BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9360 21. Wahlperiode 13.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Carsten Ovens und Karin Prien (CDU) vom 06.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Höchste Zeit für eine neue Gründerzeit: Wann setzt Senatorin Fegebank ihre eigenen Forderungen in Hamburg um? Jüngst zeigte der KfW-Gründungsmonitor deutlich, dass Hamburg pro Kopf betrachtet die meisten Gründungen in Hamburg verzeichnen kann. In absoluten Zahlen ist jedoch die deutsche Start-up-Metropole Berlin weiterhin klar führend. Auch sagt der KfW-Bericht wenig über die technische Qualität, den Innovationsgrad, die Zahl der geschaffenen Arbeitsplätze oder gar die finanzielle Dimension der erfolgten Existenzgründungen aus. Dazu sinkt die Zahl der Existenzgründungen insgesamt auch noch – in Hamburg und bundesweit . Dennoch nutzte der rot-grüne Senat die Chance für einen medialen Aufschlag und feierte die vermeintlich guten Zahlen des Gründungsmonitors wie einen selbst zu verantwortenden Erfolg. Dabei machen die eigenen Antworten des Senats (zum Beispiel Drs. 21/9015, 21/8310) deutlich, wie schlecht es um die Zahl der Ausgründungen aus der Wissenschaft beziehungsweise die finanzielle Förderung von Gründungen durch die Freie und Hansestadt Hamburg steht. Insbesondere die unzureichende Verfügbarkeit geeigneter Finanzierungsquellen wurde durch die vom Senat mitbeauftragte Studie zum Gründerstandort Hamburg im letzten Jahr durch das HWWI bestätigt. Dies bekräftigt auch die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Rundschau “ am 10.02.17: „Die Kreditverfügbarkeit ist neben dem Bildungssystem der Bereich, in dem sie (die Gründerinnen und Gründer) dem Standort Deutschland die schlechtesten Noten geben.“ Bislang hat es der rot-grüne Senat nicht geschafft, zum Beispiel mit angedachten Innovations- Wachstumsfonds selbst Abhilfe zu schaffen: Auch 18 Monate nach dem Beschluss durch die Bürgerschaft gibt es hierzu weder ein Konzept geschweige denn ein Managementteam oder gar Investoren. Wenn in Lüneburg an einer einzigen Universität mehr Unternehmen pro Jahr gegründet werden als an allen staatlichen Universitäten und Hochschulen Hamburgs zusammen, dann läuft etwas falsch in der Freien und Hansestadt. Daher ist der Vorstoß von Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank für ein neues „grünes Gründungskapital“, den Sie zusammen mit der stellvertretenden Vorsitzenden der GRÜNEN-Bundestagsfraktion, Kerstin Andreae, in der „Frankfurter Rundschau“ veröffentlichte, durchaus interessant. Jedoch stellt sich die Frage, warum die Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg dies lediglich für den Bund fordert und nicht selbst in Hamburg umsetzt. Immerhin regieren die GRÜNEN im Hamburger Senat seit 2015 mit, und insbesondere Katharina Fegebank ist als Zweite Bürgermeisterin doch zuerst den Interessen der Freien und Hansestadt verpflichtet. Es reicht nicht, Dinge immer nur von anderen zu fordern, die man nicht einmal selbst umsetzt, wenn man die Chance dazu hat. Drucksache 21/9360 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Bei dem Modell des Gründungskapitals handelt es sich um einen Vorschlag, der ein Handeln des Bundesgesetzgebers voraussetzt. Für die Umsetzung bedarf es einer Einbeziehung und Harmonisierung der bisherigen Fördermöglichkeiten für Existenzgründungen im Rahmen der ERP-Mittelstandsförderung und eines Zugriffs auf die Ressourcen des ERP-Sondervermögens des Bundes. Eine vorgesehene Abwicklung über die Kreditanstalt für Wiederaufbau liegt ebenfalls in der Verantwortung des Bundes . Eine Verbesserung der Kreditverfügbarkeit würde auch Existenzgründerinnen und Existenzgründern in der Freien und Hansestadt Hamburg zugutekommen. Dem Deutschen Bundestag liegt derzeit ein Antrag mit der Drs. 18/12369 zur Beratung vor, der den Vorschlag eines Gründungskapitals beinhaltet. Das Ergebnis dieser Beratung am 21. Juni 2017 ist für die Länder abzuwarten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Was hat der Hamburger Senat beziehungsweise die zuständige Wissenschaftsbehörde konkret seit 2015 unternommen, um die Anzahl sowie die Qualität von Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen zu steigern? 