BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9307 21. Wahlperiode 09.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Richard Seelmaecker und Thilo Kleibauer (CDU) vom 01.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Schadensersatzansprüche gegen ehemalige Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der HSH Nordbank und Entlastung der Gerichte Trotz der Freisprüche gegen sechs ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank in der ersten Instanz durch das Hamburger Landgericht im Jahre 2014 hatte die HSH Nordbank angekündigt, weiterhin von drei Ex-Vorstandsmitgliedern auf dem Zivilrechtsweg Schadensersatz für die Pflichtverletzungen der entsprechenden Vorstandsmitglieder im Zusammenhang mit dem Kreditgeschäft „Omega 55“ erstreiten zu wollen. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat im Oktober 2016 den Freispruch gegen die ehemaligen Vorstandsmitglieder kassiert, das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht Hamburg zurückverwiesen. Die sechs ehemaligen Vorstandsmitglieder haben sich damit erneut wegen Untreue und in zwei Fällen auch wegen Bilanzfälschung zu verantworten. Für den Fall einer rechtskräftigen Verurteilung hatte der Aufsichtsrat der HSH Nordbank in der Vergangenheit unter anderem angekündigt, die gezahlten Abfindung an ehemalige Mitglieder des Vorstands der HSH Nordbank zurückzufordern. Justizsenator Till Steffen hat im Hinblick auf das erneute HSH-Strafverfahren am Hamburger Landgericht darüber hinaus angekündigt, die Voraussetzungen für die Einsetzung einer weiteren Kammer für Wirtschaftsstrafsachen schaffen zu wollen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Die zuständige Behörde hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, das Landgericht personell um eine weitere Kammer zu verstärken. Eine Stelle einer Vorsitzenden Richterin beziehungsweise eines Vorsitzenden Richters nach R 2 wird ausgeschrieben und die Besetzungsverfahren der Stellen von Richterinnen und Richtern nach R 1 sind eingeleitet. Die Maßnahmen sollen spätestens im September 2017 abgeschlossen sein. Die Entscheidung über die Zuständigkeit dieser Kammer obliegt dem Präsidium des Landgerichts. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: I. HSH Nordbank 1. Welche Tätigkeiten hat der Senat entfaltet, um sicherzustellen, dass Schadensersatzansprüche gegen frühere und aktuelle Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der HSH Nordbank, denen im Zusammenhang mit dem Kreditgeschäft „Omega 55“ Pflichtverletzungen zur Last gelegt werden können, durchgesetzt werden? 2. Wurde im Rahmen dieser Tätigkeiten insbesondere sichergestellt, dass Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit „Omega 55“ auch Drucksache 21/9307 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 noch zum Zeitpunkt einer rechtskräftigen Verurteilung in der zweiten Instanz geltend gemacht werden können? Falls ja, auf welche Weise? Falls nein, weshalb nicht? 3. Welche rechtlichen Schritte wurden unternommen, um eine Verjährung eventueller Schadensersatzansprüche vor einer abschließenden Klärung einer möglichen Strafbarkeit zu verhindern? 4. Welche Maßnahmen wurden im Hinblick auf das ehemalige Vorstandsmitglied der HSH Nordbank Herrn Prof. Dr. Nonnenbacher getroffen, um sicherzustellen, dass mögliche Ansprüche der HSH Nordbank, insbesondere die Rückforderung der gezahlten Abfindung, auch nach einem zweitinstanzlichen Urteil noch verfolgt werden können (und damit insbesondere nicht vorher verjähren)? Die Verfolgung und Durchsetzung möglicher Schadenersatzansprüche gegen Vorstandsmitglieder obliegt dem Aufsichtsrat der HSH. Die für diese Beteiligung zuständige Behörde lässt sich hierüber im Rahmen der Regelungen nach §§ 394 und 395 Aktiengesetz fortlaufend berichten und steht dazu im regelmäßigen Austausch mit dem Vertreter der Freien und Hansestadt Hamburg im Aufsichtsrat der Bank. Die HSH hat mitgeteilt, dass sie die Geltendmachung eventueller Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit Omega 55 durch Abschluss von Verjährungsverzichtsvereinbarungen abgesichert habe. Im Übrigen siehe Drs. 20/12431. 