BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/9402 21. Wahlperiode 20.06.17 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Thering (CDU) vom 12.06.17 und Antwort des Senats Betr.: Fahrradfalle Fahrzeugtür – Was tut der rot-grüne Senat gegen das „dooring “-Problem und welchen Einfluss haben Radfahr- und Schutzstreifen darauf? Die Zahl von Radverkehrsunfällen war in den vergangenen Jahren konstant hoch. So ereigneten sich im vergangenen Jahr 3.230 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung auf und an Hamburgs Straßen (Drs. 21/8126). Hierbei kamen 2.413 Menschen zu Schaden. Davon wurden 2.192 Personen leicht verletzt, 218 schwer verletzt und drei Personen getötet. Ein in diesem Zusammenhang viel diskutiertes, aber selten mit validen Zahlen unterfüttertes Thema ist das sogenannte dooring.1 Dabei handelt es sich um Verkehrsunfälle, bei denen Fahrräder mit sich oftmals urplötzlich öffnenden Türen von Kraftfahrzeugen (Kfz) kollidieren. Insbesondere bei der Planung und Errichtung von Radverkehrsanlagen ist daher die sogenannte door zone in den Fokus gerückt.2 Bei der „door zone“ handelt es sich um jenen Nahbereich rund um ein Fahrzeug, in den eine geöffnete Fahrzeugtür reichen kann. Wobei logischerweise auch Pkws, Lkws und Krafträder (Krad) mit sich öffnenden beziehungsweise geöffneten Türen von geparkten Kraftfahrzeugen kollidieren können. Allerdings ist unklar, inwieweit das „dooring“-Problem in Hamburg durch den von den SPD-Senaten forcierten Ausbau der Radfahr- und Schutzstreifen auf Hamburgs Straßen ver- oder entschärft wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Regelwerkskonform angelegte Radverkehrsanlagen einschließlich der erforderlichen Sicherheitstrennstreifen – das betrifft bauliche Radwege, Radfahr- und Schutzstreifen gleichermaßen – haben keinen Einfluss auf das „dooring-Problem“. Es kann jedoch insbesondere bei Altbestandsradwegen auftreten, die direkt an Parkplätze angrenzen beziehungsweise auf oder neben denen widerrechtlich geparkt wird. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Radverkehrsunfälle, bei denen es zu einer Kollision mit einer Tür eines abgestellten beziehungsweise geparkten Kraftfahrzeugs gekommen ist, haben sich seit 2011 in Hamburg ereignet? Bitte jahresweise aufschlüsseln. 1 https://en.wikipedia.org/wiki/Dooring. 2 https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/Der-Fahrradkrieg-Kampf-um-die- Strassen,sendung631726.html, siehe hier ab Minute 4:11. Drucksache 21/9402 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die nachstehenden Verkehrsunfalldaten sind durch eine Abfrage in der Datenbank „Elektronische Unfalltypensteckkarte“ (EUSka) am 13. Juni 2017 ermittelt worden. Auswertbare Verkehrsunfallzahlen liegen für den erfragten Zeitraum bis einschließlich 30. April 2017 vor. Die Zahlen für das Jahr 2017 sind vorläufig. Die folgende Tabelle gibt für die jeweiligen Jahre die Anzahl von Verkehrsunfällen wieder, bei denen als Hauptverursacher ein Kraftfahrzeugnutzer oder eine Kraftfahrzeugnutzerin (ohne Zweiräder) mit der Ursache „Fehler beim Ein-/Aussteigen oder Be-/Entladen“ und als weitere beteiligte Person ein Radfahrer oder eine Radfahrerin registriert wurde. Es handelt sich dabei mehrheitlich um Verkehrsunfälle im Sinne der Fragestellung, jedoch sind auch andere Unfallhergänge denkbar. Jahr Anzahl Verkehrsunfälle 2011 101 2012 120 2013 129 2014 156 2015 120 2016 108 2017 25 2. Wie viele Menschen verunglückten bei den mit Frage 1. erfragten Unfällen ? Bitte jahresweise aufschlüsseln sowie die Verunglückten nach Leichtverletzten, Schwerverletzten und Getöteten aufschlüsseln. Die folgende Tabelle stellt für die in der Antwort zu 1. angegebenen Verkehrsunfälle jahresweise die Anzahl der insgesamt Verunglückten und die der davon leicht beziehungsweise schwer verletzten Personen dar. Getötet wurde bei diesen Verkehrsunfällen niemand. