwendigkeit“ für die statistische Erhebung der Anzahl von Wettbüros? 6. Warum erstellt die Verwaltung keine Übersicht über die illegalen Wettbüros ? Duldet der Senat somit die illegalen Wettbüros? Für die Regulierung und Überwachung der Wettvermittlungsstellen sind die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Hamburgischen Ausführungsgesetzes maßgeblich. Diese Vorschriften können aber vor Abschluss des Konzessionsverfahrens nur teilweise vollzogen werden, siehe dazu Drs. 21/8431. So kann beispielsweise bis zum Abschluss des Sportwettkonzessionsverfahrens keinem Sportwettanbieter entgegengehalten werden, dass er über keine glücksspielrechtliche Erlaubnis verfügt. Die Glücksspielaufsicht kann daher momentan Wettvermittlungsstellen nicht wegen formeller Illegalität (fehlender Erlaubnis) untersagen. Eine Duldung der unerlaubten Angebote folgt hieraus jedoch nicht, weil weiterhin eine Untersagung wegen materieller Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag oder das Hamburgische Ausführungsgesetz in Betracht kommt. Damit die Einhaltung materieller Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages, wie zum Beispiel die Einhaltung des Jugendschutzes, möglichst einheitlich erfolgt, haben sich die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt . Dem aufsichtsrechtlichen Handeln liegen daher die „Leitlinien zum Vollzug im Bereich Sportwetten während des laufenden Konzessionsverfahrens“ vom 28. Januar 2016 der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder zugrunde, siehe auch http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/leitlinien-zum-vollzug-bei-sportwettenstand -28-01-16. Danach soll das ordnungsrechtliche Ermessen dahin gehend ausgeübt werden, dass zunächst Sportwettangebote untersagt werden, die die materiellen Kernanforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie zum Beispiel die Gewährleistung des Jugendund Spielerschutzes oder der Werbevorgaben, nicht erfüllen. Anbieter, die diese Anforderungen erfüllen, werden damit aber nicht geduldet. Die entsprechenden Verfahren werden nur zu einem späteren Zeitpunkt eingeleitet. § 8 Absatz 1 des Hamburgischen Glücksspieländerungsstaatsvertrags-Ausführungsgesetzes – HmbGlüÄndStVAG sieht eine Begrenzung der Anzahl der Wettvermittlungsstellen in Hamburg auf insgesamt 200 vor. Eine statistische Erfassung würde notwendig, sobald nach dieser Vorschrift Erlaubnisse für Wettvermittlungsstellen erteilt werden würden, um die Einhaltung der Höchstzahl sicherzustellen. Solange jedoch gemäß der aktuellen Sach- und Rechtslage keine glücksspielrechtlichen Erlaubnisse erteilt werden können, ist auch eine statistische Erfassung weder erforderlich noch sinnvoll, weil die Erhebung der Anzahl auf die Arbeit der Glücksspielaufsicht keine Auswirkungen hat, da Handlungsnotwendigkeiten durch die bloße Erhebung der Anzahl derzeit nicht begründet werden können. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Drs. 21/8072, 21/8431 und Drs. 21/8773. 7. Wie geht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde gegen das Bestehen sowie gegen die Entstehung neuer illegaler Wettbüros vor? Siehe Drs. 21/8431. 8. Ist der Senat der Ansicht, dass der ungesteuerten Ansiedlung von Wettbüros Einhalt geboten werden muss? Wenn ja, wann, warum und mit welchen Mitteln? Wenn nein, warum nicht? Eine ungesteuerte Ansiedlung von Wettvermittlungsstellen ist in Hamburg nicht zu verzeichnen. Die bestehenden Steuerungsmöglichkeiten über das Baurecht und die materiellen Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und das Hamburgische Ausführungsgesetz werden genutzt, siehe Antworten zu 6. und 7. Die zuständigen Behörden erfüllen damit die staatsvertragliche Verpflichtung nach den §§ 1, 10a Absatz 5 Glücksspielstaatsvertrag zur Begrenzung der Wettvermittlung. Darüber hinausgehende Steuerungsmöglichkeiten werden erst gegeben sein, wenn Rechtssicherheit im Drucksache 21/9282 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bereich der Sportwetten geschaffen ist, insbesondere durch Abschluss des Sportwettkonzessionsverfahrens . 