BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9316 21. Wahlperiode 09.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 01.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Wohnsitzauflage für Geflüchtete Mit dem am 06.08.2016 in Kraft getretenen sogenannten Integrationsgesetz wurde für einige Flüchtlingsgruppen eine Wohnsitzauflage, also eine Verpflichtung der Wohnsitznahme in dem Bundesland, in dem das Asylverfahren betrieben wurde, für die Dauer von drei Jahren normiert. Die Umsetzung der Wohnsitzauflage ist nach dem Integrationsgesetz Ländersache . Während sie in Bundesländern mit Regionen, in denen viele Wohnungen leer stehen, unter utilitaristischen Gesichtspunkten zumindest nachzuvollziehen ist, erscheint die Umsetzung in einer Großstadt wie Hamburg nicht sinnvoll. Darüber hinaus ist sie rechtlich in mehrerlei Hinsicht bedenklich , unter anderem, weil sie das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit für Geflüchtete einschränkt. Laut Antwort des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/8444 nimmt die Zahl derjenigen, die eine solche Wohnsitzauflage bekommen, in Hamburg seit dem August 2016 massiv zu. Vor dem Hintergrund der angespannten Lage auf dem Hamburger Wohnungsmarkt, insbesondere bei Sozialwohnungen und günstigen Mietlagen, verschärft eine Wohnsitzauflage die ohnehin nachteilige Situation für Geflüchtete. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Mit welcher Begründung setzt der Senat die Wohnsitzauflage für Geflüchtete in Hamburg um? Nach § 12a Absatz 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sind alle Personen, die als Asylberechtigte, Flüchtlinge im Sinne des § 3 Absatz 1 AsylG oder subsidiär Schutzberechtigte nach § 4 Absatz 1 AsylG seit dem 1. Januar 2016 anerkannt worden sind sowie Personen, die seit dem 1. Januar 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 22, 23 oder 25 Absatz 3 erhalten haben, gesetzlich verpflichtet, für die Dauer von drei Jahren in dem Land ihren gewöhnlichen Wohnsitz zu nehmen, dem sie zur Durchführung des Asylverfahrens oder im Rahmen der Aufnahme zugewiesen sind, sofern nicht eine Ausnahme nach § 12a Absatz 1 Satz 2 AufenthG vorliegt. Zur Ausführung der Bundesgesetze sind nach Artikel 83 Grundgesetz die Länder verpflichtet. Von den in § 12a Absätze 3, 4 und 9 AufenthG vorgesehenen weitergehenden Möglichkeiten einer landesinternen Wohnsitzzuweisung hat Hamburg als Stadtstaat und Einheitsgemeinde keinen Gebrauch gemacht, weil die zuständigen Behörden dafür keinen Bedarf sehen. 2. Inwiefern gab es einen „politischen Deal“ mit anderen Bundesländern zur Umsetzung der Wohnsitzauflage? Bitte genau darstellen. Drucksache 21/9316 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Auf Ebene der Ausländerreferenten von Bund und Ländern wurde hinsichtlich der von der Rückwirkung des § 12a Absatz 7 AufenthG erfassten Altfälle, die in Unkenntnis der Neuregelung bereits umgezogen waren, vereinbart, dass ein Härtefall gemäß § 12a Absatz 5 Nummer 2 c) AufenthG angenommen wird, wenn eine der Pflicht zur Wohnsitznahme im Land der Erstzuweisung im Asylverfahren nach § 12a Absatz 1 Seite 1 AufenthG i.V.m. § 12a Absatz 7 AufenthG unterliegende Person nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 6. August 2016 (Inkrafttreten des Integrationsgesetzes) im Vertrauen auf den Fortbestand des in dieser Zeit geltenden Rechtszustands rechtmäßig ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ein anderes Land verlagert hat. Es sei zu vermuten, dass durch einen Rückumzug eine bereits begonnene Integration unterbrochen würde. Die betroffene Person unterliege einer neuen Wohnsitzverpflichtung in dem Land, in dem sie ihren Wohnsitz begründet habe. Die Vereinbarung wurde in dem Verständnis geschlossen, dass Nordrhein-Westfalen sich weiterhin Einzelfallprüfungen vorbehalten hat, und sie wurde vom Bund mitgetragen. 