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. Jahr Verunglückte gesamt Anzahl Schwerverletzte Anzahl Leichtverletzte 2011 92 5 87 2012 110 6 104 2013 118 12 106 2014 144 14 130 2015 105 6 99 2016 98 7 91 2017 22 1 21 Gesamt 689 51 638 3. Haben sich der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden in der laufenden Wahlperiode mit dem „dooring“-Problem und Maßnahmen zu dessen Behebung befasst? Wenn ja, wann, in welchem Gremium und mit welchen Ergebnissen? Die Straßenverkehrsbehörde wirkt bereits bei der Planung von Radfahr- und Schutzstreifen mit, um entsprechende Problemfelder aufzuzeigen und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Hinsichtlich der allgemeinen Verkehrssicherheitsarbeit rund um den Radverkehr siehe Drs. 21/8355. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 4. Welche Regelungen der Hamburger „Planungshinweise für Stadtstraßen “ (PLAST) dienen dazu, die aus der „door zone“ für den Radverkehr resultierende Unfallgefahr zu minimieren? Um die Unfallgefahr durch sich öffnende Fahrzeugtüren für den Radverkehr zu minimieren , sind entsprechend der „Planungshinweise für Stadtstraßen in Hamburg“ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/9402 3 (PLAST) zwischen Anlagen des Radverkehrs und des ruhenden Verkehrs Sicherheitsstreifen anzuordnen. Detaillierte Regelungen zur Anordnung und zur Breite von Sicherheitsstreifen sind in der PLAST 9 „Anlagen des Radverkehrs“ unter Punkt 3.2.2 enthalten. Entsprechende Sicherheitsstreifen sind in den Abbildungen der PLAST 9 dargestellt. Unter Punkt 4.2.1 sind zudem ergänzende Regelungen bei Führung des Radverkehrs im Mischverkehr unter Berücksichtigung erhöhter Parkwechselfrequenzen enthalten. Weiterhin enthalten die PLAST 6 „Anlagen des ruhenden Verkehrs“ unter Punkt 2.2 Angaben zu Breiten von Sicherheitsabständen zwischen Parkstreifen in Längsaufstellung und Radverkehrsanlagen sowie zur Anordnung entsprechender Sicherheitsstreifen . 5. Welche Regelungen welcher verkehrsrechtlichen Normen auf Bundesebene dienen dazu, die aus der „door zone“ für den Radverkehr resultierende Unfallgefahr zu minimieren? Die §§ 1 und 14 der Straßenverkehrs-Ordnung. 6. Auf wie vielen Straßenkilometern in Hamburg sind aktuell Radfahr- oder Schutzstreifen aufmarkiert? 7. Auf wie vielen Straßenkilometern waren seit 2011 in Hamburg Radfahroder Schutzstreifen aufmarkiert? Bitte jahresweise aufschlüsseln und jeweils zu einem geeigneten, einheitlichen Stichtag, beispielsweise dem 1. Januar, angeben. 8. Auf wie vielen Straßenkilometern wurden seit 2011 Radfahr- oder Schutzstreifen erstmalig aufmarkiert? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Die Länge der Schutz- und Radfahrstreifen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Jahr (Stand jeweils 31. Dezember) Neuanlage Radfahrstreifen und Schutzstreifen (m) Kumulierter Bestand (m) 2011 1.940 22.540* 2012 4.370 26.910 2013 6.390 33.300 2014 11.060 44.360 2015 10.355 54.715 2016 12.960 67.675 2017 (vorläufiger Stand) 2.090 69.765 * Eine genaue Statistik zum Bestand an Schutz- und Radfahrstreifen vor dem Jahr 2011 besteht nicht. Der Wert ist daher als Schätzwert zu verstehen.