2. Wie viele zusätzliche Mittel wurden seit 2015 durch den Hamburger Senat beziehungsweise die zuständige Wissenschaftsbehörde bereitgestellt , um die Anzahl sowie die Qualität von Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen , Universitäten und Hochschulen zu steigern? 3. Was plant der Hamburger Senat beziehungsweise die zuständige Wissenschaftsbehörde konkret von jetzt bis zum Ende der Legislatur, um den Rückstand der Hamburger Universitäten und Hochschulen in Sachen Ausgründungen abzubauen beziehungsweise Hamburg in eine führende Position zu bringen? 4. Aus welchen Etats und in welcher Höhe werden von heute bis 2020 zusätzliche Mittel durch den Senat beziehungsweise die zuständige Wissenschaftsbehörde zur Verfügung gestellt, um die die Anzahl sowie die Qualität von Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen zu steigern? Die Gestaltung guter Rahmenbedingungen für Gründungen und die Förderung von Innovationen hat eine hohe Bedeutung in der Politik des Senats. Siehe hierzu die Drs. 21/1686, 21/5992, 21/5874, 21/9015 sowie den Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der 21. Legislaturperiode. Die Innovationspolitik des Senats stützt sich auf die gemeinsam von der Hamburger Politik mit Wirtschaft und Wissenschaft betriebene InnovationsAllianz für Hamburg. Ziel dieser Initiative ist es, die Rahmenbedingungen für Innovationen zu verbessern. Neben der institutionellen Förderung der staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen (inklusive ihrer jeweiligen Transfereinrichtungen und der Patentverwertungsagentur ) gibt es zahlreiche Maßnahmen, mit denen der Senat Ausgründungen aus der Wissenschaft direkt und indirekt unterstützt: Förderprogramme für Ausgründungen: Ausgründern aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen stehen die vom Senat eingerichtete Förderprogramme „InnoRampUp“ und „Innovationsstarter Fonds Hamburg“ zur Verfügung. Die beiden Programme sind bei der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) angesiedelt und zielen auf überdurchschnittlich innovative Start-ups ab. Mittels InnoRampUp werden Zuschüsse von bis zu 150.000 Euro pro Unternehmen vergeben. Das Programm ist deutschlandweit einmalig. Der Innovationsstarter Fonds beteiligt sich an innovativen Start-ups mit bis zu 1 Million Euro pro Unternehmen. Die beiden Programme können kombiniert werden. Ausgründungen aus Forschungseinrichtungen, Universitäten und Hochschulen wurden von InnoRampUp und dem Innovationsstarter Fonds seit dem Jahr 2015 jeweils in sieben Fällen finanziell gefördert. Der Innovationsstarter Fonds ist mit 12 Millionen Euro (Mitteln des Europäischen Fonds für Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9360 3 Regionale Entwicklung (EFRE) und dem Innovationsfonds der IFB Hamburg, je zur Hälfte) ausgestattet. Das Förderprogramm InnoRampUp ist mit einem jährlichen Fördervolumen in Höhe von 2,1 Millionen Euro ausgestattet. Daneben stehen den Ausgründern aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit dem „Hamburg- Kredit Gründung und Nachfolge“ (maximal 500.000 Euro pro Vorhaben und bis zu 1 Million Euro in drei Kalenderjahren je Gründungsvorhaben) und dem „Hamburg- Kredit Innovation“ (bis 1,5 Millionen Euro pro Vorhaben) auch zwei darlehensbasierte Förderprogramme der IFB Hamburg zur Verfügung. F&I-Parks und Inkubatoren: Der Senat verfolgt das Ziel, ein Netz von Forschungs- und Innovationsparks in der Stadt zu entwickeln. An den verschiedenen Standorten soll ein Nukleus für die Herausbildung eines wissenschaftlichen Umfelds für angewandte Forschung sowie die Gründung und Ansiedlung innovativer Unternehmen entstehen. In Inkubatoren wird jungen Existenzgründerinnen und Existenzgründern Raum zu attraktiven Mietkonditionen angeboten. Diese Möglichkeiten stellen eine entscheidende finanzielle Unterstützung für Start-ups und Existenzgründer in der Anlaufphase dar. - Technologiezentrum „Energie Campus“: 2015 wurde das vom Competence Center für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der HAW getragene Technologiezentrum „Energie Campus Bergedorf“ bezogen. Zielsetzung des Energie Campus ist die Vernetzung zwischen Unternehmen, Hochschulen und Einrichtungen zur Entwicklung von anwendungsnahen Lösungen und Innovationen für Erneuerbare Energien. Der Hamburger Senat hat den Bau finanziell unterstützt. Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) erhält am Energie-Campus eine Testanlage für die Rotorblattlager von Windturbinen. Die Mittel für die Gebäudeinfrastruktur werden von der Freien und Hansestadt Hamburg zur Verfügung gestellt. Perspektivisch soll der Bereich in Bergedorf zu einem F&I-Park ausgebaut werden. - Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung GmbH „ZAL-TechCenter“: Das ZAL-TechCenter wurde im März 2016 in Finkenwerder eröffnet. Die Technologieschwerpunkte des ZAL-TechCenters orientieren sich im Wesentlichen an den Kernkompetenzen Kabinenkonzepte, Luft- und Klimasysteme sowie Rumpf- und Systemintegration. Interessierte Partner können Büroflächen und Testanlagen mieten, sodass kostenintensive Test- und Prüfstände durch die gemeinschaftliche Nutzung zu geringeren Kosten genutzt werden können. Der Senat hat zur Sicherung des Standorts in das Projekt investiert. - InnovationCampus Green Technologies „ICGT“: Das neue Innovationszentrum ICGT wurde am 03.03.2017 in Harburg eröffnet. Es ist Anlaufpunkt für Existenzgründerinnen und Existenzgründer aller Hamburger Hochschulen sowie für wissens- und technologiebasierte Gründungen. Der thematische Schwerpunkt liegt dabei in den Bereichen Green & Clean Technology , Life Science und nachhaltige Digitalisierung. Der Senat fördert das Projekt mit 4,45 Millionen Euro. Junge Unternehmen und Start-ups finden im ICGT gemeinsam mit dem Startup Dock, dem Design Thinking Lab der TU Hamburg, Gründungsberatern der Hamburg Innovation GmbH und der TuTech Innovation GmbH eine neue Heimat. - Innovationszentrum Bahrenfeld (Altona): Auf dem Campus Bahrenfeld wird vom DESY, der UHH und dem Senat gemeinsam ein Inkubator für Firmenausgründungen aus der Forschung, Technologie -Start-ups und kleinere Unternehmen etabliert. Der Bau soll im Jahr 2017 beginnen, die Baukosten von 14,2 Millionen Euro werden von der Freien und Hansestadt Hamburg finanziert. Perspektivisch soll das Zentrum die Basis für einen benachbarten Technologiepark sein, der im Stadtteil Lurup entstehen soll. Drucksache 21/9360 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Informatikplattform „ahoi.digital“: Einer Empfehlung des MINT-Gutachtens des Wissenschaftsrates folgend, haben die Informatikbereiche der UHH, HAW, TUHH und HCU im Sommer 2016 ein Konzept für eine Informatikplattform „ahoi.digital“ vorgelegt, das nun mit Unterstützung des Hamburger Senats umgesetzt wird. Das ganzheitliche Konzept der Informatikplattform ist deutschlandweit einzigartig. Die Plattform soll Hamburg als Informatikstandort stärken und die Sichtbarkeit nach außen erhöhen. Sie basiert daher auf den drei tragenden Säulen „Bildung“, „Forschung“ und „Transfer“. Als Kompetenzzentrum und Netzwerk gibt sie außerdem Impulse für Gründung und Innovation. Sie soll die Kooperation mit den städtischen Clustern stärken und die Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ausbauen. Damit trägt sie entscheidend zur gesamtstädtischen Digitalisierungsinitiative bei. Das Projekt kann unter Berücksichtigung von weiteren Fördermitteln ein Gesamtfördervolumen von 32,9 Millionen erreichen. Digitale Plattform für wissensbasierte Gründungen: Der Senat unterstützt die Gründungswilligen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit der Einrichtung einer digitalen Plattform, die zunächst von der Hamburg Innovation GmbH, der Universität Hamburg, der Technischen Universität Hamburg, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften sowie dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY getragen wird. Die Konzepte für die Implementierung und den Betrieb liegen vor, sodass derzeit die Ausschreibung der Programmierung vorbereitet wird. Die Plattform wird voraussichtlich im Jahr 2018 freigeschaltet werden und dann sukzessive weiterentwickelt. 5. Hat der Senat den Vorschlag der Zweiten Bürgermeisterin zur Einführung eines neuen Gründungskapitals bislang diskutiert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? 6. Wird der Senat den Vorschlag der Zweiten Bürgermeisterin zur Einführung eines neuen Gründungskapitals umsetzen? Wenn ja, wann und in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Siehe Vorbemerkung.