9. Gedenkt der Senat, die Ansiedlung von Vergnügungsstätten, insbesondere von Wettbüros, bauleitplanerisch in Hamburg zu steuern? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Vergnügungsstätten werden in Hamburg derzeit bereits bauleitplanerisch gesteuert. Eine Fehlentwicklung, die ein planerisches Eingreifen rechtfertigt, liegt nur dann vor, wenn konkrete städtebauliche Missstände zu befürchten sind. Ob eine solche Fehlentwicklung vorliegt oder zu befürchten ist, kann nur durch eine Beurteilung der lokalen Situation im Einzelfall erfolgen. Die Bezirksämter führen die erforderliche Bewertung der jeweiligen lokalen Rahmenbedingungen durch und können durch die dort eingehenden Bauanträge für Wettbüros auch die Dimension der Entwicklung einschätzen . Es werden die erforderlichen Bebauungsplanverfahren durchgeführt und – wo erforderlich – die unerwünschten Nutzungen ausgeschlossen. Nach den Sicherungsinstrumenten des Baugesetzbuchs werden gegebenenfalls die betreffenden Bauanträge zurückgestellt beziehungsweise es wird eine Veränderungssperre erlassen . Die allgemeinen bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Steuerungsmöglichkeiten für Spielhallen und Wettbüros als Vergnügungsstätten wurden 2014 im Bauprüfdienst (BPD 6/2014 „BPD Spielhallen und Wettbüros“) niedergelegt. Siehe: http://www.hamburg.de/contentblob/4374938/91549835a3a8c491762d0a73f74e785b/ data/bpd-6-2014-spielhallen-undwettbueros .pdf;jsessionid=31EF80AF8B55E67B3BCF4DF7C4A21F21.liveWorker2. Diese Steuerungsmöglichkeiten finden regelhaft Eingang in die Bauplanungsprozesse . 10. Gedenkt der Senat, ein „Vergnügungsstättenkonzept“ im Sinne eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes nach § 1 Absatz 6 Satz 11 BauGB für Hamburg zu erarbeiten? Wenn ja, wann und inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Die Steuerung der Ansiedlung von sogenannten Vergnügungsstätten ist ein wichtiges Handlungsfeld der Stadtentwicklung und Stadtplanung. Darunter fällt auch der „Anlagentyp “ der Wettbüros, von denen städtebaulich negative Auswirkungen wie „Trading- Down-Effekte“ erwartet werden. Eine gesamtstädtische Relevanz, die ein Entwicklungskonzept für ganz Hamburg erfordern würde (sogenanntes Vergnügungsstättenkonzept ), besteht nach Auffassung der zuständigen Behörde jedoch nicht. Im Gegensatz zum Beispiel zu großflächigen Einzelhandelsbetrieben, die zum Schutz der gewachsenen Zentren durch das gesamtstädtische Zentrenkonzept gesteuert werden, sind im Fall von Wettbüros mit den einzelnen Vorhaben in der Regel keine über die lokale Ebene hinausgehenden oder „überbezirklichen“ Auswirkungen verbunden. Die in der Antwort zu 8. dargestellten Interventionsmöglichkeiten der Bezirksämter auf drohende Fehlentwicklungen sind etabliert und zweckmäßig. Bezirk Anzahl Hamburg-Mitte Billstedt 15 Borgfelde 3 Finkenwerder 3 Hamburg-Mitte 2 Hamm 4 Hammerbrook 2 HH-Altstadt 2 Horn 5 Neustadt 2 Rothenburgsort 2 St. Georg 18 St. Pauli 21 Sternschanze 1 Veddel 2 Wilhelmsburg 13 95 Altona Altona-Altstadt 7 Altona-Nord 5 Bahrenfeld 3 Lurup 3 Osdorf 1 Ottensen 6 Sternschanze 1 26 Eimsbüttel Eidelstedt 5 Eimsbüttel 9 Hoheluft-West 2 Lokstedt 1 Niendorf 1 Rotherbaum 2 Schnelsen 3 Stellingen 3 26 Nord Alsterdorf 1 Barmbek-Nord 6 Barmbek-Süd 5 Dulsberg 4 Fuhlsbüttel 1 Langenhorn 3 Winterhude 3 23 Wandsbek Bramfeld 7 Eilbek 7 Farmsen-Berne 2 Jenfeld 2 Marienthal 1 Rahlstedt 10 Steilshoop 3 Tonndorf 1 Wandsbek 6 Wellingsbüttel 1 40 Bergedorf Allermöhe 1 Bergedorf 9 Lohbrügge 2 Neuallermöhe 2 14 Harburg Harburg 11 Heimfeld 3 Hausbruch 1 Neugraben-Fischbek 3 Wilstorf 1 19 gesamt 243 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9282 5 Anlage 9282ga_text 9282ga_Antwort_Anlage