3. Wie viele Menschen, deren Verpflichtung zum Aufenthalt in einer EA nach sechs Monaten vorüber war, konnten in den vergangenen sechs Monaten in Wohnraum vermittelt werden? Bitte nach Monaten aufschlüsseln . Bei der Ermittlung der anerkannten vordringlich Wohnungsuchenden (erteilte Dringlichkeitsscheine und Dringlichkeitsbestätigungen) erfolgt keine Differenzierung nach schutzberechtigten und sonstigen Ausländern (siehe Drs. 21/6544). Im Übrigen siehe für die öffentlich-rechtliche Unterbringung (örU) von Zuwanderern und Wohnungslosen Drs. 21/8934, 21/8557, 21/8192, 21/7828 und 21/7420. Die Daten aus Mai 2017 liegen noch nicht vor. a. Wie viele davon in welche anderen Bundesländer? Bitte nach Monaten aufschlüsseln. Bei den folgenden Zahlen handelt es sich um eine Teilmenge der unter 3. benannten vom städtischen Betreiber f & w fördern und wohnen AöR (f & w) erhobenen Daten. Dabei sind nur diejenigen Auszüge in Wohnraum erfasst, die von den Bewohnern mitgeteilt wurden: Auszüge in Wohnraum außerhalb Hamburgs Monat ausgezogene Personen Mai 2017 Daten liegen derzeit noch nicht vor April 2017 7 März 2017 16 Februar 2017 9 Januar 2017 3 Dezember 2016 8 Quelle f & w b. Wie viele davon mit welchen aufenthaltsrechtlichen Status? Die bei den Bezirksämtern geführte statistische Auswertung über eine Vermittlung in Wohnraum unterscheidet weder zwischen Erstaufnahmeeinrichtungen und Folgeunterbringung in Wohnunterkünften noch nach Herkunft oder Status der Antragsteller. Auch von f & w werden Statistiken mit der Verknüpfung Auszug aus der örU in Wohnraum /aufenthaltsrechtlicher Status nicht geführt. Die notwendigen Daten für eine Beantwortung der Fragen liegen daher nicht vor. 4. Inwiefern und unter welchen Voraussetzungen können Geflüchtete mit einer Wohnsitzauflage im Hamburger Umland eine Wohnung suchen und umziehen? Unter den Voraussetzungen des § 12a AufenthG. 5. Vor dem Hintergrund, dass Eigentümer/-innen von Wohnraum die Lage der Geflüchteten ausnutzen könnten, um Wohnraum überteuert zu vermieten : Inwiefern reagiert der Senat auf die gestiegene Wahrscheinlichkeit mit einer Aufstockung des überprüfenden Personals? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9316 3 Für Wohnraum für Geflüchtete gelten die auch sonst für Mietwohnraum geltenden Regelungen, also insbesondere das Mietrecht. Im Übrigen unterliegt es grundsätzlich der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit, zu welchen Konditionen Mieter und Vermieter Verträge schließen. Bei den der gesetzlichen Wohnsitzverpflichtung unterliegenden Leistungsberechtigten, ist die bewilligende Dienststelle beteiligt. Für Leistungsberechtigte nach dem SGB II und SGB XII werden Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß den fachlichen Vorgaben nur im Rahmen der geltenden Angemessenheitsgrenzen übernommen. Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Miete, werden Leistungsberechtigte bei der Durchsetzung ihrer Rechte dadurch unterstützt, dass die Mitgliedsbeiträge für einen Mieterverein ihrer Wahl übernommen werden. Die fachlichen Vorgaben der Fachbehörde sind in der Infoline unter (http://www.hamburg.de/infoline/) veröffentlicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/8444.