5. Welche Ansprüche (insbesondere Schadensersatz, Rückforderung von gezahlten Abfindungen) gegen frühere und aktuelle Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats der HSH Nordbank werden derzeit geltend gemacht? Gegen wen und auf welchem Wege werden diese Ansprüche geltend gemacht? 6. Werden derzeit darüber hinaus weitere Ansprüche gegen frühere und aktuelle Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats der HSH Nordbank geprüft? Falls ja, welche Ansprüche und gegenüber welchen Personen? Die HSH hat hierzu mitgeteilt, dass ausschließlich Verfahren gegen frühere Vorstandsmitglieder geführt werden und sie im Hinblick auf die Vertraulichkeit der laufenden Verhandlungen davon absieht, zu den Verfahren und den zugrundeliegenden Ansprüchen Stellung zu nehmen. Im Übrigen siehe Drs. 20/12431 und 21/3533. 7. Ist das erneute Strafverfahren vor dem Landgericht für die HSH Nordbank mit Kosten, insbesondere mit Anwaltskosten für die Verteidigung ihrer ehemaligen Vorstandsmitglieder, verbunden? Falls ja, in welcher Höhe werde solche Kosten erwartet? Die HSH ist nicht Verfahrensbeteiligte, sodass ihr aus dem Strafverfahren unmittelbar keine zusätzlichen Kosten entstehen. Zur Übernahme von Anwaltskosten der früheren Vorstandsmitglieder siehe Drs. 20/2902. II. Überlastung der Hamburger Gerichte 8. Welche Maßnahmen sind im Hinblick auf die Ankündigung des Justizsenators , eine weitere Kammer im Bereich Wirtschaftsstrafsachen einsetzen zu wollen, konkret geplant? In welchem Zeitraum sollen die entsprechenden Maßnahmen durchgeführt werden? Siehe Vorbemerkung. 9. Hat der Justizsenator über die Maßnahmen zur Einrichtung einer weiteren Kammer für Wirtschaftsstrafsachen im Vorfeld Gespräche mit der Präsidentin des Landgerichts geführt? Falls ja, wann? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9307 3 Falls nein, warum nicht? Die Belastungssituation der gesamten Justiz wird ständig überprüft. Unter anderem erfolgt dies regelmäßig im Rahmen der Haushaltsaufstellung, zu den Quartals- und Halbjahresberichten sowie im Zusammenhang mit aktuellen Ereignissen oder Meldungen . Des Weiteren hat die Staatsrätin der zuständigen Behörde Anfang Mai 2017 in einem Gespräch mit der Präsidentin des Landgerichts die Belastungssituation der Strafkammern erörtert. Die zuständige Behörde hat nach Bewertung der Situation die Voraussetzungen für die Einrichtung einer weiteren Kammer geschaffen. 10. Soll diese neue Kammer für Wirtschaftsstrafsachen im Hinblick auf die dringend gebotene personelle Verstärkung des Hamburger Landgerichts dauerhaft bestehen? Falls nein, warum nicht? Und für welchen Zeitraum ist sie dann vorgesehen ? Die personelle Verstärkung des Landgerichts um eine weitere Kammer ist für die Dauer des HSH-Nordbank-Verfahrens vorgesehen, um die daraus resultierenden zusätzlichen Belastungen des Landgerichts auszugleichen. Eine dauerhafte Verstärkung des Landgerichts wird im Zuge der Haushaltsberatungen 2019/2020 geprüft werden. 11. Werden für die neue Kammer für Wirtschaftsstrafsachen neue Stellen geschaffen? Falls nein, aus welchen bestehenden Kammern sollen die Richter generiert werden? Ja. 12. Bestehen Planungen, bereits vor September 2017 eine spürbare Entlastung beim Landgericht zu erzielen? Falls ja, welche? Falls nein, warum nicht? Ja. Die zuständige Behörde strebt an, den Richterwahlausschuss im Juli 2017 mit den Neueinstellungen zu befassen. 13. Hat der Justizsenator über die Planungen hinsichtlich einer Entlastung des Landgerichts vor September 2017 bereits Gespräche mit der Präsidentin des Landgerichts geführt? Falls ja, wann? Falls nein, warum nicht? Siehe Antworten zu 9. und 12. 14. Sind Maßnahmen geplant, um dafür Sorge zu tragen, dass keine Beschuldigten, die sich in Untersuchungshaft befinden, freigelassen werden müssen, weil ihre Prozesse aufgrund der Überlastung der Gerichte nicht rechtzeitig beginnen können? Falls ja, welche? Falls nein, warum nicht? Zur Entlastung der Schwurgerichtskammern wurde per Verfügung der Präsidentin des Landgerichts vom 20. April 2017 eine Hilfsstrafkammer eingerichtet. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.